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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schristleitung: Th. Gack in Wildbad

MiIödsä, vonnerstsg, öen 27. Msi 1920.

54. )sdrgsng

gestaltet. Die Angestellten der Kraftstatwn für die gro^

Nummer 119

Wie Amerika irr den Krieg kam.

'^.Auch das Buch des Grasen Bern stör ff kann diese Frage nicht restlos lösen. Trotzdem ist der Beitrag, den der frühere Botschafter des Deutschen Reichs in iWashington in seinem ErinnerungsbandDeutschland und Umerika" (Verlag Ullstein L Co., Berlin) zur Vor­geschichte des amerikanischen KriegseintrittZ geliefert hat, fthr lesenswert. Er Lelst von der nun als unhaltbar erwie­senen Meinung aus, Deutschland und die Vereinigten Staaten hätten im Weltkrieg Zusammenkommen wollen und können. Und hier liegt das Unzugängliche der Bern- storssschcn Darstellung. Aber auch mit diesem Vorbehalt, der allerdings wesentlich ist, lesen sich die 400 Seiten interessant. Ter Hauptreiz liegt in der Enthüllung dessen, was hinter den Kulissen sich abgespielt hat, und was - jetzt das Tageslicht erblickt, in den zahlreichen Geheim­berichten und Ziffertelegrammen, die zwischen Berlin und Washington gewechselt ivurden, und namentlich in den Ver­handlungen mit dem Präsidenten auf dem Umweg über seinen Freund, den Obersten House, der freilich jetzt von Wilson ebenso auf den Kehrichthaufen geworfen worden ist wie der Staatssekretär Lansing, das juristische Ge­wissen Wilsons.

Ueber seine Politik sagt Graf Bernftorff selbst auf Seite 8: Ich war überzeugt, daß wir dcu Krieg verlieren müßten, wenn Amerika Legen uns einträre. Ich konnte mich bei meiner isolierten Lage in Washington nicht auf informatorische Tätigkeit beschränken, sondern mußte einige Male auch eigenmächtig handeln, um eine vorzeitige Zu­spitzung der diplomatischen Situationen bis zur völligen Hoffnungslosigkeit zu verhindern. Meine Ansicht, daß es durch Wilson zu einem Verständigungsfrieden hätte kommen können, ist eine heute nicht mehr zu beweisende Annahme. Sie klingt unwahrscheinlich infolge des Ver­haltens des Präsidenten in Versailles- Ich glaube aber, daß Wilson vor dem 31. Januar 1917 eine ändere Stel­lung uns gegenüber eingenommen hat. . . Ich habe Frie­denspolitik getrieben und halte die auch heute noch für die einzig richtige. Denkbar war aber auch eine streng durchgcführte N n t e r s e e b o o tp o l i t i k. Das schli m m- st-e, was wir tun konnten, war,, einen Zickzackkurs zu steuern, bei dem Amerika dauernd angeärgert und Wilson durch nnftre halben Nachgiebigkeiten immer mehr zu einer unnachgiebigen Prestigepolitik getrieben wurde. Tiefen Zickzackkurs steuerten wir aber leider und zer­störten damit die Aussichten der von mir vo'geschlagenen Politik, ebenso wie auf der andern Seite die Wirkung des Unterseebootkriegs dadurch lahmgclegt wurde.

In diesen paar Sätzen liegt der Kern und Jchalt des Buchs eingeschlossen. Um' sie. herum lagert sich die Beschreibung eines diplomatischen Kampfes. Ob es ge­raten war, Amerika so lange aus dem Krieg fernzuhalten, ist eine Frage für sich; cs liegen Zeugnisse vor, daß Wilson schließlich doch zum Kriege geschritten sein würde. Es hat indes heute keinen Zweck, die Gründe für diese Meinung aufzurolleu. Sie werden eines Tages der Welt kund und zu wissen getan werden, und zwar ans ameri­kanischer Feder. Denn so viel steht heute schon fest, daß man auch in Amerika das Bedürfnis nach Klarheit hat, und daß dieses Bedürfnis sich steigern wird, je fühlbarer sich die Folgen machen, die dem Land aus der Wifson- schen Politik erwachsen. Amerika scheint auf dem Wege zu sein, sich der bessern Erkenntnis zu erschließen und das klngeheuerliche einer Haltung eiuzusehen, die uns gegen­über beliebt worden ist, nicht vom Volk in seiner Gesamt­heit, sondern von einer verschwindend kleinen Gruppe, die in Wilson ihr williges Werkzeug fand. Und Graf Bern- storff wird in Amerika dazu mithelfen, wenn man drüben sein Buch wirklich zu lesen versteht. Dem amerikanischen Bolk wird es klar werden, warum alles ho gekommen ist, und diese Offenbarung des Wilsonschen Nicht- >vollens oder Nichtkönnens muß eigentlich noch vernichtender wirken als die Annahme einer unverhüll- ien Kriegswilligkeit, die nur aut den psychologischen Au- SEick wartet. Werhich wie Wilson, aus solchen Gründen, stue Bernftorff sch bloßlegt zauderndes Naturell, klein- kihes Verärgertsein, Prestigcpolihk. Tradition sogar!, miran hat hindern lassen, der Welt im allgemeinen und mmi eigenen Volk im besonder« den Dienst zu leisten, mw nur von WUson geleistet werden konnte, der hat sich m'm hohen Amt nicht gewachsen gezcigh zu dun das Euchick ihn berufen hatte. Daß neben der Washingtoner "uh die Berliner Politik nicht geschont wird, ist nicht

. i>u vermeiden. ,

WM Neues vom Tage, -'M? I

' Oberst Bauer iu Ungarn?

Berlin,. 26. Mai. Amtlich wird mitgeteilt, daß Oberst Bauer sich in Budapest befinde und mit Orgauisa- tiousarbeiten beschäftigt sei. (Auch Kapitän Erhardt soll in Ungarn sein.)

Der angebliche Putsch.

Berlin, 26. Mai. Zu der Marmnachricht desVor­wärts" über einen angeblichen neuen Putsch von militä­rischer Seite meldet dieD. Tagesztg." aus Stettin, zwischen dem Hommerschen Laudbund und den Korps in Paderborn bestehe keinerlei Verbindung, geschweige denn eine Unterstützung. Von einem neuen Putsch könne keine Rede sein, wie den betreffenden Militär- und Zivilbc- hörden unzweideutig erklärt wurde.

Hamburg, 26. Mai. Der über Hamburg verhängte Ausnahmezustand ist aufgehoben worden.

Aus dem Parteileben.

München, 26. Mai.' TerBayerische Kurier" teilt mit, daß die Bayerische Volkspartei zusammen mit der neuen Christlichen. Volkspartei im Rheinland und in Hessen-Nassau eine christlich-föderalistische Reichswahlliste entworfen habe. Auch die Welsen-Partei in Hannover und Braunschweig habe mit der schleswig-holsteinischen . Landesvartei eine gemeinsame Wahlliste eingereicht. rft.l

Nach Zeitungsberichten treten vi?t? Unabhängige zur Kommunistischen Partei über. -

Das bayerische Besoldungsgesetz.

München, 26. Mai. In der gestrigen Sitzung des Beamtenbesoldungsansschnsses wurde zum erstenmal die neue Vorlage der Regierung beraten. Staatssekretär Dr. Krausneck teilte mit, daß der bisherige Gesamtkosten- answand 450 Millionen betragen habe und daß der neue Gesamtaufwand auf ungefähr 800 Millionen ge­schätzt werde, wozu noch 150 Millionen für Ruhe- und Hinterbliebenenbezüge kommen. Die Finanzierung glaubt die Regierung durch Mehreinnahmen aus den Staats- sorsten und den Steuern vornehmen zu können. Das Gesetz soll noch vor Auflösung des Landtags erledigt wer­den. Den Beamten soll ein Vorschuß von 800 Mk. auf die nenen Bezüge ausgezahlt werden. ,

Streikrecht für Lehrerinnen. zp

Kassel, 25. Mai. Die Tagung deutscher Volksschnl- lehrerinnen hat gemeinsam mit dem ebenfalls hier tagen­den Landesverband preußischer Volksschullehrerinnen fol­genden Beschluß gefaßt: Zur Erreichung der gewerk­schaftlichen Ziele werden alle gesetzlich zuläs­sigen Mittel zur Anwendung gebracht. Zu diesen gehört auch die Arbeitsniederlegun g.

Oberst v. Xylander und die Saarkommission.

Paris, 26. Mai. Die Friedenskommission ersuchte die deutsche Regierung, den deutschen Vertreter v. Xy- lander in der Saarkommission zu ersetzen. (Die'Saar­kommission ist ein Vertranensausschuß, der im Namen des Völkerbunds das Saargebiet zu verwalten hat. Bis­her war das Verhalten der Saarkommission dank dem anmaßenden Auftreten der französischen Vertretung so, als ob sie eine rein französische Behörde wäre. Der deutsche Vertreter, der bayerische Oberst von Xylander, hat den deutschen Standpunkt energisch vertreten, als es aber vor einigen Tagen zu einem Zwischenfall in der Kommission kam, trat er aus der Kommission aus. Jetzt verlangt die Friedenskonferenz die Abberufung Zylan- dcrs und seine Ersetzung durch eine gefügigere Natur.)

Konferenz oder Verhör in Spa.

Lonbmr, 26. Mai. Reister meldet: Tie Note, mit der Deutschland die Verschiebung der Zusammenkunft in Spa mitgeteilt wird, betont, daß der Zweck der Zusammen­kunft sei, die Nichterfüllung, der feierlichen Verpflich­tungen des FriedensvcrtraLs zu erörtern und die genaue Durchführung jws Vertrags in Zukunft zu sichern. Das wäre a so doch wieder die französische Foroerung des Verhörs und die deutschen Vertreter wären Angek.agte, nicht gleichberechtigte Mitglieder einer Konferenz. Das würde sich aber mit der letzten Rede Bonar Laws nicht vereinbaren lassen. Es scheint stoischen London und Paris ein Ränkespicl olme gleichen getrieben zn werden.

Ernste Lage in Irland'.

London, 26. Mai. (Reuter.) Infolge der Weige-! rung der Eisenbahner, Mnnitionssendnngen ans England zu befördern, ha^ sich gestern die Lage in Dublin ern4

ßen Kräne in den Hafenanlagen sind in den Ausstand gea, treten, weil Soldaten die Kräne in Betrieb hielten.^ Die Signalwachter sind, ebenfalls ausständig. Tie Ei-, senbahnwerkstätten sind teilweise'geschlossen. Da die Strei­kenden Mitglieder der Nationalverbands der Eisenbahner sind, wird der Vollzugsausschuß des Verbands am 27? .Mai in London die Lage beraten.

In einer Verhandlung zwischen Vertretern der Eisen­bahngesellschaften und der streikenden Docker haben sich die letzterem unter der Bedingung, daß kein Kriegsma-l terial befördert wird, zur vorläufigen Wiederaufnahme der Arbeit verpflichtet. - / "f -- ' '

Der Bolschewismus iu Argentinien. ?

London, 26. Mai. Wie dieTimes" melden, isft in Argentinien eine anarchistische Verschwörung ent-' deckt worden. Viele Personen wurden verhaftet. Einef Anzahl Bomben und Gewehre sind in der. Wohnung, eines russischen Staatsangehörigen, der die Beivegung eingeleitet hatte, gefunden worden. . . ? -1 ,.,'l

Berlin, 26. Mai. Hier ist General der Inf. Ru­dolf v. Zingler im 81. Lebensjahr gestorben. Zingler war 1893 bis 99 Gouverneur in Ulm und wurde dort znm Ehrenbürger ernannt.

Berlin, 26. Mai. Wie verlautet, wäre der deut­schen Regierung eine Verschiebung der Konfe­renz von Spa über den 21. Juni hinaus angenehm.

Ter Reichswirtschaftsrat wird, dem verneh­men nach, vielleicht vielleicht.schon Ende Juni zusammen­treten.

Nach der Ag. Volta würde Italien eine Kriegs­entschädigung von l2 Milliarden Goldmark bean­spruchen, wenn die Gesamtentschädigung ans 120 Milliar­den festgesetzt würde. . . .r ^

Geschäfisstockuug und Erwer-slosenu.kterMtznttg.

Berlin, 26. Mai. Das Reichsarbeitsministerium gibt bekannt, daß die Arbeitslosigkeit, die durch den gegen­wärtigen Umschwung der wirtschaftlichen Konjunktur ver­ursacht wird, als 'Kriegsfolge im Sinn des Z 5 der Verordnung über die Erwerbsloftnfürsorge anzusehen und in derartigen Fällen die Erwerbsloscnnnterstützung zn gewähren ist. ' s-M '

Lösung des Friedensvertrags".

Paris, 26. Mai. Ueber eine Unterredung mit Ele­mente au wird demGanlois" berichtet: Clemenceau sagte, England und Amerika haben den Betrag, den Deutschland zu zahlen fähig sei, auf 75 Milliarden ge­schätzt. Frankreich hätte für seinen Anteil die Kampf­zone wieder aufbauen sollen. Er sei dagegen gewesen und schließlich habe man sich auf die Lösung des Ver­trags von Versailles geeinigt. Es sei deshalb voll be­rechtigt, daß Poincare sein Amt als Vorsitzender des Wiedergutmachungsaüsschusses nicdergelegt habe. Dp?

Der Unfall Deschanels. > I.

Paris, 26. Mai. Der Unfall des Präsidenten Des- chanet, der bei Montargis im Nachtgewand aus einem Fenster eines fahrenden Eisenbahnwagens fiel, wird ern­ster genommen, als anfangs zugegeben wurde. Teschanel bedarf völliger Ruhe und wird vielleicht für längere Zeit sich von den Geschäften fernhalten müssen.

Streik in Frankreich. <

Paris, 26. Mai. Ter Bergarbeiterstreik kann als endgültig beigelegt angesehen werden. Tie Beamten- vereine haben gestern beschlossen, sich dem Allgemeinen Arbeiterverband (C. G.T.) anzuschließen.

Wie Exzelsior mitteilt, lind gestern in Paris, Bordeaux und Lyon wegen Vergehens gegen die Freiheit der Ar­beit streikende Arbeiter zu Gesäiignisstrafen von 10 Mo­naten bis 3 Jahren verurteilt worden. ,

Krieg im Osten.'

Paris, 26. Mai. (Havas.) In London sind Nach­richten eingelaufcn, wonach die Bolschewisten Rcscht (Per­sien) genommen haben. ^

Englischen Blättern Zufolge geben die Bolsche'.vist^r bekannt, daß ihnen in Enzeli außer der ganzen ka- ft'ischen Flotte der Weißen Garde (der Engländer?) n. a. 50 Geschütze, 20000 Granaten, 23 drahtlose Statio­nen und 10 Flugzeuge in die Hände gefallen seien.