Me Abgründe.
Novelle von F. Stöckert.
22) (Nachdruck verboten.)
„Du weißt, ich gehöre nicht zu denen, die da richten," versetzte die Frau Rätin in ihrer einfachen Weise, „das Walten Gottes aber erkenne ich heute einmal wieder so recht, wie er nicht müde wird, verlorene Seelen zu gewinnen." Sie warf einen nicht mißzuverstehenden Blick auf ihren Schwiegersohn, der jetzt sanft schlief mit dem Aus druck liefen Friedens auf seinem blassen Gesicht.
„Hm — nun ja, man könnte es wohl wie eine Fügung Gottes ansehen, daß grade er der einzige war, der von den Hunderten verunglücken mußte," meinte der SanitätS- rat, „und es wird auch wohl auf diese Weise genug von seinen Gegnern ausgebeutel werden, doch an dergleichen wollen wir jetzt nicht denken, wo wir nur zu danken haben, daß er dem Leben erhalten wurde, es wäre ja auch ewig schade gewesen um.diese reichen Geistesgaben I"
„Die er, so hoffe ich zuversichtlich, von nun an einer andern bessern Sache zuwenden wird," fiel die Frau Rätin ein.
„Nun, nun, nur nicht zu sanguinisch, so schnell schwört man seinen Überzeugungen nicht ab, besonders nach solchen Erfolgen, Du ahnst nicht, welche bestrickende Macht der Ruhm besitzt."
„Nein, davon habe ich wohl keine rechte Idee, denn ich habe nie weder für mich noch für die Meinen nach dergleichen getrachtet," rrwiederte die Frau Rätin lächelnd.
„Ja, Du und Erica, Ihr seid eben noch echte deutsche Frauennaturcn, wie sie leider Gottes immer seltener werden. Ich wollte, Valentine gliche Euch, aber sie ist das echte Kind ihrer unruhigen Zeit, die moderne Frau mit ihrer Nervosität, ihrem Hasten und Jagen nach Zerstreuungen. Das NichtSthun ist ihr Verderben, Arbeit, eine geregelte Thätigkeit ist die einzige Rettung für diese Damen, auch für Valenetine wäre jede Arbeit jetzt ein Segen, und ich werde ernstlich in siedringen, daß sie irgend eine Thätigkeit, die auch ihr Denken in Anspruch nimmt, ergreift."
Während dieser Unterhaltung der beiden Geschwister beichtete V. ihrer Cousine offen und ehrlich ihre Herzens verwirrung wie ihr Vater es genannt. Sie verschwieg ihr nichts, weder die Träume, die sie gehegt, von dem gemeinschaftlichen Aufenthalt an der Riviera, noch wie sie hauptsächlich Staufen zu der Reise hierher bestimmt, und eS hiuteririeben habe, daß er der Einladung der Tante folge, krankhaft hätte er sich von trüben Ahnungen verfolgt nach Ruhe gesehnt, sie aber in ihrem Wahnsinn hätte nichts unversucht gelassen ihm solche Gedanken auszuredrn, „und so ist es denn gekommen, Ich bin an Allem schuld, und nun verdamme mich, Du fromme Seele!" schloß sie jetzt.
Durch Ericas zarte Gestalt ging es wie ein Frösteln. „O mein Gott, vor welchem Abgrund habt ihr beide gestanden," sagte sie leise, „und wie hätte ich es wohl er- tragen ohne Benno zu leben, das ganze lange Leben."
„Nun Du hättest doch wohl Trost in der Religion gefunden, verzweifelt wenigstens
wärest Du nicht, ich wollte, ich wäre so fromm wie Du! Denn ich glaube doch, eS giebt einen Gott da oben, der die Geschicke der Menschen lenkt, dem wir ohnmächtig gegenüberstehen."
In Ericas Augen leuchtete es auf.
„O, Valentine wenn Du zu dieser Erkenntnis gekommen bist, dann ist alles gut."
„Alles gut!" rief Valentine, „und meine Scham, meine Reue und Verzweiflung, die gelten Dir wohl gar nichts!"
„Nein, das fällt alles nicht ins Gewicht diesem einem gegenüber, daß Du das Walten Gottes erkannt. Ach wenn doch Staufen auch wieder zu dieser Erkenntnis käme!"
„Mit ihm müßte da freilich noch eine größere Wandlung Vorgehen wie mit mir," versetzte Valentine, da er mit seinen Bekenntnissen an die Oeffentlichkeit getreten."
O an dem Mut der Ueberzeugung würde es auch dann nicht fehlen," sagte Erica voll Stolz. „Er würde sich nicht scheuen seinen früheren Ansichten abzuschwören, sich öffentlich als frommer, golteSfürchtiger Mann zu bekennen. Doch jetzt ist er rin kranker Mann," fügte sie traurig hinzu, und ich habe vorläufig an nichts weiter zu denken, als an seine Pflege."
Sie erhob sich, um sich wieder an Staufens Krankenlager zu begeben.
„Und Du verzeihst mir auch?" sagte Valentine etwas verlegen zu ihr aufschauend.
„Aber Valentine, welche Frage I" Herzlich schlang sie beide Arme um sie, ihr die Lippen mit einem Kuß schließend. Bewegt blickte Valentine ihr nach, wie die mädchenhafte Gestalt hinter der Thüre verschwand.
„Wie konnte ich nur glauben, daß ein Mann meinetwegen dieses engelhafte Geschöpf vergessen sollte, fragte sie sich voll trüber Selbsterkenntnis. Wie habe ich aus sie herabgesehen, mich ihr geistig in jeder Hinsicht überlegen glaubend, aber was will das bischen Wissen besagen dieser Herzensgüte gegenüber. Unter solchen Gedanken begann sie ihren Koffer zu packen, denn nach all den Demütigungen der letzten Stunden länger noch hier zu verweilen, als bis zu dem morgenden Tag, daS schien ihr denn doch über ihre Kräfte zu gehrn. Auch ihr Vater hielt cs für das Beste mit ihr abzureisen, dem jungen tüchtigen Arzt, der ihm bei der Behandlung des Kranken zur Seite gestanden, konnte er ihn ohne weitere Sorge anver- trauen.
(Schluß folgt.)
Verschiedenes.
— Mittel gegen Brandwunden. Ein einfaches Mittel gegen Brandwunden, welches in jedem Haushalt stets vorhanden zu sein pflegt, ist das Mehl. Wer sich verbrenn', muß sofort die verbrannten Teile dick mit Mehl bestreuen, nicht etwa blos zart pudern, und das Mehl längere Zeit liegen lassen, dann hört der Schmerz sofort auf und eS giebt keine Blasen.
— Gegenwärtig, zur Zeit der Kirschen- relfe, wollen wir nicht versäumen, sorgsame Eltern aufmerkam zu machen, ihre Kinder beim Genüße der saftigen Früchte anzuhalten, den Kern nicht mit zu verschlucken. Schon manches junge Leben ist infolge dieser Unvorsichtigkeit in große Gefahr geraten, denn es ist häufig vorgekommen, daß die Kerne in die Luftröhre kamen und so den Tod
des KIndeS durch Ersticken herbeiführten, oder eS bildet sich bei den empfindlichen Kleinen eine Entzündung des Darmes. Bei ganz kleinen Kindern empfiehlt eS sich, die Kirschenkerne vorher herauszunehmen, damit von vornherein jede Gefahr abgewcndet wird. Auch sollten die Eltern ihren Kindern nach dem Genüsse von Kirschen keine Getränke geben, da dadurch schon zu vielen Krankheiten der Keim gelegt wurde.
Deutschlands Schuld.
Ein ernstes Mahnen zieht durch deutsche Lande, Ein Mahnen Deutschland an die heil'ge Schuld, Die deinem Künstler du am GrabeSrande Zu zahlen hast als eine ew'ge Huld!
Dem Meister Lortzing, deinem treuen Sohne, Dem du im Leben wandst die Dornenkrone.
Und leise zittert durch die tiefste Seele Ein lieber Klang, der niemals wieder klingt. Ein keuscher Sang, ohn' Falsch und Hehle, Wie ihn die Nachtigall im Frühling singt. Gestalten steigen aus in Märchenträumen,
Die Poesie und Zauberduft umsäumen.
Der Waffenschmied, er schmiedet feste Waffen, Nicht brechen sie in Kampf und in Gefahr,
Bis sie das ein'ge Deutschland uns erschaffen, Wie du's erhofftest einst „mit lock'gem Haar..." Und auch dein Volkslied einfach deutsch gesungen, Hat siegreich alles Fremde leicht bezwungen.
Du hast das Sprüchwort: „Unter Lachen weinen" In deinen Werken uns gemacht zur That. Humor und Ernst harmonisch sich vereinen, Wenn Kühleborn dem Kellermeister naht. . . Und weinend fühlen wir UndinenS Schmerze», Wenn sie den Undank steht im Menschenherzen.
Dein Knappe Veit und deine lust'gen Peter Sind Burschen von unendlichem Humor . . . Als Wildschütz jagt Herr Backel vom Katheder Und klug und weise tritt van Bett hervor.
So die Gestalten uns vorüberziehen,
Die nicht verwelken, immer neu erblühen. —
Drum laßt uns jetzt den Dank ihm zollen, Den wir ihm schuldig waren überS Grab;
Ein Denkmal freudig wir errichten wollen Für das, was er uns unvergänglich gab.
In unserm Herzen stand es längst zum Lohne, Von Stein noch fehlt es — für die Dornenkrone.
Ernst Albert.
Sammelstelle für das Denkmal: Präsidium des deutschen Musikerverbandes in Berlin, Bessel- straße 20. — Nachdruck willkommen.
Gelegentlich des Lortzing-Musikfestes in Pyrmont macht vorstehendes Gedicht die Runde durch die Zeitungen.
Kumoristisches.
.'. (Ausgehorcht.) Herr: „Ich möchte mit Ihnen ein Geschäft abschließen, im Falle sie in der Lage sind." — Kaufmann: „Nun, ich bin als streng solide bekannt und habe außer meinen Verbindlichkeiten über eine Viertel Million Vermögen." — Herr: „So? Dann bitte ich um die Hand Ihrer Fräulein Tochter."
(Der Schlaumeier.) Richter: „Sie sind mit vier Jahren Zuchthaus, dem Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und der Landesverweisung bestraft. Haben Sie etwas dazu zu bemerken?" — „Ja ich möchte zuerst die Landesverweisung abbüßen l"
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Redaktion, Druck und Verlag von vernh. Hosmann ta Wildbad.