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Nr. 279

Amts- unä Anzeigeblatt für äen Oberamtsbezirk calw

Mittwoch, den 27. November 1929

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102. Jahrgang

Reichshilfe für die Landwirtschaft

Die neue Zollvorlage

landsweizen und die Vorräte dies angezeigt erscheinen lassen.

TU, Berlin, 27. Nov. Amtlich wird mitgeteilt: In der letzten Woche sind in der Tagespresse widersprechende Mit­teilungen über den agrarpolitischen Inhalt der neuen Zoll­vorlage erschienen. Zur Beseitigung dadurch entstandener Zweifel wird nachstehend über den endgültigen Inhalt der Regierungsvorlage von zuständiger Stelle mitgeteilt:

Aus dem Getreidegebiet:

Die Preise für die Hauptgetreidearten sind znm Teil un­genügend. Der Erzeuger bekommt nicht die seinen Ge­stehungskosten entsprechenden Preise bezahlt, während an­dererseits der Verbraucher von den niedrigere» Preisen kei­nen Vorteil gehabt hat.

Die Reichsregierung beabsichtigt durch eine Reihe von Maßnahmen für die einzelnen Getreidearten di« Stabilisie­rung der Preise auf einem angemessenen Niveau zu er­reichen.

Es sollen deshalb für die Hauptgetreidearten und für die Erzeugnisse daraus bewegliche Zölle eingeführt werden. Als Normalzölle für Getreide sollen di« gegenwärtigen auto­nomen Zölle gelten. Eine Veränderung dieser Zölle soll eintreten, wenn jeweils für die Zeitdauer zweier Monate, die für die einzelnen Getreidearten festgesetzten Normal­preise überschritten oder unterschritten werdem In diesen Fällen werden bei Unterschreitung der Preise die gegenwär­tigen autonomen Zölle um je 2 Rm. erhöht, während sie bei überschreiten der Normalpreise um je 2 Nm. ermäßigt wer­den. Als Normalpreise werden bei Weizen und Braugerste Preise zwischen 250 und 270 Rm. und für Hafer und Roggen zwischen 220 und 240 Rm. je Tonne angesehen.

Der Mehlzoll wird in Zukunft auf das 1>Lfache des je­weils geltenden Weizenzolles bei einer Preisspanne von 8,75 Nm> festgesetzt.

Eine Stützung des Wcizenpreises wird außerdem durch die Beibehaltung des Vermahlungszwanges für Jnlands- weizen in der bisherigen Form auch für die zwei nächsten Monate erreicht werden. Die Absicht, den Vermahlungs­zwang für Weizen nach Ablauf dieser Monate ohne weiteres herabzusetzen, wie dies eine Tageszeitung berichtet hat, be. steht nicht, vielmehr ist vorgesehen, den Vermahlungszwang solange beizubehalten, als die Preisentwickelung für Jn-

Um eine weitere Handhabe für die Stützung der Roggen- prcise zu bekommen, soll ein verstärkter Anreiz zur Verfüt- ternng von Roggen gegeben iverden. Es soll Roggen, für dessen Verbilligung bis zu 20 Millionen Reichsmark bereit- gestellt werden sollen, aus den Erzeugergebieten des Ostens nach den Hauptverbrauchsgebicten, namentlich dem Westen gebracht und dort an Schweinemäster geliefert werden. Nur solchen Schweinemästern, die derartig verbilligten und ge­kennzeichneten Roggen beziehen, soll in Zukunft die Einfuhr von Futtergerste zu dem bisherigen niedrigen Zollsatz von 2 Nm. möglich sein. Im übrigen wird der Zollsatz von Fut- tcrgerstc auf 6 Rm. festgesetzt werden. Diese ganze Regelung soll aber nur für das Jahr 1930 gelten.

Es ist zunächst daran gedacht, den Zollsatz für Fnttergerste von 2 Rm. an die Bedingung zu knüpfen, daß für 7 Zentner Gerste 3 Zentner gekennzeichneter Roggen abgenommen wer­den müssen.

Die Neuregelung der Getreidezölle macht eS erforderlich, auch die Einfnhrschcine neu zu regeln. Wenn in Zukunft bewegliche Zölle in Kraft gesetzt werden sollen, besteht die Ge­fahr, daß das System der Einsuhrscheine zu Spekulationen auf Kosten der Reichskaffe ausgenutzt wird. Es ist deshalb notwendig, den Wert des Einfuhrscheins nach dem niedrig, sten für die Zukunft vorgesehenen Zollsatz zu bemessen. Das bedeutet, baß der Wert -er Einfuhrschein« bei Roggen und Hafer von 0 auf 5 Rm. und bei Weizen von 6,50 auf 5,50 Rm. herabgesetzt wird. Entsprechendes gilt für die Einfuhrscheine für Müllereierzeugnisse.

Vieh «nd Fleisch:

Entsprechend den Beschlüssen des Handelspolitischen Aus­schusses des Reichstages sollen die Zölle für Rindvieh auf 27 Rm. und für Schafe auf 22,50 Nm. je Doppelzentner, die Mindestzölle auf 21,60 Rm. und 22,50 Nm. festgesetzt werben. Hinsichtlich des Schwcinezolles wird davon ausgegangen, daß bei einem Preisstande von 7035 Rm. je Zentner Le­bendgewicht der gegenwärtige Zoll je Doppelzentner aus- reicht. Wird der Preis von 70 Rm. unterschritten, so wird der Zoll um 50 v. H. erhöht. Entsprechendes gilt für die Regelung des Mindestzvlles für lebende Schweine. Der gegenwärtige autonome Zoll für Fleisch (45 Rm. je Doppel­zentner) wird bcibehalten.

Tages-Spiegel

Die Reichsregiernng veröffentlicht die wesentlichsten Be­stimmungen der neue« Zollvorlage, welche die Getreide, «nd Flcifchproduktion der Landwirtschaft schützen sollen.

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Der AnSwärtigc Ausschuß des Reichstages nahm einen a»S. führlichen Bericht des Reichsautzenministers über die Haa. ger Berhandlnngen entgegen. Beschlüsse wnrden nicht ge, faßt.

Der BerwaltnngSrat de, Reichsbahn konnte infolge der Un» sicherheit der Finanzlage «nr ei« vorläufiges Finanznot. Programm berate«.

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Wie verlautet, wird anch die Schweiz an der zweiten Haager Konferenz teilnehme«. Die Einladung steht in Zusammen, Hang mit de» Beratnnge« über die Einrichtung der inter» nationalen Bank in Basel.

In Paris fand gestern eine interministerielle Besprechnng statt, auf der die großen Frage« der bevorstehende« Kon. ferenze«, insbesondere der Londoner Flottenkonferenz, behandelt wurde«.

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Italien besteht auf Flottengleichheit mit Frankreich, «ähren» die französische Negiernng entschlossen ist, die in ihre« Interesse liegende Flottenstarke mst allem Nachdruck z« verteidige«.

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China ist bereit, mit Rußland über die Einstellung der Feind» feligkeite« «nd über die Ostbah« z« verhandeln.

Zusammentritt

des Auswärtigen Ausschusses

Cnrtius über die Haager Konferenz.

TU Berlin, 27. Nov. Der Auswärtige Ausschuß de- Reichstages trat unter dem Vorsitz des Abgeordneten Scheide­mann (Soz.) am Dienstag vormittag zu einer Sitzung zu­sammen, die der Besprechung der Haager Kon­ferenz un- der Polenfrage gewidmet war. Von der Neichsreglerung nahmen Reichsaußenmtnister Dr. Cur» tius, Reichsverkehrsminister Dr. Stegerwald, Minister für die besetzten Gebiete Dr. Wirth «nd Reichssinanzmtnistcr Dr. Hilferding an der Sitzung teil, voraussichtlich auch heute noch fortgesetzt werden.

Im Laufe der Sitzung machte der Vorsitzende den Vor» schlag, die Tagesordnung insofern zu ändern, daß zunächst nur die Verhandlungen im Haag besprochen werden sollen und- die Polenfrage als besonderer Verhandlungspunkt danach zur Erörterung gestellt werden solle. In diesem Sinne be­schloß'der Ausschuß. Hierauf erstattete Reichsminister des Auswärtigen, Dr. Eurtius, einen ausführlichen Bericht über die Haager Augustkonferenz und die wettere Entwick­lung der Arbeiten zur Vorbereitung der Schlußkonferenz. Die Aussprache, die gegenwärtig noch andauert, wurde durch umfangreich« kritische Aeußerungen des Abgeordneten Graf Westarp (Dntl.) eröffnet. Als weitere Redner sprachen Ab­geordneter Freiherr von Rheinbaben (DBP.) und Abgeord» neter Stöcker (Komm.).

Im weiteren Verlauf der Sitzung sprachen noch die Ab­geordneten Breitscheid (Sozialdemokrat), Dernburg (Demo-- krat), Ulitzka (Zentrum), v. Freytagh-Loringhoven (Deutsch- national), Dr. Schnee (Deutsche Bolkspartei), David (So­zialdemokrat), Dr. Bredt (Wirtschastspartei). In der Dis­kussion nahmen di« Reichsminister Dr. Hilferding, Dr. Wirth und Dr. Stegerwald sowie nochmals Dr. CurttuS daS Wort. Beschlüsse wurden nicht gefaßt. Heute werden die polnischen Verhandlungsfragen behandelt werden.

Die Kämpfe im Fernen Osten

Der russische Vormarsch wird fortgesetzt.

TU Tokt», 27. Nov. Nach Meldungen aus Charbin setzen die russischen Truppen ihren Vormarsch gegen diese Stadt fort. Nach mehrstündigem Kampf gelang es den Russen, eine Eisenbahnstation 270 km östlich von Charbin zu besetzen. Russische Kavallerie versucht, die ganze Eisenbahnstrecke bis Charbin zu besetzen. 15 000 Chinesen sollen gefangen genom­men worden sein. Das Hauptquartier dar roten Armee be­findet sich nunmehr auf chinesischem Gebiet in Hatlar.

Die Nailkingregicrung an den Völkerbund und die Kellogg- paktmächte.

Die Nankingregierung hat an den Völkerbund und die Unterzcichnermächte des Kelloggpaktes einen Aufruf erlassen, in dem die Nationen dringend aufgefordert werden, ein wei. teres Vordringen der sowjetrussischen Armeen ans mandschn- rischem Gebiet zu verhindern und Rußland für Len als be- wußte Verletzung des Kellvggpnkies bezeichnetcu Einmarsch auf chinesisches Gebiet zu bestrafen.

Ausbau der Sparkontrolle im Reich

Ein Spardiktator

für die Reichs- uud Landesbehörden?

TU Berlin, 27. Nov. Der Haushaltsausschuß des Reichs­tages beschäftigte sich gestern mit einem volksparteilichen Antrag, der die Einsetzung eines Spardiktators fordert. Der Antrag verlangt im wesentlichen, daß der Reichssparkom- miffar eine der Reichsregierung gegenüber selbständige, nur dem Gesetz unterworfene oberste Reichsbehörde ist. Der Kommissar nimmt an den Sitzungen der Reichsregierung mit beratender Stimme teil und kann in allen organisatori­schen, finanziellen und sonstigen mit seinen Aufgaben in Ver­bindung stehenden Angelegenheiten Anträge stellen. Er ist auch befugt, sich an den Sitzungen des Reichstags, des Reichs- rates und des Neichswirtschaftsrates, sowie ihrer Ausschüsse zu beteiligen, oder Beauftragte in diese zu entsenden. Gut­achten kann er auf Aufforderung von sich aus abgeben. Eine Entscheidung gegen das Gutachten des Reichssparkommissars soll letzten Endes nur möglich sein, wenn sie von der Mehr­heit sämtlicher Kabinettsmitglieder beschlossen wird und der Reichskanzler mit der Mehrheit stimmt. Der Neichsspar-

kommtssar tst berechtigt, in allen Verwaltnngszweigen de» Neichsbehörden Prüfungen «nd örtliche Besichtigungen vor- znuehmcn, ebenso mit Zustimmung de, Laiidesregiernnge» i» den Landes- nnd Gemeindebehörden.

Der Ausschuß beschloß, den Antrag über die Ernennung eines Spardiktators zunächst zurückzustellen und ihn in einer besonderen Sitzung in der nächsten Woche zu beraten Im übrigen wurde die Novelle zur Haushaltsordnung ohne we­sentliche Aenöerungen endgültig angenom aen. Eine neue Fassung wurde für die Beteiligung des Reiches an gcwerb- lichen oder wirtf h rlclicken Unternehmungen gewählt. T ar- nach soll sich bei der Gründung solcher Gescllscha)lcn das Reich durch geeignete Abmachungen den erforderlichen Ein- fluß sichern. Es soll erforderlichenfalls Vertreter in den Aufsichtsrat entsenden und die Beteiligung davon abhängig machen, baß die Prüfung des Unternehmens durch Treuhanü- gesellschaften erfolgt.

Ein Finanznoiprogramm der Deutschen Reichsbahn

TU. Berlin, 27. Nov. Die Deutsch« Reichsbahngesellschaft teilt mit: Am 26. und 26. November tagte der Verwaltungs­rat der Deutschen Neichsbahngesellschaft in Berlin. Im Vor. dergrund der Beratungen stand wie bei den letzten Sitzungen die finanzielle Lag« der Gesellschaft. Die Jahreseinnahme« bis Ende Oktober decken die Ausgabe« nur, nachdem diese in einem auf die Dauer nicht erträglichen Maß gedrosselt worden sind. Die Verkehrsentwickelung läßt auch für den Nest des Jahres ein besseres Ergebnis nicht erwarten. Die fortbestehende Unmöglichkeit der Aufnahme neuen Kapitals hindert weiter die dringend nötige Verbesserung der Anlagen zur Anpassung an die Erfordernisse der Wirtschaft un- zur Ehöhung der Sicherheit Eine durchgreifende Besserung der Finanzlage der Reichsbahn, sei es durch eine Minderung der anf ihr liegenden Lasten ober durch Tariferhöhung, bleibt also nach wie vor erforderlich. Unter diesen Verhältnissen war es der Hauptverwaltung nicht möglich, dem Verwaltungsrat einen Voranschlag für das ganze kommende Jahr vorzulegen, der ohne Fehlbetrag abschließt. Die Beratungen mußten sich deshalb auf ein vorläufiges Finanznoiprogramm für die nächsten Monate beschränken.

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Das Schicksal der Rußland-Auswanderer

TU Berlin, 27. Nov. An Berliner zuständiger Stelle wird die Meldung bestätigt, daß die Sowjetregierung die Ausreiseerlaubnis den noch vor Moskau liegenden deutsch, russischen Bauern erteilt hat. Wie aus einem Bericht der deutschen Botschaft hervorgeht, liegen zur Zeit jedoch nur noch 3 bis 4000 deutsch-russische Bauern vor Moskau, wäh­rend die übrigen Bauern, also insgesamt etwa 9000, bereits zurückgeschafft worden sind. Die Sowjetregierung soll sich bereit erklärt haben, Maßnahmen zur Wieöerseßhastmachung dieser Bauer», die ihr ganzes Hab und Gut verkauft haben, zu treffe».