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Nummer 137

Fernruf 179.

Miläbsä, vonnerslug, äen 17. 'juni 1920.

Fernruf 179.

54. Islirgemg

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Weitere Versuche zur Lösung der , Regierungskrise.

Verhandlungen mit der Sozialdemokratie

.Wegen der Neubildung des Kabinetts setzte sich der Zentrumsabgeordnete T r i m b v r n. zunächst mit den Unterhändlern der Sozialdemokrat'?,.ller und Lobe, in Verbindung und fragte sie, wie derVorwärts" berichtet, ob sie einer nach rechts.erweiterten Koalition beitretest könnten, wenn das Zentrum darin die Führung übernähme. Nach der Verneinung wandte er sich einer zweiten Möglichkeit zu: Fortführung der alten Koali­tion, die mit Einschluß der Bayerischen Volkspartei 243 Mandate umfassen würde. Löbe erwiderte, daß die foz. Fraktion auch hieran wicht tcilnehnien könne. Müller fügte hinzu, daß eine von so geringer Mehrheit getragene Regierung nicht mit der nötigen Autorität nach Spa. gehen könne. Daraus brachte. Trimborn eine dritte Mög­lichkeit zur Sprache: einen Block der Mitte, der aus Demokraten, Zentrum und Volkspariei bestehen würde. Zwar könne dieser nur 188 Abgeordnete aufweisen, aber vielleicht auf wohlwollende Neutralität der Nachbarpar­teien, besonders der Sozialdemokratie, rechnen. Tie So­zialdemokratie, die doch auch die Herstellung eines regie­rringsfähigen Kabinetts römische, dürfe enm solche Bil­dung nicht schroff ablehnen, sondern müsse die Verbindung mit der Vergangenheit und der Zukunft aufrecht erhalten. Sie könne ja unter Umständen einen Fachmiuister als Sicherheitswache im Kabinett zurücklassen. Ein allen ge­nehmer Reichskanzler sei vielleicht in Fehrenbach zu gewinnen. Besondexs hervortretende Vertreter des Groß­kapitals und des Altdeutschtums würden in einein solchen Kabinett nicht enthalten sein. Ta die sozialdemokratische Fraktion zu einer solchen Koalition noch nicht Stellung genommen hatte, mußten ihre Vertreter, wie derVor-, wärts" wxiter berichtet, ihre Stellungnahme bis nach erneuter Rücksprache mit ihren Auftraggebern vertagen. Müller hat aber im voraus versichert, daß eine solche Regierung von der foz. Fraktion nach ilwen Taten be­urteilt unp jeder Versuch, eine auswärtige Politik nach dem Rezept der Deutschen Volkspartei Zu treiben, aufs schärfste bekämpft werden müsse.

DerVorwärts" überschreibt seinen Bericht:Keine Aussicht auf Lösung" und sagt: Auch der weiter ab­liegende .Plan, die Koalition aller bürgerlichen Parteien noch einmal in Erwägung zu nehmen, wird kaum größere Aussicht auf Erfolg haben.

TieGermania" betrachtet cs als gewiß, daß die Ablehnung.der MehrheitsfoLaliiten gegenüber der alten Koalitionspolitik keine grundsätzliche, sondern nur als eine vorübergehende zu betrachten ist. Das Parteiverhältnis im neuen Reichstag ist so, daß ohne Zuziehung einer Nachbarpartei zur Mitte keine dauerhafte Koa­lition zustande kommen kann. Darum muß man sagen, es ist eine überaus schwierige und undankbare Aufgabe, die Staatssekretär a. T. Trimborn aus den Händen des Reichspräsidenten entgegengenommen hat, indem er sich bereit erklärte, nun deinerseits den Versuch einer Regierungsbildung zu machen. Ter halbamtliche Bericht darüber bringt das auch mit aller Deutlichkeit zum Aus­druck, indem' er sagt, der Reichspräsident habe Herrn Trimborn unter Hinweis ans den Ernst der Lage um

. Uebernahme der Kabinettsbildung ersucht. Es kann natür­lich nicht unsere Aufgabe sein, die Wege, die dabei noch möglich sind, zu erörtern. Tie Verhandlungen sind zur Stunde in vollem Gange, und diesen wollen wir nicht vorgreifen. Es muß doch schließlich eine Regierung zu­stande gebracht werden, und Drimborns Ausgabe möchten wir nicht zuletzt darin exvlicken, dieser Ueberzeugung vor einer ausreichenden Zahl von Parteiführern zum Durchbruch und zur praktischen Auswirkung zu verhelfen.

Hcinze nnd Trimborn.

Die Deutsche VolksPartei hat Tr. Heinzes Stellung­nahme zur Regierungsbildung gebilligt. Er machte dabei Mitteilung von der kurzen Unterredung, dw er mit TrimDorn gehabt hat. Die Fraktion ermächtigte ihn zu weiteren -Verhandlungen mit dem Zentrumsvorsitzenden unter Hinzuziehung einiger hervorragender Mitglieder der Deutschen VolksPartei.

Tic Haltung der Dentschlratt-inalen. i

Am Montag nachmittag tagte im Reichstag die deutsch nr.'-.'.Me Fraktion, hie. Dr H e l s f e r i ch zum Vorsitzen^.

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den ernannt haben soll. Es wurden alle Möglichkeiten durchgesprochen, die die Fraktion veranlassen könnten, Stellung zu nehmen. Der Standpunkt der Fraktion ist unverändert. Sie ist zur Mitarbeit bereit, da sie den Standpunkt vertritt, daß unsere gegenwärtige außen- und innerpolitische Lage eine starke Regierung erfordert. Trimborn ist bis jetzt noch nicht an sie herangetreten.

Die Regierungskrise noch ungeklärt.

Erklärung der demokratischen Partei.

. Nach der Besprechung mit Tr: Trimborn begab sich Dr. Petersen zum Reichspräsidenten Ebert, um ihm in einer längeren Unterredung das Regiernngspro- gramm der Demokraten zu erläutern, und ihn über die Verhandlungen mit Tr. Trimborn zu unterrichten. Abends fand beim preußischen Verkehrsminister Oeser.eine Kon­ferenz sämtlicher demokratischen Minister, soweit sie in. Berlin anwesend sind, statt, um die gegenwärtige Lage zu besprechen.

Die Bedingungen .der demokratischen Partei zur Beteiligung an der Regierung sind:Vorbehaltlose, un­bedingte Anerkennung der Weimarer Verfassung, Ableh­nung und Bekämpfung jeder monarchistischen Werbung. Bekämpfung jedes Versuches einer Klassenherrschaft oder Schäftung won Vorrechten für eine Klasse, eine Politik der Versöhnung und des Ausgleichs auf politischem, sozialem und kulturellem Gebiet, Ablehnung jedes Klassen- und Rassenhasses, auch des Antisemitismus, Besetzung der Aemter ohne parteipolitische Rücksicht niit Personen, die in Wort und Tat sich: ans den Boden der Verfassung stellen und gewillt sind, in ihrer amtlichen Tätigkeit die Regierung .rückhaltlos zu unterstützen, die aber gleich­zeitig nach ihrer Art und Vorbildung das Amt aus ü (jüllcn geeignet sind."

Anerbieten der Deutschnationalen. .

Die Lage hat sich, wie derLokalanzeiger" schreibt, He­stern durch die Fühlungnahme zwischen den Parteifüh­rern etivas geklärt, wenngleich noch nicht vorausznsehen ist, wie sich die neue Regierung gestalten wird. Eine Koalition aus allen bürgerlichen Parteien hat nicht mehr viel -Wahrscheinlichkeit. Daß Trimborn sie auch nicht beabsichtigt hatte, geht daraus hervor, daß seine Besprechungen mit den deutschnationalen Führern H ergt und Schulz nur aufklärenden Charakter hatte. Die lDeutschnationalen gaben dabei ihrer Bereitwilligkeit Mitarbeit deutlich Ausdruck.

Zu der Erklärung Dr. Petersens wird deinLokalan­zeiger" von angeblich hervorragender volksparteilicher Seite mitgeteilt,' daß das, was Dr. Petersen ausführe, von der Teirtschen VolksPartei schon zu Beginn der Krise gefordert, wurde. Wenn man die Erklärung lese, habe inan die Empfindung, daß auf die Reichskanzlerschaft Schissers hingearbeitet werde. Die Deutsche Volkspartei könne unter keinen Umständen, dulden, daß die kleinste Partei im Reichstag den Kanzler stelle. Ueber die Kanz­lerschaft eines Zentrümsmannes lasse sich reden. Das Zentrum sei die stärkste bürgerliche Partei, stehe, in der Mitte und habe ein Recht, für sich die Kanzlerschaft in Anspruch zu nehmen. Mit der Person Fehrenbach sei die Deutsche VolksPartei einverstanden.

Wie dasBerk. Tageblatt" von gut unterrichteter Seite hört, ist man in' den Kreisen der Fraktion der Deutschen Volkspartei überzeugt, daß die programmatische Erklärung der Deutsch demokratischen Partei in der Tat eine annehmbare Grundlage für eine Regierung Hilden kann. Die Deutsche VolksPartei wird von ihrem mo­narchistischen Standpunkt nicht abgehen wollen, aber vor­aussichtlich erklären, daß sie es als keinen unbedingten Widerspruch zu ihren: Bekenntnis über die Weimarer Verfassung sehe und sie werde zur Begründung dieser ihrer Haltung, die vor allen Dingen Gefühlsregungen entspricht, n. a. ans den Republikaner Scheidemann Hin­weisen, der trotz seiner sozialistischen Grundanschauung sich im Herbst 1918 nicht geweigert habe, unter Wil­helm II. in das Kabinett einzutreten. Im übrigen würde die Deutsche VolksPartei lstber sehen, wenn das Zentrum statt der Demokratischen Partei die Kabinettsbildung übernehmen würde. Die Deutsch demokratische Partei selbst hat keine Meigung. ^ die Kabinettsbildung , zu über­nehmen. M '

Stimmen der Berliner Presse.

Zu der Erklärung des Vorsitzenden.der Deutsch demo­kratischen Partei, in der die Bereitschaft der letzteren erklärt wird, an der Bildung eines Kabinetts teilzuneh­men ohne vorherige Bildung einer Parteikoalition sagt derVorwärts": Die Erklärung ist nicht ablehnend, aber ausweichend. Die Frage der Regierungsbildung ist durch sie nicht viel weiter gekommen. Man hofft vom heutigen Tag eine Klärung.

DieVossische Zeitung" meint, daß der Erklärung ohne Zweifel die weitesten Kreisen zustimmen würden. Sie stelle sich auf den einzigen richtigen Standpunkt, daß es Sache des, vom Reichspräsidenten berufenen Reichskanzlers sein müsse, auf Grund eines sachlichen Programms sich die geeigneten Mitarbeiter zu suchen. Die selbstverständliche Voraussetzung sei das Bekenntnis zur Bertasningsgrundlage des Staatswesens und zu einer Politik, des Ausbaues .und der Versöhnung.

DemBerl. Lokalanzeiger" zufolge hat sich die Lage etwas geklärt.

Tie Aussprache des Zentrums, die gestern vormittag stattfand, wurde derGermania"" zufolge noch nicht beendet- Sie soll heute nachmittag fortgesetzt werden. Das Zentrumsblatt meint, alles sei noch vollkommen in der- Schwebe. Auch die Deutsche Volkspartei-hätte den Versuch machen können, dem sich Trimborn unterziehe, eine Regierung ohne Sozialdemokraten zustande zu brin- gcni Man müsse sogar sagen, sie wäre die nächste dazu gewesen. Nur das Zentrum mache von dem Parteiegois­mus der Stunde wieder eine rühmliche Ausnahme. Es mühe sich ehrlich ab, dem Vaterland die unbedingt er­forderliche Regierung zu geben. Trimborn bemühe sich darüber hinaus, wenigstens eine durch Duldsamkeit halt­bare Regierung zustande zu bringen, erfülle also eine Pflicht, die in erster Linie der siegreichen Oppositon der Rechten hätte auserlegt werden müssen.

Das Korrespondenzblatt dies Allgemeinen deutschen Ge­werkschaftsbundes äußert sich zur Kabinettskrise: Wird eine Koalition der Linken durch die Enthaltung der Unabhängigen unmöglich, dann ist die Aufrechterhaltung der bisherigen Koalition der Sozialdemokraten und des Zentrums die beste Lösung der Krise. Sollen wir der Reaktion in den Steigbügel helfen? Die Sozialdemo­kraten werden sich hoffentlich mich über den Wahlkampf hinaus die volle Verantwortung bewahrt haben, die dazu nicht die Hand bietet- Sie kann diese Verantwortung nicht auf andere abwälzen und sich hinter die Unverantwort-, lichkeit anderer verstecken. Wenn die Republik in ihrer Sicherheit bedroht ist, so muß sie als die stärkste Partei in die Presche treten, nicht um der Partei, sondern um des Volks und des Vaterlands willen.

Neues vom Tage.

Tagurtg der deutschen Gastwirte.

H Frankfurt, 16. Juni. Der 45. deutsche Gastwirte­tag wurde acstern hier im Palmengarten eröffnet. Der Verband zählt setzt 51310 Mitglieder. Die nächste Ta- gunng wird 1921 in Hamburg stattfindet.

112 Sozialdemokraten.

Berlin, 15. Juni. Es fleht nunmehr fest, daß die sozildemokralische Ncichsiagsfrakrion aus 112 Mitgliedern besteht. Auch der Genosse Hoch, der bisher als durch-, gefallen galt, ist in Hessen-Nassau gewählt.

Gegen Ausartungen in der Reichswehr.

Berlin, 15. Juni. Ter Reichspräsident hat auf Grund des Artikels 48 der Reichsverfassung, der ihm bis zum Erlaß von Reichsgesetzen freie Hand hinsichtlich der Maß­nahme gegen die Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung gibt, eine sehr scharfe Verordnung erlassen. Sic bezweckt die Sicherung der Reichswehr gegen unbe­fugte Beeinflussung und aus der anderen Seite die Un­terdrückung der Lstldnug militaristischer Verbände ohne Genehmigung der zuständigen Dienststellen. In 8 1 der Verordnung heitzt cs: Wer frühere oder derzeitige Truppen der Reichswehr und der Marine, der Frei­korps oder einer militärischen Formation der Sicher­heitspolizei oder anderer Wehren zu Ungehorsam mit vereinten Kräften oder zu gemeinsamem Protest gegen Anordnungen der zuständigen Dienststellen, insbesondere gegen Anordnungen über Auflösung, Verringerung oder Unigliederung der bestehenden Verbände anfsvrdert, wird mit Zuchthaus bis zp 5 Jahren, hei Vorliegen nnl-.