Rundschau.

Stuttgart, 16. Jan. Die kirchliche Feier des kaiserlichen Geburtsfeste« findet am Sonn» 21 Jan. statt.

Stuttgart, 7. Jan. Die Zahl der Aerztk ist in Württemberg auch im verflossenen Jahr um 28 gestiegen, so daß Württemberg nach der neueren Zusammenstellung 739 Acrzte besitzt. Ganz Deutschland hat 21 621 Aerzte gegen 20 500 im Vorjahr. Was das Ver­hältnis zwischen der Zahl der Aerzte und der BevölkerungSzahl anbelangt, so nimmt Württemberg die zweitunterste Stelle rin, indem auf 10 000 Einwohner 3 Aerzte ent­fallen. Die Zahl der Apotheken ist von 267 auf 264 zurückgegangen.

Ludwigsburg, 16. Jan. Letzten Sams­tag mußten mehrere Soldaten ins Garni- sonslazaret verbracht werden, die an Genick­starre erkrankt waren. Ein aus Verrenberg, OA. Oehrtugen, beim Traibataillsn dienender Soldat, der Sohn des dortigen Sonnenwirts Zorn, ist dieser Krankheit in den letzten Tagen hier erlegen. Die Leiche wurde in dessen Heimat überführt.

Leonberg, 17. Jan. I» Rutesheim fiel der verheiratete Maurer Jakob Kilber im Walde von einer Eiche, die er entasten wollte, und erlitt dadurch so schwere Verletzungen, daß er gestern früh starb. Er machte den französischen Krieg obwohl verwundet bis zum Ende mit.

Großbottwar. 13. Jaua>. Weil es sich gegenwärtig bei unserem Bahubau haupt­sächlich um das Schlagen der Steine zur Beschotterung de» noch einzusetzenden Stein- körpers der Bahntrace handelt, so wurden in letzterer Zeit eine ziemliche Anzahl von Bahnarbeitern entlassen. Sehr zu bedauern ist, daß eine ziemliche Anzahl von Ar­beitern, welche in Kost und Logis bei hiesigen Bürgern untcrgebracht waren, morgens bei Nacht und Dunkel verduftet sind und fran­zösischen Abschied genommen haben, ohne ihren Verbindlichkeiten nachzukommen. Auch in den Nachbarorten wurden die gleichen un­liebsamen Erfahrungen gemacht.

Jagstseld, OA. N ckarsulm, 16. Jan. Vergangenen Samötag fiel der Oberbrauer der Bierbrauerei zum Waldhorn beim Bier­sieden in die Braupfanne und zog sich dabei solch schwere Brandwunden zu, daß er »och in derselben Nacht verschied.

Der in einem Weinberg bei Neckar­rems ermordet aufgefundene junge Mann ist, wie die Nachforschungen ergaben, der 2ljährigk Monteur Blomenstein aus Heslach.

Magstadt, 15. Jan. Ein für Jäger interessanter Vorfall ist von hiesiger Markung zu berichten. Am gestrigen Sonntag vormit­tag kam ein Hirsch, mit abgeschossenem rech­tem Hinterlauf, frei übers offene Feld ge­laufen, dem Walde zu, wo ihn zwei Wald­arbeiter sahen und verfolgten. Das Tier ein Achtender, der aufgebrochcn seine 180 Pfund wog ließ sich, ohne sich irgend mit dem Geweih zu wehren, von den zwei Männern niederreißen und abfangen, ein Fall, der im WeidmannSleben sehr selten be­obachtet wird. Der Hirsch wurde den Stutt­garter Jagdpächtern obgeliefert.

Zur Mittagszeit verunglückte ein 17jährigcr ^Schloffergehilfe des Jung'schen Geschäftes in Schorndorf beim Abladen von Eisenstäden. Derselbe scheint in Abwesenheit der anderen Arbeiter vom Pritschenwagen ge­stürzt und von einem nschsallenden Bund

Eisenstäben am Kopf so schwer verletzt wor­den zu sein, daß ihn die herbeieilenden üb­rigen Arbeiter bereits bewußtlos am Boden liegend vorfanden. Bis der Bedauernswerte in das naheliegende Krankenhaus verbracht wurde, hat er schon den Geist aufgegeben.

Metzingen, 17. Januar. Heute mittag 1 Uhr ereignete sich aus dem hiesige» Bahn­hof ein Unglücksfall. Hilfswärtcr Fauser aus GlemS wollte, nachdem sich der Per­sonenzug nach Reutlingen schon stark in Be­wegung gesetzt hatte, aus einem der ange­hängten Güterwagen noch ein Bierfäßchen in Empfang nehmen, wobei er das Gleichge­wicht verlor und unter die Räder stürzte, welche ihm beide Beine unter den Knicen ab- schyitten und ihm noch schwere Verletzungen am Kopfe beibrachlen. Der Verunglückte wurde in das hi.sige Krankenhaus gebracht.

Heidenheim, 15. Jan. lieber den i» «origer Woche gemeldeten Fall der Tötung eines jungen Mannes durch einen Bahnzug kann nunmehr mitgetejlt werden, daß hier ein Selbstmord vorliegt. Der junge Mensch, von Aliheim, OA. Ulm, gebürtig, war in Langenau in der Lehre als Schlosser. Dort soll er einem Gesellen Geld entw-ndet haben. Nachdem ihn dieser deswegen gezüchtigt hatte, ging der Unglückliche fort und kam bis ho­her, wo er alsdann seinen Tod durch Ueber- fahrcnlassen suchte und fand. Die Leiche desselben wurde nach seinem Heimatort über­führt.

Karlsruhe', 15 Jan. Eine fürstliche Gabe zu rechter Zeit hat unser allverehrter Großherzog gespendet, indem er zur sofor­tigen Anschaffung von Steinkohlen für wür­dige Arme hiesiger Stadt die schöne Summe von 1000 ^ anwies.

Am SamStag abend 7'i-a Uhr er­folgte in der im Hauptbahnhof in Frankfurt a. M. in der Nähe der Maschinenhalle ge­legenen Fettgasanstalt der Staatsciscnbahn eine Gasexplosion, bei welcher die GaSarbeiter Wilhelm Mohr, geb. am 10. Nov. 1845 in Flörsheim, Georg Martin Falkenstein, geb. am 2. Februar 1852 zu Ober-Erlen- bach, und Joh. Gustav Trufchel, geb. ani 17. Dezember 1865 in Maffenheim, durch Brandwunden schwer verletzt wurden. Die Verletzten wurden mittels Krankenwagens in das städtische Krankenhaus überführt, wo der am schwersten verletzte Arbeiter Mohr, Vater von 10 Kindern, am Sonntag früh seinen Verletzungen erlegen ist. Die beiden anderen befinden sich zwar noch nicht außer Lebensgefahr, doch ist Hoffnung zu ihrer Wiederherstellung vorhanden.

In München ermordete in einem Hause in der Hirtenstraße eine verheiratete Kleidermacherin ihre zwei Kinder, indem sie denselben den Hals aufschnitt. Hierauf gab sie sich selbst in der gleichen Weise den Tod.

In Worms wurde ein junger Fabrik­arbeiter, der seine Geliebte vergiftet hat, ver­haftet. Das Verhältnis der Beiden hatte Folgen gehabt; um diese zu beseitigen, gab der junge Mann dem Mädchen ein Pulver ein, wonach es während der Nacht verstarb.

lieber den schon gemeldeten Mord, der in einen» Wagen der badischen Staots- bahn bei Jstein, wenige Kilometer von Basel entfernt, verübt worden ist, wird fslcgcndes Nähere berichtet: Der von Mannheim kom­mende Zug hatte nur noch zwei Stationen zu passieren, als ein 60jähriger, aus Amerika zurückkehrendrr Schwarzwälder seinen einzigen

Wagengenoffen, einen Schreincrmeistcr au» Winterthur, mit einem sechsläufigen Revolver niederschoß. Der Schuß und der Schrei des tätlich getroffenen machten einen der Schaff­ner aufmelkfam, der beim O ffnen deS bctr. CoupeS von dem Mörder ebenfalls mit der Waffe bedroht wurde. Doch war der Bahn­beamte geistesgegenwärtig genug, die Thüre zuzuschlagen und beide Wagenthürcn zu schlie­ßen, so daß man des Verbrechers sof rt hab­haft war und dev Wagen bei der nächsten Station L'vpoldshöhe zum Behufe der Ver­haftung deS Mörder loskoppeln konnte. Von Freiburg trafen am andern Morgen GericktS- beamle ein. Ob lediglich Raub als Motiv anzunehmen ist, möchte inan noch bezweifeln, da dem Mörder die unmittelbare Nähe Ba­sels bekannt sein mußte, wo ein hellerleuch- tetrr Bahnhof und ein zahlreiches Dienstper­sonal ein entweichen ziemlich schwierig machen.

Aus Mecklenburg, 1 l. D-zbr. 1892. Ein Vorfall, der >o Recht die Allmacht der Ritter gegenüber den Lehrer» charakterisiert, ist der­artig, daß sogar der skeptische Ven Akiba ausgerufcn haben würde:So was ist denn doch noch nie dagewesen I" Ein Ritterguts- h sttzer >m östlichen Mecklenburg ärgerte sich über den stattlichen Vollbart seines Schul­meisters. Dieser kam aus vorgebrachten Grün­den der Aufforderung, ihn abzuwhmen, nicht nach. Zu seiner Verwunderung hielt darauf die herrschaftliche Kutsche vor seiner beschei­denen Thür, »nd che er sich versah, befand er sich im Wagen, der nach der Stadt jagte und vor einem Friseurladen Halt machte. Noch in Gedanken darüber, was der Vor­gang zu bedeuten hätte, wurde er nach der Stube gebracht, dort festgehalten, und der Friseur entledigte sich mit Scheere, Seife und Messer seines Auftrages. Es ist jeden­falls schwer, sich in den Unwillen des ge­kränkten Mannes hineinzudenken; doch be­schlossen war es bei ihm, als er sich wieder selbst überlassen war, gegen seinen Patron klagbar zu werden. Geknickt ging er aber über Bescheid de» angerufenen Rechtsanwalts heim, denn der Bescheid hieß :Lieber Mann, nehmen Sie ihr Geschick mit Ergebung auf sich. Denn wenn Sie klagen, setzt Sie ihr Patron sofort an die Luft, Sie sind dann ohne Stelle. Sie wissen ja nur zu gut, daß ein ritterschastlicherLehrer wie ein Dimst- bote nach Willkür entlassen werden kann, weil ihn kein Gesetz schützt." (Hbg. Frddl.)

Odessa, 17. Januar. Beiden jüngste» Stürmen auf dem Schwarzen Meere sind 10 Segelschiffe verunglückt, davon 2 mit gan­zer Mannschaft. Ein griechischer Dampfer wird vermißt.

Bei einer in letzter Woche in Rams- gatc abgchaltcnen Gerichtsverhandlung kam es, wie man aus London berichtet, zu Tage, daß die italienischen Drehvrgelspieler in Eng­land keine schlechten Geschäfte machen. Der verklagte italienische Kunstjünger mußte zu- geben, daß er häufig ein Pfd. St. täglich, d. i. 20 niemals aber weniger als 7 Schilling (7 r/E) verdiene. Seine Erspar­nisse erlaubten ihm, von Zeit zu Zeit seine neapolitanische Heimat zu besuchen.

Hamburg, 18. Jan. Die Bürgerschaft bewilligte 6,600,000 für die Regulier­ung des Fahrwassers der Unterelbe und die Anlage von Löschplätzen unterhalb AltonaS.

Verschiedenes.

Warme Stuben. Eine Stube warm