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(Enztalbote)

Amtsblatt für Wildbab. Chronik und Anzeigenblatt

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Druck der Buchdruckerei Wildbader Tagblatt; Verlag und Schriftleitung: Th. Gack in Wildbad.

Nummei 112

Fünf Jahre Türkei.

In San Remo wurde das Schicksal der Türkei auf dem Papier entschieden. Kn der Aufteilung bekommt Eng­land, wie schon berichtet, 'dien Hanptanteck: Arabien,

' Mesopotamien, den Irak, d. h. die Landbrücke zwischen Aegypten und Indien, das alte Ziel der britischen Politik. Dazu kommt das ganze ehemals russische 'Erdölgebiet des Kaukasus, das zusammen mit den OAfeldern in Mesopotamien und Persien die Oelversorgung der briti­schen Flotte, die jetzt schon großenteils für Oelheizung eingerichtet ist, von dem amerikanischen Oelmonopol ganz unabhängig machen wird. England übernimmt ferner die Schutzherrschaft über den Jndenstaat Palästina als Vorwerk zu seiner ägyptisch-englischen Stellung. Ter Frankreich zugesprochene Anteil an Syrien und Cili- cien ist dadurch zugleich so geschickt flankiert, daß^ es England mit Hilfe der Araber stets ein Leichtes sein wird, Frankreich wieder aus dem kleinasiatischen Sattel zu heben. Ein Stück Kleinasiens erhält ferner Italien, ein anderes Griechenland, das, wie ein italienisches Blatt schrieb, nur dieMaske" Englands ist. Die bisherige europäische Türkei ist bis an die Tschatalschalinie crstaun- licherweise ebenfalls Griechenland zugesprochen worden, obwohl es in diesen Gebieten Thrazieirs so gut wie keine griechische Bevölkerung g'bt. Ungelöst bleibt die armeni­sche Frage. Ungelöst bleibt aber die türkische Frage über- chaupr. Und doch ist das Schicksal der Türkei nicht so verzweifelt, wie es das unsere durch Versailles geworden ist. Tenn sie liegt außerhalb des unmittelbaren Macht­bereichs der Westmächte. Sie bleibt der Zankapfel, um dm sich Frankreich, England, Italien und Griechenland streiten.

Für die erstaunliche Zähigkeit und Lebensfähigkeit der 'Türkei zeugt es, daß die Türken bereits wieder, mit bolschewistischer Geldunterstützung, van-Mosul ans unter Führung von Mustafa Kemal Pascha, Mm ehemaligen Führer der 2. türkischen Armee in diesen Gegenden, den Kampf gegen die Engländer ausgenommen haben, während die Araber,- die man im Krieg zum -Abfall von den Türken gebracht hatte, gegen die Franzosen in Syrien und Cilieicn Vorgehen. Vorläufig ist also trotz des Teilungsvertrags von Paris noch m mches im Orient im Fluß und es verlohnt sich, mit den Erfahrungen aus den Kriegsereigniss'n an den türkischen Fronten und mit der Eigenart des türkischen Soldaten sich näher zu beschäftigen. Und darüber finden sich wertvolle Aufschlüsse in dem soeben erschienenen Werk des Marschaus Lim an von SandersFünf Jahre Türkei" (Verlag von August Scherl, Berlin). Die Darstellungen des deut­schen Generals, der zur Reformierung des türkischen.Heer- wesens nach Konstantinopel berufen worden war, bieten zugleich viel Beachtenswertes für die Gegenwart und Zukunft der Länder der Türkei. In dem Bild der deut­schen Erinnerung au die WeltkriegStaten der Türken sind nur noch*Galipoli und Bagdad ganz deutlich geblieben. Ueber den anderen Unternehmungen liegt ein gewisses Dunkel. Jetzt wird e-S aufgehellt durch Limans Aufzeich­nungen. Von allen Krieasbücbcru ist es eines der auf­schlußreichsten, weil cs Klarheit bringt über Ereignisse, von denen wir bisher nur wenig oder nichts gewußt hatten. Ein großer Vorzug dcS Buches liegt auch dar n. daß der Verfasser äußerst klar und bestimmt spricht und zu allem die Beweisstücke beibriugt.

. Tie Verteidigung der Dardanellen ist das einzig er­folgreiche Unternehmen der verbundenen Türken und Deutschen und für Liman wie für seine Mitkämpfer wahr­haft glorreich gewesen. Wenn man Limans Buch ge­lesen hat, so möchte man wünschen, es wäre darüber hinaus überhaupt nichts, außer etwa der Sicherung der Grenzen gegen Russen und Eng ander übernommen wor­den. Was schvn seinerzeit unbestimmt empfunden wuroe, uämlich, daß der Feldzug gegen den Snezkanal zu keinem Erfolg führen konnte, daß der Bagdadseldzug mit un­genügenden Kräften unternommen Word.« war, daa wird jem v u Liman offen ausgesprochen mich unwiderleglich uaMgen i-sen. Ter Nachweis aber su'i-.'t sich nicht etwa nachträglich ans die Kenntnis von dem Mißerfolg, son­dern ec wurde von Liman selbst schon, als das Unter­uetzmen im Gang war, an den maßgebenden Stellen ge liyrt. Ebenso hat er seine warnende Stimme bei den w-ewanSholeiiden Unternehmungen der Türkei im Kau­

Milöbäö, Vien8lsg, äen 18. Mm 1920.

54. jskrgsng

kasus und gegen Persien und auch vor demJilderim"- Feldzug in Mesopotamien und Palästina erhoben.

(Schluß folgt.)

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Das Wahlprogramm Erzbergers.

In einer großen Versammlung in Biberach stellte sich am Sonntag Erzberger seinen dortigen Wählern vor. Er führte ans: Der'Reichstag müsse wieder eine demokratische Kvalitionsmehrheit bringen. Das Zentrum werde entweder wieder demokratisch sein oder es werde nicht sein. Es'müsse eine möglichst weit nach links ge­richtete Politik machen, denn sonst verliere es Millionen voll Arbeiterstimmen. In dem neuen Deutschland müssen alle Staaten ungefähr gleiche Größe und Bedeutung haben. Das große' Preußen müsse in kleine Teile als selbständige Länder zerlegt werden. Alle Sozialisierung-'- bestrebungen müssen fallen gelassen werden, ehe die so­zialisierten Betriebe der Reichspost und der Reichseisen- bahn nicht in der Lage seien, ohne Zuschüsse zu bestehen. Die hohen Steuern, die er als Finanzminister geschaf­fen habe, seien eine Notwendigkeit. Der Friedensvertrag von Versailles müsse gern dert-werden. Er selbst habe den Vertrag unterschrieben, obgleich er gewußt habe, daß die Erfüllung des Vertrags von Versailles ebenso unmög­lich sei, wie die Wanderung znm Mond. Die Zwangswirt­schaft müsse beibehalten werden. Die Lebensnrktlelvreise werden noch weiter steigen. Im H-wtzst würde z. B. c-u Zentner Kartoffeln 45 Mk. kosten. Weitere Lohustcigerun- gen seien die natürliche Folge und so würde dies wefler- gchen, bis die Forde .. um die Grenzen dessen -erreicht erreicht batten, was von den Unternehmern gezahlt wer­den köntte. Unsere einzige Rettung sei Arbeit. Die neue Regierung müise wieder eine Koalition zwischen Zentrum,' Demokratie und Mehrheitssozialdevkratie sein, wozu möglicherweise die Deutsche Volkspartei treten werde. Ans eine Anfrage antwortete Erzberger, ob er den Beamten das Streikrecht nicht Anerkennen könne: Pen­sionsrecht der Beamten und Streikrecht ständen sich wie Feuer und Wasser gegenüber.

Einjährige si le i hEschahanw:isrmpen.

Die Reichsbank wird demnächst dazu übergehen, dem Publikum neben den seither von ihr verkauften unver­zinslichen Reichsschatzamveisungen mit kurzer Umlaufs- srift längstens 3 Monate solche mit einer Laufzeit von etwa einem Jahr für Rechnung des Reichs anzn- bictcn. Die neuen Stücke lauten über Beträge von 10 000, 100 000 und 1000 000 und verfallen am 25. April und 25. Mai 1921. Tie Fälligkeitstage sollen auch weiterhin möglichst ans den 25. der einzelnen Monate gelegt werden. Auf diese langfristigen Schatzanweisun- gcn werden zurzeit an Zinsen 4-V« Prozent vergütet; Ab­schnitte unter 10 Monaten werden nicht abgegeben. Der Verkans erfolgt, durch Vermittlung sämtlicher Reichsbank- anstaltcn. Auf Wunsch werden die Stücke unentgeltlich in Verwahrung genommen. Mit dem neuen Typ kommt die Neichsbank den wiederholt am Geldmarkt hervorge­tretenen Wünschen entgegen, die nach einem Anlagepavier mit längerem aber doch begrenztem Ziel verlangen, das unter Vermeidung der längstens vierteljährlich wieder­kehrenden Prolongationen einen erhöhten Zinsgenuß bie­tet. Außerdem gewähren die JahreSschatzanweisnngen dem Publikum durch die mit der auch hier stattfindenden Vorauszahlung der Zinsen für die ganze Laufzeit ver­bundene Steigerung des Zinseszinsgewinnes einen er­höhten Anreiz. - . :

Neues vom Tage.

Tic Bewirtschaftung der neuen Ernte.

Berlin, 17. Mai. In der Beratung der deutschen Er- nährungsminister in Berlin legte der ReichsernährnngS- minister Hermes den Entwurf einer Reichsgetreide­ordnung für 1920 vor. Darnach soll die Zwangsbe­wirtschaftung von Brotgetreide für die kommende Ernte beibehalten und aus den Hafer wieder ausgedehnt werden, dagegen werden die Hülsenfrüchte freigegcben. Die Zwangsbewirtschaftung der Kartoffeln soll durch Liefe rnngsver träge mit den landwirtschaftlicben Orgauisasionen ersetzt werden, wenn die Landwirtschaft aut diesem Weae bis l.'Anauit 1920 120 Millionen

Zentner zur Sicherstellung des Bedarfs der verforgnngs- bcrechtigten Bevölkerung anfbringt. Gegen die letztere Bestimmung waren einige süddeutsche Minister. Mit. der vorgeschlagenen Erhöh ung d c s'S ch l a ch t v ieh- prcises waren alle Anwesenden einverstanden, da es notwendig se>, die Preise mit den hohen Produktions­kosten in Einklang zu bringen. Tie Entwürfe werden demnächst dem Reichsrat und dem volkswirflckafilichen Ausschuß der Nationa.versaurminng zur Genehmigung vorgelegt.

Störung der Nerchstagswahlc»?

Berlin, 17. Mai. Ter , Verl. Loralanz." meldet, die Radikalen im Rnhrgebict und in Mitteldeutschland beabsichtigen, die Reichstagswahlen am 6. Juni unmög­lich zu machen oder, wenn der Plan mißlingen sollte, Mitte Juni einen bewaffneten, Aufstand ins Werk zu setzen.

München, 17. Mai. Die Bayerische Königsvartei for­dert ans, bei kommenden Watzl-m nur solchen Kandidaten die Stimme zu geben, die sich verpflichten, für eine Volksabstimmung: Monarchie oder Republik? einzntre-- ten und die für die Wiederherstellung deS srübercn bun­desstaatlichen Verhältnisses in Deutschland sind.

Räumung von Frankfurt.

Frankfurt, 17. Mai. Tic französische Behörde teilte den diesigen Amtsstclien gegern mir, baß die Räumung Frankfurts und des Maing.ms Montag, den 17. Mai, früh von 4 Uhr ab lnginnen werde. Um während der Räumung unliebsamen Vorfällen varzubeugen, fordert die französische Behörde für Montag früh die Stel­lung von Geiseln und zwnr Regierungspräsident Coßmann, Oberbürgermeister Voigt, Polizeipräsident Ehr- - ler, Stadtverordnetenvorsteher Hovs, Stadlrat Tr. Rumpf, Stadtverordneten Lion. Außerdem muß eine Bürgschasts- summe von 1 Million Mark hinterlegt werden. Nach WTB. erhielt die Polizei einen erheblichen Teil der ihr vor einer Woche von den Franzosen atzgmommeuen Ge­wehre zurück.

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Ungeheure Entschädignngsfordernttg.

Paris, 17. Mai. DerNeuyork Herald" teilt mit, ans der Besprechung Lloyd Georges und Millerands in Hythe sei die Entschädigungssumme Deutschlands ans 90 Milliarden Goldmark igiach heutigem Kurs etwa 900 Milliarden Papiermarsi, zahlbar in 30 Jahrcsbelrägcn, festgesetzt worden. Für die ersten zwei Zahlungen soll Deutschland Anleihen im Ausland unter Bürgschaft der Verbündeten aufnehmen dürfen. Der Friedensvertrag von Versailles und die Bestimmungen über die Ent­waffnung sollen in Kraft bleiben.

HavaS meldet, Lloyd George und Millerand haben sich nach der Besprechung der beiderseitigen Sachverstän­digen aus die Summe von 120 Milliarden Goldmark geeinigt,nm Kursschwankungen zu verhindern". Der Anteil Frankreichs beträgt 66 Milliarden oder 55 Prozent, England sollen 25 Prozent znfal-' len. Tie Abzahlung soll in 33 Jahreszielern erfolgen, woinr Deutschland fortschreitend Anleihen anflieh­en en soll. Zwischen den englischen und französischen Kotzleiikontrolllommisfione wurde ein Abkommen ge­trosten, .daS Frankreich einen Mindestbezug von Kohlen sichert, der den in den letzten 8 Monaten erhaltenen Kohlettmeiigen gleiä.kommt. Frankreich soll 45 Prozent des für die Ausfuhr der englischen Kohlen benötigten Schiffsraums stellen.

London, 17. Mai. Millerand und seine Begleiter sind gestern von Folkestone nach Paris znrückgereist.

T r Bölkcrlundsrat.

Nom 17. Mai. Ter Völkerbiiudsrat ist am Sam-tag in Rom zusammengetrcten. Auf die deutsche Be- 'schwerde über die belgischen Gewaltmaßnahmen bei der Volksabstimmung in Eupen und Malmedy wurde die Antwort gegeben, der Völkerbund sei zu einem Ein­greifen ,,nicht berechtigt". ES könnte nur nach Ablauf eines halben Jahrs nach Inkrafttreten des Vertrags die unter belgischer Leitung erföchte Abstimmung geprüft und danach eine Entscheidung getroffen werden. Auf die Wegnahme, der Bahn RöhrenKaltenherberg habe der Böltcrbnnd keinen Einfluß. Der brasilianische Ver­treter E n n h a teii-e miß der Völkerbund walle ein Bureau zur Bekämpfung des Mädchenhandels errichten.

NH