(Enztalbote)
für Wildbad. Chronik und An-si-Mtlott für das obere Cnztal.
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Weizsäcker über die elsaßlothringische Frage.
ii.
Ter „Knochen." blieb liegen. Ende Mai 1917 hat Bethmann Dollweg an Weizsäcker geschrieben, er habe nichts mehr in der Frage getan, aber in der Zwischenzeit eine andere Lösung (als die Aufteilung) nicht finden können. Ucber das weitere sagt Weizsäcker:
„Ter neue Reichskanzler Michaelis ließ für seine Person den Aufteilungsplan alsbald fällen. Nun hatte der Gedanke der Autonomie (Selbstver- toaltungl der Neichslande die erste Stelle der Erwägungen der zuständigen Kreise eingenommen. Ueber eine bereits am 9. September 1917 mit Reichskanzler Michaelis auf der Solitijde bei Stuttgart stattgehabte ' Besprechung habe ich deck Eindruck festgehalten, daß damals der neue Reichskanzler zwischen der Schaffung eines autonomen monarchischen Bundesstaats in Elsaß>- Lothringen - und der aufschiebenden Behandlung^ der reichsländischen Frage noch schwankte. Uebrigens sei, wie Michaelis meinte, die Aufteilungsfrage noch nicht zu den Akten g «schrieben, denn München habe noch nicht verzichtet. Dafür, daß der Autonomieplan im Vordergrund stand, sprach übrigens, wenn Michaelis schon die Person des künftigen Fürsten in dem zu schaffenden neuen Bundesstaat zur Sprache brachte, und hierbei in erster Linie von einem bayerischen Prinzen sprach. Ter Reichsleiter war wohl beeinflußt durch den Reichstag, in dem die Mehrheitsparteien ' (Zentrum, Sozialdemokraten und Demokraten) damals die Angelegenheit nachdrücklicher mit in die Hand zu nehmen begannen. Das Problem einer Aenderung der Verfassung' der Reichslaiche wurde damals mehr und mehr niit dem Problem der Erreichung baldigen Friedens in Verbindung gebracht. Ich Habe nicht geglaubt, daß s auf dem Weg der Autonomiegewährung — in irgendeinem Stadium des Kampfes vor Niederlage des Verbands — der französische Kriegswille hätte erschüttert werden können. - Er ging nun einmal auf Wiedereroberung."
Michaelis' Nachfolger, der erste parlamentarische l Reichskanzler Graf Hertling, vordem bayerischer Ministerpräsident und Vertreter bayerischer Wünsche, geriet bald in eine eigenartige Lage, „Vor der Amtsüber- ' nähme hat sich Hertling von der Reichs tagsmehr- hert gewisse Zusicherungen in der Richtung der Autonomielösung abringen lassen, ohne zuvor die verbündeten Regierungen zu befragen. Ich fürchtete meinerseits, die bayerischen Wünsche könnten trotzdem wieder aus der Versenkung erstehen — in der einen oder anderen Form." Tie Sache befand sich zudem nach wie vor auf der Tagesordnung, wie Weizsäcker, als er sich um die Jahreswende 1917/18 ins Große Hauptquartier begeben hatte, um dort Ludendorff, der sich für die elsaß-lothringische Frage stark zu interessieren begonnen hatte, den alten württcmbergischen Standpunkt Persönlich darzulegen. „Hertling hüllte sich in Schweigen." * !
e Ueber die Stellung des Königs Wilhelm sagt ! Frhr. v. Weizsäcker:
„Ter König von Württemberg hatte einige Zeit darauf in einem überaus freundlichen Briefwechsel ' mit dem Kaiser die Grundlage der württembergischen Politik in der Sache zusammengefaßt. Ter König hat aus Anlaß des Weltkriegs das Bedürfnis - einer Vergrößerung seines Landes nicht empfunden DiL von der württembergischen Regierung eingeschlagene Haltung hat in ihrer Grundrichtung auch die Zustimmung der Stände des Landes gefunden."
Me diese Tinge haben jetzt, wie schon oben bemerkt worden ist, nur noch geschichtliches Interesse. Aber es ist doch gut, daß Frhr. v. Weizsäcker-diese über die unglückselige!: Teilungspläne gegeben hat.
Tie elsaß-lothringische Frage hätte eine schwere Gefahr für das Reich werden können, wozu neben anderem » das unzeitgemäße Drängen der Reichstags milver-
I antwortlich ist.
MiIäbe> 6, kieitag, 3. Dezember 1920. kem«rf t§* S4.1akrgrrns
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Die Kosten der Besetzung.
Ein wichtiges Beweisstück.
Die BeseluliigZkosicu für das Jahr 1920 sind bekanntlich im Nerchshaushaltplan auf 15 Milliarden Papier-
auch der Londoner Botschafter in Berlin. Der römische Botschaftter trifft ebenfalls in Berlin ein.
Essen, 2. Dez. Die verstärkte Sozialisier ungs- kom Mission hat heute ihre Arbeiten wieder ausgenommen.
mark angegeben worden. Nachträglich wuroe diese Summe von amtlicher Seite im Reichstag als zu nieder bezeichnet und es dürfte ein tatsächlicher Aufwand von 16»/, Milliarden nuzunehmen sein. In der französischen Kammer- wurden nun kürzlich Bedenken laut gegen eine derartige übermäßige Belastung Deutschlands. Von sin tl ich er Stelle wurde erwidert, die Deutschen beschweren sieb gain '>» ilnreebt. denn die Vcsetzungskosten können nach einem uvis' en den Verbündeten abgeschlossenen Vertrag die jähr'iche Summe von 240 Millionen Goldmark nicht übersteigen. Im .Haushaltausschuß des Reichstags wurde auf diese amtliche französische Erklärung hiugewiesen, der Vertreter des Auswärtigen Amts gab aber die Versicherung, in Berlin sei von einem solchen Vertrag nichts bekannt. Das Abkommen besteht aber tatsächlich und war auch'im Londoner Weißbuch veröffentlicht worden. Es hat nach der „Frankst Ztg." folgenden Wortlaut:
Erklärungen der Regierungen der Vereinigten, Staaten von Amerika. 'Großbritanniens und Frankreichs hinsichtlich der BcstI)Uiig te. Rhcinprovtnzcn: .
Die alliieiu und asso,gierten Mächte bestaunen nicht dar, auf. daß die , it der Besetzung bis zur völligen Erfüllung der.Entschädig» ^-Klauseln bauern solle, weil sie angenommen haben, daß Hei-.uchland genötigi sein werde, jeglichen Beweis seines guien Willens und jede notwendige Bürgschaft vor dem Ende der nun 15 Iakrev zu,geben.
Da die Kosten der Bejahung eine gleich große Verminderung des für die Entschädigungen verfügbaren Betrags bedeuten, so haben die alliierten und assoziierten Mächte in Artikel 431 des Vertrags festgesetzt, daß. wenn Deutschland vor dem Ende der 15jährigen Periode alle seine Vertragsvcrpflichtungen erfüllt habe.' die Besatzungstruppen unverzüglich zurückgezogen werden sollen.
Wenn Deutschland zu einem früheren Zeitpunkt Beweise von seinem guten Willen und befriedigende Bürgschaften für die Erfüllung seiner Verpflichtungen gegeben hat. so werden die in Betracht kommenden alliierten und assoziierten Mächte bereit sein.- unter sich ein Abkommen zur früheren Beendigung der Zeit der Besetzung abzuschließen.
Sie schließen jetzt und für die Zukunft/ um die Last der Entschädigunqskosten zu erleichtern, das Abkommen/ daß, sobald die in Betracht kommenden alliierten und assoziierten Mächte die lleberzcugung gewonnen haben, daß die Ent- maffnunasbedingungen von Deutschland in zufriedenstellender Weise erfüllt werden, der jährliche Betrag der von Deutschland zur Deckung der Besetzungskosten zu entrichtenden Summen 240 Millionen Mark (Gold) nicht übersteigen soll. Diese Abmachung kann abgeändert werden, wenn sich die alliierten und assoziierten Mächte über die Notwendigkeit einer solchen Abänderung einigen.
16. Juni 1919. — (gez.) Woodrow Wilson: (gez.) G. Clemencean: lgez.) D. Lloyd Go ege.
Es ist auffällig, daß man von diesem Vertrag in der Berliner Reichsregierung gar nichts gewußt hat, denn er ist, wie ersichtlich, für die Unterzeichneten Mächte verbindlich und für Deutschland von größter Bedeutung. Uebrigens hat auch der englische Universitäts- Professor Keynes in seinem — auch an dieser Stelle wiederholt besprochenen — Buch über den Friedens- Vertrag das Abkommen ausdrücklich erwähnt. Daß die unmenschlichen Vorbedingungen, einschließlich der Entwaffnung von Deutschland gewissenhaft erfüllt sind, hat Lloyd George in einer Rede im Unterhaus ausdrücklich anerkannt: die etwa noch fehlenden Gewehre, so sagte er, seien für den Verband belanglos und sie könnten höchstens für die Deutschen selber gefährlich werden. Hat aber der Vertrag Gültigkeit, so hat Deutschland bisher viel zu viel an Besatzungskosten bezahlt. Selbst wenn man den heutigen schlechten Kursstand der Papiermark zugrunde legt und 1 Goldmark etwa 12 Papiermark gleichsetzt, dürfte der jährliche Beitrag Deutschlands zu den Besetzungskosten 2,88.Milliarden nicht übersteigen. Um wie viel mehr ist Deutschland überfordert worden, als seine Valuta noch um 100 Prozent und mehr besser stand. Wird das zuviel Bezahlte nun wieder herausgegeben oder auf die „Wiederherstellung" verrechnet? Das ist die Frage, die man in Berlin ernstlich wird studieren müssen.
Neues vom Tage.
Wichtige Beratungen in Berlin.
Berlin, 2. Dez. Wie die „Kreuzzeitung" berichtet, befindet sich außer dem deutschen Botschafter in Paris
Die Entwaffnung.
Berlin, 2. Dez. Hier ist gestern mit der Durchsuchung von Wohnungen nach verbotenen Waffen begonnen worden.
Aufforderung zu einer „Angriffsaktion".
Berlin, 2. llTez Laut „Rote Fahne" hat die Ortsverwaltung des Zutschen Metallarbeiterverbands Stuttgart den Vorstand des Verbands aufgefordert, sofort an den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund herzutrelen und eine Angriffsaktion zur Verbesserung der Lage der Arbeiter einzuleiten, die den Kampf gegen den Wucher, die Anpassung der Erwerbs- losenunlerstützung an die Verdienste der Arbeitenden, die Beseitigung der Steuerabzüge, die Kontrolle der Rohstoffgewinnung der Betriebe, der Leben -mittelgewinnung und der Verteilung durch die Betriebsräte der Gewerkschaften und Genossenschaften und die 'ntwafjnnng der Orgesch, sowie die Bewaffnung der Arbeiter un-. ter Kontrolle der Gewerkschaften verlangt.
Znr Abstimmung in Oberschlesten.
Paris, 2. Dez. Das „Echo de Paris" meldet, daß der deutschen und der polnischen Regierung eine Note des Obersten Rats mit Vorschlägen über die Abstimmung der außerhalb Oberschlesiens wohnenden Oberschlesier zugegangen sei.
Berlin, 2.. Dez. Laut „Voss. Ztg." kam es in O hl au (Schlesien) bei einer Feier der sozialdemokratischen Partei zu einem Krawall. Aus dem in der Nähe gelege- . nen Flüchtlingslager drangen Oberschlesier, unter- > stützt von grünen Husaren, in den Saal ein, sprengten die Versammlung und verletzten mehrere Teilnehmer schwer.
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Die ungarische Politik.
Budapest, 2. Dez. In der Nationalversammlung wandte sich der Abg. Pallavicini gegen die Anlehnung an Frankreich, die die Beziehungen zu England und Italien ungünstig beeinflußt habe. Dagegen beführwortete er eine Annäherung an Deutschland. Außenminister Graf Sizaky erwiderte, die Erfahrungen haben erwiesen, daß Ungarn nur auf seine eigene Kraft bauen könne. Möglich sei nur eine Außenpolitik, die die Erstarkung Ungarns im Innern fördere. Die Ueberwachung des Kaisers.
London, 2. Dez. Im Unterhaus erklärte Bonar Law auf eine Anfrage, daß seines Wissens der vormalige deutsche Kaiser eine Summe von etwa 50,Millionen Mark seit Januar 1919 bezogen habe. Die Verwendung dieses Gelds werde von den Alliierten im Auge bech alten.
Die Besprechungen in London.
Paris, 2. Dez. Ministerpräsident Äeygues' ist gestern abend wieder nach London abgereist. Der Oberste Rat wird heute zur Besprechung der griechischen Frage znsammentreten. -
Paris, 2. Dez. (Havas.) Tie Kommission des Senats der auswärtigen Angelegenheiten beschloß, die sofortige Vorlage des Vertrags von Sevres zu verlangen .und den Ministerpräsidenten nach seiner Rückkehr aus London sowie den General Gourond anzugehören. Tie, Kommission scheint ! in dem Wunsch nach Abänderung des Vertrags im Hinblick auf die griechischen Ereignisse einig zu sein. (Soll das mehr als eine bloße Drohung nach England sein?)
London, 2. Dez. Nach der „Times" hat die englische Regierung in Paris Vorstellungen erhoben wegen der - französischen Treibereien in Palästina, die gegen die englische Vorherrschaft gerichtet sind.
Bei einem Essen des Verbands britischer Industrieller sagte Lloyd George, um den darniederliegenden Handel der Welt zu heben, sei vor allem Friede in Europa, angestrengte Arbeit und Sparsamkeit nötig. Die Regierung wolle Eingriffe in den Handel so viel wie möglich vermeiden.
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