>
M-h
(EnztÄbvte)
Amtsblatt für WUdbad. Chronik und Anzeigenblatt
für das obere Cnztal.
.>.-.
Crlcsteint tägiick, susgenommen Form- u. keiertngs. llerugspreis monstlictr Mk. 4.50, vierteliZstrlick 13.50 frei ins ksaus geliefert; äurctr ciie k>ost bezogen im innercteuttckien Verkekr Mk. 13.50 un^ dO k>fg. k>ost- bettellgelä.
Anzeigenpreis: äie einlpsltige petitreile oäer Oeren ktsum 50 pfg.. sus vSrts 60 Mg., ^ismeee: 1.50 Mk., bei grööer,m Aufträgen llnbatt nsä, Lsrit. Särluö Oer Anreigenannsbme: täglick 8 Ubr vormittags.
^7^
Druck der Buchdruckerei Wildbader T> igblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.
Nummer 173
Fernruf 179.
Miläbsä, Donnerstag, 3en 2 9. ^ul i 1920.
Fernruf 179.
54. 'jaftrgang
Die süddeutschen Negierungem gegen die Zwangswirtschaft.
Der Ruf nach Aufhebung der Zwangswirtschaft u: ! vor allem der ausbeutenden und preisverteuernden Kriegs- ' gesellschaften wird immer lauter. Es wäre schlechthin l unverständlich, daß. diese Gesellschaften immer noch ihr ! Unwesen treiben können, wenn eben nicht die darin fit-- - »enden Herren einen gar so großen Einfluß besäßen, ; Sie beziehen mit dem zahllosen Heer der fast beschäftig t gungslos Angestellten ihre fetten Pfründen Weiler und fteu- l en sich ihres Daseins, befriedigt, daß es ihnen vergönnt wai> j das ganze wirtschaftliche Getriebe vom Rohstoff all über i die gewerbliche oder indiEielle Verarbeitung und Ver- : teilung durch den Handel bis zum unmittelbaren Ver- ' brauch unter ihre Kontrolle zu bringen. Was das be- ! deutet, hat man scheints bisher noch nicht recht bedacht ? man wird es aber noch erfahren, wenn das Wirtschafts- . leben einmal wieder in gesetzmäßigere Bahnen kommt und ' dann Tausende von kleineren oder mittleren Geschäfts- : leuten auf der Strecke bleiben. z
Item, es kann und darf nicht so nnneeg.-^n. ^ . ! süddeutsch enStaaten haben sich nun zunächst - zusammengeschlossen, um die Frage der Zwangs- ! bewirtschaftu ng gemeinsam zu regeln. Am ' 24. Juli traten die Ernährungs-und Landwirt-- - schaftsminister von Bayern, Württemberg, ; Baden und Hessen in Würzburg zu einer Beratung j unter dem Vorsitz des bayerischen Landwirtschaftsmini< i sters Wutzlhofer zusammen. Zunächst wurde ver- s einbart, daß bei allen Schritten in den Ernährungs- i und Zwangswirtschaftsfragen künftig Bayern die Füh- i rung übernehmen solle. Nach fünfstündiger Beratung kam j sodann folgender Beschluß zustande: s
Sämtliche süddeutschen Regierungen verlangen die sofortig« Aufhebung der Zwangsbewi tschastung für Eier, Oelfrüchtc, Fett, Kleinvieh, Tabak, Flachs und Hanf. Die Aufhebung der Zwangsbemirtschaftung soll bei der Kartoffel erst am 16 . September beginnen. Die Zwangsbewirtschaftung soll aufrecht erhalten bleiben bei Brotgetreide, Milch, Butter, Käse, Kohlen, Brennholz, Zucker, Kleie und Melasse, bei Baustoffen und ähnlichen technischen Artikeln des täglichen Bedarfs.
Die süddeutschen Staaten waren sich bei der Fassung dieses Beschlusses klar, daß sie ihn mit allem Nachdruck in Berlin vertreten müssen. Zu diesem Zwecke einigte man sich weiter dahin, daß sämtliche süddeutschen Ernährungs- bzw. Landwirtschaftsminister gemeinsam in den allernächsten Tagen in Berlin beim Neichsernährungs- minister vorstellig werden und diesem den Beschluß de« Würzburger Ministerkonferenz zu unterbreiten haben mit der bestimmten Erklärung, daß Süddeutschland in dieser Frage eine geschlossene Einheitsfront bildet. Der Reichsernährungsminister soll darüber nicht im Zweifel gelassen werden, daß, wenn er dem Würzburger Beschluß nicht zustimmt, die süddeutschen Staaten die in Würzburg nach eingehenden Beratungen gefundene Einheitsbasis zur Richtschnur selbständigen Vorgehens in der Frage der Zwangsbewirtschaftung machen werden. Die Würzburger Ministerkonferenz stellt demnach in ihr ein Endergebnis eine Art Ultimatum in der Frage der Zwangsbewirtschaftung Berlin gegenüber dar. In Würzburg haben die Vertreter der süddeutschen Staaten sich dahin ausgesprochen, daß z. B. bei Kartoffeln eventuell bei besonders ungünstig versorgten Jndustrieplätzen eine gewisse Umlagepflicht weiterverlangt werden kann. Württemberg hat bei der Fleischbewirtschaftung bei Kälbern einen gewissen Vorbehalt gemacht, im allgemeinen aber sind die Richtlinien klar und deutlich in dem Würzburger Beschluß gezogen, der noch dad:rch eine wesentliche Unterstreichung bedeutet, als dieser Zusammenschluß Cüddeutschlands zu einer ErnährungseinheUsfront von Dauer sein soll. Man einigte sich nämlich in Würz-» bürg auch dahin, daß zwangsläufig all« vier Wochen die süddeutschen Ernährungsminister zu gemeinsamen Beratungen zusammen treten sollen.
Verlmttd und Bolschewismus.
Trotzkt hat nach Blättermeldungen neulich gesagt, Polen werde aufhören e-ne Schranke zwischen Rußland und Deutschland zu sein, es werde eine rote Brücke für den Siegeszug des Bolschewismus nach dem Westen wer- Eine eia entüm licke Bel euchtung erfghreg diese Mlllk
durch die Zuschrift, Ine Lin deutscher Ansiedler in Rußland, der den Bolsch. ^wLsmus an seiner Weege kennen gelernt hat und der geg? MwSrtig vorüb ergehet w ^ land weilt, der „Deutsche« Tagesztg." zuger/"-.hM s' Ohne daß man sich die Änffs.ssung des Deutschrusse,. allen Einzelheiten zu eig en machen müßte, sind sie doch gerade jetzt sehr beachtenswert. " -
Ich fand in Zeitungen Deutschlands, so schreibt er, eine Verherrlichung des Bolschewisnuus. Ist man denn wahnsinnig geworden? Will man Deutschland ganz dem Untergänge preisgeben?. Jawohl, die Rote Armee kämpft heldenhaft, sie geht mit Riesenschritten vorwärts. Aber warum? Weil sie hungert, weil sie mit jedem Schritt, den sie vorwärts kommt, wieder , einen Bissen Brot gewinnt, weil ihre Etappe eine Wüste ist! Rußland, das Land der Getreideaus,lllhr, hat kein Brot; Rußland, das Land des Holzreichrums, hat nichts zu Heizen. Rußland, das Land der unrwmeßlichen Naturschätze, ist bettelarm. Das Volk lebt in Verzweiflung und Faulheit dahin und wartet auf den Tod. Und der Gevatter hat auch ein Einsehen und schickt seine Trabanten Cholera, Typhus und Pest, die täglich Tausende vom Leiden des Lebens erlösen. Arbeitnehmer und Arbeitgeber in Landwirtschaft und Industrie s?ud ruiniert, physisch, moralisch und materiell. Und gegen dieses entsetzliche Elend weiß die Sowjetregierung kein anderes Kraul, als ihre Trupven vorwärts zu Hetzen, rväl's dort noch zu essen gibt — so lange, bis auch hier die Segnungen ihrer Herrschaft aus blühenden Genld'M ei»' Wüste gemacht haben.
Und wie steht man in Deulw, Mi- zu dieser lawim,. - gleich heranbrausenden Gefahr? Binnen kurzem wird der Hunger die Rote Armee durch Polen hindnrchftetrie- ben haben. Was das bedeutet, scheint man in Deutschland noch nicht zu begreifen. Man hat aus Wilsons famoser Taktik auch nicht einen Deut gelernt. lieber Spa auf der einen, Ostpreußen auf der anderen Seite geht der Horizont nicht mehr hinaus. Mit der Weltstellung ists aus. Wir sind ein mitteleuropäischer.'Staat und damit Punktum. s ; Zh'l ^
Ein großes Rußland Ist bekattnölich der^ Entente ein Dorn im Auge; es könnte doch eines Tages gefährlich werden. Darum ging die Entente eiligst daran, dem Riesenland ringsherum Stückchen abKizwacken und Pufferstaaten daraus zu machen. Mer nicht genug damit. Was dem ursprünglichen Rußland blieb, war noch zu viel. Deshalb drückte man dem General Denikin das Schwert in die Hand und lieferte ihm Kanonen, Munition usw. Man zwang Rußland zum Selbstmord. Als die Denikinschen Aktien dann zu stark in die Höhe gingen, steckte sich die Entente im Geheimen hßnter die Bolschewiki und gab auch ihnen Waffen und Munition — und stehe, das Kriegsglück wandte sich. Die Ententemänner können sich die Hände reiben: Sie haben ihr Ziel erreicht. Rußland ist nach dreijährigem Bürgerkrieg zerschlagen, vernichtet und für lange Zeit ungefährlich. Und die Entente ist unschuldig — völlig' unschuldig. Sie hat ihr Bestes für die .Herstellung der Ruhe in Rußland getan.
Und wir sind immer noch so dumm, daß wir meinen, Negierungen, die einen alten Verbündeten so behandelten, könnten uns, dem Feinde, auch nur ein bißchen ehrlicher entgegentreten? Nein und abermals nein! Was sagen doch die französischen Staatsmänner? Wie äußert sich die französische Presse? „Die „Boches" sind immer noch zu arrogant, sie bleiben uns noch gefährlich. Wir müssen sie noch tiefer demütigen." Diese Sprache ist ehrlicher als die in Spa gewechselten Höflichkeitsphrasen und Handdrücke, in ihr drückt sich die wahre Absicht der Entente laus. Man wird mit uns genau nach dem bewährte russischen Rezept verfahren. Eine an sich unscheinbare Tatsache bewies es mir: die Entsendung von Cntentevertretcrn nach München-
Während man durch unerhörte, besonders die Arbeiterschaft belastende Forderungen Deutschland planmäßig dem Bolschewismus in die Arme treibt, bereitet man in München einen Herd der „Gegenrevolution" vor. Und nun wartet inan in Ruhe ab. Gehts los, dann läßt man mit einein Schwall schöner Worte die „Gegenrevolution" springen. Es wird dasselbe wie in Rußland; Deutschland begeht Selbstmord. Und auch uns gegenüber wird die Entente sich für völlig unschuldig e Klären.
Deutscher Reichstag.
.p" - V. Berlin, 27. Jull. l Die Rede desiÄußenmimsters Simons ^er Mon- l°-M»uug nicht d>°
, i-lbst g°«ii,«i um LqZ»-
^tzun-«unsi,-r d»ch-r r°,.-M A/Borwur, g.> di- t/d-- 'Genugtuung vor d°« gen die ^JaDö Berlin nicht in voller Gala er-
sranzösischeu ' -Kb-e erdicht ^E^ßer Fahns
schienen war, y. tzieMUtwrlkge Entftrrm g ^ >
nugtuung selbst füt. "'«istnötig gewest ' .
durch einen Unbeson,. Asien«
-aS er dem Bolschewism. ' Ihm ^ worm.. nur auf Tatsachen, wie sie ^ Bolschewismus, -
^ ß l e r (Meh rhtzkrp^
theoretisch sei er ein Gegner des
Der erste Fraktionsredner StaerklSrt/ si^ sozialist und Redakteur des „Vorwäris ^
- mit dem Ergebnis von Spa einverstanden,
! aber auch einige spitzige Worte für die Entschu-, -eit- Simons. Ter Redner der Unabhängigen Dr. B r scheid (Redakteur der „Freiheit") war mit der A.. erkennung des Bolschewismus ganz einverstanden und. wünschte nur, daß es dabei bleiben möge; der Bolsche-P wisums führe den einzig richtigen Krieg, nämlich M- öie Sicherung der Errungenschaften der Revolution. Aufs die pünktliche Einhaltung der Erfüllung des Vertrags von Spa werde die Partei der Unabhängigen ein schar-!
' fes Auge habe. Für die Deutschnationalen sprach ebenfalls ein Journalist (Leitartikler der „Kreuzzeitung").; Mg. Prof. Hoetzsch. Er hieb schon scharfer in dies Kerbe. Die amtliche deutsche Abordnung in Spa habtzs es an nationaler Festigkeit und Würde fehlen lassend In dem amtlichen Weißbuch über Spa habe die ReH
- gierung die wichtigsten Dinge weggelassen. Der Koh-. lenbedarf Frankreichs nach seinem Verbrauch von 1914! sei nahezu zu 100 Prozent gedeckt, während für die' deutsche Arbeit etwa 48 Prozent übrig seien. Des-l halb haben die Sachverständigen nur eine Ablieferung von höchstens 1,1 Millionen Tonnen monatlich für möglich erklärt. Reichskanzler Fehrenbach erwiderte dar?-, auf, Hoetzsch habe so gesprochen, als wenn wir noch im Jahr 1914 lebten. Inzwischen sei aber allerlei passiert und Versailles und Spa seien nicht aus der Welt zu schaffen. Auf ftie Rede des Teutschnationalen wird' voraussichtlich Minister Simons noch einmal das Wort ergreifen.
*
Abg. Dr. Spahn (Z.) scheint sich zustimmend §u den Erklärungen des Ministers auszusprechen, bleibt aber un einzelnes auf der Tribüne unverständlich. :
Abg. Professor Hübsch (D.natl.Vp.) meint, die Ergebnisse von Spa seien für seine Partei keine Enttäuschung gewesen/ wohl aber die gestrige Rede des Reichsaußenministers, der auch der kleinste Funken nationalen Empfindens gefehlt habe. i
Mit drei Verpflichtungen sei die Delegation nach Spa gegangen: 1 . Würde und nationale Festigkeit festzuhalten, 2. auf keinen uns zustehenden Rechtstitel zu verzichten, 3. nicht Unerfüllbares zuzusicher». Die Berichterstattung des Wolffsche^ Bureaus habe es so dargestellt, als sei Weltgeschichtliches in Spa erzielt worden. Das sei ein Auf-den-Kopfstellen der Tatsachen. Daß man uns im Ausland nicht mehr ganz ernst nehme, nachdem wir erst die Forderungen als unmöglich be
zeichnet und sie nachher doch angenommen hätten, sei klar.' Die einzigen, die stark geblieben, seien die Herren Stinnes und Hne. In der Kshlenfcage sei Unmögliches zugesichert worden«
Er führt Beispiele dafür an, daß rund 25 v. H. industrieliier Betriebe zur Stillegung gebracht werden müßten,' wenn das Kohlenabkommen in Kraft trete. Die fünf Goldmark seien als ein Almosen anzusehen. Von der Genfer Konferenz erwarte er ebenfalls nichts. Mit dem Bolschewismus sei es aus. Er glaube nicht an den Einmarsch ins Ruhrgebiet. Seine Partei lehne die Billigung dieses Verhaltens ab und fordere die Re-^ Vision des Friedensvertrags von Versailles. Der Redner tadelt dann die Stellungnahme des Außenministers zu den auswärtigen Staaten. Mit der Neutralitätserklärung im Osten sei er einverstanden.
Reichskanzler Fehrenbach: Die Rede des Abg. Hoetzsch war so ausgebaut, als sei sie am 27. Juli 1914 gehalten worden,
nicht jetzt/ wo die Tage von Versailles und Spa da waren. In der militärischen Frage sei tatsächlich die Entente erst am Vorabend der Konferenz in Brüssel schlüssig geworden. Wenn
hätten d'
der Vorredner uns vorwarf, wir hätten die nationale Würde und Festigkeit verletzt, so habe er sich die Sache sehr leicht gemacht. Der Vorwurf, wir hätten Rechtstitel aufgegeben, auf die wir nicht hätten verzichten dürfen, trifft nicht zu. Die Entente habe ausdrücklich erklärt, es komme gar nicht darauf an, ob wir in der Besetzungsfrage unterschreiben wollten oder nicht. Auch sn der Kohlenfrage seien wir fest geblieben bis zuletzt. Der dritte Vorwurf, wir hätten Unerfüllbares unterschrieben, sei schwer zu beantworten, da man über den Begriff „Unerfüllbar" verschiedener Ansicht sein Köm«. Zu der Ehrenhaftigkeit der Alliierten müßten wir VrrttMen bgßen.-.daß un? aus Ober».