WM ad er Tagblatt

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^L-M. Amtsblatt für Wildbad. Chronik UN- Anzeigenblatt '

für das obere Enztal.

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

Nummer 120

Miläbuä, kreitug, öen 28. Mai 1920.

54. )ukrgung

Die Ge chästsstockung.

l Das Merkmal der gegenwärtigen Wirtscha'tslage ist das plötzliche Nachlassen der Kauflust, die auffallende Zurückhaltung weiter Käuferschichten, Zum erstenmal seit Jahren übersteigt das Angebot die Nachfrage. Tie Folge davon ist, daß sich die Händlerschcht in einer ernst­haften Krisis befindet. In den Fabriken stapeln sich die . Waren auf, die Produktion gerät ins Stocken, Betriebs­einschränkungen, Arbeiterentlassungen, ja, sogar Still­legungen ganzer Fabriken und damit vermehrte Arbeits­losigkeit sind unvermeidlich.

Dieses Stocken des Absatzes ist keineswegs auf Deutsch­land allein beschränkt. Auch im Ausland ist das Kauf­fieber im ständigen Sinken begriffen. Tie gegenwärtige Wirtschaftskrisis ist eine Erscheinung, die sich auf alle Wirtschaftskreise erstreckt und der eine internationale Be­deutung zukommt, die wiederum, wie dieLeipz. N. Nachr." schreiben, im Grunde zurückzuführen ist auf den wirtschaftlichen Imperialismus, auf das Rin­gen namentlich der amerikanischen Volkswirtschaft um feinen stetig wachsenden Anteil an der Weltwirtschaft, Auf diesen wirtschaftlichen Imperialismus Amerikas ist auch, so seltsam das klingen mag, die durch Deutschlands wirtschaftspolitischen Verhältnisse noch keineswegs gerecht­fertigte Besserung n ns erer Mark im Ausland zurückzuführen. Amerika macht die gewaltigsten Anstren­gungen, den englischen und französischen Markt mit seinen industriellen Erzeugnissen zu erobern, und benutzt die Gunst des Augenblicks, um eine unbequeme deutsche Kon­kurrenz für eine möglichst lange Zeit unmöglich zu machen. Tie ganze Form unserer bisherigen Exportpolitik, die man alsAusverkauf Deutschlands" bezeichnet, war weiter nichts als eine künstliche Erhöhung unserer Wettbewerbs­fähigkeit, die von Amerika ebenso wie von England als wirtschaftliche Vergewaltigung empfunden wurde. Nun trägt der amerikanische wirtschaftliche Imperialismus nach außen hin die Züge einer Weltmission fürVölkerfrei­heit"; die Ausschaltung der deutschen Konkurrenz ließ sich also sehr wohl unter dem Deckmäntel der Menschenfreund­lichkeit erreichen, nämlich durch eine höhere Be­wertung der deutschen Mark. Dadurch wurden die ausländischen Käufer gezwungen, für die Bezahlung deutscher Rechnungen in deutscher Währung höhere Be­träge in ihren Landeswährungen auszuwenden, d. h. die deutschen Waren wurden im Ausland teurer und ver­loren an Wettbewerbsfähigkeit, und darauf kam es den .amerikanischen Wirtschaftspolitikern an. Hand in Hand damit geht die börsenmäßige Betätigung des amerikani­schen Großkapitals, die Spekulation der Milliardäre, die durch große Finanzoperationen die deutsche Valuta günstig 5u beeinflussen wissen, um auch dadurch der amerikanischen Industrie Kanäle für das Abströmen des Ueberflusses an Fertigwaren zu eröffnen und zu sichern. Haben doch gerade amerikanische Großbanken in Rieseninseraten zum Kauf deutscher Papiere aufgefordert, und es ist viel zu wenig beachtet worden, daß gerade Amerika ein starkes spekulatives Interesse für deutsche Stadtanleihen, Jndu- strieobligationen und Staatsrenten bekundet hat. Auch .England hat, um einen Truck auf Frankreich auszuüben, nach der Besetzung des Maingans durch die Franzosen deutsche Papiere gekauft, die französischen aber abge­stoßen. Die Folge war ein Steigen der deutschen Va­luta und ein Sinken des französischen Frank.

Begreiflich, daß der deutsche Käufer mit Spannung Pie Preisrückgänge auf den verschiedensten Warenmärkten verfolgt und daran allerhand Hoffnungen knüpft, da mit pcm Steigen der deutschen Valuta im Ausland ein Sinken per Preise eintreten müsse. Diese Folgerung ist nur in­soweit zutreffend, als sich im Verhältnis der steigenden Kaluta der Preis für die ausländischen Devisen >vie auch für die Waren senkte, die wir vom Ausland beziehen. Nun haben wir ja augenscheinlich den Höhe­punkt der Preissteigerungen überhaupt überwunden. Tie Frage ist nur, inwieweit der Rückgang der Rohstoffprcise sich auch bei den Fertigt abrikaten äußern wird, twd da muß man sagen, daß hier ein Preisrückgang, wenn überhaupt, doch erst dann eintreten kann, wenn die Löhne nicht weiter in die Höhe geschraubt werden. !Die Lohnhöhe wiederum ist abhängig von den Lebens­wittelpreisen. Daß an einen merkbaren Abbau der Lebensmittelprcise vorläufig nicht zu denken ist, ist wohl ledem Kenner unserer Ernährunge Verhältnisse klar. So­

nach ist auch ein Rückgang der Löhne kaum zu erwar­ten und deshalb sollte man sich hüten, übertriebene Er­wartungen an die Preisrückgänge auf dem Rohstoffmarkt zu knüpfen. An eine merkbare Verbilligung der Kleider, der Wäsche, der Schuhwaren, der Möbel usw. ist kaum zu denken. Bei Auswirkungen der Preisrückgänge auf dein Rohstoffmarkt für die Fertigfabrikate kann es sich höch­stens um ein ganz langsames Zurückgehen der Preise handeln. Und wenn wirklich hier und da .Waren in größeren Mengen zu plötzlich herabgesetzten Preisen ver­kauft wurden, so muß man berücksichtigen, daß es viel­fach Angstverkäufe von Spekulanten.sind, die mit Bank­krediten arbeiten und die zurzeit Geld um jeden Preis haben müssen. Ein Steigen unserer Mark im Ausland ist nicht möglich, da hierfür einfach die wirtschaftspoliti­schen Vorbedingungen im Innern Deutschlands fehlen. Und mit einem Stillstand der Valutabewegung nach oben, der ganz sicher in absehbarer Zeit kommen wird, werden auch die Preise der Rohstoffe, die wir vom Ausland be­ziehen, wieder fester. ; . F

Eine andere Frage ist, wie man der Gefahr begegnet, die sich für unser Wirtschaftsleben im Inland auftürmt und die bei dem Stilliegen des Exports schließlich zu einer Konkurrenzunfähigkeit der deutschen In­dustrie im Ausland führen wird. Helsen rann uns nur ein angemessener Abbau der Preise der von uns produzier­ten Waren, wollen wir uns Rohstoffe und Lebensmittel, die wir doch nun einmal vom Ausland brauchen, auch rn Zukunft durch eine entsprechend große Ausfuhr deutscher Waren sichern. Natürlich darf sich dieser Preisabbau nicht auf die Ausfuhr beschränken, sondern er muß sich gleich­zeitig auf das Juland ausdehnen. Es darf also keine Verbilligung nach außen durch eine weitere Verteuerung der Waren für den Inlandsbedarf eintreten. Eine Er­mäßigung der Preise läßt sich aber naturgemäß nur durch eine Verbilligung der Produktion bzw. der Ge­stehungskosten erreichen und die Höhe der Löhne ist hier von ausschlaggebender Bedeutung. Diese Löhne her­abzusetzen, erscheint vorläufig unmöglich, und doch könnte schon viel erreicht werden, wenn dfe Arbeitslust derart gesteigert werden könnte, daß die Arbeiter durch eine entsprechende Mehrleistung auf dieselbe Lohnhöhe kämen

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Eine Unterredung mit Kapitän Meyer-Waldeck. >' / '

Der Gouverneur von Kiautschou, Kapitän z. S. Mehep- Waldeck, der in die Heimat zurückgekehrt ist, hat sich in einer Unterredung mit einem Vertreter desHamburger Fremdenblattes" gegen den in Deutschland verbreiteten Glauben an eine ritterliche Behandlung der Kriegsge­fangenen nnd Internierten durch die Japaner gewandt. Das wenig entgegenkommende, oft sogar schikanöse Ver­halten der japanischen Lagerkommandanten hat nach An­sicht des Gouverneurs seinen Ursprung im Kriegsmini-- sterium gehabt, in dein sich englische und französische Einflüsse stark geltend gemacht haben. Nach Beendigung des Kriegszustandes trat ein starker Umschwung für Deutschland ein. Selbst Persönlichkeiten, die durchaus nicht als deutsch orientiert galten, machten aus ihrer Empörung über das Vorgehen der Entente bei Abschluß des Waffenstillstandes kein Hehl. Diese für Deutschland günstige Stimmung äußerte sich namentlich in einem starken Verlangen nach Wiederaufnahme der geschäft­lichen Beziehungen. Die Niederlassungen der großen deutsch-japanischen Häuser arbeiten zum großen Teil wie­der und der Hunger nach deutschen Exportwaren ist groß. In Tsingtau sind die Japaner sehr rührig. Große Kapitalien wurden angelegt. Der Japaner denkt nach Auffassung des Gouverneurs gar nicht an eine Rück­gabe des Kampfgebietes qn China. Er fühlt sich dort durchaus als Herr. Alle leitenden Steilungen sind aus­schließlich in japanischen Händen.^ Es herrscht in Japan ein starkes Vertrauen zu Deutschland nnd einer ge- schickten Diplomatie wird es unschwer gelingen, die einst freundlichen Beziehungen wieder anzuknüpfen. . l wachst , - s i w

ZW' Neues vom Tage.«

Die deutschen Bertreter für SPu. 7 "

Berlin, 27. Mai. Das Reichskabinett hat in seiner' letzten Sitzung 18 deutsche Vertreter für die Konferenz in

Spa ernannt.'

- Ernennung. "'P'-

Berlin, 27. Mai. Ter Reichswehrminister, der 'ge­genwärtig die Kriegshäfen in Kiel und Wilhelmshaven besucht, um von den dortigen unbefriedigenden Zuständen selbst Einsicht zu nehmen, hat zunächst in Kiel wieder eine ordnungsmäßige Gewalt eingesetzt und den Konter­admiral Zenker Zum Stationschef ernannt. -s r

Tie Wohnungsaussicht.

Berlin, 27. Mai. Der preußische Minister für Volks-, Wohlfahrt Hat angeregt, daß die mit der Bearbeitung der Wohnungsanfsicht und der Wohnungspläne in den, verschiedenen Ländern betrauten Beamten Ende Mai zu einer gemeinsamen Aussprache in Naumburg zusammen-, kommen. -w-VPF :

TieGrandenz" ansgeliefert.

- Berlin, 27. Mai. Nach demLokalanzeiger" ist der, deutsche KreuzerGrauden'z" den verbündeten Mächten ausgeliefert worden. WmWMMst

Das englische Tuch.

Berlin, 27. Mai. Zn dem Ankauf von Militäv- tnch für die Berliner Sicherheitspolizei in England er-, fährt dieSüdd. Ata ", daß die Reichswirtschaftsstelle für Wcbwaren ihre Einfuhrbewilligung rückgängig gemacht hat. Der Abteilungsvorstand der Beschaffungsstelle der Sicherheitspolizei und deren kaufmännischer Leiter Gour-,. det feien bis auf weiteresbeurlaubt" worden. FA

Vom Beamten-»«-. K V

Berlin, 27. Mai. Eine außerordentliche Tagung des Deutschen Beamtenbunds forderte bei der Bespre­chung der Vorgänge im März, daß die Bundesleitung unbeschadet des Zusammenwirkens mit gewerkschaftlichen Vereinigungen aller Richtungen unter allen Ilmständen jede Parteipolitik vermeide. . , ^

In dem Tarifstreit der B an kangestellten machte der Reichsarbeitsminister den Vorschlag, daß die An-, gestellten zu der Neuregelung der Gehälter ab 1. Febr. 1920 besondere abgestufte Teuerungszulagen erhalten, auf welche die über die Neuregelung hinaus bereits be­willigten örtlichen Zulagen in Anrechnung kommen. Am 15. Jum sollen Verhandlungen über einen R eichstarif beginnen. Oertlichc Ausstände sind sofort cinznstcllen, Maßregelungen wegen des Streiks sollen nicht statt- fiuden. Die Parteien haben bis 30. Mai zu erklären, ob sie die Vorschläge annehmen. l, ^ '

Merzte nnd Krankenkasse-.'

Berlin, 27. Mai. Im Reichsarbeitsmiuisterium wer­den demnächst Verhandlungen in der Streitsache zwischen den Acrzten nno den Krankenkassen stattfindcn. Beide Parteien werden je fünf Vertreter entsenden, wozu noch zwei Beamte des Ministeriums kommen. Den Vorsitz wird nicht Reichsarbeitsminister Schlicke führen, der von den Aerzten abgelehnt ist, sondern Line von deip Aerzten vorsgeschlagene sehr sachkundige Persönlichkeit.-,, Putsch in Halle?

Halle a. S., 27. Mai. Die in der Nähe einer Ka­serne Wohnenden wurden von der Sicherheitspolizei dar-, auf aufmerksam gemacht, daß am 4. und 5. Juni ein neuer Putsch der Radikalen zu erwarten .sei und daß dann in dem umliegenden Gebiet gekämpft werden dürfte.^

Musweisnng von Deutschen. K

Melbourne, 27. Mai. (Reuter.) Der australische Verwalter von Apia (Samoa) Hat die Ausweisung vie­ler Deutschen angefordert. VK.K 'V-VchK ^

Die Belgier haben einKomplott ' entdeckt. M

Brüssel, 27. Mai. Nach der belgischen Zeitung Etoile" haben die belgischen Behörden ein aus der-, dächtigen Personen ans Aachen gebildetes Komplott ent­deckt, das die Sperngung des Bahnhofs von Herbesthal im Auge hatte, ebenso auch die der Eisenbahnbrücke. Der belgische Oberkommissar ließ alle Paßgesuche aus Aachen einer strengen Prüfung unterwerfen. '

Frankreich gegen den Anschluß Oesterreichs.

Paris, 27. Mai. Bei der Erörterung über den Friedensvertrag von Saint Germajn in der Kammer wurde auch wieder die Fra e des Anschlusses Oester­reichs an Deutschland oder des Zusammenschlusses Oester­reichs mit Deutschland erwähnt., Ministerpräsident Mil-