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vir. 278
Dienstag, den 26. Vrovember 1829
102. Jahrgang
Das Ergebnis des Volksbegehrens
Das endgültige Resultat
TU. Berlin, 26. Nvv. Der Neichswahlausschuß stellte einstimmig fest, baß zu dem Volksbegehren 4135 Süll unzwcisel- Haft gültige Eintragungen erfolgt sind. Er stellte ferner fest, daß damit die erforderliche Zahl von Eintragungen, nämlich mindestens 10 v. H. aller Eintragungsberechtigten, erreicht ist. Der Ausschuß faßte dann noch folgende Beschlüsse: Zurücknahme von Eintragungen ist unzulässig. Eintragungen, die außerhalb der von den Gemeindebehörden bestimmten Anstalten und bekanntgegebenen Eintragungsräumen vollzogen wurden, sind ungültig. Die erforderliche Zahl ist «m etwa 8999 Eintragungen überschritten.
Die gültigen Eintragungen verteilen sich wie folgt:
1. Wahlkreis Ostpreußen 319 000 Eintragungen, 23,79 vom Hundert der Stimmberechtigten; 2. Berlin 95 616 (6,21s; 8. Potsdam 2 130 610 (10,16); 4. Potsdam 1 190 583 (15,00); 5. Frankfurt a. Oder 201 232 (19,05); 6. Pommern 885 757 (32,91); 7. Breslau 161201 (13,31); 8. Liegnitz 109 913 (13,92); V. Oppeln 61901 (7M); 10. Magdeburg 181437 (13,56); 11. Merseburg 171341 (18,59); 12. Thüringen 241378 (16,38); 13. Schleswig-Holstein 140 857 (13,53); 14. Weserems 112 045 (11,71); 15. Ost-Hannover 134 532 (19,80); 16. Süd-Hannover- Vraunschwcig 148 739 (11,04); 17. Westfalen-Nord 59 881 (3,35); ^.8. Westfalen-Süd 51159 (3,19); 19. Hessen-Nassau 89 679 (5,46); 20. Köln-Aachen 18 881 (1,31); 21. Koblenz-Trier 9916 (1,28); 22. Düsseldorf-Ost 29 370 (2,01); 23. Düsseldorf-West 85 412 (3,16); 21. Oberbayern-Schwaben 69 101 (4,90); 25. Nie- derbaycrn 19 522 (2,46); 26. Franken 215 070 (13,27); 27. Pfalz
16 691 (2,83); 28. Dresden-Bautzen 1r2 701 (9,45); 29. Leipzig 82 397 (8,98); 30. Ehemnitz-Zwickau 198 449 (15,90); 31. Württemberg 110 546 (6,44); 32. Baden 33 008 (2M); 33. Hesscn- Darmstadt 27 700 (3,01); 31. Hamburg 35 WO (4,02); 35. Meck- lenburg 122 752 (20,86). Das sind zusammen 4 135 300 oder 10,02 vom Hundert.
Tie ungültige« Eintragungen.
Nach den im Büro des Neichswahlleiters getroffenen Feststellungen sind im gesamten Eintragungsgebiet 4135 300 unzweifelhaft gültige und 24 326 ungültige und zweifelhaft gültige Eintragungen vollzogen. Von den 24 326 ungültigen und zweifelhaft gültigen Eintragungen sind 8119 Eintragungen von den AbstimmungsauLschüsscn für gültig und 21207 Eintragungen für ungültig erklärt worden.
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Die Vorbereitungen für den Volksentscheid.
Der Reichsminister des Innern hat die Landesregierungen durch Rundschreiben ersucht, die Gemeindebehörden anzuweisen, unverzüglich mit der Anlegung der Stimmkartcien und Stimmlisten für einen Volksentscheid am 22. Dezember zu beginnen. Die Vorarbeiten sollen so beschleunigt werden, daß Sie Stimmkarteien vom 8. bis 15. Dezember zur allgemeinen Einsicht ausgelegt werden können. In den Ländern, in denen erst kürzlich Landtags- oder Kommunalwahlen statt- gefunöcn haben oder noch vor dem Volksentscheid stattfinden werden, wo also die Stimmkartcien und Stimmlisten lediglich auf den Stichtag des 22. Dezember zu berichtigen und zu ergänzen sind, wird die Auslegungsfrist nach den Vorschlägen der beteiligten Landesregierungen bemessen iverden.
Vorbereitungen zum Volksentscheid
Die Reichsregierung zum „Freiheitsgesetz"
TU Berlin. SS. Nov. Amtlich wir- mitgcteilt: Nachdem der NcichSwahlausschuß scstgestellt hat, daß bas Volksbegehren „Frcihcitsgcsetz" zustande gekommen ist, hat der Neichsminister des Innern auf Beschluß der Neichsregiernng den Gesetzentwurf heute dem Reichstag unterbreitet.
In dem Vorlageschreiben wird der äußere Verlauf des bisherigen Verfahrens geschildert. Dem Schreiben sind vier Anlagen beigefttgt, der Gesetzentwurf, die Bekanntmachung des Neichswahlleiters über das endgültige Ergebnis des Eintragungsoerfahrens, die Stellungnahme der Reichsregie, rung zu dem Gesetzentwurf sowie eine gutachtliche Aeutze- rung zur Frage der Verfassungsmüßigkeit des Entwurfes.
D»c Stellungnahme der Reichsrcg'.erung zu dem Ent. wurf eines „Gesetzes gegen die Versklavung des deutschen Volkes" lautet:
„Das Volksbegehren macht den Versuch, die Linien der deutschen Außenpolitik für di« Zukunft in weitem Umfang durch ein Reichsgesetz fest zulegen. Ein derartiger Eingriff in die Handlungsfreiheit der Reichsregierung ist schon an sich ein Beginnen, das mit einer gedeihlichen Führung der Staatsgeschäfte unvereinbar ist.
Noch ernster sind die Bedenken, die gegen den Inhalt der einzelnen Bestimmungen des begehrten Gesetzentwurfes spre- chen. Der Entwurf ist ausgebaut auf de« Gedanken, daß durch de« einseitige« schriftliche» Widerruf der Bestimmungen des Vertrags von Versailles über die Schuld am Kric- eine «e«e Grundlage für die Erreichung der Ziele der deut- scheu Außenpolitik geschaffen «»erden könne und müsse. Er geht davon aus, daß auf dieser Grundlage die förmliche Beseitigung jener Bertragsbcstimmunge» die sofortige und bedingungslose Befrc- ^g der besetzte« Gebiete und «tue vorteilhafte Regelung der Rcparatiousfrage zu erziele» sei. Diese Annahme ist falsch.
Jede deutsche Negierung hat den einseitigen Schulb- spruch des Vertrags von Versailles in feierlichen Erklärungen zurückgewiesen und mit fortschreit5nbem Erfolg die gegebenen Möglichkeiten benutzt, um die Welt über die wahren Ursachen des Krieges auszuklären. Dir Ncichsrcgierung wird selbstverständlich auch in Zukunft alles, was in ihrer Macht steht, tun, um die Kriegsschuld- frage zur endgültigen Lösung zu bringen. Sie muß jedoch in der Wahl der Mittel und des Zeitpunktes ihrer Anwendung die Entschließungsfreiheit behalten.
Die deutsche Außenpolitik hat iu den vergangene« Jahren »hx ganzes Bemühe« darauf gerichtet, de» Anspruch Deutschlands auf alsbaldige Befreiung der besetzten Gebiet durchzusetzr«. ES hat sich erwiesen, daß sie ohne gleichzeitige Neuregelung der Rcparatiousfrage nicht möglich war. Die Lossagung von de« aus der Haager Konferenz getroffene» Vereinbarungen würde deshalb die Räumung des Nhein- landcs völlig inS Ungewisse stellen «nd eine schnelle Regelung der Saarsrage unmöglich mache«.
In der Entwicklung der Neparationsfrage sieht die Neichsregiernng dev Bericht der Sachverständigen vom
7. Juni 1929 trotz ihrer schweren Bedenken gegen die darin vorgesehene Belastung Deutschlands als einen Fortschritt gegenüber der jetzt geltenden Regelung an. Eine endgültige Stellungnahme zu dem Bericht, sowie die Würdigung seiner Einzelheiten muß Vorbehalten bleiben, bis die im Gang befindlichen internationalen Verhandlungen über seine Inkraftsetzung abgeschlossen sind. Schon jetzt kann aber sestge- stcllt werden, daß der Bericht eine Ermäßigung der deutsche« Zahlungen und die Beseitigung der fremde« Anfsichtsinstan- zen vorschlägt. Ans diesem Grund hat sich die Reichsregierung in Uebrreinstimmung mit der überwiegenden Mehrheit des Reichstags entschlossen, auf der Grundlage des Planes t« die internationalen Verhandlungen einzutreten. Sie ist auch heute noch der Ueberzeugung, daß die Rückkehr zu der Regelung des Dawesplans für Deutschland eine sehr viel schwerere Belastung bedeuten würde.
Die Strafbestimmung des Entwurfs will grundsätzliche Entschließungen der deutschen Außenpolitik dem Urteil des Strafrichters unterstellen. Darüber hinaus soll diese Bestimmung aber, wie ihre Begründung zeigt, dem Ziel dienen, die bisherige deutsche Außenpolitik «nd ihre verantwortlichen Träger zu entehren.
Die Kontrolle über die Führung der Politik durch Reichskanzler und Reichsminister liegt verfassungsmäßig beim Reichstag. Von seiner Entscheidung in Form des Miß» trauensvotumS oder der Ministeranklage ist die Fortsetzung der Politik abhängig. Die Zuchthausandrohung des Ent» wnrfs mit ihren strafrechtliche» Rcbenvirknngc« bedeutet die Umformung eines rei» politischen Tatbesta,ldeS i» eine« kriminellen; mit ihr wird bewntzt das Ziel »erfolgt, den »er, faffungsmäßigcn Kontrolle« der Rcichspolitik die ausschlaggebende Bedeutung zu nehme». Das ist mit dem Sinn und Zweck des parlamentarischen Systems nicht vereinbar.
Bei der Annahme des Gesetzentwurfes würde sich sofort erweisen, daß auf seiner Grundlage eine den deutschen In. tereffen dienende Führung der Außenpolitik unmöglich ist. Die i« den »ergangenen Jahren wiedererrnngeue Stellung Deutschlands wäre zerstört; jede Aussicht ans die Verwirklichung der in dem Entwurf festgcstellten Ziele wäre abgeschnitten. Diese Ziele können wie bisher auch in Zukunft «nr auf de« Wege der Verständigungspolitik erreicht werden. Die Neichsregiernng spricht sich deshalb mit aller Entschiedenheit gegen die Annahme deS Gesetzentwurfes ans.
Die gutachtliche Äußerung zur Frage der Verfassungs- Mäßigkeit -es „Freiheitsgesetzes" führt auS:
„Der Gesetzentwurf ist versassungsändernd."
Die Bestimmung des 8 1 verpflichtet dte Reichsregierung, den auswärtigen Mächten in feierlicher Form Kenntnis davon zu geben, daß bas erzwungene KricgSfchnldancrkenntnis des Versailler Vertrages völkerrechtlich unverbindlich ist. Damit wird die Neichsregiernng beauftragt, eine völkerrechtlich rechtSerhebliche Erklärung für bas Reich abzngeben. Das steht im Widerspruch mit Art. 45 der Reichsverfassung, nach dem der Reichspräsident das Reich völkerrechtlich vertritt und somit ausschließlich befugt ist, völkerrechtliche Erklärungen für das Reich abzugebeu.
Tages-Spiegel
Der Ncichswalilausschuß hat festgestellt, daß das Volksbegeh, reu 8909 Eintragungen über die erforderliche Zahl hinaus erreicht hat; das „Freiheitsgesetz" kommt also vor den Reichstag.
Die Neichsregiernng hat ihre ablehnende Stellungnahme zum Gesetzentwurf „Freihcitsgesetz" dem Reichstag zu, gehen lassen.
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Als Vorspiel zur Neichstagssitzung am Mittwoch fand eine Ministerberatung über den Etatsplan «nd eine Besprechung des Kanzlers mit den Parteiführern über die Behandlung des „Freiheitsgesctzes" statt.
o
In Essen ereignete sich eine schwere Gasexplosion, der bis jetzt drei Tote znm Opfer gefallen sind.
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Das belgische Kabinett Jaspar ist zurückgetrete«, da eine Einigung über die Flamcnfragc nicht z« erzielen war.
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Der chinesische Marschall Feng hat seine Offensive gegen di« Nanking-Negierung abgebrochen. Man vermutet, daß er mit Geld abgefunde« worden ist.
Der Entwurf enthält Eingriffe der Gesetzgebung in die auswärtige Politik. Damit steht er iin Widerspruch zu dem Grundsatz der Trennung der Gewalten, auf dem die Reichs. Verfassung beruht. Stach der Verfassung ist es Sache des Reichspräsidenten, völkerrechtliche Akte vorzunehmen (Art. 45 der Reiche-verfassung) und Sache des Reichskanzlers, die Richtlinien der Politik zu bestimmen (Art. 56). Nach dem Ent. wurf soll die Gesetzgebung die Initiative für einen den auswärtigen Mächten gegenüber namens des Reiches vorzunch. mcnden völkerrechtlichen Akt ergreifen (8 1), soll Richtlinien für die Rcichspolitik aiifstellen (8 2) und soll die Initiative der berufenen Organe in bestimmter Hinsicht ausschließen (§8 3 und 4).
Zur Annahme des Gesetzes durch Volksentscheid ist demnach gem. Art 76, Abs. 1, Satz 4 der NcichSversaffnng die Zustimmung der Mehrheit der Stimmberechtigte» erforderlich.
Die Deutschrussen dürfen auswandern
TU. Berlin, 26. Nov. Wie Berliner Blätter aus Mos. kau melden, hat der Rat der Volkskommissare in seiner Sitzung am Montag beschlossen, den noch vor Moskau und Leningrad befindlichen deutschen Kolonisten die Auswanöe« rungserlaubnis nach Deutschland zu erteilen. Unter den deutschen Kolonisten rief die Nachricht, daß sie nun doch noch auswandern dürften, die größte Freude hervor. Ter Vc- schluß wnrde dem deutschen Botschafter sofort mitgeteilt.
Furchtbares Explosionsunglück in Essen
Eine Markthalle zerstört.
TU. Essen, 26. Nov. Ein furchtbares Explosionsunglück ereignete sich am Montag morgen gegen 10 Uhr auf dem Weber-Platz, tm Zentrum der Altstadt Essen, wo gerade Markt abgehalten wurde. Die Explosion ist offenbar auf LaS Undtchtwerde« einer Gasleitung zurückzuführen. Mit furcht, barem Getöse stürzte ein auf dem Wrberplatz stehendes massives, einstöckiges Marktgebäuöe zusammen. Durch die Gewalt der Explosion wurden auch die umliegende» Häuser im Umkreis bis zu 100 Metern, insbesondere die gegenüberliegende 10 Meter entfernte Häuserreihe, schwer beschädigt. Nahezu sämtliche Fensterscheiben sind zertrümmert. Schwere Steine des Zusammenstürze«-«» Gebäudes wurde» in die Wohnungen «nd Läden geschleudert. Die Unglücksstelle bietet ein Bild wüster Zerstörung.
Der Poltzeibertcht über das ExplosionSunglück teilt mit, daß drei Person«» getötet worden sind, während S1 Per, sone« verwundet in Krankenanstalten Ausnahme fanden.
Nach den Mitteilungen der zuständigen Stellen hat sich die Ursache des Unglücks noch nicht feststellen lassen. Die Ermittlungen sind dadurch sehr erschwert, daß der Kaufmann Löwenchal, der in dem zerstörten Gebäude ein Haushaltwarengeschäft betrieb, seine beiden Söhne und zahlreiche andere Personen, di« vieltes wertvolle Angaben machen könnten, verletzt und zum größten Teil vernehmungsunfähig sind. Festzustehen scheint, daß der Explostonsherd im Keller des Gebäudes liegt. _
Die Kämpfe im Fernen Osten '
Rascher Vorstoß der Russe» an der »sichinesischs« Bahn.
TU. Tokio, 26. Nov. Nach Meldungen aus Charbin hat die rote Kavallerie am Sonntag das Hauptquartier der chinesischen Armee Muli» (zwischen Charbin und Pogranitschnaja) an der ostchtnesischen Bahn erreicht. Die russischen Truppen sollen bei der Einnahme von Tschailar mehr als 10000 Ge- fangen« gemacht habe«. Die rote Armee nahm viele Weiß, gardiste» gefangen und erschoß sie ohne Gerichtsverfahren.