Der Fluch des Mammons.
Novelle von Leo Werner.
(Nachdruck verboten.)
23.
Wegen der fatalen Gründeraffaire, die eine Zeit lang auch eine» schweren Verdacht auf Berlitz geworfen, hatte sich der Baron allerdings von der Familie Berlitz zurückgezogen, und der Rittmeister Baron Züllchow hatte dieserhalb auch sein Heiratsproject mit Emma Berlitz aufgegebcn, denn mit einem kompromittierten Manne wollten weder der Rittmeister, noch Baron Blankenfeld weiteren Verkehr haben. Da sich aber inzwischen her- ausgestellt hatte, daß Berlitz an den Be« trügereien deS Banquiers Zacharus ganz unschuldig war, und die beiden Damen gegenüber einem großen Unglücke um des Barons Rat baten, so war dieser ritterlich genug, um ihnen gefällig zu sein.
„Ich werde gleich zu Professor Jürgens fahren und ihn veranlassen, möglichst noch heute Herrn Berlitz zu untersuchen," ent- gegnete der Baron entgegenkommend, als er von Emma die traurige Ursache ihres Kommens erfahren hatte. „Ja, ja, ich glaube eS, es war ein zu schwerer Schlag für Ihren Herrn Vater," fetzte er dann teilnehmend hinzu. „Er hat an einen Gauner wohl die Hälfte seines Vermögens verloren und der größte Teil des übrigen Vermögens steckt in einem verfehlten Unternehmen. Darüber kann man den Verstand verlieren, zumal wenn man, wie es bei Herrn Berlitz der Fall schien, etwas zu einseitig an dem Mam- mone und dem trügerischen Glücke, welches er spendet, hängt."
Zwischen dem geisteskranken Berlitz und seinem Diener spalten sich während der Abwesenheit der Damen ausfällige Scenen ab.
„Daniel, hast Du nicht schon gehört, daß Unschuldige in's Zuchthaus gekommen sind, weil man sie für schuldig hielt?" frug plötzlich der sonst still und tiefsinnig auf dem Sopha sitzende Berlitz seinen Diener.
„Gehört habe ich eS wohl," entgegnete Daniel, „aber cs wird heutzutage wohl selten vsrkommen."
„Aber es kommt doch vorl" stöhnte der Geisteskranke, „und ich sage Dir Daniel, daß es bei mir Vorkommen wird- Der Schuft, der Zacharus hat mich nicht nur um mein Geld gebracht, sondern er hat andern Leuten, die er auch betrog, weiß gemacht, ich hätte sie betrogen."
„Das ist nicht möglich, Herr Berlitz." erklärte Daniel, „denn Sie sind immer ein Ehrenmann gewesen und haben Niemanden betrogen I"
„Das sagst Du, Daniel, ober hier in der Residenz spricht man anders von mir," erwiderte Berlitz und trüb und wirr flackerten seine Augen umher.
„Komm' Daniel, bringe mich wieder nach Gundersdorf. Der — der — der — nun wie heißt er doch gleich, der feine Mann — er soll mir mein Rittergut zurückgeben und sein falsches Geld wieder nehmen."
„Sie sind wohl heute recht unwohl," lenkte Daniel ab, „ich denke, es ist das Beste, Sie legen sich zu Bett."
„Kerl, waS sprichst Du für dummes Zeug," schrie der Kranke laut auf, „ich bin ganz gesund und morgen will ich selbst Nach
sehen , wie es eigentlich auf den Feldern aussteht."
Während Daniel zu seinem Schrecken bemerkte, daß sein Herr wirklich verrückt geworden war, kamen die Damen zurück, und ein neuer Jammer ging los, Berlitz sprach nur noch wahnwitzige Reden, und nur mit größter Mühe konnte er von wahnsinnigen Streichen abgehalten werden.
Endlich trafen der Baron von Blanken- feld und der Professor Jürgens, ein berühmter Arzt für Geisteskrankheiten ein.
„Sagen Sie Herrn Berlitz, ich käme mit Herrn Prefessor Jürgens, um ihm eine wichtige Mitteilung wegen seines Petroleumwerkes zu machen," flüsterte der Baron dem Diener zu, und dieser meldete in der gewünschten Weise die Herren an.
Als diese aber in das Zimmer traten, wo sich Berlitz befand, sprang dieser wütend empor und schrie: „Sie wollen mich Verhaften, mich in's Gefängnis schleppen I Ich gehe aber nicht mit, sondern will mein Rittergut wieder haben. Fort Herr Baron, mit dem bösen Manne. Fon I Fort I
„Der Herr leidet an allmählich zum Durchbruch gekommenen Verfolgungswahnsinn und an einem bereits stark entwickelten Grade von Verrücktheit," flüsterte der Pro fcssor Jürgens dem Barone zu. „Leider ist da wenig Aussicht auf Heilung vorhanden. Im Interesse des Kranken wie seiner besorgten Angehörigen ist es nötig, daß derselbe möglichst noch heute in eine Heilanstalt gebracht wird."
Ein unsäglicher Jammer ergriff das Herz des jungen Mädchens, als sie von dem Barone und dem Professor diese trostlose Mitteilung hörte, und Berlitzens Schwester, die Tante Susanne knickte vor Gram beinahe zusammen.
Geradezu entsetzlich war es auch für die beiden Damen, als gegen Abend der Kranke von zwei Wärtern abgeholt und in einem verschlossenen Wagen nach der Heilanstalt gebracht wurde. Dabei war cs der Tochter wie der Schwester verboten, sich von dem Geisteskranken zu verabschieden, um keine neuen Anfälle von Verfolgungswahnsinn od. Tobsucht bei ihm hervorzurufen. Mit List und Gewalt brachte man Berlitz, den einst viel beneideten Krösus, als einen im höchsten Grade bedauernswerten, Wahnsinnigen in ein Irrenhaus.
(Schluß folgt).
Vermischtes.
.' jWenu man Reservelieutenant ist ) Ein heiteres Mißverständnis trug sich kürzlich in einer Garnisonstadt zu. Daselbst wohnt ein Fabrikant für Gas- u. Wasserleitungsartikel, der zugleich die Charge eines Reservelieutenants bekleidet und zu Mahlzeiten eine eifrige Thätigkeit in regierungsfreundlichem Sinne zu entfallen pflegt. Eines Tages wird L aufgefordert, beim Herrn General zu erscheinen, und begiebt sich, nachdem er Uniform und Orden angelegt, in dessen Palais, in der freudigen Erwartung, er werde nun für seine patriotische Thälig- keit die wohlverdiente Belobung erhalten. Der Herr General empfangt ihn mit den Worten: „WaS verschafft mir das Vergnügen ...?" — „Ich bin zu Exzellenz befohlen." — „Nicht baß ich wüßte, wer war denn bei Ihnen?" — „Ein Diener,
Exzellenz." — Der Herr General ließ nuN den Portier rufen, der ihm einige Worte zu' flüsterte und wieder verschwand, worauf der General dn Herrn T mit den Worten entließ : „Lieber X,, Sie haben sich unnötigerweise in Uniform gesteckt, nicht Sie, sondern einer Ihrer Leute sollte erscheinen, eS handelt sich um Ausbesserung des schadhaften Wasflr- klosets."
— Wann soll man mit Inserieren aufhören? Ein englisches Blatt sagt, daß cs auf diese Anfrage folgende Antworten von seinen bedeutenden Kunden erhalten habe: l. wenn die Bevölkerung aufhört, sich zu vermehren und wenn keine Generationen mehr Nachkommen, die nie von euch gehört haben. 2. Wenn ihr jeden, der euer Kunde sein könnte, überzeugt habt, daß eure Waren besser und eure Preise billiger sind als die der andern Firmen. 3. Wenn ihr bemerkt, daß die Leute, welche nicht anzelgen, ihre Konkurrenten überflügeln. 4. Wenn Leute aushören, nur durch geschicktes Anzeigen vor euren Augen Vermögen zu machen. 5. Wenn ihr den Rat der gescheitesten und erfolgreichsten Geschäftsmänner vergessen habt. 6. Wenn jedermann ein solcher Gewohnheitsmensch geworden ist, daß er ganz gewiß dieses Jahr am gleiche» Orte wie letztes Jahr kaufe» wird. 7. Wenn keine jüngern und frischern Konkurrenten mehr auftauchen und die Zeitungen gebrauchen, um der Welt zu verkünden, daß man vorteilhafter bet ihnen als bei euch kauft.
— Der verhängnisvolle Kleiderständer.
Ueber eine heitere Komödie der Irrungen entnehmen wir einer längeren Darstellung der Rhein- und Ruhrzeitung folgendes: Ein Möbelhändler aus einem kleinen Orte fährt eigens nach einer größeren niederrheinifchen Stadt, um einen Kleiderständer zu erwerben. Nach Abwicklung des Geschäfts begiebt er sich in eine Kneipe und läßt sein Möbel auf dem Flur stehen, von wo es natürlich gestohlen wird. Der Mann macht Anzeige bei der Polizei, erwirbt einen zweiten Kleiderständer, trinkt einen zweiten Schoppen und wandert dann zum Bahnhof, um die Heimreise anzutreten. Zunächst aber nimmt ihn ein Schutzmann ins Verhör und da sich der Jn- qutricrte nicht auSzuweisen vermag, wandert er als der gesuchte Kleiderständer-Dieb zur Polizeiwache, von wo er am andern Morgen, nach Feststellung seiner Personalien, mildem Kleiderständer entlassen wird.
(Unfreiwillige Komik.) Niemand darf Federvieh mit Ausnahme der Tauben, Ziegen, Schafe, Schweine und Rindvieh auf der Straße herumlaufen, lassen. (Verordnung derPoli- zeiverw. § 13im Wochenbl. Kreis Salzwedel Nr. 6 Von 1872.)
.'. (Im Theater.) Herr: „Bitte, mein Fräulein, nehme Sic doch den Hut ab l Wir können sonst nichts sehen I" — Fräulein: „Aber ist denn der Hut keine Sehenswürdigkeit ?"
(Treffende Erklärung.) Schulknabe (mit seinem Vater an der Rheinisch-Westfälischen Bank vorbeigehend:) „Du, Papa, warum heißt denn dieses Haus „Bank"?" — Papa: „Weil der Direktor sitzt!"
.-. (In der Badeanstalt.) „Warum binden Sie denn dem Kleinen ein Tuch um die Augen, Herr Vcilchenfeld?" — „Er geht eppes zum ersten Mal in's Wasser, Herr Direktor!"
htedaktion, Druck und Berlag von Bcrnh. Hofmann in Wil-tzad,