Ke sühnt.
Erzählung von F. von Pückler.
(Nachdruck verboten.)
1 .
Droben im Gebirge, umrauscht vom schäumenden Gießbach, inmitten dunkler Tannen stand die stattliche Altmühle, welche erst kürzlich ihren Besitzer gewechselt. Der alte Müller Schwarz war zur ewigen Ruhe eingegangen und sein Sohn Wilhelm hatte als alleiniger Erbe den Betrieb der Mühle übernommen. Es war ein gar stattlicher junger Mann mit dunklem Kraushaar, kleinem Schnurrbärtchen und blitzenden Augen, den die Mädchen im Dorfe gern sahen und wohl auch heimlich Hostien, er möge unter ihnen eine Müllerin wählen, die ihm droben schaffen und Haushalten helfe.
Die keckste unter Allen war die blonde Grete, deren Vater, der reiche Ortsschulze sein nannte. Eine Frau war nicht mehr im. Hanse; Grete wirtschaftete allein mit einer Base, Käthe, die als arme Waise aus Gnade und Barmherzigkeit ausgenommen worden und nun bei den herrschsüchtigen, lieblosen Verwandten wahrlich keine rosigen Tage verbrachte. Freilich das wußte Niemand, Jeder rühmte vielmehr des Bauern Güte, der seines Bruders Tochter zu sich genommen und für sie sorgte. Berner kümmerte sich auch wenig um das, was im Hause geschah, denn Grete fuhr ihn gelegentlich ebenso scharf an wie alle Anderen, und er machte dann stets, daß er weiter kam; Käthens rotgeweinte Augen sielen ihm nie so recht auf.
Grete hatte sich nun den jungen Altmüller eingebildet, er kam auch häufig auf den Hof, plauderte mit dem Bauer oder den Mädchen, ging wohl mitunter am Sonntag hinter ihnen drein zur Kirche, sodaß sich endlich im Dorf das Gerede einstellte, Wilhelm Schwarz freie um des Schulzen schöne Tochter.
Diese selbst Hörle voller Genuglhuung dies Tuscheln; ihr wärS schon recht gewesen, iu der Altmühle als junge Herrin zu regieren, und gleichzeitig schmeichelte cs ihrer Eitelkeit daß gerade dieser schmucke Bursch' sie den Uebrigen vorzog.
Es mochte kurze Zeit vor dem Erntefest sein, an dem die junge Schöne bestimmt erwartete, eine Eiklärung ihres Verehrers zu erhallen, als dieser eines Tages von Niemand bemerkt in den Garten trat und gl.ichmütig den Kiesweg entlang bis zur Geisblattenlaube schritt, in der die Mädchen immer zu sitzen pflegten. Es war so still und schön, die hohen Bergen sahen in herbstlicher Klarheit hernieder auf das Dörfchen im Thale, die Georginen und Astern leuchtet« n hervor zwischen den mitunter schon angeivclkten Blättern und durch die Lust schwebten schimmernde Herbstsäden.
Da fiel plötzlich mitten hinein in des jungen Altmüllers Sinnen der scharfe Ton einer scheltenden Frauenstimme, und unwill kürltch stand er still, »m zu horchen, w>r denn hier so zu schmähen vermöge I Und siehe da, er mußte bald inne werden, daß cs die blonde Grete war, die scharf auf ihre Base loszankte.
„Dummes Ding Du, rief sie höhnend, „willst mir noch widersprechen und hängst doch ganz allein von unserer Gnade und
Barmherzigkeit ab. Was würde wohl werden, wenn der Vater Dich davon jagte? Hah, und trotzdem bist Du frech."
„O nein, Grete," vernahm man Käthens traurige Stimme, „ich habe mich nur verteidigen wollen, daß ich die Trauben nicht vom Spalier geschnitten, wie Du meintest, aber beleidigen wollte ich Dich gewiß nicht. Ich weiß ja, was der Ohm für mich thul."
„Wenn'S nach mir ginge, wärest Du längst an die Luft gesetzt," höhnte Grete weiter. „Dein wortloser Trotz kann mich rasend machen, und Dein Schwenzeln um die Burschen nicht weniger. Meinst vielleicht, daß der Altmüller Deinetwegen herkommt? Haha, ich Hab' wohl gesehen, wie Du ihm immer mit verliebten Augen nachblickst, aber der nimmt nicht solch armes Ding, wie Du bist."
„Grete," schrie das gequälte Mädchen schluchzend auf, „erbarme Dich, sei nicht so grausam I"
„Wenn ich Dich »och einmal ertappe, daß Du ihm nachstehst," zischte Gretens Stimme, „dann Gnade Dir Gott — ich sorge dann dafür, daß Dich der Vater aus dem Hause jagt."
Jetzt drehte sich Wilhelm, der junge Altmüllcr, um und schritt mit lauten Tritten auf dem knirschenden Kies dem Hause zu, obendrein ein Lied pfeifend; er wußte genau, daß hinter ihm ein blonder Kopf, ein hochrot erschrockenes Gesicht zwischen den Büschen hervorschaute, aber er kehrte sich nicht um und kam acht Tage lang nicht auf den Hof des Schulzen.
Nach Ablauf derselben schleuderte er gegen Abend in den Wald; hinter demselben lag die Wiese des Schulzen, die Leute mußten jetzt bald von der Arbeit heimkehren, und glückte eS ihm vielleicht, seinen Plan auszuführen. Und in der That, dort kam hinter den Andren allein und niedergeschlagen Käthe Berner, die arme Waise; als er sie aufmerksam betrachtete, siel ihm zum ersten Male auf, daß sie recht hübsch sei. Die glänzenden kastanienbraunen Flechten waren kroncnartig um den Kopf gesteckt, das von der Sonne gebräunte Gesicht Kälhchens zeigte volle rote Wangen, und die schönen braunen Äugen mit dem sanften Ausdruck mnßten, wenn sie lachten, gewiß überaus anziehend sein.
Sie halte ihn nicht bemerkt, und als er nun freundlich auf sie zutrat, prallte sie mit leisem Ausruf zurück.
„Käthe," begann er, ihr die Hand reichend, „Du bist so allein beim Heimweg? Weshalb gingst Du nicht mit den Uebrigen ?"
„Sie sind so lustig und — da passe ich schlecht zu ihnen," lautete die verlegene Ant wort, uud er sah in den abgewandlen Augen deS Mädchens eine Thräne glänzen.
„Und warum bist Du so traurig an diesem schönen Abend, Mädchen?" forschte der junge Mann weiter. „Hat man Dir ein Leid gethan oder Dich gekränkt?"
„Nein, ich bin ja eine arme Waise und muß dankbar sein, daß ich ein Obdach und zu cssen habe; aber seht Ihr, Altmüller, es ist doch gar schwer mitunter, nie ein freundlich Wort zu hören und immer sich sagen zu lassen, baß man geduldet sei aus Erbarmen. Solch widrig gereichtes Brod ißt sich schwer I"
„Armes Kind," meinte er mitleidig ihre
Hand erfassend, und plötzlich ging ein wär» mercs Gefühl in ihm auf, als er daran dachte, daß Käthe ihn heimlich gern möge; „ich weiß, daß Deine Base Grete Dich hart behandelt."
DaS Blut schoß dem Mädchen jäh in die Wangen; jetzt wurde ihre Ahnung bestätigt, er mußte damals gehört haben, wie Grete sie geschmäht I Unwillkürlich schritt sie rascher voran, ihr Herz pochte ungestüm und am liebsten wäre sie davon gelaufen. Aber der Altmüller hielt sie liebevoll an der Hand zurück.
„Nur eine Frage, Käthe," sagte er, ihr in das erglühte Gesicht blickend; „steh, ich bin genau so einsam, wie Du, Niemand hat mich lieb auf der ganzen, weilen Welt, und doch sehne ich mich so herzlich danach, nicht immer allein zu bleiben. Käthe, was meinst Du? Willst Du meine Frau werden?"
Die Frage kam so gänzlich unerwartet, daß das schüchterne Mädchen zurückbebte und wie abwehrend beide Hände ausstreckte. „Um des Himmels willen, Altmüllrr, Ihr wißt nicht, was Ihr gesagt I Ihr der reiche Mann und ich, das arme Mädchen, dem nicht ein Pfennig gehört I"
„Ich will ja auch nicht nach Geld freien," lächelte er, ihre andere Hand ebenfalls fest- nebmend, „sondern nach Liebe, und gerade Dich, Käthe, habe ich schon lange heimlich liebgewonnen. Du bist sanft, freundlich, fleißig, sauber, hast ein bitteres, hartes Leben durchmachen müssen und bist dennoch nicht dös geworden. Von nun an, Kind, sollst Du als Altmüllerin unter den Leuten etwas gelten, nnd Du wirst sehen, wir werden sehr, sehr glücklich miteinander leben."
Unter den buntgrünen Bäumen des Waldes bei der hereindrechenden Dämmerung ward das Verlöbnis der Beiden besiegelt und ausgemacht, daß am Erntefest das ganze Dorf die Neuigkeit erfahren solle; schon Ende Oktober sollte dann die Hochzeit sein.
Selig und träumend noch von ihrem Glück eilte Käthe heim; waS kümmerten sie heule Gretens harte Scheltwort«, womit sie empfangen wurde. Still und ohne Widerspruch verrichtete sie ihre Arbeit und schlich dann auf ihr Bodcnkämmerlein, um dem Allmächtigen zu danken für die unerhofft glückliche Wendung ihres Schicksals.
So gingen die Tage hin, das Erntefest kam herbei, und auf der großen Dorfwiese wurden Zelte und Buden erbaut, denn hier sollte der Ernteschmaus und Erntetanz gehalten werben.
(Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
— Vorzügliches Mittel gegen aufgesprungene Hände. Eines der besten Mittel gegen aufgesprungene Hände ist Honigwasser, und zwar löst man in 1 Liier Wasser einen Eßlöffel Honig auf. Die Wirkung wird noch eher erreicht, wenn man dieser Auflösung noch einen Eßlöffel voll Glycerin zufügt. Durch das Bestreichen der Hände mit dieser Flüssigkeit wird die Haut überaus weich und geschmeidig.
.-. (In der Justruktionsstunde.) Unteroffizier : „Der Soldat soll sein Gewehr lieben, wie seine Braut. Füsilier Knetschke: wie lieb soll Sie Ihr Gewehr haben?" — — Knetschke: „Wie Metzgers Minna!"
Redaktion, D,.uck int Verlag von Beruh. Hosmann in Wildhad,