Volkspartei begrüßt und die Hoffnung auf den Wiedereintritt der Sozialdemokratie noch nicht stunz au,- gegeben hat. Unsere Vertreter in Spaa ermahnte er, unser gutes Recht, besonders Polen gegenüber, mit allem Nachdruck zu vertreten.
Ihm folgte Abg. Dr- Stresemann (D. V.P.), der sich nach den gewaltigen Wahlerfolgen seiner Partei besonders temperamentvoll zeigte. Lebhaften Verfall fand bei den Regierungsparteien das Wort, daß die Deutsche Vollspartei mit dem Eintritt in die Negierung einen Wechsel auf die Loyalität der Deutschuatio- nalen Bolksvartei gezogen habe. Als absurd bezeichnte er den Zustand, daß die stärkste Partei des Reichstags und Schöpferin der neuen staatlichen Verhältnrße, rre Sozialdemokratie, der Regierung serngcblieben sei. Die Unterhandlungen in Spaa erscheinen ihm mrt Recht be- deutungs- und verhängnisvoller, als die rn Versailles. Zn Spaa gelte es, die Forderungen und Verpflichtungen rinzulösen.
Mit einer ausgezeichneten rednerischen Leistung folgte Abg. Tr. Schiffer (Dem.). Einwandfrei gab er dm Wahlniederlage seiner Partei zu und betonte, daß seine Partei uns vaterländischem Pflichtgefühl sich für den Eintritt in die Regierung entschieden habe. Trotz des Mißerfolgs bei den Wahlen habe der demokratische Gedanke keine Niederlage erlitten.
Abg. Dr. Heim (B. V.) wandte sich ablehnend gegen die GewaltPoÜtik der Unabhängigen wie gegen die schädliche Preispolitik der Teutschnationaleu. Er bekannte sich als Anhänger der Zwangswirtschaft, die noch auf längere Zeit unentbehrlich sei und vertrat den Gedanken,' daß eine wirtschaftspolitische Orientierung nach Osten wichtiger und wertvoller sei, als eine solche nach Westen.
Hier trat Vertagung auf Donnerstag ein, wo der Nothanshaltplan vorgelegt und mit einer großen Rede des Reichsjinanzministers Dr. Wirth eilige-, t r den soll.
*
Nach Verlesung von Interpellationen,' derunter lie . pcllatio.' Arnstadt (D.natl.Bp.) üoer die Pressemeldungen, eenen zukolae von üraanen der äußerten Linden Boroerettungen
nen zufolge von Organen der äape für einen Generalstreik getroffen werden,
v
itnnge der iich nicht nur
auf di- lebenswichtigen Bet,übe erstreckt, sondern auch unter Anwendung von Gewalt durchgesüh.t werden soll, erklärte Vizekanzler Heintze, daß die Regierung die Interpellation innerhalb der gesetzmäßigen Frist bzw. innerhalb der nächsten Lage beantworten werde.
Nach Berichterstattung des Abg. Pseijfer nimmt das Hans den Antrag Ledebour, die Strafe gegen den unabhängigen Abg. Mittwoch aufzuheben, an. — Desgleichen wird der Antrag der Deutschnationalen auf einstweilige Einstellung des Verfahrens gegen den Abgeordneten van den Kerkhoff angenommen.
Fortsetzung der Programmdebatte.
Abg. Dr. Trimborn (Ztr.):
Die Weimarer Verfassung müsse die unverrückbare Gnnstlnge »nseres Programms für den wirtschaftlichen Wiederaufbau stiu. Lr bedauere, daß die Mehrheitssozialdemokraten sich zurückgezogen Hütten. Er dankte der Volkspartei, daß sie diesmal nicht abseits getreten sei. Das Verhalten der Sozialdemokratie könne er nicht imponierend nennen. Das Zentrum wollte die Regierungsbasis nach Möglichkeit verbreitern. Den Anschluß an die Deutschnationaeln habe seine Partei nicht mitmachcn wol. len, denn das würde den Eindruck gemacht haben, als ob eine Regierung ohne und gegen Demokratie und Arbeiter zustande kommen sollte. Man müsse bei jeder Regierungsbildung dar. auf sehen, wie die nicht am Steuerruder stehenden Parteien sich zu ihr stellten. Seine Paltei Hube sich niemals ihrer vaterländischen Pflicht entzogen, ',o auch nicht in dieser schweren Stunde der Not. Dein Kanzle' Fehrendach sei das Zentrum »u unausloicht'chem Dank verbunden. Er sei oas Opfer seines PflichtbewußPeins. Redner kam auf den dornenvollen Leidensweg nach Spaa zu sprechen. Foroeruimen, die wir nicht er- n könnten, müsse ein ent!ch,e>nes Nein entgegengesegl mer- en. Von de» Vrogrammpnnnten des neuen Kabinetts sei Ihm der über die Wokrang von Ruhe und Ordnung, auch im H»-ne und in t-cr V«nm>:>ischo!t, von Wichtigkeit'. Die Her- L«i»eerS«rung au* Mann sei ein Ding ver Unmöglichkeit.
Wnsgvben und mos,reu in Einklang gebracht werden,
flht« Steurrg-ä-h- hne ß'ich durchzuiühren. Es sei notwendig.
zu ichosten -»Ar zu sorgen, dag noch mehr gcarb-itn
w»tse alt- sxj ez möglich, eine Kommission
zur Hcrkeilrch.,-»§ Tnsparnisfen, auch in der Verwaltung zu bilden. ÜL-». --- speien Rekormen bereits eingelausen sei, misssi weites Eine Beseitigung der Zivangs-
^trischaft >e> Er appelliere an die Landwirte,
Gr«» Litker'n«ro>>--k.*-?V«'.r>-ngen zu entsprechen. Der Redner schloß feir.r Ausfuhr»'^". m>! oem Ausdruck unbedingter Zustimmung »ii dcm Regierungoproaramm und vollsten Vertrauens zur neuen Regierung.
Abg. Dr. Stresemann (D.Vp.)
gibt zunächst eine Uebersicht über die Ereignisse bei der Kabinettsbildung. bedauert, daß man sich, statt dem Erfolg der Rechten bei den Wahlen zu entsprechen,' an der Ratlosigkeit der Sieger geweidet habe, als die Sozialdemokratie nicht mittat. Er bemerkte dein Abg. Dr. Hcrgt gegenüber,' daß eine Kabinettsbildung mit der Rechten allein eine Unmöglichkeit sei. Ein Uebereinkommen mit den Deutschnationalen sei von seiner Partei nirgends abgeschlossen worden. Er kam sodann aus die Sozialisierung zu fprcchen und meinte,' noch wichtiger als diese sei die Hebung der Produktion. Der Abbau der Zwangswirtschaft sei noch lange nicht das freie Spiel der Kräfte wie früher, denn uns sei durch das Fehlen des internationalen Güteraus- taufchcs die Kraft genommen. Die ganze Frage des Wiederaufbaus sei überhaupt international und nicht bloß eine deutsche Angelegenheit. Wenn Deutschland zusammcnbreche, werde auck di- übrige Welt mit in den Strudel hineingezogen werden. Der Reichsmirtschaftsrat, der heute zusammengetreten sei, habe diesen Wiederaufbau vorznbereiten. Die Unterschrift in Spaa werde schwerer wiegen als die von Versailles. Deshalb müsse genau erwogen werden, was unterschrieben werden solle. Die sozialen Erfchütterungen seien auch für die Sieger nicht minder schwer als -für uns. Zwinge uns Spaa zum Bolschewismus, fo breche das Unheil auch über den Sieger herein. Er verlange Unterstützung der Ausländsdeutschen, die ihr Vermögen im Ausland verloren hatten und jetzt dorthin zurückkehren wollten, desgleichen der Staatenlosen und der noch in Feindeshand be
findlichen Kriegsgefangenen. Fn den besetzten Gebieten im Westen fowie in Ost- und Westpreußen solle gegen die Schikanierung der deutschen Einwohner Protest erhoben werden. Er schloß mit dem Ausdruck des Vertrauens.
Abg. Schiffer (D.naU.Vp.)
erklärt,' er wolle sich nicht zu sehr in Partcipolitik einlassen. Das Volk habe diese Auslassungen satt. Seine Partei habe im Wahlkamvf die schwerste Einbuße erlitten. Sie habe das verstanden uno sich zur Zurückziehung aus der Regierung entschlossen. Wen» sie sich schließlich doch zum Eintritt in die
Regierung schlüssig gemacht habe, so habe sie sich von vater
ländischer Pflicht leiten lassen. Das sei auch beim Zentrum der Fall gewesen. Der Sozialdemokratie müsse er aber Vorwürfe machen, wenngleich er andererseits anerkenne, daß sie wenigstens Gewehr bei Fuß dastehe. Daß gegen die Deutschnationalen sowohl im Innern Deutschlands wie auch im Ausland ein gewisses Mißtrauen herrsche, sei wohl erklärlich. Das sei auch der Grund, weshalb ein Zusammenarbeiten mit ihnen nicht möglich gewesen sei. Redner gab der Hoffnung Ausdruck, daß das neue Kabinett von Dauer- sein werde. Unsere auswärtige Politik dürfe nicht unter der inneren leide». Große Töne würden wir in Spaa nicht anschlagen, auch nicht kriechen. Gingen dis Forderungen über das Mas; des Möglichen hinaus, müßten wir eben nein sagen. Die Hebung der Industrie und des Handels sei die zweite Forderung. Dazu komme die Aufhebung der Zwangswirtschaft, die allmählich erfolgen müsse. Die Kriegsycsellschaften müßten verschwinden. Er schloß mii dem Ausdruck des Vertrauens zur Regieruug.
Abg. Dr. Heim (B.B,)
verlangt eine Bilanz der unverfälschten Wahrheit und der Tat snchen für diejenigen, die nach Spaa gehen. Uns lege man nur Lasten aus, die uns wirtschastlich ruinierten. Zur Hebung
men werden. Frankreich vergesse, daß es uns nicht unter
Druck Hallen könne, ohne sich selbst zu drucken. Er glaube daß eine Interessen mmeinschast zwischen Deutschland und Frankreich allein den Widerspruch lösen könne. Der Redner stellt
ferner fest, daß die Landwirtschaft an den teuren Obstpreinm
nicht schuld sei, sondern der Zwischenhandel. Er warne vor Erhöhung der G.treideprme. Wir sollten Getr.ide nicht im Westen, sondern im Osten kaufen, wo die Valuta zu unseren Gunsten laute. Er bitte ferner, dar steuerfreie Eiukommcnsmi-
nimum zu erhöhen und warne vor der zu großen Zentrnli- fierung, dis den ganzen Betrieb unnütz vcrtciire. Zum Schluß bittet der Redner die Parteien, sich zu gemeinsamer Arbeit zusammcnznsinden.
Präsident Lobe teilt sodann mit, daß ein Aul an der Unabhängigen Aderhelsen u. Gen. ro lieg-, wonach die Regi r ug nicht oas Vertraue» des Reichstags besitzt.
Nächste Sitzung Donnerstag nachmittag I Uhr.
Kleine Nachrichten.
Berlin, 1. Juls. Dem „Berl. Lokalanzeiger"" wird aus Wilhelmshaven mitgetcilt, daß der Kreuzer „Königsberg" laut Versailler Vertrag anfangs Juli an Frank- j reich abzuliefern ist.
f Wien, 1. Juli. In der auf dem Parteitag der i groß-deutschen Partei Stcicrinarks gefaßten Entschließung « ist besonders bemerkenswert, eine scharfe Verwahrung t gegen eine habsburgische Reaktion, von der gesagt wird, j daß sie unter allen Umständen zu verhindern sei, auch ' wenn sie sich auf fremde Bajonette stutzen wurde. Der , Abg. Kraft lenkte die Aufmerksamkeit ans die habsbnrgi- j scheu Umtriebe.
! Paris, 1. Juli. Die interalliierte Oberkommissivu I in Koblenz beschloß, dem Regierungspräsidenten der
Pfalz, v. Winterstein, die Rückkehr in die Pfalz als einfacher Privatmann zu gestatten, jedoch sei ihm untersagt worden, im Bezirk von Speyer Wohnung zu nehmen und er müsse die Verpflichtung übernehmen, daß er sich an keiner Bewegung beteiligen werde, die die öffentliche Ordnung stören könnte.
Paris, 1. Juli. Die englische Regierung hat zur Konferenz von Spaa den Chef der englischen Militär- Mission in Berlin, Gnier.lmajor Malcoln, sowie den englischen Vertreter in der interalliierten Koiitrollkom- inission, General Bingham, und auch den Kommandanten der englischen Truppen in Ostpreußen, Generalleutnant. Hakin, berufen.
Paris, 1. Juli. Wie der Londoner Korrespondent des „Temps" mitteilt, wünscht die Sowjetregicrnng Krassin nur als wirtschaftlichen Unterhändler in London zu belassen, jedoch eine Reihe .weiterer Persönlichkeiten ans Moskau zu entsenden, um zu politischen Verhandlungen mit der Konferenz zu gelangen.
London, 1. Juli. Lord d'Abernon hat gestern nachmittag London verlassen, um sich nach Berlin zu begeben.
Stockholm, 1. Juli. (Havas.) Der Reichstag wird am Freitag in geheimer Sitzung die Aalandsfrage behandeln.
Wladiwostok, 1. Juli. (Havas.) Ein japanisches Transportschiff hat Nuolajewsr mit 600 russischen, englischen, amerikanischen und französischen Flüchtlingen mit Bestimmung Japan verlassen.
Berlin, 1. Juli. Ter neuernannte französische Bo'k^ schafter Laurent ist heute in Berlin eingetroffen und' auf dem Bahnhof Friedrichstraße von den Herren der Botschaft empfangen worden.
Düsseldorf, 1. Juli. Ter Streik der städtischen Ar-t beiter, der über 14 Tage dauerte, ist beendet- s
Schleswig, 1. Juli. ' Am 2. Juli trifft der Grenzkommissar für Schleswig, Oberst Graf Schwerin, alA stimmberechtigtes Mitglied des internationalen Grenz- regelnngsausschnsses für Schleswig mit dem Hauptmann im Generalstab, Gaedeke nnd Kapitänleutnant von Nord eck zu Verhandlungen gemäß Artikel 111 des Friedensvertrags in Kopenhagen ein.
Kopenhagen, 1. Juli. Heute treffen in Kopenhagen die Ententemitglieder für die internationale Kommission ein, die die endgültige Grenze zwischen Dänemark und Deutschland ziehen soll.
Paris, l. Juli. Teschanel präsidierte gestern vormittag den Ministervat, der von Millerand über die Fragen, die in Spaa zur Frage kommen, unterrichtet worden ist.
London, 1. Juli. Das Hauptpolizeibureau im Norden der Stadt Cork wurde heute abend durch eine Bombe teilweise zerstört.
Amsterdam, 1. Juli. Wie der „Telegraaf" aus London meldet, wird Krassin nach Moskau abreisen, um sich von der Räteregiernng neue Weisungen einznholen.
Fußball.
Städteligaspiel Karlsruhe — Stuttgart.
Am Samstag. 3. Juli, abends Vs7 Uhr, findet auf dem Kickcrssportplatz in St' ttgart das Städteligaspiel Karlsruhe ge« gen Stuttgart statt. Das Vorspiel in Karlsruhe gewann die Stuttgarter Mamsscha't nach sckönem Spiel mit 2:1 Toren, doch hat sich Karlsruhe sehr gerüstet, um das Rückspiel siegreich zu bestehen.
Württemberg.
Stuttgart, 1. Juli. (Vom Landtag.) Wie wir erfahren, nimmt der Landtag am Mittwoch, den 7. Juli, nachmittags 4 Uhr seine Vollsitzungen wieder auf. Die Tagesordnung ist sehr reichhaltig. Neben einem Bericht des Legitimationsausschusses wird das Staatsministerium eine Erklärung abgeben. Dann folgen vor allem die großen Anfragen wegen der Lebensmittelteuerung, der Wirtschaftskrise, den Zwischenfällen im Lande usw.
Stuttgart, 1. Juli. (Reise des Staatspräsidenten.) Wie verlautet, wird Staatspräsident Dr. Hieb er noch in dieser Woche zu einer Besprechung mit dem Reichskanzler nach Berlin reisen.
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komnn von Ericb Eben stein, l 2) (Nachdruck verboten.)
Sie wußte es nicht. Vor einem halben Jahr hatte sie «uf Befehl des Erbprinzen die ihr bis dahin durchaus sympathische Hofdame plötzlich kaltgestellt. Wenige Wochen später forderte der Erbprinz, daß die Lampelius ohne Angabe von Gründen beurlaubt werde, was selbstverständlich die Bitte um Entlassung zur Folge hatte. „Die Entlassung ist sofort »u gewähren," entschied der Erbprinz. Als seine Gemahlin ihn fragte, was ihre Hofdame denn eigentlich verbrochen habe, antwortete er in der ihm eigenen gereizten Weise: „Traurig genug, daß du es nicht selbst bemerktest, meine Liebe! Sie hat Egon den Kopf verdreht und ist ehrgeizig genug, um es auf eine Heirat anzulegen! Wie — davon hattest du wirklich keine Ahnung? Nun, da sieht man es wieder einmal . . . Gott mag wissen, wo deine Gedanken eigentlich immer herumspazieren. Jedenfalls nicht auf dem Boden der Wirklichkeit wie die anderer Leute!"
Dazu hatte die Erbprinzessin geschwiegen. Sie schwieg immer, wenn er persönliche Ausfälle machte. Und ihre Gedanken? Nein, die waren wirklich nicht bki Hosklatschereien. Die gehörten immerund ausschließlich nur ihrem armen kleinen Knaben, dessen zarte Gesundheit ihr beständig Sorgen machte.
? z Aber davon wußte Joachim Friedrich nichts . . .
* Lore Lampelius saß immer noch mit tiefgesenktem Kopse da, als ginge sie die ganze Feierlichkeit nichts an. Ein einziges Mal während der Zeremonie hatte sie anfgeblickt. Halb unbewußt, halb magnetisch angezogen durch den Blick eines ändern Augenpaares, das sich auf sie richtete, gerade während der Hofprediger von der Wundermacht selbstlos treuer Liebe sprach ....
Das Augenpaar gehörte dem Adjutanten Prinz Egons, Rittmeister v. Breda. Sekundenlang tauchten die Blicke beider ineinander, dann senkten sich Lore Lampelius' Wimpern rasch, wie erschrocken, während ein feiner Rosenhauch ihre Wangen übep -g.
Hinter ihr stand ihre Mutter, die Frau verwitwete Generalleutnant, und runzelte ärgerlich die Stirn. Was siel diesem Breda nur ein, Lore so anzustarren! Wenn es jemand bemerkte . . . und überhaupt ... sie fixierte ihn streng, beinahe drohend.
Aber der junge Offizier bemerkte es offenbar gar nicht. Sein blonder Siegfriedskopf war wieder dem Altar zugewandt, und die sonnigen Braunaugen ruhten in ungewohntem Ernst auf dem jungen Fürstenpaar.
Die Musik am Chor verstummte, die Zeremonie war vorüber. Ein diskretes Rascheln seidener Schleppen, leises Flüstern da und dort, wo die Kavaliere ihren Damen den Arm boten. Der HochzeitSzug schickte sich an, die Kapelle zu verlassen, um nkch dem herzoglichen Schloß Rottegg zu fahren, wo vor der Abreise des jungen Paares noch das Diner eingenommen werden sollte.
Prinzessin Mageloue warf, als sie ihre Hand' auf den dargebotenen Arm des Gatten legt, einen strahlenden Blick nach links, wo ihre Eltern und ihr Onkel, Graf Zandern, mit seinen Töchtern Clo und Tinti standen. Alle nickten ihr ireundlic) zu. Mageloue wußte: die fühlten ihr Glück mit ihr!
Aber wie unbeschreiblich groß und süß dieses Glück war, konnten sie doch nicht wissen!
Magelone dachte zurück an jenen herrlichen Frühlingstag vor zwei Monaten, wo sie im Park von Heidhausen den Dorfkindern ein kleines Fest gegeben und eben so recht
närrisch — selbst noch ein halbes Kind trotz ihrer 19 Jahre — mit den Kindern herumgeiollt hatte. Clo und Tinti waren auch mit dabei gewesen. Und Miß Gwendoline, Magelones Gesellschafterin, hatte sich eben bemüht, ihrer „unstandesgeinäßen" Fröhlichkeit einen Dämpfer aufzusetzen, als Bert- lew, der Haushofmeister, erschien und sie zu den Eltern be- schied. Besuch sei gekommen. Fürst Egon von Rotthausen- Sollenstciii aus Deutschland. Die Herren seien im großen Salon, aber Ihre Durchlaucht, die Frau Prinzessin, erwarte Prinzessin Magelone in ihrem Boudoir.
Egon von Rotthansen? Magelone wechselte einen Blick mit den Cousinen, dann brachen alle drei in verschmitztes Gekicher aus. '
„Paß auf, jetzt wird's ernst!" siüsterte ihr Clo zu. Aber Magelone lachte: „I wo! Das bildet ihr euch überhaupt nur ein!"
„Nein! Wir haben es doch selbst gehört wie es Tante Ed- da zu Papa sagte, daß er dein Zukünftiger sei!" beharrten bcioe Mädchen.
Tie Engländerin drängte. „Gehen Sie, Durchlaucht.
Die Frau Prinzessin ist nicht gewohnt zu warten!"
Da stürzte Magelone, hochrot vor Erregung, und verwirrt davon.
Damals liebte sie ihn noch nicht, wußte gar nicht, was Liebe sei. Zweimal erst hatte sie ihn gesprochen; es kam. ihr unmöglich, ja lächerlich vor, daß er darauf hin um sie werben sollte.
Und dann war es doch so! In ruhigen, kurzen Worten teilte ihre Mutter es ihr mit. Zugleich auch, daß es längst ^ zwischen beiden Familien verabredet gewesen und die Eltern e nun bereits ihre Einwilligung gegeben hatten.
„Er mißfällt dir doch nicht, mein Kind?" fragte die !