Aus öer kjeimut.
Wildbad, den 14. Juni 1920.
Sitzung des Gemeinderats am 3. Juni 1920. Anwesend StudtsHultyeißBätzner und 12Gemeinderäte. (Forts.) DerVorsisirnde benrerkt hiezu: das Finanzministerium übergehe die T.ckfawc, daß der Gemeinderat im Jahre 1870 und 1877> die Evffwmlg der Kurtaxe der Badverwaltung nur in stets wi d-rrr nfiich er Weise überlassen und sogar für den Fat: der Zurücknahme der Kurtaxe an die Stadt im Bckckuffck vom 6. Mai 1875 nähere Bestimmungen getroffen xabe, Die seitherige Mitwirkung der Stadt bei Erhebung de' Kurtaxe werde ebenso völlig außer acht gelassen. Im B"-':ck-t der Bau- und Bergdirektion an das Finanzministerium vom 21. Mai 1920 werde verschwiegen, daß die Stadt ff.s 17-05 die Nachlässe und Ermäßigungen der Kurtaxe an Kurgäste besorgt habe, daß Aenderungen an der Kur are bisher nur unter Mitwirkung und mit Zustchmiuna der Stadlgemeinde, so 1870, 1875, 1883 und 1910 erfolge Pck, daß die Stadt bezw. der Stadtvorstand bei der Fiff-ffchung der Konzertzeiten der aus Kurtaxmitteln bezahlten Kurkapetle bis heute mitgewirkt hat, was als ein Aus un des Nechts der Stadt auf die Kurtaxe zweifellos anzusehrn ist und daß der Badverwaltung die Erhebung der Kurtaxe ohne die von der Stadt mit der Kurliste zu liefernden Unterlagen im bisherigen Umfange gar nicht 'möglich ist. Auf die Beschwerde des Gemeinderats über die rücksichtslose, in die jetzige Zeit nicht mehr passende Behandlung der Stadtgemeinde, des Gemeinderats, der Aerzte und Kurinteressenten sei das Finanzministerium gar nicht eingegangen. Bei der sich einsetzenden Debatte wird auf die großen Schädigungen hingewiesen, welche durch die abnorme Erhöhung der Kurtaxe und der Bäderpreise namentlich den kleinen Zimmervermietern zugefügt werde, deren ff,immer bis jetzt meistens leer stehen. Die großen Hotels seien wohl besucht, aber auch nicht in befriedigendem Maße. 'Den minder- und mittelbemittelten Kreisen sei jetzt der Besuch unseres Bades unmöglich gemacht. Einige Gemeinderäte wünschen ein schärferes Vorgehen gegen die Badverwaltung. Geradelt wird auch, daß der Erlaß des Finanzministeriums im hiesigen Lokalblatt und im Enztäler veröffentlicht worden sei, ehe er bei der Stadtgemeinde eingetroffen war. Der Vorsitzende bemerkt hiezu, daß man derartige Unfreundlichkeiten nachgerade gewöhnt sei. So sei im neuesten Badprospekt der Badverwaltung die Stadtgemeinde völlig totgeschwiegen worden. In dem 36 Seiten großen Prospekt gebe es in Wildbad nur eine Behörde, nämlich die Badverwaltung. Die Stadt könne sich zwar mit den hiesigen Aerzten trösten, die auch totgeschwiegen seien. Jur früheren Prospekt seien sie aufgeführt, im neuesten nur auf einem eingelegten Blättchen an unmerklicher Stelle. — Schließlich beschließt der Gemeinderat einstimmig, auf dem Recht zur Erhebung der Kurtaxe, derer, Einzug der Badverwaltung nur in stets widerruf- ' sicher Welle überlassen wurde, zu beharren, die Frage auf dein Rechtswege zum Austrag zu bringen und die Rechtsanwälte Haußmann und Heusel in Stuttgart mit Einlegung der Mchisbeschwerde an den Perwaltungsgerichtshof bezw. der Vewaltungsrechtsklage an die Kreisregierung in 'Reutlingen als Verwaltungsgerichts 1. Instanz zu beauftragen. Um eine weitere Schädigung der Badestadt und der hiesigen Zimmervermieter möglichst zu verhindern, wird zugleich angeordnet, daß bis zur Entscheidung des Rechtsstreits die Mitwirkung der Stadt bei Erhebung der Kurtaxe eiuzustetten und dies der Badverwaltung mit dem Anfügen mitzuteilen sei, daß bis dahin eine öffentlich rechtliche Verpflichtung der Kurgäste zur Bezahlung der Kurtaxe nicht mehr bestehe und daß insbesondere alle Lustkurgäste von der Bezahlung der Kurtaxe völlig befreit seien. Der Vorsitzende bemerkt noch, daß wenn der öffentlich rechtliche Charakter der hies. Kurtaxe, wie das Finanzministerium behauptet, beseitigt sei, dann die Schranke für die Entwicklung Wildbads als Luftkurort falle. Seien die Lustkurgäste künftig von der Kurtaxe bestell, so sei zu hoffen, daß der Zuzug solcher wieder stärker einsetze. Auch ein Teil der übrigen Kurgäste könne unter den von der Badverwaltung jetzt geschaffenen Zuständen zur Kurtaxe
nicht ohne Weiteres herangezogen werden. Eine Verpflichtung der Gasthofbesitzer' und der gimmervermieter zur Mitwirkung beim Einzug der Kurtaxe- zur An- und Abmeldung der Fremden bei der Badverwaltung oder auch nur zur Auskunftserteilung an diese über Ankunst und Abreise der Gäste bestehe nicht. Sie seien nur, wie bisher, zur polizeilichen Anmeldung beim Stadtschultheißenamt verpflichtet. Was die Frage der Erhöhung der Badgebühren für die Wildbader Bürger anbelangt, so beschließt der Gemeinderat, die Vertreter der Stadtgemeinde Rechtsanwälte Haußmann und Heusei zu ermächtigen, die Klage auf Wiederherstellung des freien Badrechts der Wildbader Bürger im ordentlichen Rechtsweg sofort einzureichen. Zum Schluß werden noch versch. kleinere Gegenstände erledigt.
Unglücksfälle. Am Samstag Nachmittag wurde der in Cannstatt in Diensten stehende Sohn des Wilhelm Simon von einem Langholzfuhrwerk in Münster bei Cannstatt überfahren und trug dabei tödliche Verletzungen davon. — Am Sonntag Nachmittag drohte in der Wohnung des Schreinermeister Pfau hier ein Zimmerbrand auszubrechen, doch konnte er noch bevor größerer Schaden entstand gelöscht werden.
Spielplan des Landeskurtheaters vom 14.— IS. Juni.
Montag, 14. Juni Dienstag, 15. Juni Mittwoch, 16. Juni Donnerstag, 17. Juni Freitag, 18. Juni Samstag, 19. Juni
Niobe Fünf Frankfurter Schwarzwaldmädel Pose von Stambul Frühlingslust Verlorene Tochter.
Letzte Nachrichten.
, ' Hassel schwer erkrankt.
Rom, 13. Juni. Ter Nachfolger des vor kurzem verstorbenen deutschen Geschäftsträgers in Nom v. Herff, der neu ernannte Legätionsrat v. Hassel, ist ebenfalls schwer erkrankt.
Berlin, 13. Inn. Der Anschluß Koburgs au Bayern wird am 1. Juli vollzogen werden. — Jur Zwickau-Lugau-Oelnitzer Kohlengebiet ist eine sehr erhebliche Abnahme der Kohlenförderung zu verzeichnen. Tie ) Betriebsräte haben sich mit der Wiedereinführung der ' achten Ueberstunde einverstanden erklärt.
Berlin, 13. Juni. Gestern haben die in Berlin ausständigen Friseur- und Barbiergehilfen die Arbeit wieder ausgenommen. . ^ ,
Wieder die Franzosen.
Gleiwitz, 13. Juni. Als sich gestern vormittag hier I mehrere Gymnasiasten lächelnd über die auffällige Uni- : form eines schottischen Soldaten unterhielten, stachen, f dem „Oberschlesischen Wanderer" zufolge, französische Soldaten mit Seitengewehren auf die Schüler ein, von I denen drei schwer verletzt wurden. Tie Erregung der Bevölkerung ist ungeheuer.
V Geiselmordprszcß.
München, 13. Juni. Im dritten Geiselmordprozeß wurde der Angeklagte Josef Walleshauser wegen fortgesetzten Verbrechens des Mords zum Tode und Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Lebensdauer, der zweite Angeklagte Rotter von der Anklage wegen Mords freigesprochen, dagegen wegen Beihilfe zum Hochverrat zu 7 Jahren Zuchthaus und 10 Jahren Ehrverlust verurteilt.
Die Italiener ans dem Rückzug.
Nom, 13. Juni. (Stesani.) Wie dem „Temps" ans Valona berichtet wird, schicken sich die italienischen Truppen an, das montenegrinische Gebiet zu,räumen.. Sie haben Antivari nnd Dulcigno bereits verlassen, lieber das Schicksal der Besatzung von Skutari ist man noch im Ungewissen.
Wood Präsidentschaftskandidat.
Chicago, 13. Juni. Der Konvent der rep nblika - Nische n Partei hat den General Wood, während des Kriegs Stabchef des amerikanischen Heers, als Kandidaten kür die Präsidentschaft aufaestellt.
d^.FLie Lief Vvirbotte» „Times"^"melden, urüsastt das j Wchlprogrckmm H>es rcpnblrkanischeü Könvimtsstllister der ! Mistbilligung der Bestimmungen °dsis Völkerbundsver- , trags u. ä. noch folgende Punkt: Freie Fahrt für i amerikanische Schiffe durch den Panama-Kanal, Aus- s fuhrverbot für amerikanische Kohle nach Kanada, falls ' dieses Land nicht seine Gesetze über die Wälder zu Guu- j sten der amerikanischen Papierinteressen abändert, Schutz der amerikanischen Interessen in Mexiko unter gleichzeitiger Verurteilung von WilsonS mexikanischer Politik. Tie Uebernahme des armenischen Mandats wird für unerwünscht erklärt. Ten Demokraten wird vorgeworfen, sie haben weder für den Krieg noch für den Frieden Vorbereitungen getroffen. Wilson wird des selbstherrlichen Auftretens beschuldigt und seine Amtsführung verurteilt.
Die argentinische Getreideausfuhr.
Buenos Aires, 13. Juni. Tie Kammer besteht darauf, daß der Ausfuhrzoll für Getreide auf 40 und für Niehl auf 50 Dollar angesetzt wird. — Tie diplomatischen Vertreter Englands, Italiens und Frankreichs sind beim Minister des Aeußern vorstellig geworden, damit die durch die Verbündeten vor dem Ausfuhrverbot gekauften Lebensmittel zu annehmbaren Bedingungen ansgeführt werden können.
Kairo, 13. Juni. (Havas.) Auf den Ministerpräsidenten Nessim Pascha wurde ein Bombenattentat verübt; er blieb unversehrt, dagegen wurden 3 andere Personen verletzt.
— Die badischen Zigarrenfabriken sind, wie die „Bad. Post" berichtet, am Ende ihrer Au'nahmesähig- keit in Rohtabaken angekommen. Ihre Läger sind überfüllt. Es könnten Rauchwarenfabrikake in Mengen hcrgestellt werden, wenn es nicht an Aufträgen fehlen würde. Tie Konsumenten halten, wie in allen anderen Artikeln, so auch hier, mit dem Kauf zurück. Mannheimer Zigarrenhandlungen haben ihre Verkaufspreise schon bis zu 40 Prozent ermäßigt, um den Absatz wieder zu beleben.
Wiblingen, 12. Juni. (Zeitgemä ß.) Tie in hiesiger Kaserne einguartierte badische Feldkolonne wird nach Söflingen verlegt in die frühere Ulanengarnison. Während in einem hiesigen Gnsthof eine Abschiedsfeier veranstaltet wurde, sind der Kolonne zwei wertvolle Pferde gestohlen worden.
Tie Bedingungen Ser Deutschen Bolksparter.
Berlin, 12. Juni. Die führenden Mitglieder der Deutschen Volkspartei (Nationalliberale) traten heute zusammen, um die Bedingungen der Deutschen Volkspartei für eine Teilnahme an der Regierungskoalition sestzu- setzen. Tie Deutsche Volkspartei fordert: Entpolitisierung des Auswärtigen Amts, nnd des R ei chs w i rt s ch a f tsmini steriu nrs, Stärkung der Rechte des R e i chs Wirt s ch a f ts r a't s, Auf hören der Aemterbesetzung nach der Parteizugehörigkeit und Beschränkung der Politischen B e a m t e n ste l lun g auf jene Verwaltungsstellen, die als unmittelb ar politisch anzusehen sind. In 'den Parteikreisen wird erklärt, daß die Fraktion für keinen von ihren eigenen führenden Politikern eine Mini- sterstelle fordere, was nicht ansschließe, daß sie Minister aus der Fraktion stelle, wenn es verlangt werden sollte und daß sie gegen Hermann Müller als Reichs- kauzler oder Minister des Auswärtigen unbedingten Wid erstand leisten würde.
Einberufung des Reichswirtschaftsrats.
Berlin, 12. Juni. Die Einberufung des vorläufigen Reickswirtschaftsrates ist, der „Voss. Ztg." zufolge, zum 30. Juni beschlossen worden.
Amsterdam, 12. Juni. Der Pariser Korrespondent der „Times" meldet: Tie Botschasterkonferenz hat den König von Belgien ersucht, als Schiedsrichter iu der Tescheucr Frage (der Streitfrage zwischen Polen und Tschechen) aufzutreten.
Lrotkurten-Abgabe.
Die Abgabe» der Brot-, Zucker- und Butterkarteu erfolgt am
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