Aus Stadt und Land
Calw, den 27. Noveinber 1929.
Nebel und Lonne.
Unsere winterlichen Tage stehen gegenwärtig unter der Negierung zweier sich bekämpfender Machthaber: des Nebels und der Sonne. Morgens, abends und nachts ist der Nebel unumschränkter Herrscher, aber während des Tages macht ihm der wunderbare Sonnenschein des Spätherbstes das Szepter streitig. Wer diesen Kampf der Natnrgewalten beobachtet, sicht grohartige Offenbarungen des Lichtes: da ver. unkt in dem weißen Gewoge des Nebels, das über der Landschaft braut, der Sonnenstrahl, gleichsam als würde er ertrinken. Durch die Nisse dieses Ncbelmceres aber schim- rnert es von Sonnenstrahlen golden her. Die Nebelschwaden erscheinen auf goldenem Grund« so zart und fein, als seien -ne seidene, glänzende Fäden eines kostbaren Gewebes. Immer länger dauert es, bis die Sonne sich dnrchgekämpft hat nnrd den Nebel verjagt. Dieser Kampf, jedes Fahr ausgefoch- ten a>ef einem Boden, der immer Schauplatz des Ringens zwischen Licht und Finsternis ist, ist die Quelle, ans der in »Ater Vorzeit die Stoffe zu den deutschen Sagen und Göttermythen flössen. Nur in Deutschland, in dem heute wie damals Nebel und Sonne sich gegenseitig bekämpfen, konnte das gewaltige Epos des Nibelungenliedes entstehen, jenes Lied von Nebel und Licht, dessen Hauptgestalten Siegfried <Bal. ii - , die Sonne und Hagen v. Tronje <Loke) den Nebel verkör- -,'-ern. Gegen Ncbelheim sind die mythischen Necken der Vorzeit gezogen, haben den Nebelgestalten ihre Schätze entrissen und sind am Truggold des Nebels und der Nacht zugrunde igegangen. So spiegelt sich in Deutschlands Sagen- und Märchenwelt vielfach der Kampf zwischen Nebel und Sonne, Zwischen Nacht und Licht. Und immer siegt das Licht, aber -es mutz untergehen. Kampf zwischen Nebel und Sonne — Kampf zwischen den Mächten der Finsternis und des Lichtes von Ewigkeit her und dazwischen hinein sind wir Menschen -gestellt, die wir Acht haben müssen, nicht von den finsteren Mächten überwältigt zu werden.
Gefallenenehrung in Hirsau.
In überaus würdiger Weise ehrte Hirsau das Andenken der im Weltkrieg Gefallenen. Ein stattlicher Zug, an dem 'ich sämtliche Vereine beteiligten, bewegte sich am Sonntag vormittag zur Kirche, wo zunächst die Gcdächtniskränze erneuert wurden und dann Pfarrer Abel eine tief empfnn. Serie, eindrucksvolle Predigt über die Bedeutung des Toten- wnntages hielt. Nach dem Gottesdienst begaben sich die Vereine und eine große Zahl Einwohner auf den Friedhof, wo -an den schön gepflegten Kriegergräbern abermals Pfarrer Abel das Wort zu einer ergreifenden Ansprache nahm. Ihm folgten mit Worten treuen Gedenkens an die Gefallenen Forstmeister Na st, der einen Kranz im Namen des Militärvereins Hirsau-Ottenbronn niederlcgte und A. Walker, der Vorstand des Turnvereins, ebenfalls mit einer Kranzniederlegung. Die ernste Feier war umrahmt von Chören Ses Liederkranzes und der Musikkapelle des Mztsikyereius.
Die Lage des ArbeitsmarktcS.
Die Arbeitslosigkeit ist, wie vom Landesarbeitsamt Süö- wcstdcutschland mitgcteilt wird, in der Zeit vom 14. bis 20 November bei erleblichem Nachlassen des Stellenangebots rascher gestiegen als in den vergangenen Wochen. Die Zugänge an Stellensuchenden verteilten sich auf fast alle Be- rufsgrilppcn. Am stärksten war der Jahreszeit entsprechend das Baugewerbe betroffen. Der Stand der unterstützten Arbeitslosen am 20. November war folgender: In der vcr- sicherungsmäßigen Arbeitslosenunterstützung 80114 <10 701 Männer, 9413 Frauen), in der Kriscnuntcrstiitzung 9008 (0918 Männer, 2060 Frauen). Die Gesamtzahl der Unterstützten stieg um 3088 Personen oder 5,5 v. H. von 56 034 Personen -<44 766 Männer, 11268 Frauen) aus 59 122 Personen <47 649 Männer, 11473 Frauen). Davon kamen auf Württemberg 21 018 gegen 19 445 und auf Baden 38 074 gegen 36 589 am 13. November 1929. Im Gesamtbezirk des LandesarbeitsamtS Südwestdeutschland kamen am 20. November auf 1000 Einwohner 11,7 Hauptuntcrstützungsempfünger gegen 11,1 am 13. November. In den Maßnahmen der wertschaffenden Ar- Lcitslosenfürsorge waren in der Vcrichtszeit 2013 Mann als Notstandsarbeiter beschäftigt.
Versuchsballone.
wp Während des ganzen Monat Dezember steigen an vielen Orten Europas tauch in Deutschland) zu wissenschaft
lichen Zwecken unbemannte Versuchsballone auf. Der Kinder eines solchen Ballons wird gebeten, ihn samt dem daran befindlichen Selbstschretbgerät sorgfältig zu behandeln und nach der am Ballon oder am Gerät befindlichen Anleitung zu verfahren. Es wird betont, daß mit Rücksicht auf die Gegenseitigkeit auch ausländische Ballone geradeso behandelt werden müssen wie die deutschen. In der Regel zahlt die den Ballon absendende meteorologische Anstalt dem Finder eine angemessene Belohnung. — Die Ballone sind mit dem leicht brennbaren Wasserstoff gefüllt, daher ist Vorsicht geboten. In Zweiselsfüllen wende man sich an die nächste Ortspolizeibehörde oder an die Württembergische Landes- wctterwarte, Stuttgart.
10 Gebote bei Feuersgefahr.
Eine alte Erfahrung lehrt, daß viele Leute bet Feuers- gefahr gewöhnlich den Kopf verlieren und gerade das Entgegengesetzte tun, was in einer derartigen Situation richtig ist. Es ist daher sehr nützlich, sich einmal folgende Gebote vor Augen zu halten: 1. Ruhe bewahren — vernünftig handeln. 2. Feuerwehr sofort alarmieren. 8. Brennende Räume dicht abschließen. 4. Bringe zwischen dich und den Brandherd möglichst geschlossene Türen! 5. Tür nach der Treppe stets geschlossen halten. 6. Ist der Weg über die Treppe unbenutzbar, Zurückbleiben. 7. Gefährdete Personen zeigen sich der Feuerwehr am Fenster. 8. Niemals auf Zuruf des Publikums herabspringen, sondern nur die Anordnungen der Feuerwehr befolgen, v. In verqualmten Räumen auf dem Fußboden kriechen, nasses Tuch vor Mund und Nase. 10. Brennende Personen am Fortlaufcn hindern, zu Boden werfen und mälzen. Ihre Kleidung nicht abreißcn, sondern mit fremden Kleidern oder Decken fest umhüllen, dann erst begießen. Hingehend den Arzt rufen!
Auch Tiere brauchcu ei« weiches Lager.
Die Hauptweidczeit ist vorüber und das Vieh muß den Winter über in den Ställen verharren. Ein weiches Lager, d. h. also an Stelle von hartem Steinboden, Tors oder Sand und reine und weiche Streu sind die besten Vorbeugungsmit- tcl gegen unangenehme Erkrankungen des Viehes. Gerade durch zu hartes Lager werden die Rinder leicht vom sog. Knieschwamm befallen, der sich als bösartige Anschwellung an der Vorderflüche der Vordcrfußwurzel bildet. Und zwar bildet sich an der betreffenden Stelle ein Flüssigkeitserguß, der zur Ausbildung eines mit Flüssigkeit gefüllten Sackes und zu Verdickungen der äußeren Haut führt. Dabei kann die äußere Haut sich hornarttg verdicken und der Knieschwamm sehr schwer heilbar werden. Vorbeugung ist das beste Mittel. Wenn aber die Krankheit bereits eingetreten ist, helfen in frischen Fällen kalte Umschläge, in älteren Fällen dagegen nur noch fcuchtwarme Umschläge. Ganz schwierige und alte Fälle lassen sich nur durch Operation beseitigen.
Vor eiucm nassen Winter?
Nun wirb es bald endgültig vorbei sein mit dem schönen Hcrbstwettcr,' der Winter macht sich bereits stark bemerkbar Wenn man den Hundertjährigen Kalender als Wetterpropheten ansehen kann, so muß am 29. und 30. November das Wintern anhcben. Am 1. Dezember soll es schon winterlich kalt sein und am 4. Dezember muß dann der erste Schnee den Boden bedecken. Am 5. bcö kommenden Monats ist aber die vorzeitige Gastrolle des Winters vorübergehend abgetan- fen, denn bis zum 10. Dezember soll starker Negenfall cin- setzen, der wohl auch bis zum 14. Dezember anhalten kann. Der 21. Dezember bringt wieder Schnee und bis zum Ende des Dezembers soll cs ziemlich kalt sein. Nach dem Hundert, jährigen Kalender bedeutet das einen nassen Winter.
Wcttcx für Donnerstag und Freitag.
Infolge der Depression über Großbritannien ist für Don, nerötag und Freitag unbeständiges, auch zu zeitweiligen Niederschlägen geneigtes Wetter zu erwarten.
SCV. Vondorf, O.-A. Herrenberg, 26. Nov. Das etwa vierjährige einzige Töchterlein der Familie Kußmaul in der Speckgasse kam munter und fröhlich aus seiner Kinderschule zur Mutter in die Küche g'sprungen, sah nicht den Kochtopf mit kochendem Wasser, den soeben die Mutter vom Herde heruuterstcllte, stolperte und kam mit seinen beiden Knien ins siedend heiße Wasser, was größere Brandwunden zur Folge hatte. Tie schon im Heilen begriffenen beißenden Siel- len wurden von dem lebhaften Kinde aufgekratzt und infi. ziert, was Blutvergiftung und den Tod des Kindes verursachte.
SCB. Böblingen, 26. Nov. Die Luftverkehr Württemberg A.-G. teilt mit: Der planmäßige Luftverkehr auf dem Flug-
yasen Stultgarl-BovUugeu wlro mit Wirkung vom 1. Dezember 1929 eingestellt, da ein Versicherungsschutz wegen der besonderen Gefährdung durch die Starkstromleitung über den 30. November 1929 hinaus nicht mehr besteht.
SCB. Stuttgart, 26. Nov. Professor Paul Schmitthenner hat, wie der Schwäbische Merkur hört, bei dem Wettbewerb für die Erweiterung des Reichstagsgebäudes und die Umgestaltung des Platzes der Republik in Berlin einen ersten Preis erhalten. Der Wettbewerb war unter acht führenden deutschen Architekten veranstaltet worden. Ein besonders wichtiger Teil der Aufgabe war die Umgestaltung des Platzes der Republik, den Schmitthenner zum deutschen Reichsehrenmal umgestaltet hat.
SCB. Stuttgart, 26. Nov. Als Ergebnis der heutige« Sitzung des vorläufigen Ausschusses der Hauptgläubiger der Fa. Gcbr. Zoeppritz-Mergelstetten ist zu melden, daß die Bestrebungen, einen Vergleich auf der Basis von 30 Prozent zustande zu bringen, fortgesetzt werden.
SCB. Stuttgart, 26. Nov. Im Frühjahr 1930 werden in Klasse 1 der Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalten wie. der Schüler und Schülerinnen ausgenommen, die nach einer sechsjährigen Ausbildungszeit zur ersten Volks-schuldienst- prü-fung geführt werden. Unter Umständen ist allerdings mit einer Änderung der Lehrerbildung zu rechnen, die zugleich eine Änderung in der Ausbildung der Aufzunehmenden hin- sichtlich Ort, Art und Dauer mit sich bringen kann.
Geld-, Volks-und Landwirtschaft
Berliner Briefkurse.
100 holl. Gulden 168.75
100 sranz. Franken 16,47
100 schweiz. Franken 81,14
Börsenbericht.
SCB. Stuttgart, 26. Nov. Wegen großer Zurückhaltung lag die Börse heute sehr schwach bet nachgebenden Kursen.
L.C. Berliner Produktenbörse vom 28. Nov.
Weizen märk. 245—246,' Roggen mark. 179—181: Braugerste 187—203: Futtergerste 167—177: Hafer märk. 158 bis 167: Mais prompt Berlin 169—170,- Weizenmehl 29—34,75: Noggenmehl 25—27,75: Weizenkleie 10,50—11,25: Roggenkleie 9,40—10,15: Viktoriaerbsen 30—38: kl. Speiseerbsen 24 bis 28: Futtererbscn 21—22: Peluschken 20,50—22: Ackerboh- nen 19—21: Wicken 23—26: Lupinen, blaue 13,50—14,50: dto. gelbe 16.50—17ch0; Rapskuchen 18,50—19,- Leinkuchen 23,60 bis 23,80,- Trockenschnitzel 9—9,40: Sojaschrot 18,80—18,90,- Kartoffelflocken 15,40—16,60,- Nausutter: drahtgepreßtes Nog. genstroh 1,30—1,55,- desgl. Weizenstroh 1,25—1,40: desgl. Haferstroh 1,20—1,40,- bindsadengepreßtes Roggenstroh 1,30 bis 1,40,- desgl. Weizenstroh 1,20—1,40,- gebundenes Roggen- langstroh 1,45—1,60: Häcksel 2—2,20: Handel ^ 5l. Heu 2,90 biS 3,30,- gutes Heu, 1. Schnitt 3,40—4,00: Gerstenstroh 1,20—1,35; Klecheu, lose 4,40—4,90: Thymothee, lose 4,50—5. Allgemeine Tendenz: unregelmäßig.
Stuttgarter Schlachtviehmarkt.
Dem Dienstagmarkt am städt. Vieh- und Schlachthof wurden zug führt: 50 Ochsen, 44 Bullen, 278 Jungbullen <unver« kauft 10), 300 <301 Jungrinder, 238 Kühe, 1258 <70) Kälber, 2163 <120) Schweine, 17 Schafe. Erlös aus je 1 Ztr. Lebendgewicht: Ochsen a 53—56 jletzter Markt —), b 42—50 <—), Bullen a 49—52 <48—51), b 46-48 <45—47), c 43-44 142—44), Jungrinder a 53—57 <unv ), b 46—51 <unv.), e 42 45 <42 bis 44), Kühe a 40-45 <—), b 30—37 <—), c 23—38 <—), d 18-22 <—), Kälber b.73—78 <76-81), c 63—71 <66—74). d .'-0 -60 <5S bis 64), Schweine a fette über 300 Pfd. 84—85 <85—86) b voll- fleischige von 210—800 Psd. 84—85 <85—87), c von X>0—240 Pfund 83—84 <85-86), d von 160—200 Pfd. 82—83 <33-85), e fleischige von 120—160 Pfd. 80—81 <—), Sauen 62—70 <62 bis 72) Marktverlauf: langsam,- Ueberstand.
Errichtung eines MilchhoscS in Pforzheim.
Die Stadt Pforzheim beteiligt sich laut Stadtratsbeschluß mit einer Stammelnlage an der zu gründenden EMilchver- sorgung Pforzheim G. m. b. H.", die zur Erstellung und zum Betrieb eines Milchhofes in Pforzheim gemeinsam mit der Milchzentrale e. G. m. b. H. Pforzheim, der Schwarzwald- milchverkaussgenossenschaft e. G. m. b. H. Wildberg und der Milcherzeugergenossenschaft des Bezirks Pforzheim e. G. m. b. H. errichtet wird. Der neu zu gründenden „Milchversor- gnng Pforzheim G. m. b. H.* wird zur Erstellung und zum Betrieb eines Milchhofes der bisherige Lagerplatz des städtischen Tiefbauamts an der Erbprinzenstraße im Flächeninhalt von 53,10 Quadratmeter im Erbbaurecht überlassen.
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^ Neubulach * Danksagung
Allen denen, die uns bei unserem Brand»«- > glück Hilfe geleistet haben sowie für die viele« 1 Gaben von hier und auswärts sprechen wir ii auf diesem Wege unfern herzlichsten Dank aus.
1 Johs. Schöttle mit Familie.
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§ r. Bra«». Futzrmiimkhinung, NWld