i Über eine Reihe von feindseligen Handlungen, die von Drut- chen gegen Ntitglieder der alliierten Kommissionen begangen vorden seiem Ministerpräsident Millerand machte den Vor- chlag, von der deutschen Regierung energisch Satisfaktion und Garantien gegen eine Wiederholung derartiger Zwischenfälle zu verlangen. Liese Frage wurde der Prüfung der alliierten Ne­uerungen unterbreitet.

Die Konferenz prüfte auch ein Gesuch der ungarischen Frie- densdelegation wegen der Erlangung weiterer Milderungen her Militärischen, flugtechnischen und maritimen Bestimmungen KeS Friedensvertrages. Dieses Gesuch wurde abgelehnt. »Echo de Paris" meldet: Die alliierten Regierungen werden Ne Note vom 14. Februar vervollständigen. Der Oberste Rat ch» London wird verlangeil, daß 45 Personen, die auf der Aus- »eferungsliste stehen, vom Reichsgericht in Leipzig verfolgt wer-

und daß sie die Todess t rafe treffen müsse. _

Aus Stadr. deztru und Umgebung.

Neuenbürg, 15. März. Unter zahlreicher Bc-teiligung hiesi­ger und auswärtiger Mitglieder hielt der Bezirks-Obst- rtud Gartenbau-Verein Neuenbürg gestern nach­mittag im Gasthof zum Bären nach vorausgegangener Besich­tigung von Gartenanlagen seine Hauptversammlung ab. Nach begrüßenden Worten durch den Vorsitzeirden, Stadtschult­heiß Knödel, gab derselbe einen Geschäftsbericht über die Bereinstätigkeit im abgelaufenen Jahr, die nach dem Kriege sich Nr der Hauptsache auf den Neuaufbau des Vereins erstreckte; Ne dahinzielenden Bestrebungen konnten als befriedigende be­zeichnet werden insofern die im Kriege zurückgcgangene Mit­gliederzahl sich annähernd auf den früheren Stand hob; aucy der Stand der Kasse sei ein günstiger. Der Geschäftsbericht er­mähnte ferner die Tätigkeit des Ausschußes, die Besichtigung von Baumgütern im Herbst, von welcher die Mitglieder man­che- Lehrreiche nach Hause nehmen konnten. Die auf Oktober geplante Obstaussteüung und ein damit verbundener Vortrag von Obstbauinspektor Schaal mußten beide infolge der ein­getretenen Verkehrssperre ausfallen; sie sollen nur aufgeschoben fein und voraussichtlich dieses Jahr durch die Veranstaltung einer Obstschau nachgeholt werden. Die pünktlichere und voll- Gäudige Lieferung desObstbaumfreund" soll angestrebt wer­den. Der von Kassier Baumann erstattete Kastenbericht wies «l Einnahmen 393 -K 10 auf, welchen 187 -4k 55 'S Ausgaben aegenüberstehen; es ergab sich ein Kastenbestand von 205-F 55 S- Das Vcreinsvermögen erfuhr eine erfreuliche Zunahme. Eine Einwendung erhob sich nicht, worauf dem Kassier unter aner­kennenden Worten für seine Tätigkeit Entlastung erteilt wurde. Der Antrag aus der Mitte der Versammlung, eine Neuwahl des GesamtausschusscS, welche erst im letzten Jahr erfolgte, vorzu- «ehmen, wurde nach längerer Aussprache als mit den Satzungen dn Widerspruch stehend zurückgezogen und die satzungsgemäß-' Wahl von 6 Ausschussmitgliedern durch Zuruf im einzelnen vorgenommen. Es wurden gewählt: Rau, Birkenfeld, Züch­ter. Gräfeuhausen, Baumann, Nenenbürg, zugleich Kassier, Münchinger, Waldrennach, Scheerer, Neuenbürg, Faaß, Calmbach. Zu Vertrauensmännern wurden bestimmt: Schult­heiß Alling er, Dobel, Schultheiß Stephan, Bieselsberg, Erich Weiß, Ottenhausen. Als Schriftführer wurde auf An­trag des Vorsitzenden Hauptmann a D. Leuchtenberger Vorgesehen. Eine vielseitige Aussprache veranlaßte die Be­kämpfung des amerikanischen Stachelbeermehltaus, dessen ver­heerende Wirkungen vor Augen geführt werden. Seine Be­kämpfung müsse eine allgemeine sein, andernfalls sei mit der Vernichtung der gesamten Bestände zu rechnen. Als wirksames Bekämpfungsmittel wurde hauptsächlich eine Lösung mit Schwefelkalkbrühe bezeichnet, bei der enAnwendung jedoch be­sondere Vorsicht wegen ihrer Schärfe geboten sei, namentlich sollen die Augen durch eine Brille'geschützt werden, auch Obst- vaumkarbolineum sei zu empfehlen. Die Art und Weise, wie die Bekämpfung vorgenommen werden soll, wurde ausführlich dargelegt. Auf die besondere Schädlichkeit des Gollers und auch der Amsel wurde hingewiesen und deren Wegschuß als stn- erläßlich gefordert. Zum nächsten Gegenstand, Arbeitsplan betr., Wozu der Vorsitzende u. a. Veranstaltungen im Freien, eine Ver­sammlung mit Vortrag im Sommer, im Herbst desgleichen mit Praktischen Demonstrationen im Freien oder eine kleine Ausstellung belehrender Art in Anregung brachte, schlug Xau, Birkenfeld auf Atnrag der dortigen Ortsgruppe vor, der Verein möge sich intensiver an praktischen und lehrreichen Arbeiten betätigen, durch pomologische Ausflüge im Gebiete rechts der Enz, durch Anlehnung an den Landw. Bezirksverein -Wecks Erhalt von Kunstdünger, weiter solle im Bezirk mehr auf Spätblüher gesehen werden (Ontario", ^Schöner von Nordhausen") und für Edelreiser ein größerer Betrag ausge­worfen werden, endlich solle der Neuregelung des Grund- blattes näher getreten werden. Zu den Vorschlägen äußerte sich der Vorsitzende in zustimmendem Sinne; als hervorragende Birnsorte empfahl er ergänzend die Luxemburger Mostbirne. Der Gegenstand zeitigte eine lebhafte Aussprache, in deren Verlauf noch manch anderen Obstsorten das Wort geredet wurde, auch die Frage des Kunstdüngerbezugs und die damit verbun­denen Schwierigkeiten bei dem Mangel desselben wurde aus­giebig besprochen Scharfen Widerspruch erfuhr das vor kur­zem aus Calmbach imEnztäler" erschienene Eingesandt betr. Behandlung der Obstbäume, wobei der einstimmigen Ansicht Ausdruck gegeben wurde, daß die Bäume dringend einer Rei­nigung und aufmerksamerer Pflege, namentlich auch ausgiebiger Düngung benötigen, da die letzten guten Obstjahre ziemlich er­schöpfend auf das Baummaterial gewirkt hätten. Die Verteilung von Edelreisern bildete den Schluß der Veranstaltung. In feinem Schlußwort dankte der Vorsitzende für die zahlreiche Teilnahme und das bekundete Interesse, daran die Bitte knüp­fend, die Mitglieder möchten in ihren Kreisen für weitere För­derung des Obst- und Gartenbaus wirken. Schultheiß a. D. Holzschuh, Birkenfeld, dankte der Verwaltung für ihre Be­mühungen im abgelaufenen Jahre. Möge sie eine neue Blüte­zeit antreten können zum Wohle des Vereins und zum Segen Aller!

Wildbad, 15. März. (Die Hausschlachtungen dauernd ge­stattet). Auf die Anfrage wegen Befristung der Hausschlachtün- gen teilt das Reichswirtschaftsministerium mit, daß in diesem Jahr die Hausschlachtungen nicht befristet werden sollen. Dem­nach können auch später noch Schlachtungen vorgenommen wer­den. Das ist für diejenigen Viehhalter sehr wichtig, die erst später ein Schwein zur Mast eingestellt haben.

Wildbad, 15. März. (Das Maulwurfsgesetz.) Der Ge­setzentwurf zum Schutze des Maulwurfs verbietet das Fangen von Maulwürfen außerhalb der geschlossenen Gärten, gestattet aber den Oberämtern die Zulassung von Ausnahmen. Ver­boten werden öffentliche Kaufgesuche von Maulwürfen oder Maulwurfsfellen. Zuwiderhandlungen werden mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe bis zu 3000 Mark bestraft.

Neuenbürg, 17. März. Wegen Raummangel mußten ver­schiedene Eingesandt und Inserate zurückgestellt werden.

Wildbad, 17.-März. In den Fahrzeiten des Postautos Wildbad-Enzklösterle tritt folgende Aenderung ein:

Wildbad ab >-10 Uhr, Enzklösterle an j^ll Uhr,

Enzklöfterle ab 12 Uhr, Wildbad an 1 Uhr »um Anschluß an den Zug Wildbad ab 1.32 Uhr.

Generalstreik in Neuenbürg! Sämtliche Betriebe haben zu ruhen!

Neuenbürg, 16. März.

So verkündete ein Flugblatt der Vereinigten Gewerkschaften und der Sozialdemokratischen Partei Neuenbürg, das zu einem «ntLgigen Proteststreik gegen den frevelhaften Berliner Putsch­

versuch aufforderte und zu einer große» öffentlichen Volksversammlung vormittags 10 Uhr im Gasthof zum Bären einlud. Mit wenigen Ausnahmen wurde in den Be­trieben der Aufforderung Folge geleistet; als kurz vor 8 Uhr durch einen Schutzmann mittelst Ausschellens diese Aufforder­ung verkündet wurde, legten mit Ausnahme weniger Betriebe die Arbeiter und Angestellten die Arbeit nieder. Auch das Enz- tälerpersonal verließ Setzkasten und Maschine, eine Ausgabe des Blattes dadurch unmöglich machend, obwohl dringende Anzei­gen, darunter mehrere Todes-Änzeigen vom Lande, zur Ver­öffentlichung standen. Wie wir aus den abends und heute früh eingegangenen Zeitungen ersehen, sind die benachbarten würt- temvergifchen Zeitungen in Nagold, Ealw, Freudenstadt, Horb, Rottenburg a. N. erschienen, dort wurde sonach ein Streik nicht für nötig erachtet.

Zu einer machtvollen Kundgebung des arbeitenden Volkes gestaltete sich die auf vormittags 10 Uhr anberaumte Prokest- versammlung gegen den Berliner Putschversuch; auch einige Staats- und Gemeindebeamten nahmen für ihre Person daran teil. Der Bärensaal hat wohl schon lange nicht mehr solch zahl­reiche Arbeitermassen vereinigt gesehen. Die Versammlung lei­tete Karl Titelius, Ortsvorstand der Vereinigten Gewerk­schaften, der nach kurzen begrüßenden Worten, in welchen er feststellte, daß auo die Neuenbü-Arbeiter, Staats- und Ge­meindebeamten sich hinter die Regierung stellten, Gemeinderat Hcinzelmany das Wort erteilte.

(Der angesammelte Stoff, die Papiernot und technische Schwierigkeiten zwingen uns, davon abzusehen, ausführlich, wie wir es beabsichtigten, über den Verlauf zu berichten; wir müssen uns aus diesen zwingenden Gründen auf möglichst gedrängte Berichterstattung beschränken. Schrift!.)

In scharfen Worten geißelte Redner das frevelhafte Begin­nen einer rechtsstehenden Clique, die sich, gestützt auf einige Reichswehroffiziere und über die schwierige Lage unseres jetzi­gen Deutschlands nicht genügend aufgeklärter: Baltikumtruppen, erfrechten, den Versuch zu machen, die vom Volke gewählte Re­gierung zu stürzen. Dieses frevelhafte Beginnen habe, mit Aus­nahme der Unabhängigen, in allen politischen Lagern einmütige Verurteilung gefunden; auch die rechtsstehenden Parteien seien mit dem Putschversuch nicht einverstanden; er. Redner, glaube war, daß die rechtsstehenden Parteien sich die Sache anders achten und derselben im stillen etwas mehr Nachdruck verliehen wissen wollten. Das dürfe nicht Wundern, wenn man den In­halt der bürgerlichen Presse verfolge, die Tag für Tag Angriffe und nicht endenwollende Beschimpfung«: der Regierung brachte und das Wilhelminische Regime verherrlichte. Diese Clique, deren einzelne Persönlichkeiten Redner einer scharfen Kritik un­terzog, habe eine Republik proklamiert für Freiheit und Ord­nung; wie die Freiheit, welche von dieser Sette komme, beschaf­fen wäre) sei man sich klar. Das Hohenzollerngeschlecht habe 500 Jahre lang dem Volke die Freiheit gepredigt, sein Verspre­chen aber nie erfüllt. Wilhelm II. habe dem deutschen Volke gesagt:Ich führe euch herrlichen Zeiten entgegen",Unsere Zukunft liegt auf dem Wasser", er, Redner, sage, sie liegt im Wasser, im Dreck. Sie haben uns soweit hineingerennt, daß wir kaum wissen, wie wir aus dem Elend herauskommen sollen. In dem Augenblick, da, dank den Bemühungen der Volksregier­ung, langsam eine Besserung eintrat, unsere Valuta sich hob, hat eine Clique Gewissenloser es fertig gebracht, das schwer um seine Existenz ringende deutsche Volk erneut zurückzuschleudern in das tiefste Elend. Die Freiheit und Ordnung, welche uns diese Leute versprechen, dauere nur so lange, bis sie das Heft wieder in der Hand hätten. Die Errungenschaften der Revo­lution wären in Gefahr, wenn diese Leute zUr Macht gelangen würden. Wenn man auch nicht ganz einverstanden sei mit dem, was durch die Revolution erreicht wurde, so könne man vorerst doch zufrieden sein; er nenne nur den Achtstundentag. Die Re­gierung müsse mehr Rückgrat zeigen, sie müsse gegen diese Um­stürzler rücksichtslos Vorgehen, sie an die Wand stellen und ihnen den verdienten Lohn geben. Wir ^vollen der, Regierung heute geloben, wenn sie zu unserer Züfr:edenheit arbeitet, geschlossen hinter ihr zu stehen. In dem Augenblick, da die Rechtsstehenden uns das Errungene wieder entreißen wollen, müssen wir einig sein. Es habe keinen Wert, -wenn sich die Arbeiterschaft zer­splittert und zerfleischt, gleichviel, ob Hand- oder Kopfarbeiter, ob Sozialdemokrat oder Demokrat, alle müssen zusammenstehen, nur dann kann Deutschland wieder aufgebaut werden und in wirtschaftlicher Beziehung wieder an die Stelle treten, die es vor dem Krieg eingenommen hat. Mit der wiederholten Bitte zur Einigung aller Arbeiter schloß Redner seine beifällig auf­genommenen Ausführungen.

An der sich anschließenden freien Aussprache, welche an­nähernd zwei Stunden währte, und in der eine Reihe von Ge­nossen zum Wort kamen, wurde einmütig der frevelhafte Putsch­versuch verurteilt und wiederholt der Einigkeit der Arbeiter, gleichviel, ob Mehrheitssozialist oder Unabhängiger, das Wort geredet. Die kritische Lage, in welche uns diese, gewissenlose Minderheit gegenüber dem Ausland brachte, wurde entsprechend beleuchtet und der Erwartung Ausdruck gegeben, daß die vom Volk erwählte Regierung rücksichtslos gegen die Schuldigen Verfahren werde. Scharfe Kritik wurde gegen die rechtsstehen­den Parteien geübt, gegen das preußische Junkertum, desgleichen gegen die bürgerlichen Parteien, gegen die württembergische Bürgerpartei, die sich auch im Enztal als gewisse reaktionäre Partei bemerkbar chache, gegen die bürgerliche Presse (auch der Enztäler" bekam einige Seitenhiebe ab). Die Arbeitslöhne wurden im Hinblick zur verteuerten Lebenshaltung als zu nieder bezeichnet, dem Schieber- und Wuchertum, den Juden, die haupt­sächlich schuld an diesen hohen Preisen sind, wurde scharfer Kampf angesagt und bessere Lebensmittelversorgung und Höchst­preise gefordert, welche einzuhalten sind. Von einem Redner wurde der Schokoladegenuß, das Rauchen teurer Zigaretten ge­tadelt, wofür Millionen deutschen Geldes ins Ausland wandern. Würdigung fand die deutsche Arbeit, welche die Feinde nicht missen können. Wir hätten nur zu billig gearbeitet und uns dadurch den Haß und Neid der Engländer und Franzosen zu­gezogen. In den Ententekreisen breche sich die Erkenntnis Bahn, daß wir die utts auferlegten Kriegslasten nicht tragen können und wenn Deutschland zugrunde gehe, auch die Feinde mit ins Verderben gezogen werden. Der Achtstundentag solle inschein auch besser eingehalten werden, als mancher Arbeiter nach gelei­stetem Tagwerk zu Hause Heimarbeit verrichte; 8 Std. sollen zur Erholung dienen u. a. zum Lesen nützlicher Bücher. Getadelt wurde, daß die Putschisten von links unterdrückt wurden, wäh­rend die Putschisten von, rechts sich in solch schädigender Art bemerkbar machen konnten. Der dem Reichswehrminister Noske Hiewegen gemachte. Vorwurf wurde von anderen Rednern zu­rückgewiesen, u. a. auch betont, wenn heute die Unabhängigen ans Ruder kämen, wir noch eine schärfere Diktatur bekommen würden, wie überhaupt einem anderen Redner, der es tadelte, daß statt einer rein sozialistischen Regierung, gebildet aus Mehr­heitssozialisten und Unabhängigen, Angehörige bürgerlicher Parteien in der Regierung säßen, entgeaMzeLgÜLiLMmLe, daß jegliche Diktatur, ob von rechts oder links kösttme" verwerflich sei. auch die bürgerlichen Parteien sollen, getreu den: demokrati­schen Prinzip, in der Regierung ihre Vertretung haben. Im Laufe der Versammlung wurde dem Wunsche Ausdruck ver­lieben, daß der 16. März einen würdigen Verlauf in Ruhe und Ordnung nehmen möge und unerlaubte Handlungen zu unter­bleiben hätten. Es wäre dafür gesorgt, daß nicht, wie im No­vember 1918, wo rechtsstehende Elemente die unschuldige rote Fahne vom Rathaus herunterholten, eine schwarz-weiß-rote Fahne daselbst angebracht würde.

Nachstehende, vom Vorsitzenden zur Kenntnisnahme ge­brachte Resolution, welche der am Mittwoch in Stuttgart tagen­den National-Versammlung unterbreitet werden soll, fand so- dann einstimmige Annahme:-

Die heute im Gasthof zum Bären i« Neuenbürg stattgef««- sene zahlreich besuchte öffentliche Volksversammlung, besucht aus allen Volksschichten, stellt sich voll und ganz hinter die heutige demokratische Regierung, verlangt aber mit energischem Nach­druck, daß fürderhin von der Regierung weitaus energischer und schneller gearbeitet wird. Todesstrafe dem Wucher- und Schie- bertum und den Putschisten. Das ist der Bolkswiüe und dem muß Rechnung getragen werden."

Damit war um halb 1 Uhr die Versammlung beendigt, welche der Vorsitzende mit Worten des Dankes an die Erschiene­nen für ihre Beteiligung schloß.

Neuere Nachrichten.

Württembergifcher Landtag.

Stuttgart, 16. März. Der württembergische Landtag hielt heute nachmittag eine Sitzung ab, in der Präsident Keil betonte, der Landtag bekupde feierlich, daß er auf dem Boden der Reichs­verfassung stehe und nur eine verfassungsmäßig zustande gekom­mene Regierung^anerkenne. Staatspräsident Blos verurteilte die Frevettat in Berlin, hinter der sich die Reaktion aller Schat­tierungen verberge. Die Einladung Kapps zu Beratungen nach Berlin sei eine Frechheit. Der Stuttgarter Streik sei ein über­flüssiges Unternehmen, berge aber keine größere Gefahr in sich. Ein Antrag der Mehrheitsparteien, die Aussprache über tue Ausführung des Staatspräsidenten zu vertagen, wurde gegen die Stimmen der Bürgerpartei und der Unabhängigen ange­nommen. Präsident Keil wurde unter dem Beifall des Hauses ermächtigt, der Reichsregierung und der Nationalversammlung den Willkommengruß des Landtages zu entbieten.

Der Berliner Putsch.

Die Reichsregierung iu Stuttgart.

Stuttgart, 15. März. Heute nachnnttag um 1.05 Uhr traf die Reichsregieruyg, an ihrer Spitze Reichspräsident Ebert und Reichskanzler Bau?r, mit Sonderzug von Dresden kommend, auf dem hiesigen Hauptbahnhof ein. Zu ihrem Empfang sind der württembergische Staatspräsident, der Minister des Innern, der Reichsverkehrsminister Dr. Bell und einige Varlam-mtarier erschienen. Die Mitglieder der Reichsregierung haben im Hotel Marquardt Wohnung genommen.

Stuttgart, 16. Mürz. Das Reichskabinett ist gest-:n nach­mittag 4 Uhr in Stuttgart in Anwesenheit des Reichspräsidenten Ebert, des Reichskanzlers Bauer, des Präsidenten und des ersten Vizepräsidenten dex Nationalversammlung und unt .r Beteili­gung der württemdergischen Staatsregierung zu einer Sitzung zusammengetreten. Es bestand volle Ueberein.timmunq, daß die Nationalversammlung am Mittwoch nachmittag 4 Uhr im Kunstgebäude Stuttgart zusammentreten wird. Mit den Saals streichlern in Berlin werden keinerlei Verhandlungen cn pflogen werden. Die verfässungsmäßige Reichsregierung fordert viel­mehr die bedingur^islose Aotretung der Kapp und Genoffen

Stuttgart, 16. März. Es liegen nunmehr so viele Mel­dungen von Abgeordneten vor, daß der Zusammentritt der Na­tionalversammlung gesichert ist. Eine Reihe von Sonderzügen aus Schlesien, Magdeburg und dem Westen des Reiches such bereits eingetroffen. Weitere Züge werden heute und morgen erwartet. Nach Besprechung der Fraktionsführer und Vize­präsidenten mit dem Präsidenten der Nationalversammlung. Fehrenbach finden am Mittwoch nachmittag Sitzungen des Aeltestenausschusses und der FrÄtionen statt. Die 1. Voll­sitzung der Nationalversammlung im Kunstgebäude wird am Donnerstag, den 18. März 1920, nachmittags 4 Uhr eröffnet werden.

Stuttgart, 17. März. Das Reichskabinett hat in seiner heutigen Vormittagssitzung beschlossen, daß die Löhnungssätze für die Reichswehr- die im Entwurf der Besoldungsordnung vorgesehen sind, vorbehaltlich der Zustimmung der National Versammlung ab I. April zur Auszahlung gelangen. . '

Stuttgart, 16. März. Reichspräsident Ebert und Reichs­wehrminister Noske haben heute die Absetzung des Generals Märker (Wehrkreiskommando 4 Dresden) verfügt. Das Kom­mando ist General Müller übertragen.

Stuttgart, 16. März. Die Deutsche demokratische Partei er­läßt zu den politischen Vorgängen in Berlin einen Aufruf, in dem sie das Bekenntnis zur Reichsverfassung erneuerr. Die Na­tionalversammlung habe sich unter den Schutz des demokrati­schen Schwabenlandes gestellt, dieser werde gerne gewahrt. Die Idee der Demokratie, der Gesetzlichkeit und Ordnung sei mäch- ttger als die Gewalt.

Stuttgart, 16. März. (Die Eisenbahn arbeitet weiter.) Der Bund der württembergischen Verkehrsbeamten hat als Krcis- telegramm an das Verkehrspersonal Württembergs folgendes bekannt gegeben: Die Verkehrsanstalten arbeiten als lebens­wichtiger Betrieb ungestört weiter. Das Personal der'Haupt­werkstätten und Neubauten kann sich jedoch dein Generalstreik anschließen. Der Verkehr ist unbedingt aufrecht zu erhalten. Der Bund erklärt, daß er nach wie vor die reaktionärer: Be­strebungen mit aller Entschiedenheit ablehne.

Stuttgart, 16. März. Aus Gera-Reuß ist bei der Reichs­regierung soeben die Meldung eingegangen, daß es nach bluti­gen Kämpfen gelungen sei, das dortige Militär, das auf Seiten der Kapp-Regrerung gestanden hat, zu schlagen und zn entwaff­nen. Die Waffen befinden sich jetzt in den Händen der Geraer Arbeiterschaft.

Hagen i. W 16. März. Das Korps Lichtschlag, das scho« früher mehrfach wegen seiner reaktionären Provokationen der Arbeiterschaft Anstoß erregt hat, ist von der Arbeiterschaft nach mehrstündigem Kampf überwältigt worden. Es hatte 20 Tote, die Arbeiterschaft 5 Tote.. Diese Aktion wurde durch die USP. und KPD. unterstützt. Infolgedessen befinden sich auch in ihren Händen Waffen, darunter 4 Kanonen. An Stelle des unzuver­lässigen Korps Lichtschlag sind jetzt regierungstreue Truope» nach Hagen geschickt worden. Indessen bleibt die Lage gespannt, da radikale Teile der Arbeiterschaft die Situation für weit­gehende Zwecke aüsnützen wollen.

Berlin, 16. März. Gegenüber der Meldung, daß der Abge­ordnete Dr. Maretzky das Amt eines Polizeipräsidenten von Berlin übernommen hätte, erklärt die Partelleitung der Deut­schen Volkspartei, daß diese Nachricht unzutreffend ist. Di« Parteileitung steht dem Eintritt von Beamten ihrer Partei­richtung in die Regierung Kapp ablehnend gegenüber. Ihre Bestrebungen sind vielmehr darauf gerichtet, eine Koalitions­regierung auf breitester Grundlage zu schaffen, welche allein in der jetzigen Situation die Gewähr gebe, daß ein Bürgerkrieg und die daraus folgende wirtschaftliche und politische Auflösung des Reiches vermieden würde.

Wien, 17. März. Die gesamte Presse gibt der Hoffnung Ausdruck, daß die schwere Krise, in die Deutschland geraten ist, durch Verständigung zwischen den Regierungen in Stuttgart und Berlin eine friedliche Lösung finden möge.

Kein zwingender Grund zum Streik.

München, 17. März. Der Bayerische Bauernverein, der Bayerische Bauernbund und der Bund der Landwirte, sowie de» Deutsche Bauernbund richteten an die Arbeiter in- und außer­halb Münchens einen Ausruf, in dem an die Arbeiter die Auf­forderung geht, in ihrem eigensten Interesse und im Interesse ihrer Frauen und Kinder vom Streik sofort abzulassen. Das erfordere die ohnehin sehr traurige Lage unseres Ernährungs­wesens. Die bayerische Landwirtschaft müsse grundsätzlich ein­mal aussprechen, daß sie nicht dauernd ruhig zusehen könne, daß ohne dre zwingendsten Gründe immer und immer wieder vom Recht des Streiks als eines politischen Druckmittels Gebrauch gemacht werde. Sie sehe sich sonst gezwungen, einmal auch ihrer­seits zur Abwehr der verderblichen Folgen solcher Streiks auf die landwirtschaftliche Erzeugung selbst vom Streik Gebrauch