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(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt

für das obere Enztal.

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

Hummer 196

Fernruf 179.

Miläbsä, Mittwoäi, den 25. August 1920.

Fernruf 179.

54. Miirgsng

Der BolZchewiswus in Asien.

Tie merkwürdige Tatsache, daß die Aussaat des Mos­kauer Bolschewismus in dem Menschenmeer Asiens auf so empfänglichen Boden gefallen ist, beleuchtet Tr. P. Farkas in denMünchner Neuesten Nachr." in einem Artikel, dem wir folgendes entnehmen:

Tie geschichtliche Entwicklung macht manchmal scheinbar seltsame Sprünge. Viele Generationen hindurch galt England als der erklärte Freund und Beschützer der Türkei, besonders gegen Rußland. Der russisch-englische Gegensatz in Asien war ein Jahrhundert alt. Noch als Lord Curzon Vizekönig von Indien war, flammte dieser Gegensatz drohend ans. Aber während der zweiten Hälfte -der Regierung des Sultans Abdul Hamid vollzieht sich ein großer Umschwung. England rückt von der Türkei ab und verständigt sich allmählich mit Rußland. Lange vor deni Ausbruch des Weltkriegs verfolgt England be­reits eine immer türkenseindlichere Politik.

Die Lösung dieses scheinbaren Widerspruchs ist sehr ein­fach. Seit hundertfünfzig Jahren ist der Kernpunkt der englischen Politik stets die Sorge um ihr asiati­sches Reich gewesen. Solange Rußland es am mei­sten zu bedrohen schien, war Rußland der Erzfeind. Allmählich aber wurde es klar, daß die russischen Be­satzungen in Taschkent und Samarkand nicht so viel Unruhe verursachten, als eine neue Bewegung, die Ab­dul Hamid ins Leben rief. Die allislamitische Propaganda begann die Auaen von Millionen von sunitischen Mohammedanern in Indien und Afghanistan nach Konstantinopel zu richten. Abdul Hamid, ein weit­blickender Staatsmann, hatte einen großzügigen Plan. Er wollte den Glanz des alten Kalifats wieder auf- richtcn, er wollte die Macht des Kalifen bis zu den äußersten Grenzen der mohammedanischen Welt aus­breiten. England faßte diese Propaganda als eine schwere Bedrohung seiner Interessen auf. Ein schwacher tür­kischer Sultan konnte der Freund Englands sein, der Ka­lif, der auf die Moslems Indiens Anspruch erhebt, mußte mit'allen Mitteln bekämpft werden.

Die deutsche Orientpolitik, in erster Linie ihr be­gabter Führer, Frhr. Marschall v. Bieberstein, hatte die großen Möglichkeiten des Hamidischen Plans klar erkannt. Sie war überzeugt, daß er sein Spiel gewinnen würde, und hatte sehr viel auf dieses Spiel gesetzt. We­niger klar waren der deutschen Politik gewisse Folgen erkenntlich. Sie rechnete hauptsächlich mit dem eng­lischen Gegensatz und scheint den Widerstand der schii ti­schen Perser und Araber wenig in Berechnung gezogen zu haben. Und doch scheiterte an diesem Wider­stand der Dschihad derheilige Krieg".

Seit zwölf Jahrhunderten hassen sich im Osten Suni- ten und Schiiten mit jenem tödlichen Ingrimm, zu dem nur der Orientale fähig ist. Die Geschichte des Islams lehrt, daß es sich hier um eine eigentümliche Mischung, von Gegensätzen der Rassen, religiöser und kultureller Begriffe handelt. Tie kriegerischen Türken, Tataren und Afghanen waren stets Suniten. Tie kör­perlich schwächeren, kulturell und geistig höher stehenden Araber und Perser meistens Schiiten. Der Schiite mußte stets mit geistigen Waffen gegen seine Unterdrücker kämp­fen. Er hat die Verstellungskunst auf höchste Stufe gebracht, er hat die Heuchelei zur religiösen Vorschrift gemacht. Es gibt ein Wort des schiitischen Glaubens­bekenntnisses, dasTakija" heißt. Takija bedeutet so viel wie Vorsicht; diese Vorsicht macht es dem gläubigen Schiiten zur heiligen Pflicht, im Interesse des Glau­bens seine wahre Gesinnung zu verbergen. Tie Schiiten Zentralasiens haben gegen die allislamitische Propaganda Abdul Hamids wenig gesagt, desto mehr gehandelt. Dar­um wurden Araber und Perser die Verbündeten Englands, darum waren sie im Weltkrieg die Verbündeten der Entente.

Heute haben sich jedoch Suniten und Schiiten tu der bolschewistis chen Propaganda vereinigt! Ter russische Bolschewismus ist in Asien zu seiner'Urquelle zurückgekehrt. Tie Herrschaft einer rücksichtslosen Min­derheit über Millionen Unterdrückter ist seit viertausend Jahren stets das Kennzeichen jeder asiatischen Politik gewesen. Tie rücksichtslose Verneinung des Menschen­lebens war stets das eiserne Gesetz asiatischer Regie­rungskunst. Tie Mittel und Methoden des Bolschewis­mus flößen in Westeuropa Abscheu ein, in Asien finden

sie L>en Beifall der Bevölkerung. Die großen Fort­schritte des Bolschewismus in Asien sind darum natür­lich, weil sie im vollen Einklang mit der asiatischen Seele geschehen-

In Moskau bekämpfen sich zwei Richtungen. Beide wollen die Weltrevolution, aber jede auf einem anderen Weg. Trotzki und sein Anhang wollen die direkte Aktion in Westeuropa. Lenin der angeblich mildere, eigent­lich aber noch starrere hält den indirekten Weg für zweckmäßiger. Er will ganz Asien in Flammen ver­setzen, er will die englische Herrschaft in Indien brechen, er will durch Verlust der wichtigsten Kolonien dem euro­päischen Kapitalismus den Todesstoß versetzen. Tie Bol­schewisten arbeiten mit allasiatische u Ideen. Das freie Asien", das Lenin auf Grund des Selbstbestim­mungsrechts der Völker verkündigt, bietet Suniten und Schiiten, Türken und Arabern, den Bewohnern der Gauges-Ebeue und den Gebirglern Nepals dieselben frei­en Cutwicklungsmöglichkeiten. Von kommunistischen Pw- grammen ist in Asien nicht die Rede. Wenigstens nicht in Vorder- und Zentralasien. Aber die bettelarmen Mil­lionen Indiens lauschen mit Entzücken auch den sozialen Verheißungen. Ter Bolschewismus verfolgt in Asien eine Auswahl-Politik. Er arbeitet mit ganz verschiedenen Ideen, mit nationalen, religiösen, sozialen und Rassen­gründen. Aber alles vereinigt sich in dem gemeinschaft­lichen Programm:Wo- mll dcn Tremsen »on ^ !>z Boden!"

England versucht heute durch Verhandlungen, durch Anerkennung du Moskauer Regierung die Bewegung in Asien einzudämmen. Aber alle Verhandlungen mit Kras­sin und Kamenew, alle Vereinbarungen und alle Er­klärungen Rußlands werden die begonnene Entwicklung nicht mehr aufhalten können. Tie zweite Phase des Weltkriegs ist-eingetreten. Tie geographischen Verhältnisse des Orients gestatten hier keine kurzen Ent- scheidungskämpse. Es ist' möglich, daß der Bolschewis­mus in Moskau früher oder später zusammenbricht. Es ist wahrscheinlich, daß die Revolutionierung Westeuropas nicht gelingen wird. Es ist kaum denkbar, daß die west­europäischen Arbeiter sich je die asiatischen Methoden, in erster Linie die blinde Vernichtung des Menschenlebens, zu eigen machen. Aber der Bolschewismus in Asien ' tzt die selbständige Entwicklung dieses Weltteils dort fort, wo sie der europäische Imperialismus unterbrochen hatte. Die zweite Phase des Weltkriegs wird den Welt­atlas ganz anders umgestalten, als dies in Versailles oder St. Germain geschehen ist.

Neue-vom Tage.

Verweigerte Waffensendung.

Berlin, 23. Aug. Gegen die Absendung des Transportzugs für die deutsche Sicherheitswehr in Kö­nigsberg haben sich neue Schwierigkeiten ergeben. Der Betriebsrat des Stettiner Bahnhofs in Berlin erhielt vom Bezirksbetriebsrat Weisung, den Zug bis auf wei­teres noch zurückzuhaltcn.

Gestern abend fand unter dem Vorsitz des Reichs­kanzlers eine Besprechung mit den Vertretern der be­teiligten Organisationen über die Frage der Beförde­rung von Wasien und Munition statt. Es bestand Ein­mütigkeit darüber, daß sowohl neutralitätswidrige als auch zu ungesetzlichen Zwecken bestimmte Transporte un­ter allen Umständen verhindert werden sollen. Denn die Regierung steht unabhängig von dem Gang der krie­gerischen Ereignisse fest auf dem Boden strengster Neu­tralität.

Neberschichten.

Aachen, 24. Aug. Nach den letzten Verhaudb ngen der Arbeitsgemeinschaft für den Aachener Bergbau sind auch die Ueberschichten für dieses Revier gesichert. Es wer­den ähnliche Zulagen wie den Ruhrbergleuten gewährt. Jur Anschluß an die normale siebenstündige Schicht wird täglich eine achte Stunde verfahren.

Die KohlenabUeferung.

Essen, 24. Aug. Die Zwangslieferungen der rhei- nisch-wcst füli scheu Kohlensyndikate an die Entente laben Mitte August fast genau die vorgeschriebcne Zahl erreicht und bewegen sich auch jetzt auf dieser Höhe.

Der polnische llebersall.

Kattowitz, 24. Aug. Die Lage an der Grenze hat

sich verschlimmert. Die Polen machen noch fortgesetzt Ueberfälle auf die deutschen Dörfer und erpressen von den Juden Geld. Ter Kreis Rybnik außer der Stadt Rybnik, der Kreis Pleß und die Landkreise Kattowitz, Beuthsn und Tarnowitz sind ganz in der Hand der Polen. 23 Gruben liegen still, auf den anderen fehlen 15 bis 30 Prozent der Belegschaften; die deutschen Ar­beiter kehren langsam zur Arbeit zurück. Tie För­derung der Kohlen ist aus die Hälfte gesunken.

Nach demOberschlesischen Kurier" soll die Ab­stimmung in Oberschlesien in der ersten Oktoberwoche stattsinden. >

Beuthen, 24. Aug. Sämtliche Parteien mit Aus­nahme der Unabhängigen und Kommunisten erließen einen Aufruf an die oberschlesische Bevölkerung, in dem es heißt: Wir wollen den Frieden. Die Ver­bandskommission hat uns zugesichert, Ruhe, Si­cherheit und Ordnung wiederherzustellen. Beivaffnete pol­nische Banden bestehen dennoch fort und haben die Ge­walt an sich gerissen und mißbrauchen sie- Dem muß ein Ende gemacht werden. Die gesetzmäßige Gewalt muß wieder hergestellt werden. Das ist unsere einzige For­derung. Sie wird heute der Verbandskommission unter­breitet. Wird sie nicht erfüllt, dann sind wir entschlos­sen, den Frieden zu erzwingen durch Gene­ralstreik. Haltet euch bereit und wartet aus den Ruf der Führer. Es geht um unsere Heimat. ;

Von der Verbandskommission ivird mitgeteilt: Da feststeht, daß bewaffnete polnische Haufen von jenseits der Grenze in den Kreis Rybnik eingefallen sind, Zu-, sammenstöße mit der Bevölkerung gehabt haben und Zu-, stände entstanden sind, die nicht länger zu ertragen sind, ist über den Kreis Rybnik der Belagern ngszu st and

veL ^ worden. s

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Eisenbahnüberfall in Syrien.

.u- lu, 24. Aug. (Havas.) Bei Kherbet-Ghazaleh (Synk-i-.) inachten Aufständische einen Angriff auf einen Aiienbahnzug. Ter syrische Minister Abda Aynbi, ein französischer und ein arabischer Ofsizier, ein französischer Hseistlicher und mehrere Soldaten wurden gelötet. Drei Dörfer,' die durch Emir Feissal aufgestiftet und ver­antwortlich sind, werden von den französischen Truppen bestraf: werden. ^

Künfiantinope!, 24. Aug. (Halms.) General Wrange l hat ueucrdiugs über 1000 Gefangeue ge-s macht uud 34 Geschütze und 100 Maschinengewehre erx' beutet. LZ

Washington, 24. Aug. Die Regierung der Verei­nigten Staaten hat Polen gewarnt, seinen Heeren zu gestatten, bei der Gegenost'ensive die Grenzen des eigent­lichen Po'ens zu überschreiten. Z

London. 24. Aug. Die vom Aktionsrat der englischen Arbeiter einberuienen Protestversammlungen gegen ei­nen Krieg mit Rußland sind im ganzen Land ruhig verlaufen. -

Die Sinn-Feiner.

Dnplin, 24. Aug. (Reuter.) Am Samstag und Souutag waren in Irland über 100 verbrecherische Handlungen und andere Zwischenfälle zu verzeichnen. Krieg im Osten.

Königsberg, 2 t. Ang. Grajewo, Lomza, Augnsto- wo uud Suwalli sind von den Russen geräumt. Der Kommandeur der 54. ruis. Brigade ist mit seinem Stab auf deutschem Boden interniert. Unter den internierten russistheu Truppen befinden sich Chinesen und Tscherkessen.

Warschau, 24. Aug. Havas meldet, daß die Russen Verstärkungen hcraugeholt haben und der Vormarsch der Polen verlangsame sich infolge des kräftigeren Wider­stands. Pinsk ist von den 'Polen bedroht. Bis jetzt werden 35 000 russische Gefangeue und 200 eroberte Geschütze gemeldet. Tie Polen haben ihre Truppen um« gruppiert: das Nudhecr befehligt General Haller, das Zentrum Feldmarschall Pilsudski.

Obwohl die Sowjctregierung freie Berbliudung zwischen Warschau und Miiiök zngejichert hat, ist der Verkehr der polnischen Rechnung mit den Friedeusbevollmächtigten zu Beginn der Verhandlungen nicht möglich gewesen. Die polnische Negierung hat deshalb in Moskau Be­schwerde erhoben.