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für Wildbad. Chronik und Anzeigenblatt für das obere Enztal.

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

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Nummer 174

Fernruf 179.

Steuerabzug von Lohn- und Gehaltszahlungen.

Von zuständiger Seite wird mitgeteilt'.

Jrn Reichsanzeiger vom 24. Juli ds. Js- ist nun das Gesetz vom 21. Juli Hur ergänzenden Regelung des Steuerabzugs vom.Arbeitslohn veröffentlicht worden. -Vom 1. August ab sollen die erleichternden Bestimmungen zur Anwendung kommen. Bis dahin gelten unverändert die bisherigen Vorschriften, nach denen seit 25. Jum 10 Prozent der Lohn- und Gehaltszahlungen als Ab­schlagszahlungen auf die Einkommensteuer einzubehalten waren. Eine Rückwirkung ist den neuen Bestimmungen nur insofern beigelegt, als untersucht werden soll, wie ^ hoch sich der Steuerabzug für die Zeit vom 25. Juni bis 31. Juli berechnet hätte, wenn die neuen Bestimmungen schon von Anfang an Geltung gehabt hätten. Ergibt sich bei der neuen Berechnung ein kleinerer Betrag als tatsächlich in diesen 5 Wochen beim Einzelnen abgezogen worden ist, dann soll der bisherige Zuvielabzug auf die künftigen Abzüge angerechnet werden. Ta aber teils wegen Unkenntnis der gesetzlichen Bestimmungen, teils Wegen des Widerstands gegen den Lohnabzug nicht immer schon vom 25. Juni ab der Steuerabzug vvraenommc-n wurde, wird für die Zeit vom 25. Juni bis 31. Juli bei Zugrunde­legung der neuen Bestimmungen nur selten zuviel abge­zogen worden sein.

Nach den neuen, am 1. August in Kraft tretenden Be­stimmungen, wird der Abzug nur noch an den Lohn- und Gehaltsbeträgen vorgenommen, die für den einzelnen Arbeitnehmer täglich 5 Mk., oder wöchentlich 30 Wk., oder monatlich .125 Mk. übersteigen. Ter abzugsfreie Be­trag erhöht sich für jede zum Haushalt des Arbeitnehmers zählende Person (Ehefrau und minderjährige Kinder) um 1,50 Mk. täglich oder 10 Mk. wöchentlich odet 40 Mk. monatlich, andererseits erhöht sich der Steuerabzug für die größeren Einkommen. Er beträgt beispielsweise bei einem Jahreseinkommen von 15 00030000 Mk. 15 Prozent jeder einzelnen Zahlung, bei einem solchen von 30 00050 000 Mk. 20 Prozent.u. s. f. und steigt bei einem Jahreseinkommen von 400 000 bis ans 50 Prozent.

Turch diese' ergänzende Regelung des Steuerabzugs sind die bisher beklagten Härten und Ungleichheiten be­seitigt und damit die Gründe für den vielfach 'beobachteten Widerstand gegen den Steuerabzug weggefallen. Ter Steuerabzug muß von jetzt an allgemein und gleichmäßig durchgeführt werden; er bedeutet nicht nur. keine Sonder­belastung der Lohn- und Gehaltsempfänger, weil ja Ab­schlagszahlungen auf die künftige Einkommensteuer in Form des Abzugs vom Lohn oder Gehalt von allen Steuerpflichtigen Verlangt werden, sondern in Wahrheit eine erhebliche Erleichterung. Es sollte einleuchten,.daß es leichter ist, die Steuer in kleineren Teilbeträgen all­mählich zu entrichten, als bei Empfang des Steuerzettels den ganzen Steuerbetrag in kurzer Zeit erlogen zu müssen.

Da die Bestimmungen über den Steuerabzug auf Reichs­gesetz beruhen und Ausnahmen im Gesetz nicht vorgesehen sind, sind weder die Finanzämter, noch das Landesfinanz­amt in der Lage, die gesetzlichen Bestimmungen abzu­ändern oder Ausnahmen zu bewilligen. Besreiungsgesuche und dergleichen find daher zwecklos und schon aus Rück­sicht auf die überlasteten Steuerbehörden zu unterlassen. Eine Bescheidung in jedem einzelnen Fall wäre aus Mangel an Zeit sowieso undurchführbar.

Hinzuweifen ist schließlich noch darauf, daß nach Z 50 des Eink. Str. Ges. der Arbeitgeber dem Reich für die Durchführung des Steuerabzugs haftet und daß diese Haftung auch für die Zeit vom 25. Juni bis 31. Juli grundsätzlich bestehen geblieben, d. h. durch das Ergän­zungsgesetz vom 21. Juli nicht geändert worden ist- Tie Ausführungsbestimmungen zu diesem Gesetz werden sofort nach Erscheinen veröffentlicht.

Bolschewistischer Einfall in Deutschland?

T.eMagdeburgische Zeitung" meldet: In de: Ne vom 22. zum 23. Juli brachte ein Kurier ein ExemZ .r einer Uebereinkunft, die in Memel am 17. Juli zwischen dem Abgesandten der Sowjetregierung, Joff.e, und dem dem Vorsitzenden der S.U.P.T., Hilfe rding, und Tr.

kreilag, äeu 30. sju!i 19Z9.

Levi abgeschlossen war, nach Magdeburg. In oem Ben : § heißt es u. a.:

Nach Ueberschreiten der Grenze durch die Sowjet rnvpen wird sofort die bolschewistische Republik aus­gerufen, vorerst in Königsberg, Tilsit, Danzig, Breslau, Stettin, Frankfurt-Oder, Ratibor, Gleiwitz, Köslin, Stral­sund'. Tigse Städte und das dazwischen liegende Gebiet dienen als Operationsbasis und Aufmarschgelände der sich sammelnden deutschen roten Armee, die unter russisches Komyrando gestellt wird. Lbcrkommaudierender ist General I antsch eff. In diesem Gebiet treten sofort folgende Maßnahmen in Wirksamkeit: - »

1. Verwaltung und Pojlizei. Es werden alle Regierungspräsidenten, OberpräsidenLen, Polizeipräsiden­ten und' Landräte, die nicht Mehrheitssozialisten sind, ihres Amtes entsetzt. MehrseitssaZialistische Beamte vor­stehend aufgeführter Kategorien erhalten je einen Kom­munisten und einen Unabhängigen als Beirat. Für die abgesetzten Beamten werden vorläufig Stellvertreter er­nannt, die von dem Großen Rat, der im Ständehaus Zu­sammentritt, bestätigt werden müssen. Mittlere oder höhere Beamte, soweit sie aktive oder Reserveoffiziere sind, sind zu entlassen.

2. Iusti z. Tie Revolutionstribunale treten als Volks­gerichte sofort in Wirksamkeit. Abgeurteilt werden zuerst politische Verbrechen. Dje Nicht-"' 0 -6 snVw -? >' eie Sowjetregierung zu vereidigen.

3. Kommnnale Behörden. In den Städten sind'

sofort Bürger-Versammlungen einzusetzen. Die Magistrate werden sofort durch Kommissionen der in den Orten be­findlichen kommunistischen und unabhängigen Truppen überwacht werden. ' P

4. Wirtschaftliche s. Sämtliche Indu strie - betriebe gehen sofort ohne Gewalt in den Besitz des Staats über. Kriegswirtschaftlich wichtige Betriebe un­terstehen den militärischen Gruppenkommandos, die sich paritätisch aus Russen und Deutschen zusammen- sctzcn. Tie Zwangswirtschaft wird aufgehoben. Bäcke­roien, Fleischereien und Konsumverein werden Staats­betriebe. Lebensmittel jeder Art gellen als beschlag­nahmt für Zivil und Militär, Lebensmittelzuschüsse wer­den aus der polnischen Ernte entnommen, die zu zwei Dritteln nach Deutschland geschafft werden. - l

i 5. Oefsentliche Sicherheit. Den Sicherheits­dienst übernehmen mit'der Polizei kommunistische Ord- nungstrnppen, die aus Lmten der deutschen, Bataillone der roten Armee bestehen, die bereits in Rußland bei der roten Armee gekämpft haben. Der Nachrichtendienst wird aufgehoben. Er ist neu zu organisieren und un­tersteht Regierungskommissaren, die für ihre Tätigkeit dem Großen Rat persönlich verantwortlich sind. Die' rolv Armee beschützt das Proletariat vor Ausbeutung' durch das Unternehmertum und sammelt um sich alle, freiheitlich gesinnten Arbeiter, die zwangsweise zu Ar- beitcrbataillonen zusammengestellt werden. Sie sorgt für Ruhe und Ordnung und schützt das Eigentum des Proletariats. Sie schützt die Beschlußkommissionen des Staats und der Gemeinden. Mit Waffengewalt rottet sie alles vor sich aus, was sich, dem Proletariat entgegen- stellt.- -

Tie halbamtlicheDeutsche Allgemeine Zeitung" be­stätigt im wesentlichen die Angaben derMagdeburger Zpitung" mit der Einschränkung, daßnur" eine Be­sprechung Levis und Hilferdings mit Joffe in dem erwähnten Sinne stattgesnnden habe. Es sei durchge­sickert, daß von einem Einmarsch bolschewistischer Truppen abgesehen werden solle, da Deutschland ohnehin dem Bol­schewismus verfallen sei.

' Berlin,- 28. Iulll

Schluß. Auss-nache über die Regierungserklärung zu der Konferenz in Spa. . ' - -

Abg. Frau Sender (U.S.P.): Das Wort von Deutschlands Versklavung ist nur Gerede. Die Sozialisierung der Kohten- gedi te soll den Arbeitern die Gewißheit geben,, daß sie nicht privatkapitalistischen Interessen dienen. :

Abg. Hergt (D.natl.Vp.): Die deutsche Abordnung sei ge­wissermaßen kochend nach Sva gegangen, habe sich über rasch inbgekühlt. Man habe nur unter dem Eindruck der Bajonette, gehandelt. - Warum war inan ans die Gefahr des Einmarsches nicht vorbereitet? Wenigstens die Minister aus dem alten Kvb'neti wußten es wis'en. (Große? Lärm.) Aber es wurde nichts vermacht, wonach i-n Fall des Einmarsches ein Rechts» .pp. lug. der u..s in den Augen, der Weit nuaute aekom mrn j

Fernruf 179.

54. lalii-gsng

wäre. Jedenfalls ist die Unterzeichnung keine nationale Tat gewesen. Von einem Mißtrauen gegen die Regierung könne keine Rede sein, nach außen hin müßten die Deutschen alle einig sein. Aber die Hoffnungen des Reichskanzlers könne er und' seine Bartel. nicht teilen. Genf und die Lösung der Ost­fragen ständen noch bevor. Daher müßten mir der Regierung heute den Rücken stärken. ^

Vizekanzler Dr. Heintze: Das Volk zum natiönalen Wider­stand aufzurufen, hätte die Regierung' nicht verantworten kön­nen und wird es auch in Zukunft nicht tun. , , i

Minister Dr. Simons: Wir haben die Verschlechterung der Fi-icbensbedingungen nicht angenommen,- sondern wir haben da­gegen angekämpft. Gegenüber den Abg. Stresemann und Mül­ler (Franken) stellt der Minister seine Ausführungen über den Bolschewismus richtig. Auch aus der Asche werden neue Keime aufsprießen. Rußland gegenüber müssen wir die Verhältnisse nehmen wie sie sind. . ;

Abg. Schoch (DBp.) spricht seine Freude über die ver­fassungsmäßige Haltung der bayerischen Regierung in der Ge- sandtenfraas ans. Sollten die Gesandten sich in die Po­litik einmische», so sei er überzeugt, daß der gesunde bayerische Menschenverstand ihnen bald begreiflich machen werde, sie seien nur lästige Ausländer. A le Tremmngsqelüste des Herrn Mil- le-ands werden keinen Erfolg haben. P)ie Gefallenen Bayerns würden sich im ^ Grab umdrehen, wenn sic hörten, daß sie ihr Blut für einen neuen Rheinbund vergossen haben. R

Der Antrag der Deutschnationalen, der der Regierung das V.sti.uer:r, über ihre Unterzeichnung ausspricht,- wird abgelehnt. Der Antrag der Mehrheitsparteien, der die Gründe der Regie», rung für ihr Verhalten in Spa billigt, wirb gegen die Deutsch- nationalen und di- Unabhängigen angenommen.

Die Unabhängig-m haben einen Antrag auf sofortige So- s'.a'is erung der Krh.enbrtrieoe eingebracht. - . »i

Minister Dr. Simons findet den Antrag, so sympathisch er, der Regierung sei,- zur Zeit für undurchführbar, da er in die Abmachungen' mit dem Verband störend eingreife.

Der Antrag wird abgelehnt. z

Es folgt die Interpellation der Mehrheitsparteien wegen der Abtretung der Wrichselnferstreiftns.

Abg. Fleischer (Z.) erklärt,' nach den ihnen zurzeit gewordenen Nachrichten aus Paris Hobe der Verband die in Frage kom­menden fünf Dörfer bereits Polen zugrsprochsn. (Allgemeiner; Einspruch.) Das fei eine Verletzung' der Verträge und Grund; die Revision des gesamten Friedcnsvertrags zu verlangen.

Minister Dr. Simons: Es gibt nur eine Lösung, nämlich! die Zuteilung des gesamten Gebiets an das Deutsche Reich) Trotzdem hat der Oberste Rat die 5V-Kilvmeter-Zone und dies

cye ,

Vergewaltigung komme. Hände weg vom Weichselfluß! müsse gegen diese Verletzung des Völkerrechts. -P»

Abg. Schul^Bromberg (D.natl.Bp.) bedauert,' daß'-man erst! in so später Stunde zu dem erforderlichen Einspruch'gegen die Vergewaltigunq komme. Hände weg vom Weichselfluß müsse! dis Losung sein. Die Regierung müsse hier eingrcifen .uns dem Verband klarmachen: Hier gibt es kein Diktat. . --"WZl Abg. Pohlmann (D.d.P.) bedauert,- daß das Selbstbestin« mungsrccht nicht beachtet werden soll. .....

- Abg. Everlivg (D.Bp.) erwartet," daß jeder Deutsche jetzt für den deutschen Osten eintrstst, -

Berlin,' 29. Lust. )

Zweite Bercmmg des Antrags betr. die Aufhebung der Mi­litärgerichtsbarkeit. , . '

- Abg. Nadbrnch (6.): Das Gesetz soll dazu dienen.- einer

Iustizschmach ein Ende zu bereiten. .

Abg. von Gallwitz (D.natl.Bp.): Ich muß die Militär-

aerichtsbarkeit in Schutz nehmen: es handelt sich hier um Politische Motive. Sind denn die Bluturteile der Sovsetar- mee von Zivilgerichten gefällt worden? Militärgerichte sind viel besser als ihr Ruf. Als alter Soldat kann ich das besser beurteilen als meine Gegner. Ich hoffe, daß der Baum, an dem die Wespen nagen, noch manche schöne Fruchte tragen

""Aba. Rosens-ld (U.S.P.): Man sollte es kaum für mög- lick halten, daß ein Führer aus dem fluchwürtigen Welt- kriea sich binstellt, (stürmische Proteste,' allgemeines Durch­

einander,- Glocke des Präsidenten) sich hmstellt, dessen Worte beweisen,- daß er gar keine Ahnung hat, von den furchtbaren Strafen des blutüberladencn, (schallende H-iterkeit. Die wei-

pren Worte des Redners gehen im Lärm, in den fortwäh­renden Unterbrechungen unter.)

Aba Dr. Bell (3.): Angesichts der veränderten militärischen Verhältnisse ist meine Partei der Ansicht, daß jetzt die bür­gerliche Gerichtsbarkeit notwendig ist ^

Abg. Driininahaus (D.Vp.): Rosenfcld hat der »Kaste-der Offfiziere" die Schuld an allem gegeben. Namens der WM) Offiziere," die der grüne Rasen deckt, erhebe ich gegen die Be­schimpfung Einspruch. Nicht 10 Jahre werden vergehen, bis das deutsche Volk die Elemente/ die uns in das ^

Revolution gestürzt haben,- verfluchen wird. .§re Aufhebung der Militärgerichte ist ein schwerer Fehler. Ich bitte, dafür zu sorgen, daß die 100 000 Mann Reichswehr, dw letzt zur Entlastung kommen, ein Unterkommen finden Reichswehrministcr Gcßlcr Ich sehe in dem Entwurf die Einlösung eines In Weimar gegebenen Versprechens und erkläre die Annahme durch die Regierung. ^ ^ ^

: 8 1 bis 8 werden angenommen. . Zu H 9 beantragen die Unabhängigen ein Verbot des Waffengebrauchs bei Berhaf-

m!" Antrag der Unabhängigen auf Schietzverbot sür Sol- .daten wird nitt 192 gegen 142 Stimmen abgelchnt.