22 6. 'Sitzung am 3. März.

Ehe man die Beratung des Postetats wieder cmfnabm, wurden zunächst zwei kleine Anfragen beantwortet. Der Sozialdemokrat Keil bekam von dem württembergischen Militärbevollmächsig'ten General v. Graevenitz die Ant- wort, daß die Erkrankungen beim Ludwigsburger Trainbatail­lon wahrscheinlich auf Paratyphus zurückzuführen seien in­folge des Genusses von Fleisch, aber niemand se: dafür ver­antwortlich zu machen. Dem Sozialdemokraten Brey wurde geantwortet, daß di« Ursache der Explosion in der Rummels- burger Anrsiusabrik noch nicht festgestellt sei, erst wenn die Untersuchungen abgeschlossen seien, werde man weitere Maß­regeln ergreifen. Der. erste fortschrittliche Redner zum Post- etät, der Mg. Kiel besprach zunächst kurz einige Beamten- fragen, forderte eine Besserstellung der Oberpostsch offner und namentlich der Postagenten und wandte sich sehr entschieden gegen jede Einschränkung des Petitionsrechtes der Beamten. Dann kam er aus allgemeine Verkehrs- und Wirtschafts­fragen zu sprechen. Ein einheitliches Weltpostporto muß einge­führt werden, die Trucksachenbeförderung ist reformbedürf­tig, die Telephonverbindungen, namentlich nach dem Westen sind schlecht, und mit England müsse möglichst bald telepho­nischer Verkehr uns verbinden. Auch für eine bessere Ver­sorgung des platten Landes mit Telephonen sprach sich der forlsck,r'ittlick,e Redner aus. Der Grundgedanke seiner Rede war, Pie Post ist in erster Linie für den Verkehr da und fiskalische Interessen dürfen diesen Grundsatz nicht m das Gegenteil Verkehren. Der Reichsparteiler Mertin unter­schied sich von dem fortschrittlichen Redner, indem er ferne Ausführungen sofort damit begann, man dürfe die Rentabili­tät nicht vergessen. Auch er hatte eine Anzahl Wünsche, vor allen Dingen will er die Einrichtung der postlagernden Briefe beschränkt haben, da damit Unfug getrieben werde. Den Obersten v. Reuter nahm der Reichsparteiler natürlich in Schutz. Der Staatssekretär Krätke bat um Nachsicht, wenn sich irgendwo Mängel herausstellten, die Postbeamten seien auch Menschen, er bedauerte noch einmal, daß die Fern- sprechgebührenordnung gescheitert sei, das Petitionsrecht der Beamtem soll nicht eingeschränkt werden, eine telephonische Verbindung mit England mache große Schwierigkeiten, die Verbindung werde 450 .Kilometer Länge haben müssen, und ein Trerminutengespräch würde 10 bis 15 Mark kosten. Dir Wünsche der Postagenten sollen nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Aus eine Rede des Polen Brandys gegen die Ostmarkenzulage antwortete der Staatssekretär, daß er nie­mals mit dem Ostmarkenverein in irgend welche Verbind­ung getreten sei, sondern nur aus sachlichen Gründen für die Ostmarkenzulage eintrete. Auf eine Rede des Antisemiten Werner-Gießen, der sich ebenso wie der fortschrittliche Redner für Beamtenausschüsse aussprach, folgte die all­jährliche mehrstündige Rede des Sozialdemokraten Zubeil, 8er dabei vor fast leeren Bänken alles Mögliche und Un­mögliche mit einem riesigen Stimmaufwand in den Saal deklamierte.

Ein neues Mistel gegen Tuberkulose.

rv. Frankfurt, 3. März.

In der gestrigen Sitzung des Frankfurter Aerzte- ver eins hat, dem Frankfurter Generalanzeiger zufolge, Geheimrat Pros. Dr. Spieß erstmalig öffentlich Kenntnis gegeben von einem von ihm entdeckten neuen Mittel zur Bekämpfung der menschlichen Tuberkulose. Es handelt sich um eine während zweier Jahre geprüfte Gold-Kantarrn- Verbrndung, die der Blutbahn mit der Einspritzung in die Vene zugeführt wird und den Kranken beruflich nicht schä­digt. Trotz der ermutigenden Erfolge, vor allem der Kehl- kopstuberkulose, hat der Geheimrat Spieß darauf hingewiesen, daß zunächst Versuche in größerem Umfange erforderlich sem werden.

Eine gewundene Erklärung.

w. Stratzburg, 3. März.

Wre das W. T. B- von zuständiger Seite erfährt, hat das hiesige Generalkommando den Strafantrag zurück­gezogen, den es gegen die verantwortlichen Redakteure der Straßburger Neuen Zeitung und des Elsässers wegen Be­leidigung des Leutnants v. Forstner gestellt hatte. Anlaß zu diesem' Strafantrage hatte die von den beiden Zeitungen aufgestellte bezw. verbreitete Nachricht gegeben, daß der ge­nannte Offizier in einer Jnstruktionsstunde über die franzö­sische Fahne beschimpfende Aeußerungen getan habe. Die gerichtliche Voruntersuchung hat den Beweis der Wahrheit dieser Behauptung nicht erbracht. Den Angaben der Re­kruten, aus die sich die Veröffentlichung in der Presse bezogen hat, stehen die Aussagen ebenso glaubwürdiger Zeugen gegen­über, die die Angaben bestimmt verneinen, wie denn auch schon alsbald nach Beendigung der Jnstruktionsstunde unter den be­teiligten Mannschaften Meinungsverschiedenheiten über Wort­laut und Beziehung der in Frage kommenden Aeußerungen des Leutnants von Forstner sich ergeben haben. Das Gene­ralkommando ist daher nach wie vor der festen Ueberzeugung, daß der genannte Offizier, der die besagten Aeußerungen selbst auch auf das Entschiedenste bestreitet, sie in dem behaupteten Sinne nicht getan habe. Wenn derselbe sich gleichwohl zur Zurücknahme des Strafantrags entschlossen hat, so hat er sich nach der ihr beigefügten Begründung von der Erwägung leiten lassen, daß die Ausführungen des Offiziers in der fraglichen Jnstruktionsstunde Redewendungen enthalten, die zu Miß­deutungen, wie sich auch gezeigt habe, Anlaß bieten konn­ten, und daß die beschuldigten Redakteure sich in gutem Glau­ben befunden baden.

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Berlin, 4. März. Kardinalfürstbischof Dr. v. Ko pp von Breslau ist heute nacht halb 2 Uhr in Troppau ge­storben. Gestern früh starb der Bischof Dr. Huber­tus Voß von Osnabrück. Die Frühjahrsparade der Berliner Garnison ist bis zum Besuch des Königs von England (im April) verlegt worden.

Stratzbarg, 4. März. In der gestrigen Sitzung der Zweiten Kammer des elsäßischen Landtags gelangte ein Be­schluß der Budgetkommission der Zweiten Kammer auf Streichung des Zuschusses von 10000 Mark zum Lan­desverband für Jugendpflege einstimmig zur An­nahme.

Ausland.

Tie Autonomie von Eyirus.

v. Athen, 3. März.

Aus Argyrocastro wird gemeldet: Trotz aller militäri­schen Maßnahmen glückte es 3000 Aufständischen, außerhalb der Stadt zu kommen. Zographos verkündete die Au­tonomie von Epirus und führte aus. Griechenland sei gezwungen, Epirus höheren Interessen zu opfern, aber dem cpirotifchen Volk sei es unmöglich, sich einem Bac- barenvolk zu unterwerfen. Er sagte weiter, daß die ver­

sprochenen Garantien nicht gehalten werden könnten und daß die Epiroten heute den Traum verwirklichen wollten, den sie schon seit 5 Jahrhunderten geträumt hätten. Sie seien entschlossen, für die Freiheit zu sterben. Zographos pro­klamierte dann die Gleichheit vor dem Gesetz und drohte strenge Strafen für jeden Störer der Ordnung an. Er brachte Hochrufe aus den König von Griechenland, das grie­chische .Heer und das griechische Volk aus. Sodann be­gaben sich die Teilnehmer an der Veranstaltung vor den Regierungspalaft, wo der Metropolit Velas eine Ansprache hielt. An den Kundgebungen beteiligten sich auch grie­chische Soldaten.

Paris, 4. März. Die für den Monat März anbe­raumte Frühjahrsparade ist verschoben worden und wird am 22. April aus dem Uebungsplatz von Vincennes in An­wesenheit des Königs von England abgehalten weroen.

Äonstantinopel, 4. März. Dem Berliner Lokalanzei­ger zufolge sind gestern drei Soldaten standrechtlich erschossen worden, die am Samstag die beiden Töchter des Marschalls Liman Pascha bei einem Spaziergang am Bosporus in räuberischer Absicht überfallen hatten.

Lidney, 4. März. Ein Sturm von ungewöhnlicher Heftigkeit hat die Insel Aitutaki im Cook-Archipel verwüstet. Eine riesige Meereswoge überschwemmte die Insel Mauki, sodaß die ganze Ansiedelung zerstört wurde. Tie Ein­wohner sind in bemitleidenswerter Lage.

Newhork, 4. März. Ein Zug aus Atlantic Eity liegt feit Sonntag in einer 18 Fuß hohen Schneewehe. Viele Personen sind in den Städten durch die von den Dächern fallenden Schneemassen verletzt worden.

Württemberg.

Dienstuachrichten.

Ter König hat den tit. Oberpräzeptor Maag am Karls­gymnasium in Stuttgart seinem Ansuchen gemäß in den Ruhestand versetzt und ihm bei diesem Anlaß das Ritterkreuz zweiter Klasse des Friedrichsordens verliehen; die der der Heilanstalt Zwiefalten erledigte Oberarztstelle dem Assistenz­arzt Möge! in.a bei dieser Anstalt übertragen, ferner den Regierungsassessor Rettich be: dem Oberamt Maulbronn zum Amtmann bei dem Oberamt Urach und den Regierungs- j assessor Glauner bei dem Oberamt Herrenberg zum Amt- j mann ber diesem Oberamt ernannt.

Württe ibergischer Landtag.

Sitzung vom 3. März 1014.

. Präsident von Kraut eröffnet die Sitzung 31/4 Uhr. Es wird in der 2. Beratung des Lichtspielgesetzes fortgejahren, bei der Abstimmung über die Anträge zu Art. 2 Abs. 3. Es handelt sich hier um die Voraussetzungen, für die Zulassung von Bildern für Jugendvorstellungen. Der Antrag Hey mann (Soz.), der die Altersgrenze auf 14 ! Jahre h-erabsetzen will, wird in namentlicher Abstimmung s mit 66 gegen 14 Stimmen der Sozialdemokratie abgelehnt. > Ter Antrag Eisele (Vp.), der die Altersgrenze auf'16 Jahre herabsetzen will, wird mit 57 gegen 24 Stimmen der Volks- ! Partei und Sozialdemokratie abgelehnt. Gegen den Antrag ! stimmen von der Volkspartei die Abg. Fischer, Groß, Herr­mann, Nägele, Löchner und Hartenstein. Der Ausschußantrag aus 17 Jahre wird mit 66 gegen 15 Stimmen der Sozialdemo- 1 kratie angenommen.

! Man kommt zu Abs. 4 des Art. 2. Berichterstatter ist der Abg. Weber. Nach diesem Wsatz können Bildstreifen, bei denen die Versagungsgründe nur auf einen Teil zutreffen, zugelassen werden, wenn der Antragsteller die betreffenden Stellen ausscheidet.

Eisele (Vp.) beantragt den Absatz zu streichen, da er überflüssig sei. Ter Antrag Eisele wird abgelehnt, der Ausschußantrag angenommen.

Art. 3, der von der Widerrufung der Zulassung eines Bildstreifens handelt, wird in der Fassung des Ausschusses angenommen. Art. 4 handelt von der Zulassung von Sach­verständigen. Nach dem Regierungsentwurf 'müssen in allen Fällen, in denen die Versagung oder Beschränkung der Zu­lüftung eines Bildes in Frage kommt, Sachverständige zuge­zogen werden. Tie Fassung des Ausschusses wird ange­nommen entgegen einem Antrag HeYmann (Soz.) auf Wie­derherstellung der Regierungsvorlage.

Art. 5, der von der Anmeldepflicht der Kinonnternehmer handelt, wird debattclos angenommen. Art. 6 handelt von den Kontrollbefugmft'en der Ortspolizeibehörde. Abs. 3 des Art. lautet:Ausnahmsweise kann die öffentliche Vorführung eines nach Art. 1 zugelassenen Bildstreifens einer einzelnen Gemeinde von der Ortspolizeibehörde verboten werden, wenn besondere örtliche Verhältnisse die Annahme rechtfertigen, daß gerade in dieser Gemeinde die Vorführung des Bildes durch ihre Wirkung aus die Zuschauer die öffentliche Ord­nung gefährden würde.

Eifere (Vp.- und Gen. beantragen, diesen Absatz zu streichen.

Walter (Z.) und Gen. beantragen den Art. 3 am Schluß zu saften:Daß gerade in dieser Gemeinde die Vorführung des Bildes, wegen der dargestellten Vorgänge oder der Art, wie sie dargestellt iverden, die in Art. 2 Abs. 1 bezeichmeten schädlichen Wirkungen auf die Zuschauer aus­üben könnte".

van Gauß (Vp.): Der Abs. 3 würde eine doppelte Zen­sur bedeuten, die überflüssig sei. Die Zensur beim Kme- matografen lasse sich durch gewöhnliches Verhalten recht- fertigem. Wenn seine Partei der Meinung wäre, daß der Kino sich mit der Zeit aus sich selbst heraus veredeln werde, würde sie natürlich das Gesetz ablehnen. W liege aber im Wesen des Kinos, daß diese Voraussetzung nicht zutreffe. Ter Redner begründet eingehend seine Auffassung vom Wesen des Kinos. Tie Zensur bilde eine außergewöhnliche Maßregel, die man nur da anwendcu dürfte, wo sie dringend notwendig >ei. "Die örtliche Zensur bringe besonders große Nachteile mit sich und dazu komme dann noch die Gefahr des Mißbrauchs durch die Ortspolizeibehörde. Wenn man den Abs. 3 wolle, müsse man auch die Theaterzensur wollen. Seine Partei sei daher gegen den Ausschußantrag wie auch gegen den Zen­trumsantrag. Werde der Abs. 3 angenommen, sei es seiner Partei unmöglich, das Gesetz anzunehmen.

Walter (Z.) begründet den Antrag seiner Partei.

Abg. Schaible (BK.): Der Abg. von Gauß erkläre, daß, wenn der Abs. 3 nicht abgelehnt werde, das Gesetz für ihm unannehmbar sei. Für seine Partei sei das Gesetz unan­nehmbar, wenn der Absatz 3 gestrichen werde.

Hai er (D.P.): Seine Partei werde dem Antrag Eisele zustimmen, da die anderen Anträge zu weit gehen.

Heymann (Soz.): Der Abs. 3, der sich gegen die Vor­führung von Streikbildern wende, bleute ein Ausnahmege­setz. Seine Partei werde dem Antrag Eisele zustimmen.

Minister v. Fleischhauer: Es handle sich bet Abs. 3 nicht um eine doppelte Zensur, man wolle nur den ört­lichen Behörden ein gewisses Mitbestimmungsrecht geben. Es handle sich dabei vorwiegend um die Möglichkeit der Störung der öffentlichen Ordnung,' und man solle ein Ein­greifen der örtlichen Behörden in diesem Fall nicht aus- schließcn. Er würde z. B. keine Bedenken tragen, in einem solchen Fall auch die Aufführung eines Theaterstückes zu verbieten. Er halte den Ausschußantrag für durchaus ge­eignet.

Schaible (BK.): Seine Partei werde dem Zentrums- antrag zustimmen. Er habe bei dein Wortunannehmbar" nicht das.Gesetz im Ganzen, sondern nur den Abs. 3 des Ar­tikels 6 im Auge gehabt.

Tie Abstimmung wird auf Antrag Eisele (Vp) vertagt. Tie Abstimmung über Art. 7 der Vorschriften über Jugend- Vorstellungen enthält, wird ebenfalls vertagt.

.Hey mann (Soz.) findet die Vorschriften zu weit­gehend. Die Unternehmer werden bei denselben daraus ver­zichten, Jugendvorstellungen zu veranstalten.

Löchner (Vp.) ist ebenfalls der Ansicht, man solle nicht allzu scharfe Vorschriften festlegen.

Art. 8 bestimmt, daß bei allen Ankündigungen etc. eines Films der in der Zulässungskarte angeführte Titel zu ge­brauchen ist. Ter Artikel wird in der Fassung des Aus­schusses angenommen. Schluß der Sitzung 7>,P Uhr. Nächste Sitzung Mittwoch vromittags 0 Uhr. Fortsetzung der heutigen Beratung.

Stnttgart, 3. März. Eine dem Landtag zugegangene Nachtragssorderung fordert 44000 Mark für die Beteiligung württ. Kunstgewerbetreibender und Künstler ans der d e u t sch e n W e r kb u n d a u s st e l l u n g in Köln und sür die Beteiligung des Stuttgarter Buchhandels an der A u s- stellung s'ü r Buchgewerbe und Graphikin Leip­zig. Ferner beträgt in einem anderen Nachtrag die Forder­ung für die Un w e t t e r g e s ch äd i g t en in den Ober- amtsbezrrkem Eßlingen, Herrenberg und Horb zusammen 59 000 Mark.

Der Nachtrngsetat

zu Gunsten der Unwettergcschädigte».

Stuttgart, 3. März.

Der Entwurf eines Gesetzes betreffend einen vierten Nachtrag zu dem Finanzgesetz für die Finanzperiode 1. April 1913 bis 3l. März 1915 enthält den einzigen Artikel: Am Art. 9 des Finanzgesetzes wird am Schlüsse folgende Be­stimmung angefügt:23. für die Unwctterbeschädrgten in den Oberamtsbezirke:: Eßlingen, Herrenberg und Horb 69000 Mark". In der Begründung heißt es: Nach den einge­gangenen Berichten beträgt der gesamte, durch die Wirbel­stürme vom 1. und 4. Juni 1913 in Plochingen OA. Eß­lingen, in 3 Gemeinden des Oberamtsbezirks Herrenberg (Bondorf, Nebringen und Oeschelbronn) und in 6 Gemeinden des Oberamtsbezirks Horb (Ahldorf, Baisingen, Eutingen, Göttelfrngen, Mühlen und Rohrdorf) ungerichtete Schaden; soweit er nicht die Staatseisenbahnverwaltung und die K. Hofkammer betrifft, 845941 M, wovon entfallen auf Ge- bäudeschaden 254 834 M, auf Obstbaumschaden 308060 M, aus Waldschadsn 263 418 M, auf Schaden an Hopfenan- lagen (ohne die Frucht) 8780 M, auf Schaden an der Ge­sundheit (soweit nicht Krankenkassen eingetreten sind) 277 M, aus Schaden an Mobiliar, Waren und Fruchtvorräten und dergleichen 10 572 M. Dabei ist der Schaden, der durch den an einzelnen Orten mit dem Wirbelsturm verbundenen Hagel an Gartengewächsen und Feldfrüchteu angerichtet wurde, außer Berechnung gelassen worden. Wegen des Her­gangs der den Schaden verursachenden Katastrophen kann aus die eingehenden Auskünfte verwiesen werden, die der Staatsmrnister des Innern am 3. und am 17. Juni 1913 im Plenum der Zweiten Kammer erteilt hat. Das ungewöhn­liche Ereignis rechtfertigt eine außerordentliche Hilfe des Staats zur Linderung der Not. Vorgeschlagen wird die Ucbernahme der den Gemeinden durch die auf Anordnung des Oberamts vorgenommene Abschätzung der Schäden (80V M) und durch die Freilegung der öffentlichen Wege, Straßen und Plätze (3200 M, erwachsenen Kosten im ganzen Betrag aus die Staatskasse. Ferner einmalige außerordentliche Staatsbciträge an diejenigen Gemeinden, die größeren Scha­den an ihren Wäldern erlitten haben, zu .den Kosten der Auf­bereitung des Wiiidsallholzes (8100 M). Sodann staatliche Beihilfe an die Waldbesitzer (Körperschaften und einzelne bedürftige, besonders geschädigte Private) zur Pflanzenbe- schaffiing (10 500 M). Ferner staatliche Beihilfe an die ge­schädigtem Obstbaumbesitzer zu den Kosten der Anschaffung junger Obstbäume (4600 M). Weiter ein Zuschuß des Staats an die Zentralleitung sür Wohltätigkeit zur Unterstützung der einzelnen hilfsbedürftigen Unwetterbeschädigten (25000 M). Wenn (wie beabsichtigt) als durchschnittliche Unterstütz­ung gewährt wird: bei 'Gesundheitsschädigung m Rücksicht aus 'die Geringfügigkeit des Betrags 100 Proz., beim Schaden am Mobiliar 60 (706060) Proz., beim Gebäudeschaden 40 (604020) Proz., beim Obstbaumschaden 35 (4530 -20- Prozent, beim Wald- und Hopfenanlageschaden 30 (403020) Proz., so würde eine Unterstützungssummr von rund 200 000 M erforderlich sein. Gedeckt ist dieser Betrag teilweise: und zwar: durch das Ergebnis der Samm­lung mit 131141 M, durch einen Beitrag der König-Karl- Jubiläumsstiftung von 18000 und durch Zinsen usw. 850 M. 11m solcher: Gemeinden, die behufs Gewährung von Not­standsdarlehen an Unwetterbeschädigte eine Schuld ausge­nommen haben, einen in Form eines einmaligen Staatsbe:- trags zu bewirkenden (teilweise:: Ersatz der zu bestreitenden Zinsen zu Gunsten der von den Gemeinden weiter Beliehener: zu leistem, sodann um gegebenenfalls auch solchen Obstzüchtern, die Obstbaumschaden erlitten haben, aber an dem gemein­samen Obstbaumbezug sich nicht beteiligen konnten, ange­messene Beihilfen gewähren zu können, endlich um das etwaige Bedürfnis für unvorhergesehene kleinere Beihilfen befriedigen zu können, wird schließlich angefordert ein runder Betrag von 6800 M.

- Bon -er GebäuSesteuer.

Be: der Gebäudesteuer bildet einen der Besreiungs- gründe der Umstand, daß das Gebäude öffentlichen Zwecken dienen muß, ohne dem Eigentümer einen ökonomische» Nutzen abzuwersen. Als solche Gebäude wurden lange Zeit nicht angesehen gemeindliche Schlachthäuser, Eichamtsge­bäude, städtrsche Gewächshäuser u. a. Ter springende Punkt ist, daß das Gebäude einem öffentlichen Zwecke dient. Die Rechtsausfassung geht dahin, daß diese Voraussetzung vor­handen ist, wenn mit dem Gebäude Zwecke verfolgt wer­den, die in den allgemeinen rechtlichen und sittlichen Aus­gabekreis des Staates und der sonstigen öffentlichen Kör­perschaften fallen. Ferner darf dasselbe keinen Nutzen bringen. Ein ökonomischer Nutzet: ist vorhanden, wenn das Gebäude unmittelbar, ausschliHlich oder vorherrschend für wirtschaftliche (landwirtschaftliche oder gewerbliche) Zwecke