Rundschau.
— Die Wahl des geprüften Verwalt- ungSkandidaten, Friedrich Kipp, Buchhalters bei der K. Heil- und Pflege-Anstalt Winnenthal (vorher in Wildbad u. Calmbach) zum Ortsvorsteher der Gemeinde Höfingen, OA. Lconberg, wurde bestätigt.
Stuttgart, 24. März. Oberbürgermeister v. Rümelin ist heute früh bald 4 Uhr in Baden-Baden gestorben. Die Leiche wird behufs Einäscherung nach Heidelberg überführt werden. Die Beisetzung erfolgt hier.
Heilbroua, 23. März. Ein Opfer der strengen Kälte der letzten Tage ist der bejahrte Ochsenwirt Wegert von Boxberg geworden. Man fand denselben gestern auf dem Weg zwischen dem benachbarten Schwai- gern-Unterschüpf erfroren auf.
Nagold, 23. März. Gestern abend wollten 3 Bürger von Mötzingen in ihr vor dem Gasthaus stehendes Gefährt cinsteigen, fanden aber zu ihrem Schrecken, daß Pferd und Wagen verschwunden waren. Nach langem Suchen fanden sie am andern Morgen Roß und Wagen auf dem Galgenberg; das Pferd scheint den Heimweg angetreten, fick aber verirrt zu haben.
Gmünd, 22. März. An der gleichen Stelle, wo am Sonntag das Gefährt von Oberleutnant Salzmann verunglückte, scheute gestern mittag zwischen 12 und 1 Uhr das Pferd eines von Lorch nach Gmünd fahrenden Leiterwagens und durchbrach beide Bar- riercschranken gerade als der Gülerzug an- fuhr. Da der Lokomotivführer bremste, konnte ein größeres Unglück verhütet werden, doch haben eine auf dem Wagen sitzende Frau und ein Kind Verletzungen erlitten-
Brucken OA. Kirchheim, 21. März. Gestern nachmittag fuhr ein mit Steinen beladener Wagen, an den ein zweiter ange- hängt war, durch den hiesigen Ort. An einer scharfen Straßenbiegung befand sich eine Anzahl Kinder. Der erste Wagen hatte den Platz schon passiert, da fiel auf bis jetzt unaufgeklärte Weise ein 5'/, Jahre aller Knabe zu Boden; das vordere Rad des 2. Wagens ging ihm über den Fuß und zerquetschte denselben an der Kniegegend vollständig. DaS Kind wurde hierauf von einem Telegraphenarbeiter von seiner gefährlichen Lage befreit und so ein größeres Unglück verhütet.
Ehingen, 22. März. In schrecklicher Weise verunglückte gestern mittag Fuhrmann Mooser von hier. Derselbe wollte auf seinen mit schweren Holzstämmen beladenen Wagen sitzen, glitt aus und fiel so unglücklich unter den Wagen, daß ihm von den Vorderrädern der Kopf förmlich zermalmt' wurde.
Germersheim, 21. März. Eine junge Frau, die gestern nachmittag mit dem Speyerer Zuge hier angekommen war, halte im Zuge etwas liegen lassen, weshalb sie über das Geleise zurücklicf. In demselben Augenblick fuhr der Bruchsal« Schnellzug hier ein, erfaßte die Frau, warf sie zwischen die Schienen und ging über sie hinweg. Als der Zug vorüber war, fand sich, daß die Frau wunderbarer Weise unverletzt geblieben war.
Ladenburg, 20. März. In einem mit Wasser zum Putzen gefüllten Zuber ertrank das zweijährige Töchtcrlein des Zigarren- fabrikanten Kaufmann, welches sich in seinem unbewachten Augenblick an dem Zuber zu schaffen gemacht hatte.
Aus der Pfalz, 22. März. Der seit
I einigen Tagen eingetretene plötzliche Witterungsumschlag, der nicht nur Schnee, sondern auch Frostwetter brachte, Hai der weit vorausgcschritle-ien Vegetation großen Schaden zugefügt. DaS Frühobst, wie Mandeln, Pfirstsche, Aprikosen u. s. w., hat teils schon verblüht, teils steht es vor der jBlüte. Die beiden letzten Nächte haben nun den größten Teil desselben vernichtet, zumal das Thermometer heute früh stellenweise bis 10 Grad unter Gefrierpunkt stand. Auch die Kirschen, die namentlich in der Dürkheim« Gegend die Haupteinnahmequrllen mehrere Ortschas. ten bilden, haben unter den Frösten stark gelitten. Zum Glück stagnierte in der letzten Zeit der rasche Austrieb der Reben, so daß ihnen die kältere Temperatur noch nichts anhaben kann.
— Ein Musiker in Frankfurt a. M. kam in der Sylvestcrnacht in stark angeheitertem Zustand nach Hause. Das heißt, er kam nicht nach Hause, geriet vielmehr in ein Nachbarhaus und legte sich dort schlafen. In dem Bette nebenan schlief eine Witwe den Schlaf des Gerechten und sie wäre vielleicht erst am Morgen des Gastes gewahr geworden, wenn dieser nicht so furchtbar geschnarcht hätte. Die Wilib erwachte und glaubte, ihre Tochter vollführe den Lärm. Auf ihren Anruf aber antwortete eine Männerstimme: „Hannche, sei nur ruhig, ich bin's." Die erschreckte Frau schrie Zeter und Mordio, sprang auf, rief die Polizei, und nun wurte der Betrunkene in seine richtige Wohnung verbracht. Das Gericht glaubte an die Harmlosigkeit des Abenteuers und sprach den Musikus von der Anklage des Hausfriedensbruchs frei.
— Hinrichtung des Raubmörders Gier. In Straßburg ist letzten Donnerstag früh der Raubmörder Gier aus Beckingen, Regierungsbezirk Trier, welcher in der Nacht vom 27. auf 28. Juni 1898 in der Nähe von Kronenburg an der I9jährigeu Näherin L onie Laubachcr einen Raubmord verübte, im kleinen Hofe des BezirksgefängnisseS hingerichtet worden. Gier beteuerte dis zum letzten Augenblick seine Unschuld und erklärte den Wärtern, sowie dem Staatsanwalt wiederholt, er sei unzurechnungsfähig. Den von den beiden katholischen Gefängnisgeistlichen Dr. Hoch-Straßburg und Balzli- Ensishetm angebotenen geistlichen Zuspruch wies Gier unter schweren Schmähungen gegen die Geistlichen, sowie unter Hinweis darauf, daß er an keinen Gott glaub, zurück. Al« Staatsanwalt Kieffer den Verbrecher unmittelbar vor der Hinrichtung aufforderte, zu beten, gab Gier zur Antwort: „Was soll ich beten), da ich doch keinen Glauben habe?" Gier bewahrte bis zum Moment seiner Hinrichtung eine feste ungebrochene Haltung. Als Gier den Richtplatz betrat, rief er mit lauter Stimme: „Hoch jlebe die internationale Sozialdemokratie! Nieder mit den Schurken von Beamten und Staatsanwälten!" Scharfrichter Silier ans Stuttgart, welcher die Hinrichtung vornahm, hielt Gier hierauf den Mund zu, während seine beiden Gehilfen ihn auf das Fallbrett schnallten. Um 6'l-Ubr war die Hinrichtung beendet.
Hörde i. Wests-, 20. März. (Ein entsetzliches Unglück) hat sich hier am Samstag ereignet. Ein 18jähriger Bursche hatte in der Stahlfabrik der Hermannshütte die Vertretung einet am Konverter be chäftigten jungen Mannes übernommen. Als eben ein
neuer Wagen flüssigen Eisens davon fahren wollte, öffnete sich, jedenfalls jdurch eine Unvorsichtigkeit, au»s neue der Konverter und der junge Bursche wurde mit flüssigem Eisen überschüttet. Von dem Köiper des Aermsten ist nur ein Fuß übrig geblieben, alles andere ist verbrannt. Die glühende Masse, die sich über den Unglücklichen ergoß, hatte ein Gewicht von 10 000 Kilogramm. Der Vater des Verunglückten stand in der Nähe und mußte sehen, wie sein Sohn verbrannte.
— Am Löwenkäfig. Als eine Frau mit ihrer sechsjäbrigen Tochter einen zwischen Godesberg und Bonn belegcnen Privatgarlen betrat, in welchen! gegen Entree wilde Tiere gezeigt werden, lam das Kind einem durch Außengitter nicht abgezännten Verbindungsgang zwischen zwei Löwcnkäfigcn nahe. Im Moment erfaßte ein Löwe durch die Gitler- stäbe mit der Pranke die Schulter des Mädchens, zog das Kind an chas Gitter heran, riß mit der Tatz» der Kleinen einen großen Teil Kopfhaut ab und verletzte durch einen Schlag das Kind erheblich im Gesicht. Als die Wärter hinzueilten, ließ der Löwe das Kind los, das alsbald in die Klinik gebracht wurde. Das arme Wesen liegt im Sterben. Die Mutter des Kindes, -welche Zeuge des schrecklichen Vorganges war, ist gleichfalls schwer erkrank!.
— Im Scherze die Gattin erschossen. Aus Oedenbnrg in Ungarn wird ein schrecklicher Fall gcmildct: Im Wirtshause zu Kliegenbach nächst Oedenburg unterhielt sich der Schwager des OrtSrichters, Stefan Be- stts; da kam dessen Frau um ihn nach Hause zu holen. Bcstts ergriff hierauf das Gewehr des Wirtes, denn er glaubte, es sei nicht geladen, und bemerkte im Scherze zu seiner Frau: „Ich erschieße dich!" Erzielte und erschoß lhatsächlich die Frau- Bestts ist vor Schmerz dem Wahnsinne nahe.
— Der verschwundene Hundertmarkschein. Aus Bartolfelde bei Osterhagen (Süd- Harz) wird folgende Geschichte berichtet: Vor kurzem verkaufte ein hiesiger Einwohner an eine Dame zwei Schweine, und die Dame bezahlte mit einem Hundertmarkscheine. ES wurde noch ein bischen „geschnackt" und dann wollte der Verkäufer das Geld weglegen. Doch stehe da: der Hundertmarkschein war verschwunden. Das gab ein Halloh, ein Rennen und Suchen. Alles wurde zuoberst und zuunterst gekehrt; doch umsonst I Der „Blaue" war nirgend zu finden. Es wurde hin und hergeraten, wohin der untreue Schein wohl geflüchtet sei. Da kam einem Schlauberger der Gedanke: „Den Hundertmarkschein hat einer von den beiden Hunden hier verschluckt." WaS machen! Da es ungewitz war, ob das Klcinnod bald und unversehrt auf natürlichemjWege wieder zum Vorschein käme, wurde kurz und bündig beschlossen, zuerst den am meisten im Verdacht stehenden Hund zu töten und das Innere zu untersuchen. Gesagt, gethan I Der „treueste Freund des Menschen" mußte dem schwarzen Verdacht zum Opfer fallen. Magen und Eingeweide wurden untersucht, und siehe da, es fand sich alles darin, was hineingehört, doch der Hundertmarkschein fand sich nicht. Große Enttäuschung! „Doch hat's der nicht gethan, so war's verändere." Auch der zweite Hund mußte daran glauben, und auch bei ihm fand sich das Kleinod nicht. Lauge Gesichter gab es. Der Hundertmarkschein aber fand sich schließlich wohigeborgen im —Kalender vor,