Die Ehre des Hauses.

Novelle.

Originalbearbeitung nach dem Englischen von Klara Rheinau.

II) (Nachdruck verboten.)

Diese Dame/ versetzte Herr Dort, sich aus seinem Stuhle umdrehend und Frau Mervyn scharf fixirend,kann nur, wenn ich nicht sehr irre, viele Ausklärung geben wenn sie will/ betonte er mit verletzendem Nachdruck, ohne sich an des Obersts Stirn­runzeln zu stören.Aber ich will mich deutlicher aussprechen," fügte er, ein Packet Papiere aus seinem Taschenbuch nehmend, bei, und während seiner Erzählung häufig darin blätternd.

Todtenblaß, an allen Gliedern bebend, verfolgte Frau Mervyn jede seiner Be­wegungen, aber unfähig, die Eröffnungen des Deiektives zu verhindern, wankie sie an die Seite des Gatten, welcher an dem Kamin - stmS lehnte, und hing sich schwer an seinen Arm. Den Oberst überraschte dies etwas, ober ex konnte das Gesicht nicht sehen, das sie von ihm abwandte, das halb trotzige, aber ganz verzwnfluugSvvlle Gesicht das fest den forschenden Blicken des DetcktiveS auSgesetzl blieb, während dieser seine Er­zählung begann mit der Zeit, da Frau Mervyn die grausam behandelte Schutzbe­fohlene einer älteren, als sehr reich und sehr excentrisch bekannten Dame war. Eines Tages kam es Frau Mordaunt in den Sinn, einen Anbau ihres Hauses während der Saison in Southampton an Fremde z» vermieten. Die erste Mieterin war PriS- cilla Füllen, die in Witwentracht, in Be­gleitung ihres Bruders, eines fein aussehenden jungen Mannes, erschien, der sehr eifrig seinen Studien oblag und das Haus nur zuwcilen verließ, um mit seiner Schwester in jenem Teile des Gartens zu promenieren, der von dem der Frau Mordaunt durch ein leichtes Eisengitter getrennt war. Und hier pflegte auch Frau Mervyn täglich ihren Spaziergang zu machen, die einzige Erholung, welche ihre strenge Herrin ihr gönnte. Zwischen der liebenswürdigen Frau Fullon und dem freudenlosen jungen Mädchen ent­spann sich schnell ein traulicher Verkehr, dir sich bald auch» als das Fräulein ihre an­fängliche Schüchternheit überwunden, auf den gelehrten Bruder ausdehnte.

Ich begreife das Spiel jener Leute sehr gut," wandte sich der Dettknve hier vertrau­lich an Frau Mervy ;obschon ich überzeugt bin, daß Sie nie eine Ahnung davon halten. Herr Hubert Morrison, wie er sich damals nannte obschon er in Manchester, woselbst ein Verhaftungsbefehl weg-n Fälschung gegen ihn ausgesertigt war, unter einem andern Namen bekannt war und seine durchtriebene Schwester hatten Frau Mordaunts kleine möblierte Wohnung erst gemietet, nachdem sie erfahren, daß die alte Dame ihr Geld und sämtliches Silber in ihrem Schlafzimmer v rwahre, und daß außer ihr Niemand im Hause schlafe, als sie und ein paar Dienstmädchen. So hatten die Beiden denn schlau berechnet, daß Sie ihnen bei Ausführung ihrer Pläne sehr nützlich sein könnt'n."

Oberst Mervyn blickte befremdet auf;

eine leichte Röte überzog seine gebräunte Wange.

Der Geheimpolizist fuhr fort:Schließ­lich, als eS Frau Fullon trotz all' ihrer Bemühungen nicht gelingen wollte, sich Frau Mordaunts Freundschaft zu gewinnen, sprengte sie aus, die Luft in Southampton bekomme ihrer Gesundheit sehr schlecht, kündigte ihre Wohnung und reiste in Begleitung ihres Bruders am Hellen Tage nach Wandsworth ab, wohin sie auch ihr Gepäck dirigirt hatte, da sie dort mehrere Villen besaß, wie sie einigen Bekannten mitgetctlt hatte. Zwei Tage später wurde um Mitternacht in Frau Mordaunts Haus eingebrochen und sämt­liches Silber, viele wertvolle Juwelen nebst einer bedeutenden Summe in Gold und StaatSpapieren entwendet.

Der furchtbare Schrecken warf Frau Mordaunt aufs Krankenlager, und da Niemand daran dachte, eine Belohnung auf die Auffindung des Thäters zu setzen, so wurden die Nachforschungen nur sehr lässig betrieben und nie eine Spur von den Thätcrn entdeckt. Es war sehr klar, daß der Ein­brecher Frau Mordaunts Gewohnheiten ge­kannt und auch gewußt hatte, daß sie in jener Nacht noch weniger Schutz um sich hatte als sonst, da ihre Miclher abgereist waren und auch Fräulein Adelheid sich fern vom Hause bei ihrer früheren Amme in Nttliy befand, woselbst sie bei jedem, auch dem geringsten Unwohlsein Unterkunft suchen mi ßte, da Frau Mordaunt in steter Angst schwebte, Jemanden unter ihrem Dach sterben zu sehen.

Hm!" meinte der Oberst sinnend, als der Detektive innehielt und in seinen Papieren blätterte,natürlich beginnen nun hier Ihre Entdeckungen. Wie mir scheint, bringen Sie jene FullonS mit dem Diebstahl in Verbindung, obschon ich noch nicht einsehen kann, in welcher Weise."

Und ich konnte es ebensowenig, Herr Oberst, dis," er zögerte und blickte auf Frau Mervyn, die durch keine Miene ver­riet, welcher Konflikt sich in ihr entspannen bis ich erfuhr, daß die Beiden, anstatt nach WandSworth zu fahren, bis zu welcher Station sie Billcts erster Klasse gelöst hatten, in Winchester, unter dem Vorwand, Frau Fullon fühle sich unwohl, den Zug verließen und heimlich nach Soulhampio» zurückkehrlen, woselbst am nächsten Morgen Fräulein Adelheid mit ihnen zusammentraf und in der St. Michaelskirche mit Herrn Hubert Morrison getraut wurde."

Ein leiser Aufschrei entfuhr dem Obersten, und sein Blick heftete sich forschend auf das bleiche Antlitz der Frau, die so schwer an seinem Arme hing. O. welche Qual, welche Todesangst sprach aus ihren Thränenlosen Zügen!

Verheiratet!" ries er ausverheiratet Hörst Du Adelheid? Wie! Du antwortest nicht! Also ist es wahr?"

Er schüttelte die eisige Hand, welche den schwachen Versuch machte, seinen Arm zu umklammern, von sich ab, und trat an den Tisch, vor w-'lchem der Detektive saß.

Noch kenne ich nicht die Motive Ihrer seltsamen Erzählung, Herr Dart; fasse» Sie sich kurz und hüten Sie sich wohl

etwas auszusprechen, was Sie nicht beweisen können."

Mit zunehmender Ehrerbietigkeit in seinem Benehmen legte der Geheimpolizist dem Obersten die Kopie eines Trauscheines vor, welche der getäuschte Gatte durchlas und schweigend zurückgab. Der Detektive fuhr in seiner Erzählung fort:Als di; Ccre- monie vorüber war, begaben sich die drei Personen, Hubert Morrison, seine Schwester und die junge Dame, einzeln in ein ruhiges, kleines Hotel auf der Londoner Straße, woselbst sie mehrere Stunden sich aufhielten. Die junge Dame entfernte sich zuerst und kehrte allein zu ihrer Amme nach Netley zurück. Hubert Morrison verließ das Hotel wenige Stunden nach dem Einbruchsdiebstahl bei Frau Mordaunt und trug einen großen Handkoffer mit sich, der bei seiner Ankunft nicht in seinem Besitze gewesen war. Er fuhr nach Guerns'Y, und Frau Fullon legte ihre Witwentrauer bei Seite und begab sich nach London, wo sie unter anderem Namen Im Laufe weniger Monate so viel Geld ver­geudete, daß die Polizei Verdacht auf sie warf.

(Fortsetzung folgt.)

Verschiedenes.

Ein taubstummer Prinz. Von einem traurigen Geschick ist das Haus Reuß älterer Linie heimgesucht worden. Der jetzt 21 Jahre alte Sohn des regierenden Fürsten Heinrich XXII., Erbprinz Heinrich XXIV., hatte vor längerer Zeit infolge einer schwierigen Augenoperation das Gehör verloren. Nun­mehr ist der jugendliche Erbprinz auch noch der Sprache beraubt worden. Ob ärztliche Kunst helfen kann, steht dahin. Der be­dauernswerte Prinz ist der einzige Sohn des Fürsten Heinrichund besitzt fünf Schwestern.

.-. Rattenfänger gesucht. Die Ratten­plage in Kopenhagen hat, wie dieAllgem. Fleischer-Zeitung" berichtet, in der inneren, alten Stadt, besonders bei den Fleischern so um sich gegriffen, daß man ein Ratten- vertilgungs Comitee mit einem Kapital von 30000 Kronen gebildet hat, das für jede Ratte 10 Oere (100 1 Krone oder l Mk. 12Ptg.) vergütet. Die Ratten werten an bestimmten Stellen eingeliefert und erhält der Einlieserer für jeden Ratten­schwanz die ausgesetzten 10 Oere. Vor etwa sechs Wochen hat man mit der Ver­tilgung begonnen und bis jetzt sind 39 219 Ratten eingeliefert worden. Das Komitee beabsichtigt, noch die Hilfe der Behörden in Anspruch zu nehmen.

.-. Seltsames Heiratsgesuch. In einem Berliner Wochenblatte findet sich folgende Anzeige:Ein Deutscher (Künstler) sucht die Bekanntschaft einer jungen Dame im Alter von 1820 Jahren, mittlerer Statur, mit einigem Vermögen zwecks baldiger Heirat. Negerin bevorzugt. Es handelt sich dabet nicht etwa um einen Mann, der in den Tropen zu Hause ist, sondern um einen biederen Westfalen, den es nach einer schwarzen Gattin gelüstet.

.'. Welchen? Vater:Ich hoffe, Du hast von dem Geld, welches ich Dir zuletzt sandte, den Wirt bezahlt!" Sohn (Student):Weichen Wirt meinst Du denn, Vater?"

NHMio«, Druck und »erlag von ltzernh. Hofwan» i» NilbSai».