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Druck der Buchdrnckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleüung: Th. Gack in Wildbad

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Nummer 213

Fernruf 179.

Wi!äbs<f, vienslug, äen 14. September 1920,

Fernruf 179.

54. )sbrgsng

Was leistet das Reich für die Kriegs- >. beschädigten nnd Kriegshmterbliebener« ?

ii.

Tie Kürzung der Rente beginnt frühestens, wenn ein lediger Kriegsbeschädigter neben seiner Rente mehr als 6500 Mark sonstiges Einkommen ans Arbeit oder Ver­mögen bezieht; bei einem Verheirateten beginnt die Kür- ' zung bei einem Einkommen von mehr als 7000 Mk., hat er zwei Kinder unter 16 Jahren, so beginnt sic- mit mehr als 8400 Mk., bei vier Kindern mit mehr als 9800 Mk. Ilebersteigt das Einkommen des Kriegs­beschädigten diese Grenze, so ruht zunächst nur ein Zehn­tel seiner Rente. Für je 1000 Mk. weiteres Einkom­men ruht ein weiteres Zehntel der. Rente. Tie volle Rente ruht erst, wenn ein lediger Kriegsbeschädigter mehr als 15 500 Mk., ein verheirateter mehr als 16 000 Mk., ein verheirateter mit 2 Kindern mehr" als 17 000 Mk. und mit 4 Kindern mehr als 18 000 Mk. sonstiges Ein­kommen hat. Aber mich trotz dieses Einkommens ver­bleibt dem Beschädigten die Schwerbeschädig enznlage mit der ans sie treffenden Ausgleichs-, Orts- nnd TenrungZ- zulage. Tem erwerbsunfähigen früheren gelernten Ar­beiter verbleiben daher, gleichgüstig welches Einkommen er bezieht, mindestens in Orisliasse ^ jährlich 189,9 Mk., in Ortsklasse 6 1687 Mk. nnd in Ortsklasse U 1406 Mk. Ein früherer gelernter Arbeiter, dessen Er- werbssähigkeit wegen Verlust eines Armes um 70 Pro­zent gemindert ist, erhält, wenn er Vater von 4 Kindern ist, in Ortsklasse 8 6060 Mk. Rente. Hat er neben der Rente ein Einkommen von 13 800 Mk., so ruht die Hälfte der Rente; er erhält 3030 Mk. ansgezahlt, sodaß er ein Gesamteinkommen von 16 830 Mk. hat.

Tie -Versorgungsgcbührnisse der Hinterbliebenen be­messen sich nach der Rente einschließlich der Schwer­beschädigten- und der Ausgleichszulage, die dein voll er­werbsunfähigen Kriegsbeschädigten zustehen. Ter frü­here Beruf des Kriegsteilnehmers ist somit auch für die Höhe der Hinterbliebencnbezüge maßgebend; die erwerbs­fähige Witwe erhält 30 Proz., die erwerbsunfähige 50 Proz. der Vollrcnte des Verstorbenen. Ter crwerbs-. unfähigen Witwe gleichgestellt ist die Witwe, die das 50. Lebensjahr vollendet hat, sowie die Witwe, die we- L gen der Pflege nnd Erziehung von Kindern nicht in ^ der Lage ist> einem Erwerb nachzvgehen.i ^ Hiernach erhält die erwerbsfähige WiUye 'eines ge­lernten Arbeiters jährlich in der Ortsklasse A 2089 Mk., 8 2014 Mk., 6 1856 Mk., 8 1702 Mk und 8 1549 Mk. Ist die Witwe erwerbsunfähig, so erhält sie in Ortsklasse .V 3484 Mk., 8 3352 Mk., 0 3094 Mk., v 2839 Mk. und 8 2580 Mk.

Bei der Wiederverheiratung mit einem Deutschen er­hält die Witwe anstelle der Witwenrente eine Abfindung in Höhe des dreifachen Jahrcsbetrags der von ihr zu­letzt bezogenen Rente, die erwerbsunfähige Witwe in Ortsklasse ^ also 10452 Mk., in Ortsklasse 8 7740 Mk.

Jeder Waise unter 18 Jahren wird eine Waisen­rente gewährt; sie beträgt, wenn die Mutter lebt, 15 Proz., wenn die Mutter nicht mehr lebt, 25 Proz. der Vollrente des Verstorbenen. Uneheliche Kinder und Adop­tivkinder sind den 'ehelichen Kindern in der Versorgung gleichgestellt, unter gewissen Voraussetzungen auch die Stief- nnd Pflegekinder. Tie Waise eines gelernte!: Arbeiters erhält hiernach jährlich in der Ortsklasse ü. 1046 Mk., L 1009 Mk., 0 930 Mk.. v 851 Mk. nnd U 776 Mk. Für die Vollwaise eines gelernten Arben ters beträgt die Rente in Ortsklasse tl. 1744 Mk., II 1676 Mk., 6 1549 Mk., v 1421 Mk. und L 1290 Mk.

Ter Witwe eines gelernten' Arbeiters mit 3 Kindern, die in Berlin oder in einer anderen Großstadt lebt, steht hiernach, vorausgesetzt, daß sie ihre Kinder im eige­nen Haushalt erzieht und daher als erwerbsunfähig an­zusehen ist, eine Rente von 6622 Mk. zu. Dieselbe Witwe erhält in einer mittleren Stadt (Ortsklasse 0) 5884 Mk. und in einem Landort mit billigen Lebens- bedingungen (Ortsklasse L) 4908 Mk. jährlich.

> Neben den Witwen und Waisen haben auch die El­tern Anspruch auf Versorgung, wenn sie bedürftig sind und der Verstorbene ihr Ernährer gewesen ist oder vor­aussichtlich geworden wäre. Tie Eltcrnrente beträgt für die Eltern zusammen 30 Proz., für den Vater und die Mutter allein 20 Proz. der Vollrente des Verstor­benen. Temnach erhält die verforgungsberechtigte Mut­

ter eines gelernten Arbeiters als Etterngeld in der Orts­klasse L 1395 Mk., L 1342 Mk.,. 6 1237 Mk., v 1136 Mk., 8 1031 Mk.

Für' die Hinterbliebenen tritt ein Ruhen der Ver­sorgungsgcbührnisse erst ein, wenn die alleinstehende Wit­we neben der Rente mehr als 6500 Mk. Jahresein­kommen hat. Bei der Witwe mit einem Kind erhöbt sich dieser Betrag aus 7000 Mk., bei der Witwe mit 2 Kindern auf 7700 Mk, mit 3 Kindern auf 8400 Mk., mit 4 Kindern auf 9100 Mk.

Für je 1000 Mk., um die das Einkommen der Hin­terbliebenen diese Sätze übersteigt, ruht ein Zehntel der Rentenbezüge, und zwar wird, wenn das Einkommen aus Arbeitseinkommen besteht, im allgemeinen nur die Witwenrente von den: Ruhen'betroffen. Erst wenn das Arbeitseinkommen mehr als 12 000 Mk. betrügt, ruht unter Umständen auch ein Teil der Waisenrente.

Folgende' Beispiele mögen zur Erläuterung dienen: Für eine in einer mittleren Stadt (Ortsklasse 6). le­bende kinderlose Witwe eines gelernten Arbeiters, die eine Rente von 1856 Mk. bezieht und ein Arbeitsein­kommen von 7000 Mk. im Jahr hat, ruht ein Zehntel ihrer Rente in Höhe von 185 Mk., sodaß sie insgesamt über ein Einkommen von 8671 Mk. verfügt. Erst bei einem Arbeitseinkommen von mehr als 10509 Mk. wür­de!,. sich die Rentenbezüge um die Hälfte vermindern, nnd erst bei einem Arbeitsverdienst von mehr als 15 500 Mk. ruhen sie'vollständig.

Eine in Ortsklasse A. lebende Witwe eines gelernten Arbeiters mit einem Kinde, die neben ihrer Rente von 3136 Mk. ein Arbeitseinkommen von 7000 Mk. erzielt, behält ihre Rente unverkürzt, beträgt das Arbeitsein­kommen 8000 Mk-, so vermindern sich die Bezüge um ein Zehntel der Witwenrente, d. h. um 208 Mk., so­daß ihr neben ihrem Arbeitseinkommen von 8000 Mk. noch Rentenbezüge von 2928 Mk. znstehen. Ein voll­ständiges Ruhen würde in diesem Fall erst bei einem Einkommen von mehr als 16 000 Mk. eintreten.

Für eine ans dem Lande lebende Witwe eines Land­wirts mit 2 Kindern, die neben Witwen- nnd Wai­senrente von 3101 Mk. durch eigene Arbeit einen Jah­resverdienst von 8000 Mk. erzielt, ruht ein Zehntel der Witwenrente mit 154 Mk. Hat sie dasselbe Ein­kommen nicht aus Arbeitsverdienst, sondern aus Ver­mögen, so ruht ein Zehntel der gesamten Rentenbezüge im Betrage von 310 Mk.

Im allgemeinen wird ein erheblicher TKl der Hin- terblicbencnbezüge nur dann ruhen, wenn es sich um Hinterbliebene mit großem Vermögen oder um allein­stehende voll erwerbsfähige Witwen handelt; Witwen niit mehreren Kindern erzielen nur selten so große Ar­beitseinkommen, daß eine wesentliche Verminderung der Bezüge eintritt.

Neues vom Tage.

Berlin, 13. Sept. Die Landesversammlung der U. S. P. D. in Sachsen lehnte mit 44 gegen 28 Stimmen den Anschluß an die dritte Internationale ab.

Krawall in Erfurt.

Erfurt, 13. Sept. Gestern fand hier auf dem Frie­drich Wilhelm-Platz eine große vaterländische ^md- gebnng nnd Gedenkfeier für die im Weltkrieg Gefalle­nen statt. Tausende von Teilnehmern hatten' sich cinge- fundcn. Während der Feier versuchten Mitglieder des internationalen Bunds der Kriegsbeschädigten die Rednertribüne zu erstürmen. Es kam zu Zusammen­stößen zwischen Mitgliedern der Kricgervercine und den Ruhestörern, doch brauchte die Sicherheitspolizei nicht einznschreiten. Nach der Versammlung zogen die Kom­munisten nnd Internationalen mit roten Fahnen durch die Stadt.

Die Streikgefahr in England.

London, 13. Sept. Wie Reuter meldet, wird die Krise, die der englischen Industrie droht, immer ernster. Neben dem Bergarbeiter streik nnd der Aussicht auf einen Sympathiestreik d,er Eisenbahner nnd T ransportarbe iter droht eine Krise in der Bau m- wollindustrie infolge von Lohustreitigkeiten. Es wird aber auch von einem Generalstreik gesprochen, der bereits Ende dieser Woche nnsbrcchen soll. Außer­dem steht ein Streik der Elektrizitätsarbeiter von London, bevor, die sich mit ihren Kameraden in

Nord-England, die gegenwärtig ausgesperrt sind, einig erklären wollen. Weiter wird eine ähnliche Bewegung unter den Po st ange st eilten gemeldet.

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London, 13. Sept. 200 Mitglieder der kgl. iri­schem Polizei verlangten in einer Entschließung die Freilassung des Bürgermeisters von Cork, Mac S w i- ney, und verurteilen die Vergeltungsmaßnahmen oer englischen Polizei und der Soldaten.

Eine'Kundgebung der Sinn-Feiner in Glasgow (Schottland), an der 10000 Personen teilnahmen, ta­delte scharf die englische Arbeiterschaft, daß sie in der irischen Sache nicht ebenso vorgehe^ wie für die Bolschewisten. Eine ähnliche Kundgebung fand in Lon­don statt.

Krieg im Osten.

Frankfurt a. M., 13. Sept. DieFranks. Ztg." meldet aus Stockholm: Eine Reihe von Anzeichen deutet darauf hin, daß Frankreich einen neuen Schlag gegen Sowjet-Rußland vorbereitet, dessen erstes Ziel die Eroberung der getreide­reichen Ukraine sein wird. Das französische Ulti­matum über die Freilassung der in Rußland befindlichen Franzosen wird die formelle Grundlage für das Vorgehen der französischen Flotte und der französischen Trup- ren an der Küste des Schwarzen Meeres bieten. Mit diesem Plane steht auch die Umgruppierung der Wran - geloschen Truppen im Zusammenhang. Die schein­bare Ruhe an der polnisch-russischen Front wird nicht darüber hinwcgtäuschen, daß ein neuer starker Stoß bevorsteht. Die Munitionstransporte nach Polen wer­den mit größter Eile betrieben und auch in Pbken wird an der Verstärkung des Heeres eifrig gearbeitet.

Warschau, 13. Sept. Zwischen Kamionka und Kursk gelang es dem Feind, nach heftigem Kampf den Bug zu überschreiten und gleichzeitig Kusk von Osten nnd Westen her anzngreifen. Dank der heldenmütigen Vertei­digung der polnischen Abteilungen wurden die Kölsche-? wißen wieder Vertrieben. Polnische Truppen haben nach harten Kämpfen Rohatyn besetzt. Tie Polen sind nun­mehr im Besitze der Gnyla-Lipa-Linie.

Kopenhagen, 13. Sept. Die. Blätter bestätigen, daß in Petersburg schwere Unruhen allch antisemitischen Cha­rakters ausgcbrochen sind. Die Bolkskoinuiissäre wurden ermordet, sechs davon ertränkt.

Konstantiiwpcl, 13. Sept. General Wrang el meldet heftige Kämpfe bei Poloyi in der Gegend von Jckaterinoslaw. Eine ganze rote Brigade einschließ­lich des Stabs und des Trains sei gefangen genom­men worden.

Der neueste Streich Annnnzios.

Triest, 13. Sept. Ter Abenteurer Annunzio hat die italstkrische Regentschaft über Fiume und die dalma­tinischen? Inseln (das Quarnero) erklärt und sich zum Regenten ausrufen lassen. Zugleich hat er eine von ihm gedichteteVerfassung" veröffentlicht. Tie Re­gierung in Belgrad hat sofort Einspruch erhoben.

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Paris, 13. Sept. Havas meldet auß Aix les Bains, das wichtigste Ergebnis der Besprechung sei, daß die Konferenz von Genf sicher vertagt, wenn nicht ganz falten gelassen werde. Das Verfahren gegen Deutschland vor der Wiedergntmachungskommission sei nach der Auf­fassung in Frankreich (d. h. Millerands) den direkten Verhandlungen mit den deutschen Bevollmächtigten vor- znzichcn. (Millerand will wohl verhüten, daß Lloyd George wieder dreinspricht.)

Krawall in Erfurt.

Erfurt, 13. Sept. Wegen Aufreizung zur Ver­nichtung der französische!! Mnnüion war der Güter- bodcnarbeiter Kühn in Erfurt von der Staatsanwalt­schaft verhaftet worden. Darauf hielten die Eisenbahn- arbciter eine Versammlung und zogen vor das Haus des Staatsanwalts, um die Freilassung zu verlangen und den Staatsanwalt festznirehmen. Als sie diesen nicht fanden, zog die Menge unter Hochrufen aus Räterußland zum Untersuchungsgefängnis, um Kühn ge­waltsam zu befreien. Eine Abteilung Sicherheitspolizei trieb die Kundgebenden auseinander. In einer darauf einbernfenen Versammlung der Eisenbahner und in einer Besprechung d>cr Betriebsräte würde der Antrag der Kommunisten, in den Streik cinzutreten, bis Kühn frei sei, abgelehnt. o,. , !