MM

M-ÄM

-^'!u

Wäldkl

MSbsder knieiger und lageblall

mit Erzähler vom schmarzwalö / Erste Tageszeitung des Vbersmls llleuenbürg

Erscheint Werktags

i!

M « Mchn lilkMmWe

Telephon jllr.4)

Verkünüigungsblsll der König!. jfgrstömler Wjldbsdi Deiflern etr.

veüeUgebükriii dkiStaütmerteyökrl.M.ITS. monlltlick45pfg. ! kUi,eigen nur S pfc>., von auswärts 10 pfg., die kleinfpaMgr ^

» Le, alten würliemberqilchen postansialten ,»,S Mdoten im Vrts- r Sarmond,eilc oder deren Kaum. Keklamen LS pfg. die petitfeile. :

i und Nachbnrortsverkehr vierteljädrlili, >Nt 11L, mikeryalb des- t Lei Wiederholungen entsprechender ttabatt. Lröhere Aufträge nach ^

selben f»k. 1.15, hir,n vestellgelü pfg. / / , , / t / Übereinkunft. Telegramm.Adresse: freier Zchwarzwälder.

-r». so»

AiitNoorti» d<en 9 Teptcruber >9>4

»1. Jahrg.

Dem englischen Volke gehen die Augen auf

Nach John Burns, der seinen Rücktritt ans dem englischen Ministerium mit einer wuchtigen Anklagerede gegen Dir Edward Grey begründete, tritt der Arbeiter­führer Ramsey Macdonald als Ankläger wider den ge­lehrigsten Schüler des Einkreisungspolitikers Eduards VIl. auf. JurLabour Leader" hält Macdonald mit Krey eine Abrechnung, die derNieuwc Rotterdamsche Courant" übermittelt. Macdonald spricht es darin mit erfreulicher Deutlichkeit aus, Greys Politik sei ein Un­glück für England, sic habe während der letzten acht Jahre nichts anderes bedeutet als eine andauernde Bedrohung des europäischen Friedens. Seit 1906 habe Grey sich erst mit Frankreich, dann mit Rußland so tief in mi­litärische Abmachungen eingelassen, daß er nicht mehr zurückgekonnt habe. Deshalb habe er sich geweigert, mit dem deutschen Botschafter über die Frage der eng­lischen Neutralität zu verhandeln. Belgien sei ihm nur der Vorwand gewesen, England in den Krieg zu treiben. Macdonald beschuldigt Grey wie Asquith, dem Parla­ment nicht die volle Wahrheit gesagt zu haben. Was sie sagten, sei irreführend gewesen; als Asquith und Grey im Parlament versicherten, daß England durch seine Entente mit Frankreich keine Verpflichtungen habe, sei das dem Buchstaben nach wahr, der Sache nach aber unwahr gewesen:

Aus der Rede Greys von, 3. August und aus dem Viau- bnch kann man ersehen, wie die Entente England in ihre Rehe verstrickt hat. Bo» 1906 ab' gab es einen regelmäßigen Ge­dankenaustausch zwischen französischen und englischen Hecres- imd Marineführern. Es entstanden Pläne sür eine Koo­peration zu Wasser und zu Lande. In Uebereinstimmung mit diesen Plänen ließ die französische Flotte die Nordküste Frankreichs unbewacht. Die Pläne waren überdies aus die Vorstellung gegründet, daß Belgiens Neutralität in einem allgemeine'» Kriege nicht respektiert werde, roechs Jahre lang hat dieser Gedankenaustausch stattgefunden. Die Pläne wurden nach Petersburg gesandt, und ein Großfürst, der Beziehungen zu der deutschen Partei in Rußland hatte, soll sie nach Berlin gesandt haben. Deutschland wußte all diese Jahre, daß zwischen England und Frankreich militärische Vereinbar­ungen getroffen worden sind, und daß Rußland leine mili­tärischen Operationen damit führen soll. So ucf hatten wir uns in das französisch-russische Bündnis einoemischt. daß uns

Sir Grey am 3. August sagen mußte, wenn unsere Hände

frel seien, so wäre doch Unsere Ehre gebunden.

So widerstandslos hatte sich England verpflichtet, für Frank­reich und Rußland zu Kümpfen, daß Sir Grey den Versuch Deutschlands, uns außerhalb des Streites zu halten, kurzer­hand abwies. Deshalb konnte er nicht die ganze Wahrheit dem Parlament sagen. Er hat uns verschwiegen, daß nicht die Unabhängigkeit, sondern nur die Neutralität Belgiens gefährdet war und lieh uns glauben, die Unabhängigkeit dieses Staates wäre gerade so gefährdet, wie seine Neutralität. Auch er hat uns das Gespräch mit dem deutschen Botschafter vom 1. August nicht mitgeteilt. Und warum? Weil Sir Grey, ohne Mitwissen der Nation, England so sehr an Frankreich und Rußland gebunden und sich verpflichtet hat, an der Seite die­ser Mächte zu Kämpfen, daß er nicht mehr in der Lage war, über Neutralität zu verhandeln."

Englische Jingoes haben einst Gladstone mit dem Namen desReichsverderbers" bedacht. Mit mehr Eifer und mehr Aufsicht ans Erfolg ist offenbar Grey bemüht gewesen, sich diesen Ehrentitel zu verdienen. .

Russische Truppen unterwegs nach Frankreich l

GKG. Der Kapitän eines schwedischen Dampfers war ii der Lage, einiges über die Vorgänge in England mitzuteilen Er erzählte, daß er während des Aufenthalts in Hartlepoo zuverlässiger Quelle zu wissen erhalten hätte, daß groß, russische Truppentransporte während der letzten Tage in Bw kenhead, Liverpool und Aberdeen angesagt worden sind. D>< Ausschiffung, die von Archangel auf englischen Truppentraus- sorlschiffen unter Begleitung eines großen englischen Geschwa- Vers sich vollzogen habe, sei glatt vonstatten gegangen. Ein schwedischer Dampfer, der auf dem Wege nach Härtlcpool war, vurdc von einem englischen Kreuzer angehalten und nach deut- /ckeii Kriegsschiffen gefragt. Nach mehrfachen Mitteilungen soll d,c Zahl der russischen Truppen 7080 000 betragen. Die Trup­pen sollen nach der Landung zunächst mit der Eisenbahn nach Da- oonport ani Kanal gebracht worden sein, um von dort aus nach Brest und Cherbourg ins nördliche Frankreich weiter befördert zu werden. Dieser Transport vollzog sich in größter Heimlichkeit.

GKG. Aus Kopenhagen wird noch mitgeteilt, das; in Stockholm Meldungen eingcgangcn sind, denen zufolge 250 000 Russen in Archangel eingcschifft wurden, um in England an Land gesetzt zu werden.

Bon den östlichen Kriegsschauplätzen.

W. T.--B. Sofia, 7. Sept. (Nicht amtlich.) Ein hier eingetroffener verwundeter Serbe, der einige Ge­fechte gegen die österreichisch-ungarischen Truppen mit­gemacht hat, erzählt imKambana": Alle Gekerbte sind

mit matzwser Erbitterung geführt woroen. Die öster­

reichische Infanterie versteht es großartig, sich zu mas­kieren. Tie Soldaten sind viel weniger exponiert ge­wesen als bei uns. Unfaßbar bleibt den serbischen Offi­zieren die Treffsicherheit der österreichischen Artillerie. Merkwürdigerweise haben wir bei allen Gefechten öster­reichische Artillerie nicht zu Gesicht bekommen, obwohl sie furchtbare Verheerungen in unseren Reihen verur­sachte. Tie serbischen Geschütze erwiesen sich demgegen­über völlig machtlos. Ties bringt die Offiziere zur Verzweiflung.

Die Räumung Lembergs.

W. T.-B. Wien, 7. Sept. Amtlich wird gemeldet: Am 3. September beschossen die Russen die in weitem Umkreis um die Stadt Lemberg errichteten Erdwerke. Unsere Truppen waren jedoch bereits abgezogen, um die offene Stadt vor einer Beschießung zu bckvahren, und «weil auch Ofsensivrücksichten dafür sprachen, Lemberg dem Feinde ohne Kampf zu überlassen. Das Bombar­dement hat sich sonach nur gegen unverteidigte Stel­lungen gerichtet. Tie Armee Dankt ist neuerdings in heftigem Kampfe. In der sonstigen Front herrscht nach den großen Schlachten der vergangenen Woche verhält­nismäßig Ruhe. Ter Stellvertreter des Chefs des Ge­neralstabes v. Höfer, Generalmajor.

Ausbildung der Jahresklasie 1914 und 1915 in Frankreich.

W. T.-B. Paris, 7. Sept. Gestern wurde ein amtliches Dekret veröffentlicht, das bestimmt, daß die Jahresklasse 1914 ansgebildet und nach Verlauf von einigen Monaten mobilisiert und sofort durch die Jahres­klasse 1915 ersetzt werden soll, die ihrerseits in der Weise ausgebildet werden soll, daß sie, sobald es irgend möglich ist, ohne Verzug ins Feld rücken kann.

Minengefahr in der Nordsee.

W. T.-B. London, 7. Sept. Tie Admiralität gibt bekannt, daß der Passagierdampfer Runo der Wilsvnlinie am 5. September nachmittags nahe der englischen Ostküste auf eine Mine gelaufen und gesunken sei. Tie Bemannung und die Passagiere seien gerettet bis auf etwa 20 Russen, die aus Paris ge­flüchtet waren.

Ka fühel .

Eine Dorfgeschichte von Berthold Auerbach.

K6 Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)

Am andern Morgen in der Frühe erzählte Amrei dem Johannes glles, was die Eltern ihr gesagt und gegeben hatten, und Johannes jubelte:O Gott im Himmel, verzeih mir! Von meiner Mutter hätt' ich so was glauben können, aber von meinem Vater hätte ich mir das nie träumen lassen. Tu bist ja eine wahre Hexe, und schau, es bleibt dabei, daß wir keinem vom andern etwas sagen, und das ist noch das Prächtige, daß eins das andere anführen will, und jedes ist wirklich ange­führt, denn jedes muß meinen: Tu habest das andere Geld noch wirklich im geheimen für dich gehabt. Juchhe! Das ist lustig zum Kehraus."

Mitten in aller Freude im Hanse herrschte aber doch auch wieder allerlei Besorgnis.

XX.

Nicht die Sittlichkeit regiert die Welt, sondern eine verhärtete Form derselben: die Sitte. Wie die Welt nun einmal geworden ist, verzeiht sie eher eine Verletzung der Sittlichkeit, als eine Verletzung der Sitte. Wohl den Zeiten und den Völkern, in denen Sitte und Sittlichkeit noch eins ist. Aller Kampf, der sich im großen wie im kleinen, im allgemeinen wie im einzelnen abspiclt, dreht sich darum, den Widerspruch dieser beiden wieder auf- piheben und die erstarrte Form der Sitte wiederum für innere Sittlichkeit flüssig zu machen, das Geprägte "ach seinem inneren Wcrtgehalte neu zu bestimmen.

Auch hier in dieser kleinen Geschichte von Menschen, dle^dcm großen Weltgewirre abseits liegen, spiegelt sich das wiederum ab.

, Dste Mutter, die innerlich am meisten sich freute mit der glücklichen Erfüllung, war doch wieder voll eigen­tümlicher Besorgnis wegen der Weltmeinnng.Ihr habt's ooch leichtsinnig gemacht," klagte sie zn Ämrei,daß du Hlws gekommen bist, und daß man dich nicht ab- kann zur Hochzeit. Das ist halt nicht schön und w nicht der Brauch. Wenn ich dich nur noch fortschicken auf einige Zeit, oder auch den Johannes, daß alles mehr Schick bekäme." Und dem Johannes klagte sie:

Ich höre schon, was es für Gerede gibt, wenn du so schnell heiratest: zweimal aufgcboten und das dritte Mal abgetanst, alles so kurz angebunden, das tun liederliche Menschen."

Sie ließ sich aber in beidem wiederum beschwichtigen, und sie lächelte, als Johannes sagte:Ihr habt doch sonst alles so gut durchstudiert wie ein Pfarrer, jetzt, Mutter, warum sollen denn ehrliche Leute eine Sache lassen, weil sich unehrliche dahinter verstecken? Kann man mir was Böses Nachreden?"

Nein, du bist dein Leben lang brav gewesen."

Gut. Trum soll man jetzt auch in etwas an mich glauben, und glauben, daß das auch brav sei, was nicht im ersten Augenmaß so aussehen mag; ich kann das ver­langen. Und wie ich und meine Amrei zusammen ge­kommen sind, das ist einmal so aus der Ordnung, das hat seinen besonderen Weg von der Landstraße ab. Und es ist kein schlechter Weg. Das ist ja wie ein Wunder, wenn man alles recht bedenkt, und was geht uns das an, wenn die Leute heute kein Wunder mehr wollen, und da allerlei Unsanberkeit finden möchten? Man muß Cou­rage haben und nicht in allem nach der Welt fragen. Der Pfarrer von Hirlingen hat einmal gesagt: wenn heutigen Tages ein Prophet aufstünde, müßte er vorher sein Staatsexamen machen, ob's auch in der alten Ord­nung ist, was er will. Jptzt, Mutter, wenn man bei sich weiß, daß etwas recht ist, da geht man grad durch und stößt hüben und drüben weg, was einem im Weg ist. Laß sie nur eine Weile verwundert dreinglotzen, sie werden sich mit der Zeit schon anders besinnen."

Tie Mutter mochte fühlen, daß ein Wunder Wohl als glückliche plötzliche Erscheinung gelten könne, daß aber auch das Ungewöhnlichste sich allmählich doch wieder einstigen müsse in die Gesetze des Herkommens und des gemeinsamen stetigen Ganges, daß die Hochzeit wohl wie ein Wunder erscheinen könne, die Ehe aber nicht, die eine geregelte Fortsetzung in sich schließt. Sie sagte daher:Mit all den Leuten, die du jetzt gering ansiehst l und stolz, weil du weißt, du tust das Rechte, mit denen ' mußt du doch wieder leben und verlangst, daß sie dich nicht scheel ansehen, und dir deine Ehre lassen, und - dafür, daß die Menschen das tun, mußt du ihnen das I Gehörige auch geben und lassen; du kannst sie nicht

zwingen, daß sie an dir eine Ausnahme sehen sollen, und du kannst nicht jedem nachlanfen und ihm sagen: wenn du wüßtest, wie's gekommen ist, du würdest mir recht­schaffen recht geben."

Johannes aber erwiderte:

Ihr werdet es erfahren, daß niemand gegen meine Amrei was haben kann, der sie nur eine Stunde gesehen hat."

Und er hatte ein gutes Mittel, die Mutter nicht nur zu beschwichtigen, sondern auch innerlich zu erquicken, indem er ihr berichtete, wie alles das, was sie als Mah­nung und Erwartung ausgesprochen habe, wieange- fremt" (bestellt) eingetroffen sei, und ne mußte lachen, als er schloß:Ihr habt den Leisten im Kops gehabt, nach dem die Schuhe da oben gemacht sind, und die drin herumlaufen soll, paßt wie gegossen darauf."

Tie Mütter ließ sich beruhigen und am Samstag morgen vor dem Familienrat kam Tami, er mußte aber sogleich wieder zurück nach Haldenbrunn, um dort bei Schultheiß und Amt alle nötigen Papiere zu besorgen.

Ter erste Sonntag war ein schwerer Tag ans dem Hose des Landfriedbauern. Tie Alten hatten Amrei angenommen, aber wie wird es mit der Familie werden? Es ist nicht leicht in eine solche schwere Familie zu kommen, wenn man nicht mit Roß und Wagen hinein­fährt und allerlei Hausrat und Geld und eine breite Ver­wandtschaft Bahn macht.

Das war ein Fahren am nächsten Sonntag vom Oberland und Unterland her zum Landfriedbanern. Es kamen angefahren die Schwäger und Schwägerinnen mit ihrer Sippe.Ter Johannes hat sich eine Frau geholt und hat sie gleich mitgebracht, ohne daß Eltern, ohne daß Pfarrer, ohne daß Obrigkeit ein Wort dazu gesagt. Das muß eine Schöne sein, die er hinter dem Zaune ge­funden." So hieß es allerwärts.

Tie Pferde an den Wagen spürten, was beim Land­friedbauern geschehen war; sie bekamen manchen Hieb, und wenn sie ausschlugen, ging es ihnen noch ärger, und wer da fuhr, hieb drauf los, bis ihm der Arm müde wurde, und dann gab's noch manchen Zank mit der Frau, die daneben saß und über solch ungebührliches, waghalsiges Treinfahren schimpfte und weinte.: -

, . (Schlich folgt.;