*
Neues vom Tage.
Die Tonangescllschaften.
Regensburg, 26. Sept. Nach der ,,freien Donau" will die englische Regierung die Donauichifsahrtsgescll- schäften Zusammenlegen, um die Schiffahrt Zn erleichtern (d. h. um die Aktien um so einfacher in die Hand zu bekommen. D. Sehr.). Frankreich und Rumänien und Serbien sollen sich dem Plan widersehen.
Leygues Ministerpräsident.
Paris,- 25. Sept. Leygues ist von Millcrand zum Ministerpräsidenten und Minister für auswärtige Angelegenheiten ernannt worden. Tie übrigen Minister bleiben im Amt.
Die Ueberraschung über die Wahl Millerands ist groß, wenn sie auch in Anbetracht der Umstände wohl begreiflich ist. Allgemein wurde die Berufung Briands und Poincares erwartet. Allein Millerand, der sein eigener Ministerpräsident sein will, mag wohl Anstand genommen haben, einen so Willensstärken und zielsicheren Ministerpräsidenten neben sich zu haben wie Briand. Schwierigkeiten, wie Briand seiner Selbsthcrrlichkeit vielleicht entgegengestellt Hütte, hat Millerand von Leygues wohl nicht W erwarten, denn dieser hat sich, so oft er bisher den Ministersessel druckte — im ganzen sechs Mal —, stets als ein ganz brauchbarer Beamter erwiesen, ist aber Dutzendware und lenksam. Mit solch einem Ministerpräsidenten wird sichs schon anskommen lassen. Die übrigen Minister sind in der Ministerpräsidentschaft Millerands als treue Gefolgsmannen bewährt; sie auszuwechseln lag eigentlich kein Grund vor. Daß Poin- care nicht in das Auswärtige Amt genommen wurde, ist immerhin auffallend. Vielleicht hat die Erwägung den Ausschlag gegeben, daß Poincare in Berbandskrei- sen sich keineswegs einer ungeteilten Beliebtheit erfreut.
Englische Kampfesweise.
Paris, 26. Sept. Nach Londoner Meldungen haben die britischen Polizisten drei weitere irische Ortschaften in Brand gesteckt, wobei viel Getreide vernichtet wurde. - (Das ist echt englisch; wenn man mit einem Gegner nicht anders fertig werden kann, so greift man zu den niedrigsten Banditenmitteln — Frauen- und Kindermord im Bureuland, Hungerblockade in Deutschland, Brandstiftung und Lebensmittelzerstvrung in Irland.)
Ter Befehlshaber von Cork, General Stricklang, wurde von Sinn-Feinern angegriffen, sein Wagenlenker schwer verwundet. Der General schoß die Angreifer nieder. (?) Krieg im Osten.
Warschau, 26. Sept. Nördlich des Pripjet entwickelt sich eine große Schlacht an der ganzen Front. In der Gegend von Grodno dringen die polnischen Truppen in der Richtung aus Kartuskaja—Bereca und Ray shany weiter vor. Nördlich der Linie Sciny—Suwalki verstärken dieLitaue r ihre Stellungen und beschießen Sie polnischen Truppen mit Artillerie.
Tiflis, 26. Sept. (Havas.) Auf dem asiatischen Kongreß in Baku, dem 1800 Bevollmächtigte anwohnten, soll Enver Pascha das Zusammengehen von Islam und Bolschewismus empfohlen haben. — Ein Beweis, wie groß der Haß der Türken gegen England ist.
»
Budapest, 26. Sept. Legationsrat Graf Emerich Zsarky ist WM Minister des Aeußern ernannt worden.
Kartosselkrise.
Berlin, 26. Sept. Aus verschiedenen Teilen des Reichs wird gemeldet, daß wegen der Kartofselpreise große Erregung herrsche. Der Reichsernührnngs- und der Verkchrsminister haben angeordnet, den .Händel scharf W überwachen, um zu verhindern, daß infolge der Freigabe der Kartoffeln Händler Kartoffeln in größeren Mengen und zu übermäßigen Preisen aufkausen, uw sie ins Ausland zu verschieben, wobei sic infolge der Valuta noch einen großen Gewinn babeu. Der Ankaui
durch Brennereien ist verboten. In dieser Woche soll hier eine Besprechung zwischen Erzeugern und Vertretern der Gewerkschaftsverbände stattfinden.
Die Landwirte in Oberhessen haben sich bereit erklärt, den Zentner Kartoffeln ab Hof um 20 Mark abzngeben. Händler bezahlen 75 bis 80 Mark.
Schulstreik in Berlin?
Berlin, 26. Sept. Infolge der Wahl des Unabhängigen Dr. Löwen stein zum Vorstand des Schulwesens von Groß-Berlin haben zwischen den Elternbciräten der höheren und der Gemeindeschulen Besprechungen stattgefunden über einen allgemeinen Schulstrcik. Tie Elternbeiräte des Hohenzollern-Lyzeums in Wilmersdorf und einiger Gemeindeschülen haben bereits beschlossen, die Kinder nicht mehr in die Schule zu schicken. Wahrscheinlich werden besondere Schulen für katholische Kinder errichtet.
Die Schwarzen bleiben.
Paris, 26. Sept- Nach dem „Journal des Debats" hat der französische Ministerrat ein erneutes Gesuch der deutschen Regierung, die schwarzen Truppen aus dem besetzten Gebiet zu entfernen, abgel'ehnt, vielmehr werden drei neue Garnisonen im Saärgebiet errichtet.
Wirtschaftlicher Wochenüberblick.
Geldmarkt. Eine starke Versteifung der Devisenkurse leitete uns von der vorigen in die letzte Woche hinüber. Die Darlegungen des Reichsfinanzministers über unsere wahrhaft trostlose Lage mit dem drohenden Bankrott lockten die Spekulanten wieder zur Unterbringung ihres Gelds in ausländischen Werten. Auch die großen Getreidekäuse des Reichs für die WintLZwcrsorgung trugen das ihrige bei. unsere Valuta zu verschlechtern. Immerhin gab es Anfangs der Woche eine Erholung der deutschen Mark in Zürich, die am 20. abends 9.40. am 22. 10.50 Rappen notierte, aber am 24. September wieder auf 9.85 Rappen fiel. Die Warnungen des Reichswirtschaftsrats vor einer weiteren Begünstigung des Schiebertums waren demnach nicht unangebracht. Die Reichsbank zeigt in ihrem Ausweis vom 15. September ein starkes Anwachsen der Kapitalanlage. Der Goldbestand ist nur wesentlich verändert. ab:r der Umlauf der Banknoten hat sich auf beinahe 59 Milliarden erhöht. Der Privatdiskont stellt sich im allgemeinen auf 4 Proz.
Börse. Je schlechter die deutsche Valuta, desto flotter der. Börsenhandel in Valutapapieren. Darin gab es in der letzten Woche wieder eine gewaltige Hausse, besonders in mexikanischen Anleihen. Aber auch die deutschen Industrieaktien, die sonst unter der Balutahausse zu leiden pflegen, wurden flott gekauft, wobei der Bochumer Jahresabschluß eine Rolle spielte. Bevorzugt werden von der Spekulation namentlich die Aktien der Farbenfabriken, wie überhaupt chemische Werte, was bei ihren riesigen Verkaufspreisen kein Wunder ist. Auch die Zeitungen mit ihrem großen Bedarf an Druckerschwärze leiden darunter schwer. Für Schiffahrtsaktien und Bankwerte herrscht immer gute Nachfrage. Der Anlagemarkt unserer festverzinslichen deutschen Anleihen beginnt noch mehr abzubröckeln: Reichsschatzscheine waren am Freitag in Berlin nicht notiert. Kriegsanleihe 79.50, aber 4proz. Württcmbcrger, die vor vier Woche» auf 88- standen.' jetzt tz3.20.
Produktenma.rkt. Die Valutanot befestigt den Fruchtmarkt anhaltend; die Einfuhr wird dadurch immer mehr behindert. Heu und Stroh bleiben teuer, Mais kostet jetzt schon mehr als 150 Mk. Ein zuverlässiger Haferpreis fehlt andauernd, bewegt sich aber ebenso wie die Preise der Hülsenfriichte immer noch in aufsteigender Linie. Württembergischer Hopfen kostet durchschnittlich 2400 Mark.
Warenmarkt. Ueber die Kohlen- und Eisenpreisc ist nichts Neues zu berichten. Das Geschäft in Textilwaren geht flott; von England aus hat jetzt ein kräftiger Preisabbau eingesetzt, aber in Deutschland kann angesichts der immer noch steigenden Erzeugungskostcn von einem weiteren Preisnachlaß keine Rede sein. Wolle ist unbezahlbar und wird es wolst auch bleiben, wenn man die Höhe der Schafweidepachten betrachtet. Häute und Leder ziehen weiter an; die letzte Leipziger Häuteauktiov brachte eine Erhöhung um durchschnittlich 10 bis 15 Proz Die Ernteaussichten für Wein lauten etwas günstiger, aber die Preise für den jetzt beginnenden Portugieserherbst sind geradezu fantastisch. Daß der Most sehr teuer wird, ist angesichts der Obstpreise nicht zu bezweifeln.
Viehmarkt. Die Auseinandersetzungen zwischen Vichhalterv und Viehhändlern ändern nichts an der Tatsache der weiterer Verteurung der Biehpreise. Zuchtvieh bleibt rar. Unter 10 001 Mk. ist eine gute Kuh nicht zu erhalten, unter 15 000 Mk kein brauchbares Arbeitspferd.
Holzmarkt. Das Holzgeschäft liegt im Argen. Das Darniederliegen der Bautätigkeit verhindert einen weiteren Preisabbau immer noch nickt in durchgreifendem Maße. Es is
Das alte Lied.
' Roman von Fr. Lehne.
10. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)
Die junge Gräfin war von der größten Liebe umgeben — was wollte sie mehr? Ihr Herz sprach für niemand; keiner von all den Herren, die sie kennen gelernt, hatte es vermocht, es zum Leben zu erwecken — sie verlangte nichts und entbehrte nichts- Vielleicht lag es auch daran, daß das gesellschaftliche, geräuschvolle Leben sie zu gar keinem Nachdenken kommen ließ — wie herzensarm und einsam sie doch war! Ihr Gatte hatte eine entzückende Villa gemietet, ein wahres Schmuckkästchen, in einem alten Pinienhain gelegen, und sie mit dem größten Lurus Herrichten lassen. Gar bald war ihr Haus ein Sammelplatz der vornehmen Gesellschaft Roms geworden, und mit unnachahmlicher Grazie und Liebenswürdigkeit machte Regina die Honneurs als Wirtin.
Zu ihrem Empfangstag drängte man sich förmlich, und Wickerum wurde ihr Fehlen, wenn sie irgendwo eine Einladung nicht angenommen hatte, aufrichtig bedauert, von den Herren am meisten, von den Damen, die den neu aufgetauchten -Stern und seine Schönheit — und um seine Brillanten beneideten, mit gemischten Gefühlen. Gegen die Damen besonders war sie von einer herzgewinnenden Freundlichkeit, daß alle einig in dem Lob über sie waren, und jede das Verhältnis der beiden im Alter so ungleichen Ehegatten ideal fand. — Der Aufenthalt in Rom war für Regina eine Quelle der reinsten Freude, und ihre Briefe nach der Heimat atmeten eine solche Zufriedenheit, daß aus dem Herzen ihres Vaters auch der leiseste Zweifel schwinden mußte und er Gott für das seltene Glück dankte, das er seinem Kinde geschenkt!
Ten Höhepunkt in dein gesellschaftlichen Leben bildete der Empfang bei dem deutschen Bolsch-ster, wozu natürlich Graf und Gräfin Rodenberg auch geladen waren. Regina hatte Wohl nie so blendend schön ausgesehen, wie an diesem Tage in der herrlichen Robe, die ihr
Gatte ihr eigens ans Rom hatte kommen lassen, und sie freute sich selbst darüber, als sie sich vor dem Spiegel musterte. In weichen Falten schmiegte sich das duftige, aus dm kostbarsten Spitzen bestehende Gewand an ihre hohe, schöne Gestalt, und die tief ausgeschnittene Taille lieh einen Nacken und ein Paar Arme sehen, deren kasfische Schönheit jeden Künstler zur Begeisterung hingerissen hätte. Ihr Erscheinen erregte auch Aufsehen, und ein Gemurmel der Bewunderung folgte ihr — ja, man begriff den Grafen vollständig, daß er sich über alle Standesunterschiede hinweggesetzt und die einfache Pfarrerstochter zu seiner Gattin erkoren hatte!
An diesem Abend hatte Regina auch die Ehre, dem Königspaar vorgestellt zu werden, was sie mit hoher Freude erfüllte. Und noch eine Bekanntschaft machte sie: die des Marchese Conechi!
„Marchese Conechi, wer ist das?" hatte sie die Hausfrau gefragt, als jener Name im Gespräch mehrmals erwähnt wurde.
„Marchese Conechi? Ah, Sie kennen ihn noch nicht — den verwöhnten Frauenliebling? Ten schönsten Mann von Rom? Geben Sie acht, Gräfin, er ist ein gar gefährlicher Mann."
Regina schüttelte den Kopf.
„Davor fürchte ich mich nicht, ich bin gefeit! — Ich habe aber noch nie von ihm gehört —?"
„Seit einigen Tagen ist er wieder hier. Ein halbes Jahr ist er fortgewesen, von allen Damen schmerzlich vermißt. Der schöne Cesare ist ein gar berühmter und gefeierter Mann —"
„Ah, das ist also Cesare '— dm Namen habe ich «W w- dings oft nennen hören, wußte aber nicht, wer gemeint war!"
„Sie sollen ihn kennen lernen und werden dann sehen, daß ich nicht zuviel gesagt habe!"
Tie Gemahlin des Botschafters widmete sich wieder ihrm hausfraulichen ^Pflichten, bis sie angehalten wurde.
viel Spekulation im Handel. Die Sägewerke halten an ihref, Forderungen fest (etwa 600 Mk. ab Station) und der Groß- Handel scheint entschlossen zu sein, mit seinen Angeboten mindestens 100 Mark darunter zu bleiben.
Kurzer Wochenbericht der Preisberichtstelle des Deutschen Landwirtschaftsrats vom 19. bis 24. September.
Der Weltmarkt für Weizen zeigte in letzter Woche schwan-- kende, im Durchschnitt matte Haltung, die sich besonders an den amerikanischen Märkten zum Ausdruck brachte und die Neu- yorkcr Lokopreise zeitweise einen Stand erreichen ließ, der sie zusetzt im März vor der großen Frühjahrshausse eingenommen hätten. So war der Lokvpreis für Winterweizen in Neupork für kurze Zeit bis auf 268 Cents für den Bushel gesunken, gegen 292 Cents etwa 14 Tage vorher und 338 Cents im Mai. Besonders machten die überraschend guten Ernte- Nachrichten Kanadas und noch mehr die Tatsache Eindruck, datz^ sich in Australien alles auf eine sehr große Weizenernte einstellt In Argentinien ist in einzelnen Distrikten etwas Regen crfolot, im allgemeinen aber hält der besorgniserregende tro.kcne Charakter der Witterung an und die Befürchtungen für die Ernte, zunächst besonders für die Leinsaat, sind gestiegen. Wie Nordamerika gegenwärtig der Hauptversorger Europas für Weizer bleibt, so ist es Argentinien für Mais. Seine Weizenausfuhr, die bekanntlich verbalen, aber auf alte Abschlüsse ml! auswärtigen Regierungen nach erledigt werden darf, schrumpft! in letzter Woche ans 6000 Tonnen zusammen, wahrend vor Mais über 90 000 Tonnen expediert wurden. Deutschland hal auf Abladung argentinischen Mais in nicht unerheblichen Men-
gen bereits erworben. In Indien müssen die Vorbedingungen für die kommende Ernte nicht ungünstig sein, denn die dortige Regierung hat bereits vom nächsten Monat an die Ausfuhr von 400 000 Tonnen Weizen freigegcben.
Großhandelspreise für Kartoffeln.
Berlin, 23. Sept. Großhandelspreis für sortierte Speise-
knilosfeln 28—30 Mark je Zentner ab Verladestation.
Hamburg, 23. Srpl. Die Notierungsl.o. »Mission notierte folgende Erzeugerpreise ab Stationen je Zentner: Speisekartoffeln, weiße 29—31 Mark, rote 28—30 Mark, gelbe 32—34 Mark, Elerkartosseln —, Saatkactoffeln 38—42 Mark, gewerbliche Kartoffeln —.
Chrlst'müa, 14. Sept. Marktnoticrung 15 Kr. für 100 Kg. Kartosseln --- 65.25 MK. für den Ztr. (Kurs 870).
Stock o m, 15. Sept. Marktnvtierung 16 Kr. für 100 Kg. --- 103,25 Mk. für den Ztr. (Kurs 1288).
Schweiz. Erzcncerpreis franko Bahnstation 15,30 Fr. sin 100 Kg. -- 78,35 Mk. für den Ztr. (Kurs 1024).
Kartoffclbörse.
Berlin, 25. Sept. Heute wurde zum erstenmal eine vom Deutschen Kariosfel-Händlerverband Berlin-Düsseldorf und von den Erzeugern, besonders aber ro > den Händlern ziemlich stark besuchte Kartoffeibörse abgehalten, und zwar lagen Angebote zu 30 bis 35 Mark für den Zentner vor aus Mecklenburg, Pommern, Schlesien und Wcstprcußen. Nachfrage bestand für gute Kartoffeln, während geringe und rotschalig: vernachlässigt waren. Die Unsicherheit bezüglich der demnächstigcn Beratune über die Forderungen der Gewerkschaften wegen Herabsetzung der Kontraktpreise lähmten die Unternehmungslust.
Vermischtes.
Explrsö!. Fm Freihafengebiet von Danzig-Neufahrwasser flog ln einem nach Polen bestimmten Munitio iszug ein Wagen mil Handgranaten infolge von Selbstentzündung in die Luft. Drei Personen so'lcn durch Splitter leicht verletzt sein.
Auf der Themse in London geriet ein großer Erdölbehältcr in Brand und platzte. 8 Personen wurden getötet, sehr viele verletzt. Der Schaden ist ungeheuer.
Ein Wirbelsturm hat an der französischen Mittelmecrküste von Toulon bis Nizza großen Schaden angerichtet. Häuser wurden abgedeckt und viele Schiffe in den Häfen losgerissen. Dst Rhone ist um 2 Meter gestiegen.
Kölner Dombau-Lo terle. Der Kölner Dom ist ein Sorgenkind. Aus dem Zustand gänzlichen Verfalls wurde er auf das eifrige Werben von Joseph von Görres, der den nachmaligen König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen für die Wiederherstellung zu begeistern verstand, in den Jahren 1823 bis 1830 wieder in Stand gesetzt und ausgebaut. Am 15. Oktober 1880 wurde in'Gegenwart des Kaisers Wilhelm I. und aller deutschen Fürsten die Vollendung gefeiert. Die Baukosten kosten betrugen seit 1823 22 Millionen Mark. Am 30. Zuni 1887 wurde die berühmte 524 Zentner schwere Kaiserglocke geweiht, gegossen ans e.vierten französischen Kanonen) die de, Kaiser dem Dom zu diesem Zweck geschenkt hatte. Aber es zeigte sich, daß der zum Dombau verwendete Stein (vom Drachenscls) teilweise ein: nicht sehr große Widerstandsfähigkeit gegen die Wiltcrnngscinfliisse besitzt, wogegen z. B. der weiße Sandstein von Oberkirch in Baden, der beim Ulmer Münster verwendet ist, slck dukch außerordentliche Härte auszeichnet. Nach einigen Iapren zeigten sich schon wieder Spu-
„Contessa, auf ein -Wort! Wer ist jenes berückende, blonde Weib dort? Nie sah ich etwas Schöneres! Können Sie mich da bekannt machen?"
„Gewiß, gerne, Mgrchese — aber Achtung! Tie Dame ist die junge Frau des Grafen Rodenberg, den Sie ja auch kennen."
„Ja, ja — aber das ist ja nicht möglich; diese Dame die Gattin des — — nein, nein, unmöglich!"
„Wenn sie so reden, Cesare, werde ich die Bekanntschaft nicht vermitteln," entgegnete die Dame, in deren Hause der junge Marchese wie ein naher Verwandter verkehrte ernst.
„Tann tue ich es allein," versetzte er ungestüm, „ich muß sie kennen lernen!"
Sie faßte seine Hand und sah ihn bedeutungsvoll an.
„Cesare, ich habe Sie lieb wie einen Sohn," sagte sie herzlich, „darum bitte ich Sie, hüten Sie sich, in jene blauen Angen zu tief zu schauen; ich weiß, alles Neue
reizt Sie — aber jene Frau ist zu schade für eine
Liebelei — Sie sind sich Ihrer Unwiderstehlichkeit bewußt, wenden Sie sie hier nicht an — es tut nicht gut. Wenn Sie mir das versprechen, werde ich Sie vorsteilen."
„Ja, ja, Contessa, alles will ich versprechen! Doch bewundern darf ich jene blonde Schönheit! Ich habe heute Abend schon viel von Gräfin Rodenbera gehört — aber das übertrisft alle meine Erwartungen!"
Die Gelegenheit war bald da, die Cesares Wunsch
erfüllte. Tief neigte er sich vor Regina, über deren
Wangen ein leichtes Rot flog, als sie in die dunkel strahlenden Angen blickte, die in so unverhehlter Bewunderung aus ihr ruhten. Sie mußte es sich selbst gestehen, daß sie wohl nie einen schöneren Mann gesehen. Ter Gedanke flog ihr durch den Kops, ihn im Gewand des römischen Kaiserreiches zu sehen — als Nero — und etwas neronijch Grausames lag auch im Ausdruck seines Gesichts — etwas Brutales und doch Anziehendes.
s (Fortsetzung folgt.)