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Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

ÄMUW

flummer 155 Fernruf 178.

Arr "Hälftungen und Schenkungen an Kinder

..und ihre st eu e rr e chtli ch e n Wirkunge u.

Bon Th. Bosler, Siudelfingen.

I. Gcivaltig sind die Steuerlasten schon gewachsen; alle die Maßnahmen zur Erfassung der 'neuen Rcichs- steuern haben in ihrer Gesamtheit den Zweck, den Be- j sitz grundsätzlich an der Wurzel zu fassen, zu verklei- uern und für den Staat bereitzustellen. Gegen diese Ab- i sicht der Steuergesetze setzen sich die Betroffenen zur Wehr. ! Eine der Abwehrmaßnahmen besteht nun darin, daß ! Vermögeusübertraguugen und Schenkungen von den El- ! tern auf die Kinder vorgenommen werden. Keine Ge- s setzesvorschrift verbietet dem Steuerpflichtigen, zwecks Mil- i derung seiner Besitzsteuern Bestandteile seines Vermögens j seinen Kindern zu übergeben, es muß nur die Bermö- ! gensübergabe ernstlich gemeint sein; denn WUenserklä- ! rungen, die mir zum Schein abgegeben worden sind, ! sind nichtig. ^ !

Die Formen, in denen solche Vermögensübertragungen ! auf die Kinder erfolgen, sind l

1. die Ausstattung: Das Bürgerliche Gesetz- ; buch versteht darunter die Uebertragung irgendwelcher ! Verniögcnswerte von Eltern auf ein Kind aus einem j besonderen Beweggrund, nämlich mit Rücksicht auf feine Verheiratung oder auf die Erlangung einer selbstän-« digen Lebensstellung und ferner zu einem besonderen Zweck, zur Begründung oder zur Erhaltung der Wirt­schaft oder der Lebensstellung. Dabei ist es ohne Be- ! läng, ob die Ausstattung notwendig ist, ob sie vor ! oder nach der Erreichung der Lebensstellung oder der -> Heirat erfolgt, sie kann in Grundstücken, in Zuwendung ! won Kapitalien, Hypotheken, Fahrnis oder in der Be- ! tesligung um väterlichen Geschäft bestehen. s

' 2. die Aussteuer: Diese ist der Inbegriff der l zur Einrichtung des Haushalts einer heiratenden Tochter ! erforderlichen beweglichen Gegenstände. Den Anspruch ! auf Aussteuer hat also nur die Tochter, soweit i ' u) der Vater bei Berücksichtigung feiner sonstigen Ver­pflichtungen ohne Gefährdung seines standesgemäßen Un- ! terhalts dazu imstande ist; '

b) die Tochter nicht selbst ein zur Beschaffung der > Aussteuer ausreichendes Vermögen besitzt; > i

e) die minderjährige Tochter die erforderliche elter­liche Einwilligung zur Heirat hat.

Die Tochter hat keinen Anspruch auf Aussteuer, wenn sie schon für eine frühere Ehe von den Eltern eine Aussteuer erhalten hat, oder wenn sie sich einer Ver­fehlung schuldig gemacht hat, die die Eltern berechtigt, ihr den Pflichtteil zu entziehen (körperliche Mißhandlung, Führung eines ehrlosen oder unsittlichen Lebenswandels).

Während die Aussteuer regelmäßig keine Schenkung ist, weder im rechtlichen, noch im steuerlichen Sinn, ist die Ausstattung an sich nach bürgerlichem Recht dann eine Schenkung, wenn ihre Höhe das den Vermögensverhältnisscu der Eltern entsprechende Maß übersteigt. Das ist dann der Fall, wenn die Zuwendung so groß ist, daß der.Vater z. B. in seinen Einkünften so beschränkt wird, daß er zur Aufrechterhaltuug feiner bisherigen Lebensweise sich neue Einnahmequellen er­schließen muß. Soweit Schenkung vorliegt, ist die Form des Schenkungsversprechens, die gerichtliche oder n o- tarielle Beurkundung, zu wahren. Steuerrecht­lich fällt die Ausstattung als Zuwendung- ohne entspre­chende Gegenleistung regelmäßig unter den Begriff der steuerlichen Schenkung. Eine Ausnahme bilden die Ausstattungen, die Rindern und Enkeln zur Ein­richtung eines angemessenen Haushalts (also nicht zu andern Zwecken) gewährt werden. Ob diese Ausstattung, die nicht als Schenkung gilt, in Natur oder in Geld ge­währt wird, ist ohne Bedeutung, wenn sie nur den Um­ständen nach angemessen, also nicht zu hoch ist.

3. Abfindung für Erbverzicht: Ein Kind (kann durch Vertrag mit den Eltern auf sein Erbrecht gegen Gewährung einer Abfindung verzichten; dem El­ternteil bleibt es unbenommen, das verzichtende Kind später noch in einem Testaknent zum Erben einzusetzen. Der Verzicht hat für das Kind die Wirkung, daß es lein Pflichtteilsrecht mehr hat und daß er, wenn nichts anderes bestimmt ist, sich auf die Abkömmlinge des Kindes (Enkel) erstreckt.

Die für den Verzicht gewährte Abfindung (Bargeld, Grundstücke oder sonstige Gegenstände) gilt als Schen­kung und wird also von der Schenkungssteuer betroffen.

, 4. Schenkungen: Soweit Zuwendungen an Kin-

Mlöbaä, Donnerstag, Zen 8. Wi 1929.

ver nicht unter die vorstehenden Ausführungen fallen, oder entgeltlich sind, handelt es sich in der Regel um Schenkungen, wobei für die vollzogene Schenkung gericht­liche oder notarielle Beurkundung nicht vorgeschrieben ist, so daß also die Uebergabe von Kriegsanleihen an ein Kind ohne besondere Form geschehen kann. Alle diese Schenkungen unterliegen der Schenkungssteuer; Voraus­setzung ist aber, daß das Kind durch die Schenkung eine Vermehrung, der Elternteil eine entsprechende Ver­minderung des Vermögens erfahren hat.

5. Gemischte Schenkungen liegen vor, wenn Gegenstände zu so, billigem Preis veräußert werden, daß der Mehrwert als unentgeltlich übereignet anzusehen ist, so insbesondere bei den sogen. Uebergabeverträgen zivischeu Eltern und Kindern (Gutsüberlassungen).

Diese Schenkungen sind mit dem den Wert der Gegen­leistung übersteigenden Wert der Leistung schenkungs­steuerpflichtig.

Zuwendungen, die auf gesetzlicher Unterhaltungspflicht beruhen (Crziehungs- und Ausbildungskosten), find steuer­frei.

II. Die Schenkungssteuer hat rückwirkende Kraft er­halten. Alle diese Schenkungen, die nach dem 31. De­zember 1946 an die Abkömmlinge gemacht wurden, sind steuerpflichtig mit dem am 1. September,1919 noch vorhandenen Wert; sie sind steuerfrei, wenn der Schenker vor diesem Zeitpunkt gestorben.ist.

Die Konferenz in Spa.

(Zweite Sitzung.)

Sfm, 7. Juli.

D>r zweite Sitzung der Konferenz, an der auf deut- 11e' Seite Reichskanzler Fehrenbach, Minister des Heftern Tr. Simons, Reichswehrminister Dr. Geß- l e r und General v. Seeckt teilnahmen, wurde kurz nach M5 Uhr durch den belgischen Ministmpräsidcntcn de la Croix mit der Frage eröffnet, welches Mitglied der deutschen Delegation beauftragt/sei, die Noten der Entente in der Frage der Entwaffnung zu beant­worten. . -. - 1

Der Reichskanzler antwortete, daß Reichswehrmiuister Geß-ler dazu bereit sei. ^ f s

Reichswehrmiuister Dr. Geßler schilderte den gegen­wärtigen Zustand. Das deutsche Heer sei noch 200 000. Mann stark. Das Material sei ziemlich vollständig ab­gegeben. Die 200 000 Mann seien für die Regierung eine unumgängliche Notwendigkeit. Sie stellten das Min­deste dessen dar, was wir brauchten, angesichts der Po­litischen Unruhen, die immer wieder zum Ausbruch ka­men. Tie schlimme wirtschaftliche Lage, das Heer der Ar­beitslosen, das durch neue Entlassungen weiter vergrö: ßert werde, die Kriegsbeschädigten, die Flüchtlinge aus den abgetretenen besetzten Gebieten, die Schwierigkeiten,) die wir mit der Eintreibung der neuen Steuern hätten, alles das mache eine starke Macht in der Hand der Regierung notwendig. Auch sei die Regierung um das Schicksal der 20000 Offiziere, die von der Entlassung betroffen würden, und deren Absichten niemand kenne, in starker Sorge. So sei die deutsche Regierung außer­stande, die Wehrmacht weiter zurückzuschraubeu.

Lloyd George stellte die Punkte auf, in denen die Verbündeten Deutschland Nichterfüllung des Frie- densvertrags in militärischlen Dingen zum Vorwurf machen, insbesondere, daß die. Reichswehr statt 100000 Mann 200000 Mann umfasse und daß Deutschland statt der ihm zugestandcnen 2000 Maschinengewehre 50 000 habe, statt der ihm zugestandencn 280 Geschütze 12 000. An Gewehren seien zwar 1,5 Millionen abgeliesert und die Hälfte davon bereits zerstört. Es unterliege jedoch keinem Zweifel, daß noch au-ßerordentlich große Bestände in den Händen der deutschen Be­völkern n g seien. Was gedenkt die deutsche Regie­rung zu tun und was hat sie bereits getan, um diese Gewehre den Verbündeten auszuliefern? Ter Besitz der Gewehre sei ein politisches Gefahrmoment von außerordentlicher Schwere. Ihm gegenüber fei es verhältnismäßiig gleichgültig, ob die Heeresstärke Deutschlands 100000 Mann, 200 000 oder 300000 Manu betrage. Diese Gefahr wollten die Verbündeten nicht mehr länger laufen und auch für die deutsche Ne- giening fei dieser Zustand höchst bedauerlich. Der deut­schen Regierung fehle es entweder am.guten Wilen,oder

Fernruf 179. 54. IkftrgkMg

; an der Macht. Die Verbündeten erwarten von der veur- ! scheu Regierung bis Mittwoch vormittag bestimmte i Pläne, wie sie die Auslieferung dieser Waffen und die Herabsetzung des Heeres auf 100000 Manu gestalten wolle.

! Reichskanzler Fehrenba ch betonte die Schwicrig- ! leiten der Aufstellung eines weiteren Plans. Wenn die Verbündeten Deutschland Vertrauen schenken und ihm ! die Machtmittel belassen würden, dann würden wir die ! Auslieferung der Waffen und die Herabsetzung des Hee- ! res leichter bewerkstelligen können. Die Eutschädigungs- ! sorderuugen der Verbündeten seien von dem Bestehen einer j genügend großen Wehrmacht Deutschlands abhängig, j In scharfer Weise erwiderte darauf Lloyd l George, daß die Verbündeten klare Angaben und Zif- i fern wollen. Tie Konferenz von Spa, die er eingeleitet i habe, habe es für zweckmäßig gehalten, sich gcschäft- ! lich zu unterhalten. Das gegensesiige Noteuzuschicken E habe keinen Zweck mehr.

! Minister Dr. Simons erwiderte, daß die deutschen ! Teilnehmer nach Lage der Tinge nicht nnnehmen konn- .ten, daß die militärische Frage an erster Stel­le in Spa besprochen werden würde. Es sei zweifelhaft, ob bis Mittwoch morgen bestimmte Pläne vorgetcgt wer- ^ den können.

; LloydGcorge erwiderte, man werde genügend Zeit ! lassen und Präsident de laCroix fetzte darauf die nächste ! Sitzung a.ff Mittwoch Vs4 Uhr nachmittags an,

j Berlin, 7. Juli. Ter Reichsmimster der Justiz Dr.

Hei uze ist gestern in Begleitung des RciaMuwalts ! Richter nach Spa abgereist.

! Amsterdam, 7. Juli. Nach demMg. Haudels- j blad" erklärte der belgische Ministerpräsident de Croix ! in einer Unterredung mit Lloyd George, Mitlerand und / Sforza, Belgien werde sich mit 8 Prozent der Gesamt- ! entschädiguug zufrieden geben, wenn es> bei der Vezah- ! lnna ein Vorrecht erhalte und der Gotofranken der Gold- ! mark gleichgcsetzt werde. (!) Lloyd George widersetzte j sich dieser Forderung nachdrücklich und die Besprechung i endete ergebnislos.

t ..

Verstimmungen in Spa.

> lieber die zweite Sitzung der Kom venz in Spa ver- j breitet WTB. einen ausführlichen 'ocrichc. Man könnte i daraus den Eindruck gewinnen, als ob in Spa bereits ! ein gereizte, wenig Gutes versprechende Stimmung herr- ! sche. Lloyd George soll nach anderen Naelumh^en sehr ungehalten darüber gewesen sein, daß die deutschen Sach­verständigen über die militärischen Feggcu nicht zur Stelle waren, als gleich nach Erönuuug Ver Kvuserenz in der ersten Sitzung die Verhandlung über die Entwaffnung als erster Punkt ans die Tagesordnung gesetzt wurde. Die erste Sitzung wurde dann, wie gemeldei. abgebrochen und dft Weiterverhandlung bis nach denn Eintreffen der sofort telegraphisch herbeigeruftucu Sachverständigen, des Reichswehrministers Geßler und des Generals von Seeckt, vertagt. Lloyd George soll die Sitzung im Aerger verlassen haben. So melden Pariser Blätter.

Rein sachlich wäre gar Eia Grund zur Verstimmung vorhanden gewesen, denn D-m Minister Simons bat

mit Fug und Recht aus die gelinde gesagt ttn- höslickckeiteu Lloyd Georges erwidert, nach Lage der Sa­che kab-'k die deutschen Vertreter nicht voraussehcu kön­nen, daß die EntwaffimmM - age vor der Hauptfrage, wegen der?!', d-e Komereuz' sa überhaupt einberufen wor-- den war- Vor'-.-immg v er die Höhe der Kriegsentschä­digung,bel,ml M werff- ,,'llte. Das Verfahren ist denn auch reckt 'auffallend '-wd cs wäre jedenfalls Sache der Verbündeten b»w. de .- Obersten Rats gewesen, die deut­sche Regierung von dem von ihnen beliebten Gang der Verhandlungen r'-mzeitig in Kenntnis zu setzen, dann wären die militärischen Sachverständigen^ Deutschlands mit' dem Reichskanzler in Spa, eingetroffeu. Daß sie zur Zeit der Kousercnzeröffming noch nicht in Spa wa­ren, mußte dem Obersten Rat genau bekannt wm, denn jeder Teilnehmer der Konferenz mußte vorgestellt und legitimiert werden. Die ganze Komödie dcw Erpauut- seins über die Abwesenheit der Deutschen war also gar nickt nötig, es sei denn, daß sie einen besonderen Zweck hatte. Sache sieht nämlich ganz so aus, als ob

Mer -r '.er ein französisches Ränkespiel vorliegc. In