"ordnete Gareis gebracht hatte, um ihn der Begasung zu entziehen. Der Landtag sprach die schärfste Miß­billigung au?, daß ein Abgeordneter seine Stellung miß­brauche, um eine andere Person der Strafverfolgung zu entziehen. Auch der belgische Spitzel Fzacheur, der an dem Fall Dobnsr beteiligt ist, 'wurde verhaftet und zwar auf Veranlassung der feindlichen Ueberwa- chnngskommission,

Unterdrückung der evangelischen Ltirchr in Polen.

Berlin, 1, Nov. Tie evang.-linierte Kirche in Po­len erhebt in einer Denkschrift an die Staatsregierungcn der Entente die Anklage, daß die polnische Regierung unter Bruch s Friedensvertrags und der polnischen Verfassungsgesetze planmäßig die Unterdrückung der evan­gelischen Kirche in Polen betreibe.

Der Achtstundentag im schweizeris -sn Verkehrswesen.

Bern, 1. Nov. In der gestrigen Volksabstimmung über'die Einführung des achtstündigen Arbeitstags bei Eisenbahn, Post, Telegraphen und Telephon in der Schweiz wurden nach heftigen Werbekämpfen für den Achtstunden­tag rund 369 000, dagegen 271000 Stimmen abgege­ben. Tie Wahlbeteiligung war schwach: nur 67 Pro­zent der Wahlberechtigten haben abgestimmt. Dagegen waren Landwirtschaft, Gewerbe und Kleinbahnen.

Die ArbeitsdieRstpflicht.

Berlin, 1 . Nov. Der bereits angekündigte Gesetz­entwurf über das allgemeine Arbeitsdienst- fahr bestimmt nach Blättermeldungen, daß die Dienst­pflichtigen nicht für Arbeiten im kapitalistischen Interesse, sondern im Dienst der Allgemeinheit besonders zu Kran­kenpflege und anderen sozialen Einrichtungen herange- zogen werden.

Deutsche Pilger beim Papst.

Rom, 1 . Nov. Ter Papst empfing gestern einen Zug deutscher Pilger unter Führung des deutschen Botschafters und des Erzbischofs Schulte von Köln/ Ter Papst beglückwünschte die deutschen Katholiken, daß sie als die ersten nach Rom gekommen seien nach einem Krieg, in dem seine Stellung so schwierig ge­wesen sei, denn seine Kinder haben in beiden feind­lichen Lagern gestanden. Durch den Besuch haben die Pilger einen besonderen Anstoß zur Wiederaufnahme, herzlicher Beziehungen zwischen den Kindern §er katho­lischen Kirche gegeben. Sein, des Papstes Wirken im Lauf des Kriegs dürfe nicht seiner Person, sondern seinem Amt antzerechnet werden. Seiner Friedensliebe fei nicht Genüge getan, bis auf den Frieden der Waffen ein Frieden der Gesinnung unter den Menschen folge. Tie Liebeskätigkeit des Erzbischofs und seiner Mitarbeiter während des Kriegs zeige, daß die christliche Pflicht, die Feinde zu lieben, nicht unvereinbar sei mit der Piebe zum Vaterland. /

Mitteleuropäische Wirtschaflskonferenz?

Wien, 1 . Nov. Von amerikanischer und englischer Seite ist als Ergänzung der Brüsseler Finanzkonferenz eine Wirtschaftskönferenz der mitteleuropäischen Staaken (Deutschland, Oesterreich, Ungarn, Tschechoslowakei, Polen, Südslawien usw.) vorgeschlagen worden. An der Kon­ferenz, die im Dezember in Preßburg stÄttfinüen soll, würden Amerika, England und Frankreich nur beratend teilnehmen.

i Wien, 1. Nov. Ant tschechischen Nationalfeiertag be­gingen die tschechischen Soldaten in Teplitz und Rei­chenberg unerhörte Ausschreitungen gegen die deutsche Bevölkerung.

Swineys lleberführung.

tLovk, 1. Nov. Tie sterbliche Hülle des Bürgermei­sters von Tor? wurde gestern mittag in die Kathedrale gebracht und nach einem Trauergottesdienst nach dem Friedhof übergeführt. Eine große Menschenmenge biO Pete Spalier. Weder die Polizei noch die Truppen mußten einschireiten. - »"> >-: -»a-'-.

Das alte Lied.

Roman von Fr. Lehne.

37. Fortsetzung. , (Nachdruck verboten.)

13. Kapitel.-

Weihnachten war vergangen, jo trübselig für Regina wie nie. Wie üblich brachte sie den heiligen Abend und zweiten Festtag mit ihrem Gatten bei den Eltern' zu. Sie hatten von Tiakonus Pfeiffer eine Verlobungs- anzeige bekommen. Seit einem Jahr bekleidete er die Stelle des Geistlichen an einer großen Gefangcnenanstalt, und dort hatte ersein Glück" gefunden, wie er schrieb.

Die Tochter des Direktors, ein nicht mehr ganz junges, aber liebes, kluges Mädchen, hatte es verstanden, durch ihr sanftes, stilles Walten und Wirken seine Sympathie und Liebe zu erringen. Und da sie beide auf nichts mehr zn warten hatten, wollten sie auch schon ini März heiraten.

Ich bin sehr froh darüber," sagte Pastor Hartmann, mir war immer, als ob ich etwas gut zu machen hätte an ihm, deshalb habe ich mich bemüht und für ihn gesprochen, .daß er jene Stelle bekam. Und zu seiner Hochzeit werde ich zu ihm fahren!"

Silvester, der letzte Tag im Jahre, mar herangekommen. Nach dem Gottesdienst, dem das gräfliche Paa^ nicht bei­gewohnt hatte, war Pfarrer Hartmann zu seiner Toch­ter geeilt, die müde in ihrem Zimmer auf der Chaise­longue lag.

Tu kommst schon, Vater, bist Tu schon fertig?"

Ja, mein Kind, mich treibt die Sorge um Dich hier­her: ich habe Dich,in der Kirche' vermißt! Sieh, heute ist der letzte Tag im Jahr," sagte er ernst und faßte liebreich ihre Hand,und ich möchte, ehe die andern kommen, in der Stille Deines Zimmers ein paar Worte mit Dir reden."

Weshalb, Vater? Quäle mich nicht!" und unruhig ging sie im Zimmer umher.

T- r österreichische Ratiorralrat.

Wien, k. Nov. Nach einer vorläufigen Berechnung der österreichischen Haupiwahlbehörde werden im zwei­ten Ermittlungsverfahren die ans die Reststimmen entfal­lenden 15 Sitze in folgender Weise verteilt: Großdeut­sche VvlkSpartei 7, Sozialdemokraten 4, Christlich-So­ziale 3, Teuisch-Oesterreichische Bauernpartei 1. Ter neue, 175 Abgeordnete zählende Natioualrat hat somit folgende Zusammensetzung: Christlich--Svziale 82, Sozialdemokra­ten 66, Gwßdeutsche Volkspartei 22, Banernrartei 4,' Bürgerliche Arbeiterpartei 1.

In Mährisch-Aussee ist von tschechPhen Sol.c i u das Kaiser Franz Joseph-Denkmal zerstört worben.

Die Thronfolge in Griechenland.

Bern, 1. Nov. Nach der- Schw. Tep. Ag. hat die griechische Regierung durch ihren Gesandten in Bern bei dem Prinzen Paul, der sich! bei König Konstantin in Luzern aufhält, anfragcn lassen, ob er bereit sei, den Thron zu besteigen. Prinz Paul hat nach der Meldung erwidert, daß nur sein Vater auf dm Thron berech­tigt sei, Kronprinz sei Prinz Georg: beide haben nie­mals auf den. Thron verzichtet und haben nur der Ge­walt weichend Griechenland verlassen. König Konstantin wünsche eine freie Willensäußerung des griechischen Volks und er (Paul) würde dem Ruf nur folgen können, wenn das Volk unzweideutig ausgesprochen hätte, daß -es die Rückkehr des Königs Konstantin' nicht wünsche und daß es den Kronprinzen von der Thronfolge aus­schließe.

Die Schulden Deutschlands.

London, 1. Nov.Westminster Gazette" schreibt: ^Tie Angaben in der Rede des Reichsfinanzministers Wirth über die Schulden Deutschlands wirkten wie ein schwerer Alp aus dem Traum eines Rechnungsführers. Das ist kurz gesagt, Bankrott, auch wenn Tr. Wirth sich gehütet hat, dieses Wort auszusprechen. Tie Leute, welche glauben, daß in absehbarer Zeit von Deutschland Wiederherstellungen geleistet werden könnten, werden gut tun, sich das Rechenerempel anzusehen. Zum Ver­zicht Englands auf das Recht auf Beschlagnahme des deutschen Privateigentums bemerkt das Blatr: Tie eng­lische Regierung ist zu dem verständigen Schluß gelangt, daß die Wiederherstellung der Handelsbeziehungen mehr Wert für uns. hat als das Recht, deutsche Güter mit Beschlag zu belegen, um die Zahlung einer eingebil­deten Entschädigungssumme zu erzwingen. Wenn Frank­reich glaubt, daß unser Handel durch die Maßnahme der englischen Regierung einen Vorteil gegenüber dem französischen Handel erring', so gibt es dagegen ein sehr einfaches Mittel: Frank.eich brauch: nur in.:'rein Bei­spiel-zu folgen.

Mein Kind! Nichts liegt mir ferner, als in die Vergangenheit ziirückzugreifen. Ich will Dich nur bitten, erleichtere mir Dein Herz; ich will Dir tragen helfen. Tenn es tut mir in der Seele weh, wenn ich sehe, wie Tu unter irgend einem Druck dahinsiechst, Tn mein liebes Kind! Blick' in den Spiegel erschreckt Dich denn Tein Aussehen nicht?"

Ach, Vater, ich bin nervös elend krank"

Aber nicht körperlich Du leidest seelisch. Von Deiner Che will ich nicht weiter sprechen nur so viel, daß es jetzt anders zwischen Euch als im Anfang ist ist ein Mißverständnis zwischen Euch getreten? Ich will versuchen, es aufzuheben sprich Dich aus; ich möchte Dir so gern helfen."

Da lächelte sie traurig und schlug den Vorhang vor dem Fenster zurück, daß der sternklare Himmel in sei­ner stillen unendlichen Majestät ins Zimmer blickte.

Kannst Tu mir die Sterne da herunterholen?" Und als er wehmütig den Kops schüttelteso wenig kann mir einer helfend

Tn, weißt nicht, was Tu sprichst, Regina; versün­dige Dich nicht," wies er sie ernst zurück,hast Du ganz vergessen, wie es in der Schrift heißt: Kommet her zu mir' alle, die ihr mühselig und beladen seid kannst Du Dich nicht mehr auf Deinen Herrn und Heiland besinnen?"

Ich kann nicht mehr beten, :Vater, ich' Hube es verlernt."

So trostlos klang ihre Stimme, daß es ihn bis ins Innerste erschütterte.

Liebreich legte er den Arm um sie und blickte tief in ihre' Augen.

Jetzt lasse ich Dich nicht, Du erleichterst mir Dein Herz bist Du Dir einer Schuld bewußt, der Dich drückt und quält?"

Rotterdam, 31. Orr. Wre aus Washington gemel- det wird, sagte der frühere Kommandeur des Seesoldaten­korps vor dem Untersuchungsgericht aus, daß während der Besetzung von Haiti 2200 Eingeborene getötet wor­den seien. ,!

Paris, 31. Okt. Nach einer Meldung-*d?sPetit Pärisien" aus London spielten sich bei der Ankunft der Leiche des Bürgermeisters von Cork in Hvlyhead, wo dieser auf einem von der Regierung zur Verfügung gestellten Dampfer verladen werden sollte, Zwischen-, fälle ab. Tie Verwandten des Bürgermeisters wollten nicht dulden, daß der Sarg von Polizisten und Soldaten auf den Dampfer verbracht würde. Es kam Zu einem . Handgemenge und die Verwandten des verstorbenen Bür- ! gcrmeisters mußten mit Gewalt entfernt werden. s

Sirieg im Osten. >

Kcwno, 1. Nov. Die Polen haben mit 14 Di­visionen den Angriff gegen die Lithauer auf der ganzen Front ausgenommen und die Stadt Gedroitsche besetzt.

I Helsingsors, 1. Nov. Neuere Nachrichten aus Mos- ! kau bestätigen, daß dort schwere Unruhen ausgebro­chen sind. Mehrere rote Regimenter haben gegen die Bolschewisten gemeutert und von Petersburg wurden schleunigst kommunistische Abteilungen abgesandt.

Tie Bolschewisten haben an der ganzen Südfront die Offensive wieder ausgenommen. Tie Truppen Wrän­ge l s werden zurückgedrängt. Sie haben Berdiansk und Mexandrowsk geräumt.

Australiens Boykott gegen Deutschland.

Melbourne, 1. No^. Ter Ministerpräsident von Australien, Hughes, erklärte im Parlament, er sei ! der Ansicht, daß die Handelsbeziehungen mit Deutschland mindestens noch ein weiteres Jahr eingestellt bleiben ' sollen.

Vermischtes.

^ lleberführung der <Z?beinr Heinrichs VIl. In Anwesenheit j des Königs von Italien wurden am 30. Oktober die sterblichen Ueberreste des Kaisers Heinrich VII., der 1313 in Ita- f lien verstarb vom Friedhof zu Pisa nach der Kathedrale s überführt. Dort wurden sie in der wiederhergesteUten u»

? sprünglichen Grabstätte beigesetzt.

i Die engl schs Regierung und das deutsche Missionswesen. Mon- s signore Kelley aus ClMago bereist Europa im Interesse der Förderung des katholischen Missionswesens. Auf seine Ein- j Wirkung hin lg ab der englische Kotonialsekretär Lord Milner f die Zusicherung,' die Vertreibung von Priestern und Ordens- ^ stauen deutscher Nationalität für die Zeit der einaeleiteten ! Unterhandlungen einzustellen in der Hoffnung, daß bis zum ! nächsten Fahr ein Abschluß erzielt sei. Eine entsprechende ^ Weisung sei vom englischen Koioniaisekretär in alle britischen ! Kolonien übermittelt worden.

Me Kosten des StMums. Nach einer durch Umfrage bei den Studierenden gewWnenen Uebersicht stellt der Heidelberger Universitätskalender fest, daß der Mindcstvcrbrauch eines Stu­dierenden in Heidelberg annähernd aus 350 Mark monatlich anzusctzen ist. Die Verteuerung ist im Sommersemester 1920 ge­genüber dem Wintersemester 191920 nicht unwesentlich ge­stiegen.

Betonschiff. Für die Baltische Reederei Aug. Bolten in Hamburg ist auf der Störwerft in Wewelsfleth das erste deut­sche Betonsceschiff vom Stapel gelaufen. Das SchiffGötealf" ist aus Eisenbeton hergestellt, eben'o sind das Dock und die Aufbauten aus Beton. Es ist 56 Meter lanq, 8,6 Meter breit und hat eine Tragkraft von 800 Tonnen. Als Antrieb erhält das Schiff einen 'Biertakt-Meselmotor von, 100 Pferdekräften. Die Bauzeit betrug infolge verschiedener Stockungen 4ps Mo­nate. Ob die Bauart sich bewähren wixd, muß erst erprobt werden. Die Betonschiffe haben den Vorzug, daß sie verhält- nismäßig schnell mit wenig Facharbeitern herzuste'len sind und daß sie keinen Farbenanstrich und eobeblich weniger Eisen als die anderen Seeschiffe brauchen. *

Der unauffindbare Gewinner. Der. erste Hauptgewinn der großen Geldlotterie zugunsten der Kriegs- und Ziviigefangenen, 250 000 Mark, fiel dieser Tage aus das Los Nr. 459 721. Der Gewinner hat sich bisher noch nicht gemeldet. Das Los ver­fällt schon in wenigen Tagen.

Das Vermögen des verstorbenen amerikanischen Stahlkönigs Carnegie wird mit 23Vi Milliarden Dollar angegeben. Nach dem Gesetz darf die Hälfte dieses Vermögens für öffentliche Stiftungen verwendet werden, so daß das Vermögen selbst un­gefähr 10 Milliarden Dollar beträgt. Diese fallen der Witwe zu, so lange sie am Leben ist. Sie ha« aGm das Recht, da­von weiter« Skyenkungen zu machen.

Da durchlief ein Zittern ihre Gestalt; sie barg ihr Haupt an seiner Brust und stöhnte auf:Vater, sie haben ihn mir genommen nun ist er tot, und ich habe ihn nicht noch einmal gesehen!"

Mil einem Male begriff er alles. Leise streichelte er das blonde Haar und drückte ihren Kopf an sich.

Mein armes, armes Kind!" flüsterte er traurig also das ist es sag' mir, wie kam es doch ?"

Wie es kam?" fragte sie träumerisch, und ihr Auge schaute in weite Ferne.Wie es kam? Ich weiß es selbst nicht mehr, erlasse es mir auch, Vater! Genug, ich habe gekämpft wie, das weiß nur Gott allein!"

und er allein weiß, warum er Dir das Kreuz auferlegt hat. Seine Wege sind unerforschlich! Ich will nicht weiter in Dich dringen und Dich fragen, was alles hast Tu das Unrecht auch bedacht, dessen Du Dich^ Deinem edlen Gatten gegenüber schuldig gemacht

Ich kann nichts dafür"

So gehe jetzt wenigstens in Dich und suche, was hinter Dir liegt, zn vergessen. Raffe Dich aus und fange das neue Jahr im Vertrauen auf den Herrn an. Nä­here Dich Deinem Manne wieder Du bist ihm viel schuldig, und überlasse Dich nicht nutzlosem Grübeln! sei mein Kind, Regina," sagte er bedeutungsvoll.

Ich will es versuchen, Vater!" entgegnete sie leise.

Und ich bete für Dich, daß Gott Dich wieder auf den rechten Weg führt. Und wenn Tein Herz Dir allzu schwer wird und Tu Dich durch eine Beichte befreien willst, so weißt Tu wo, nicht wahr, geliebtes Kind?" Und er breitete die Arme aus, in die sie hineinflüchtete wie ein müdes Vögelchen-

s (Fortsetzung folgt.)