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. Chronik und Anz«gmblatt das obere Cnztal.

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Sack i« Wildbad.

WKW

Nummei 289

Fernruf 179.

Miläbsä, äklmstsg, äen 11. verember 1920

Fernruf 17«.

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SonnLagsgedanken.

Dem Glück entgegen.

Meinen wir wirklich, das frohe Ahnen, das zur Weih­nachtszeit in den Kinderstuben ansängt, sei nur für die kurze Weihnachtsbcrrlichkeit der Christsesttage? Gott sei Tank, es ist 'mehr! An den Kindern und an den Weihnachtsklüngen sollen wir aufhorchen lernen auf di» ichöuste und verborgenste Wabrbeit, die es iür Menschen-- kinder gibt: es geht dem Glück entgegen denn es gebt Gott entgegen!

. Paul Jäger.

Wochenrundschau.

Tie Verhandlungen im Reichstag in den' letzten Tagen waren trotz des wichtigen Beratungsgegen­stands .Haushalt des Wirtschafts- und ErnährungK- ministeriums von einer tödlichen Langeweile. Hätte nicht der Preußische Ministerpräsident Braun in seiner Eigenschaft als Reichstagsabgeordueter durch einen in der Parlamentsgeschichte allerdings wohl einzig dastehen­den Angriff auf den Ministerkollegen vöm Reich Dr. Hermes wegen persönlicher Streitigkeiten als grimmiger Hecht die beschaulich plätschernden Karpfen im großen Teich des Wallotbaub aus kurze Zeit in Aufregung gebracht, die paar Dutzend Abgeordneten, die man noch zählte, wären wahrscheinlich auch noch aus dem Saal verschwunden. Solange nämlich hier über Horatios Wirtschaft gesprochen wurde, waren die Führer der Fraktionen und die Abgeordneten erster Klasse in den Fraktionszimmern und in den Wandelgangen des Hauses oder in derFraktion Schulze"/ beim Reichs­tagswirt, zu eifrigen Besprechungen vereinigt. Eine Krisis war ausaebrnck'-m >ine wE-Oche Reg fe­rn ngskrisis durch den Widerstand der Beam­ten und Ang est eilten der Post und Eisen­bahn gegen die Neuordnung des Besoldungsgesetzes bzw. der Regelung der T? n r u n g s; u l a g e n. In einigen Städten übten die BeamtenPassive Resistenz", stillen Widerstand: sie erschienen'wohl zum Dienst, ver­richteten aber nur die wichtigsten Arbeitenin ruh- samer Eil", wie ,es in einem alten Lied h-ejßt. Tie Folge war eine Stockung des Betriebs. Das Reichspost­ministerium drohte mit dem Disziplinarverfah­ren, der Dienstentlassung. Darauf wandten sich die Beamten an die Gewerkschaften; es wurde in Aussicht gestellt, die Forderung der Zulageerhöhung durch ei­nen General streik zu erzwingen, außerdem wurde die Anerkennung des Streikrechts der Beamten ge­fordert. wie es den Angestellten und Arbeitern der Pri­vatbetriebe gewährleistet ist.

Ter Reichssinauzminister hatte wiederholt erklärt, über dk» Maß dessen, was zwischen per Reichsregierung und den verfassungsmäßigen gesetzgebenden Körperschaften ver­einbart wurde,' nicht hinausgehen zu können, da dafür keine Deckung mehr zu beschaffen fei. Andererseits war nicht zu bestreiten, daß die Bezüge der Beamten mit der fortschrc.lenden Teuerung nicht Schritt hielten und die einzelnen Parteien des' Reichstags, auch die drei Regierungsparteien, zeigten sich in Anerkennung dieser Tätliche mehr und mehr bereit, ein Uebriges,zu tun. Das war der Gegenstand der Sonderbcratungen im Reichstag. Wollte die Regierung auf ihrem Standpunkt beharren, so tief-sie Gefahr, allein zu bleiben und sie mußte zurücktreten.

Tie frühere Nationalversammlung hatte noch kurz vor ihrer Auslösung die großzügige Besoldungs­reform verabschiedet. Diese hatte als eiliges Werk ihre Mängel, besonders in der organischen Zusammen­fassung der einzelnen Beamtengruppen. Auf die viel­fachen Beschwerden der Beamten wurde durch eine Son­derkommission eine durchgreifende Aenderung vorgenom­men, die einen jährlichen Mehraufwand für Teuerungs- zulagdn von 408 Millionen Mark ausmacht. Nun ttvrr erklärte der Reichssinanzminifter: jetzt muß Schluß gemacht werden. Abgesehen von den Beamten des Heers und der Marine hat das Reich rund 18 Milliarden für Beamte und Angestellte auszubringen. Tie Zahl der Beamten beträgt im ganzen Reich jetzt etwa 2 Millionen ungerechnet die zahlreichen Hilssbeamten. Rechnet man eine Beamtenfamilie durchschnittlich nur M vier Köpfen, so gehören inehr als 12 Prozent der Gesamtbevölkerung dem Beamtenstand an. Ter

RerchsManzniunster kfl nun der Meinung, da Staats­mittel für weitere Zuwendungen an die Beamten nicht vorhanden seien, so müssu die übergroße Zahl der Be­amten verringert werden, um aus diese-Weife Erspar­nisse zu machen.

Das Reich arbeitet mit einem Fehlbetrag von 70 Milliarden und er wird sich, wie der Neichsbankpräsi- den Havenstein meint» bis April nächsten Jahrs aus 100 Milliarden erhöhen. Da ist aus der einen Seite die Mahnung zur Besonnenheit wobt am Platze. Tie Beamten sind ja nicht die einzigen, die zu klagen haben; noch viel schlimmer sind die Kleinrentner : daran, deren kapitalisierte v.rszarnis>e oder staatlichen j Rentenbezüge noch einem arbeitsreichen und vielfach ^ entsagungsvollen Leben vor dem,Krieg vielleicht gerade zu ' einer bescheidenen Existenz hinreichren; der den heutigen Teuerungsverhälmissen müssen sie sich die bittersten Entbehrungen auferlegen. Auch ihnen wird geholfen werden müssen, und der Unterausschuß für Sozialpolitik hat der Regierung vorgeschlagen: jeder Arbeiter und ^ jeder Angestellte soll für den Tag 10 Pfennig riehr ^ zahlen, der Arbeitgeber soll den gleichen Betrag ent- : richten. Diese Zahlungen würden im Gesamten aus*' 1 Milliarde zu schätzen sein, wovon 800 Millionen den Einzelstaaten zu überweisen wären, während die übrigen 200 Millionen außerdem denjenigen Ländern ' zufliehe» sollen, die ein bew-udc: cn Fe Zahl von j

Rentenempfängern haben, alfo dm ckndnstriegebiete. Tie ! Einzelstaaten überweisen die Gclrac wieder den Gemein- ? den, die ihrerseits 20 Prozent zuschießen. Für die i kleinen Kapital rentner soll das Reich 50 Millionen j aufbringen. Ob aus dem Vorschlag etwas werden wird, f steht noch dahin, aber so viel steht schon fest, daß auch ! hier das Reich vielleicht mit einem itoch viel höheren Betrag eingresfen muß.

In gewissenhafter Berücksichtigung der gegebenen Ver­hältnisse ist es Wohl schwierig, aber nicht unmöglich, Zeinen billigen Ausgleich in der Frage der Teurungszn-

lage der B.: : Bon den Parteien wurden

nunmehr verschiedene Anträge im Reichstag ein­gebracht, und auch der Rcick-Oinanttninister beharrte nicht mehr auf dem festen: Unmöglich! Durch die Annahme eines vermittelnden Antrags der Regierungsparteien, der, wie gemeldet wird, eine Ausgabe von etwa 500 Millio­nen Mark verursacht, dürfte die Krisis beseitigt sein und es ist zu erwarten, daß auch die Beamten sich zufrieden geben, wenn auch wohl noch mancher berechtigte Wunsch nicht erfüllt werden konnte.

Beneidenswert ist die Stellung des Reichs- finanzministers nicht. Just in diesen Tagen be­ginnen nämlich endlich auch die Verhandlungen über die Wied e rh er st ellnngsfor der ungen, die für die künftige Finan-lage Deutschlands entscheidend fein wer­den. Am 16. Dezember sollen die Sachverständigen des Verbands und Deutschlands zu der Vorbesprechung der Kriegsentschädigung in Brüssel z-sammenkommen. Niemand wird auf diese Besprechungen große H-ofsnun-' gen setzen wollen. Zwar scheinen in manchen Kreisen Frankreichs nachgerade auch Zweifel auizudämmern, ob die blinde E r w ü r g n n g S v o l i t i k im Interesse Frank­reichs gelegen sei, und der PariserTeinp-s" stellt sehr vorsichtig die Frage, ob denn Deutschland über­haupt in der Lage wäre, die Entschädiipmg zu bezahlen, ob man ihm nicht eine Schonzeit von zwei oder drei Jahren geben müsse. ' Andererseits aber haben wir bei den langen Verhandlungen über die Ablieferung der Milchkühe wieder die traurige Erfahrung machen müs­sen, daß der Verband auch nicht das geringste an seinen unerhörten FordernWgen nachgelassen hat, ja daß er am Ende die Tausende von 'Pferden, Rindern, Schafen usw., die vorausgeliefert worden sind, gar nicht in Abzug brin­gen. wird. Es bleibt bei der Forderung von 150 000 Pferden, 888 000 Rindern (davon 640000 Kühe und tragende Färsen), 896 000 Schafen, 27 000 Ziegen,

15 250 Schweinen, 1740000 Geflügel und 200 800 Ka­ninchen. Für alle diese Tiere hat das Reich die deut­schen Besitzer mit Milliarden zu entschädigen. Und was aus der Fleisch- und Milchversorgung in Deutschland werden soll, das weiß nur der Himmel- Für irgend­welche Besserung in den Beziehungeft des Verbands zu Dcntschlanh spricht es ferner nicht, daß Frankreich, Eng­land und der Zwerg Belgien in amtlichen Noten der Reichsregierung ihren scharfen Tadel wegen der Mitte November in Tüsseldors, Köln und.Aachen gehaltenen

Reden des Reichskanzlers und des Ministers Simons aussprachen und künftighin alle Minister­reden im besetzten, aber immerhin doch noch deutschen Gebiet über den Friedensvertrag verboten. Das ge­hört doch wohl zum stärksten, was sich der Verband bisher gegen Deutschland geleistet.hat.

Im Völkerbund hat man nun doch einmal gegen die Willkürherrschast ausgemuctst. Die Neutralen rafften sich zu der Meinung au;, daß Vöckerbundssatzung und Vertrag von Versailles zwei grundverschiedene Dinge sind. "Wenn schon an letzterem nicht gerührt werden solle, könne ihnen das gleichgültig sein, denn sie haben keine Schuld an ihm. Aber sie haben als Vötkerbunds- mitgliedtt Teil an den V ö > i e r b u n ds s a tz u n g en, -und wenn ihnen diese nicht passen, ;o müssen«die Mit­glieder das Recht haben, sie abz.Rudern. Da kamen die Neutralen aber schön an. Was der Oberste Rat gemacht hat, an dem dürfe nicht gerütten werden, denn wenn die Bölterbundssatzung nicht m.yc seststehl, dann könnte auch der Zwillingsbruder, de> Vertrag von Ver­sailles ins Wanken komm- Tie europäischen Neu­tralen beugten sich. 'Nicht so Argentinien. Ter ar- gentinische Minister Pueyrredon hat namens seiner Regierung dsn Austritt aus dem Völkerbund erklärt: die Vereinigten Staaten haben, sich be­eilt, Argentinien zu dem Schritt zu beglückwünsch e n mib die übrigen Staaten Amerikas ließen halbamtlich wissen, daß sie mit Argentinien ganz einverstanden seien. Selbst die britische Provinz Kanada lehnt sich gegen die englisch-französische Diktatur im Völkerbund auf. Es scheint^ daß sich ein amerikanischer Gegenbund gegen denVölkerbund" des Obersten Rats vorberei­tet. Unter Führung der Republik Costarica wollen sich auch die mittclamerikanischen Staaten zu einem en­geren Bund zusammenschließen. Demgegenüber will es wenig besagen, wenn Japan sich der Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund wiöersetzt. Ja, cs ist sogar nicht ganz unwahrscheinlich, daß es dies im Interesse Deutschlands tut, um es ooV gänzlicher politi­scher Versklavung zu bewahren. Nach Berichten gut- unterrichteter Leute ist nämlich die Stimmung in Ja­pan gegen Deutschland keineMegs ungünstig. Der Völkerbund aber hat einen schweren ^roß erlitten, der Anfang zu seiner öckelnng ist . wcht. Und die Zersetzung wird soructzreiren.

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Deutsche Antwortuoten an den Verband.

Selbstschutz unv Emnwhnerwehr.

Wie WTB. meldet, ist dem Vorsitzenden-der Ueber- 'w-achimg Kommission, dem französischen General Nol lei ui Berlin, am 9. Dezember eine Antworlnoic aitt^ die von ihm übergebene Note vom 12. Oktober zuge- stellt worden. Tie Reichsregierung erklärt, aus dem Frie- densvertraD könne das Verlangen, Selbstschutzor­ganisationen aufzulösen, die keinen militärischen Charakter tragen, nicht hergeleitet werden; Deutschland habe eine völkerrechtliche Verpflichtung dazu niemals anerkannt. Tie Selbstschutzdrganisationen dieser Art seien eine innere Angelegenheit des Reichs, sie werden nur solange bestehen, als die Staatsgewalt infolge von außergewöhnlichen Umständen ihrer Aufgabe zur Auf­rechterhaltung der Ordnung nicht vollständig gewach sen sei.

Tie Entblößung der Einwohnerwehren von Kriegswaffcn lasse sich die Reichsregierung gemäß dem Abkommen von Spa durchaus angelegen sein. Tie Ent­waffnung sei denn auch bezüglich der schweren Waffen fast vollständig dnrchgeführt, die leichten Waffen werden Ende Januar eingezogen werden. Nur die besonde­ren Verhältnisse in Bayern und Ostpreußen ha­ben nicht gestattet, dort mit der gleichen Schnelligkeit vorzngeh-en. In Bayern stehe die Bevölkerung noch anz unter dem Eindruck der bolschewistischen Räte- errschaft vom Frühjahr 1919, inner der die ord­nungsliebenden Bewohner schwer zu leiden halten. Um der Wiederkehr solcher Zustände vorznbengen. bildete sich die Einwohnerwehr, die ans Angehörigen aller Parteien und Stände besteht, keinen militärischen Charak­ter Hai und in keinerlei Beziehungen zu militärischen Behörden steht- Als rein zivile Einrichtung- zur Aufrechterh-altnng von Ruhe und . Ordnung unter­steht sic dem bayerischen Ministerium des Innern. Wenn