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mkt Erzähler vom Achwarzwald.
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Amtsblatt für die Stadt Mldbad.
Verkündigungsblatt
der Ltgl. Forstämter wildbad, Meistern, Lnzklösterle rc. während der Saison «it
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Dienstag, de» 28. Oktober LSLS.
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Demsehes Reieh.
Vom deutschen Aerztetag.
ee. Berlin, 26. Oll.
Unter ungemein zahlreicher Beteiligung fand heute Mittag ein von dem deutschen Acrzteverein einberufener außerordentlicher deutscher Aerztetag statt, um zu den Streitigkeiten zwischen den Aerzten und den Kranken- kasjriworständen Stellung zu nehmen. Den Vorsitz führte Samtätsrat Dr. Tippe- Leipzig. Dieser setzte auseinander, daß die Verhandlungen zwischen den Krankenkassen- vorstLuden und den Aerzten endgültig gescheitert seien. Im Interesse der deutschen Aerzte bleibe nichts anderes übrig, als den Kamps auf der ganzen Linie zu entfachen. W waren von einer Reihe deutscher medizinischer Fakultäten und von einer großen Anzahl ärztlicher Vereinigungen ZustinnnungserNärungen eingegangen. Im Namen der gesamten bayerischen Aerzte erklärten sich mehrere Redner für den Kampf. Nur Tr. B o ck-Stnttgart erklärte im Namen des Württembergischen Aerztcbundes, daß in Württemberg feste Verträge zwischen den Krankenkassen- wrstünden und den Aerzten unter Genehmigung der Regierung beständen und daß, deshalb die württembergischen Aerzte sich dem Kampf nicht anschließen könnten, jedoch den Kamps der anderen Kollegen im Reich mit voller Sympathie begleiteten. Es gelangte schließlich eire Resolution zur Annahme, in der es u. a. heißt: Ter außerordentliche dciilsche Aerztetag macht es jedem einzelnen Arzt und jeder ärztlichen Vertretung zur Pflicht, von jetzt ab mit keiner Krankenkasse einen Vortrag abzuschließen und die kassenärztliche Behandlung aller Versicherten unbedingt abznlehnen. Tie Kranken werden die Hilfe ihrer Aerzte nach wie vor uneingeschränkt finden, nur ohne die Einmischung einer Kassenverwaltung.
Verkehrskalarnitäten i« Karlsruhe
Karlsruhe, 25. Okt. Ta das Personal in dem neu eröffneten Personenbahnhof noch nicht genügend mit der elektrischen Weichen- und Signalanlage vertraut ist, und die Betriebsbeamten mit der größten Vorsicht zu Werk gehen, erleiden sämtliche ein- und ausfahrenden Züge große Verzögerungen, die sich teilweise auf mehrere Stunden belaufen. Tie Post wird daher mit großer Verspätung ausgetragen, die Zeitungen sind zum Teil sogar ganz ausgebliebeu. Am Donnerstag abend mußten in Psorzhcim sogar, weil die Arbeiterzüge aus Karlsruhe j
nicht rechtzeitig eintrasen, zur Beförderung der Psorzheimer
Arbeiter aus alten Personenwagen, Güter- und Langholzwagen Sondcrzüge zusammengestellt werden. Ter in der Nacht um 12 Uhr 38 hier fällige „Theaterzug" ist sogar erst morgens gegen 7 Uhr in Pforzheim eingetroffen. Tie Behörden versichert zwar, daß diese Störungen in einigen Tagen aushören werden, sobald sich das Personal mit de» Sicherheitseinrichtungen mehr vertraut gemacht hat, doch werden die Verspätungen, besonders der Post, sehr unangenehm empfunden.
Eilt Ferienheim für Angestellte ver Presse
lieber einen interessanten Versuch sozialer Fürsorge wird aus Düsseldorf berichtet. Aus der'Insel Juist hat Kommerzienrat Girardet ein Ferienheim errichten lassen, das für die Angestellten seines Verlages bestimmt ist. Angestellte, dre zehn Jahre bei der Firma tätig sind, erhallen einen vierzehntägigen Aufenthalt in diesem Heim bei freier Verpflegung und Erstattung der Hälfte der Fahrtkosten. Bis jetzt kommen 120 Angestellte, darunter viele Setzer, dafür in Betracht.
Mannheim, 25. Oll. Das Preisgericht der Leipziger Bausachausstellung hat der Stadt Mannheim für ihre Beteiligung an der Ausstellung die goldene Me- daillS Kuerkannt.
Frankfurt, 25. Ott. Felix Holländer hat gegen das Urteil des Landgerichts, das ihn, wie mitgeteilt, wegen Kontraktbruchs zur Zahlung von 30000 Mark Konventionalstrafe an die Nene Theater-Aktiengesellschaft rcrurteilte, Revision beim Oberlandesgericht eingelegt.
Marialaach, 25. Okt. Ter Kaiser hat zum Andenken an seinen letzten Besuch dem Abt von Marialaach sein Bild mit eigenhändiger Unterschrift verliehen.
Brannschrveig, 25. Oll. Ter Herzogregent Johann Mbrecht und Herzogin Elisabeth werden, wie die Braunschweigische Landeszeitung meldet, am Freitag, den 31. Oktober, nachmittags gegen 4 Uhr das Herzogtum Braunschweig verlassen und zum dauernden Aufenthalt nach Schloß Wiligrad übersiedeln.
UMsLttNd.
Die Vereinheitlichung der Zeit
Paris, 24. Oll. Tie internationale Kommission zur Regelung der Zeit hat gestern ihre Arbeiten beendet und einstimmig die Statuten der Internationalen ZellgeseUschaft angenommen. Es wird beabsichtigt, den Eiselturm für eine
Zeit so» 10 bis 12 Minuten um Mitternacht und Mittag zu internationalisieren. Wahrend dieser 10 bis 12 Minuten wird der Eiffelturm aus drahtlosem Wege an alle drahrloscn Stationen der Welt die Zeit übermitteln. 15 Regierungen haben bereits ihre Zustrmmuug zur Verem- hettlichllug der Zeit erteilt. Es ist anzunehme», daß auch die anderen Regierungen folgen werden.
Die Bereinigten Staate« und Mexiko.
Newyork, 25. Oll. Veranlaßt durch.die immer mehr sich zuspitzende Lage in Mexiko und die Differenzen mit England hat sich Präsident Wilson gezwungen gesehen, zu erklären, daß er in nächster Zell dem Kongreß eine Botschaft vorlegen werde, die sich mit der Lage in Mexiko besaßt. Wilson wird darin den amerikanische» Standpunkt präzisieren und an der Monroedvllrin „Amerika den Amerikanern" sesthallen. Sollte Genera! Huerta bei den morgen statt findenden Wahlen zum Präsidenten gewählt werden, so ivird die Bundesregierung ihn nicht als solchen anerkennen.
Wien, 25. Oll. Ter gestrige Wil
helms bei Kaiser Franz Josef in Schönbrunn gibt der Wiener Presse Anlaß zu betonen, daß; er sich alljährlich wiederholende Besuch der beste Beweis für die llner- schütlerlichkeit des Dreibun des sei. — Kaiser Wilhelm ist heute nacht nach Berlin zurück-grkchrt.
Rom, 27. Oll. Soweit die Ergebnisse der italieni- schen Kammerwahlen vorliegen, ist eine Mehrheit der Minieriellen sicher. In Ruvv, Provinz Bari, wurde m der Hetze des Wahlkampfes ein 14jähr. Junge durch Revolverschüssc getötet.
Madrid, 27. Oll. Im spanischen Parlament ist eine liberale Tagesordnung mit IM gegen 103 Stimmen abgelehnt worden. Das liberale Kabinett Ro- mauoucs ist deshalb zurüÄgetreten. Der Konservative Dato wurde nrit der Kabinettsbildung betraut, nachdem Maura, der Führer der Konservativen und ehemalige Ministerpräsident, die Kabinettsbildung abgelehnt hat.
Lissabon, 26. Okt. Ter Millionär Carvalhe Mon- teiro und der Major Mcrgulhao sind wieder sreigelassen worden.
Philadelphia, 26. Okt. Präsident Wilson würdigte gesternn in einer Ansprache an die Studenten der Twarthwore-llniversität das Andenken William Penns und sagte, der Grund zu den amerikanischen Eroberungen sei, daraus zu halten, daß jeder Fußbreit des Kontinents freien Menschen mit Selbstbestimmungsrechten gehöre, die
Der predigt von des Lebens Nichtigkeit Nnd jener von des Lebens wlchtigkeil;
Hör' beides wohl, mein Kobn, und merke dir: halb bat's mit beiden seine Richtigkeit.
Fri.'dr. Nodenstedt.
Em Rekrut von Auuo 13
Von ErckmannCharrian.
Autorisierte Uebersetzung von Ludwig Pfau.
Kl jNachdruck vsrdoten.j
III.
Ich erinnere mich des Besuchs der Tante Gretel, weil acht Tage später die Prozessionen, Bußtage und Predigten ihren Anfang nahmen, welche erst bei der Rückkehr des Kaisers im Jahre 1815 aushörten und nachher wieder fortgesetzt wurden bis zur Abreise Karls X. im Jahre 1830. Alle, die jene Zeit erlebten, wissen, daß es lein Ende nehmen wollte. Beim Gedanken an Napoleon höre ich die Arsen,rllanone donnern, unsere kleinen Fensterscheiben klirren, und Vater Gulden mir vom Bett aus zuruseu:
„Schon wieder ein Sieg, Joseph ... He, he, he! immer Siege!"
Und wenn ich an Ludwig XVIII. denke, höre ich die Glocken läuten; ich stelle mir vor, wie Vater Braoinstein und seine zwei großen Jungen an allen Glockenseilen der Kirche hängen und Herr Gulden lachend sagt: „Ties Joseph, ist für die heilige Magloria oder für den heiligen Polykarp!"
Ich kann mir jene Zeit gar nicht anders denken.
.. Unter dem Kaiserreich sehe ich auch den Vater Coiffe, Nikolaus Rolso und fünf oder sechs andere Veteranen bei Eintritt oer Nacht ihre Kanonen laden, um die einundzwan- pg Schüsse nacheinander abzuseuern, während die Hälfte von Psatzburg auf der gegenüberliegenden Bastion steht und bch das rote Feuer und die Pfropfen betrachtet, welche in
Gräben fliegen; dann abends die Beleuchtungen, die Schwärmer, die Raketen, die Kinder, welche rufen: „Es übe der Kaiser!" und einige Tage später den Totenschein >'"d die Konskription.
Unrer Ludwig XVIII. sehe ich die Rnhaltäre aufrich- ien, Bauern Wagen voll Moos, Ginster und Tannenbaumchen vnsuhren, Frauen mit großen Blumenvasen aus ven Häu-
treten. Tie Leute welche ihre Kruzifixe herleihen, und wvann die Prozessionen: den Herrn Pfarrer mit seinen Äraren: die Chorknaben Jakob Cloutier, Pyrrhns und
Trlbon, die singen; der Meßner KM im roten Rock mit der Krrchenfahne, welche den Himmel absegt; die Glocken, welche voll ertönen; Herrn Jourdan, den neuen Bürgermeister mit seinem dicken, roten Gesicht, seiner schönen Uniform und seinem St.-Ludwigskreuz: den neuen Platzkom- mandanten, den Herrn Fasanenmeister Robert mit seinem dreieckigen Hut unter dem Arm, seiner großen weißbepu- derten Perücke und den im Sonnenschein funkelnden Stik- kereien; und hintendrein der Stadtrat und die unzähligen Wachskerzen, welche man wieder aneinander anzündet, wenn ein Wind geht; den Kirchen-Schlveizer Hans-Peter Sirou, glattrasiert, den prächtigen Hut quer ans dem Kopf, breite, weißseidene, reich mit Lilien gestickte Bandeliere über die Brust, die Hellebarde, die in der Luft wie eine Silbe-Platte leuchtet, kerzengerade haltend; die jungen Mädchen, ine Frauen, oie Tausende von Landleuten in Sonntagskleidern, welche alle zusammen beten; oie Alten an der Spitze jeden Dorfes unaufhörlich kreischend: „Mtt für uns! Litt für uns!" Tie Straßen mü Blättern bestrut, die Blumengewinde und weißen Fahnen vor den Fenstern; die Juden uno die Lutheraner oben hinter ihren Vorhängen im Dunkeln zusehend, während die Sonne das schöne Schauspiel beleuchtet! — Ja das dauerte von 1814 bis t830. ausgenommen die hundert Tage, von den Missionen. Rundreisen der Bischöfe und anderen außerordentlichen Feierlichkeiten gar nicht zu reden. Ich sage das alles lieber gleich, denn eine Prozession nach der andern zu erzählen, würde zu lange säuern.
Also! Das nahm am 19. Mai 1814 seinen Anfang. Nnd am selben Tage, an dem Harmantier den großen Bußtag verkündete, kamen fünf Prediger von Ranzig Km uns an. junge Legte, welche die ganze Nacht hindurch predigten, vom Morgen bis Mitternacht. Das geschah zur Vorbereitung aus den Bußtag; man sprach nur von ihnen in der Stadt und die Leute bekehrten sich; alle Frauen und Mädchen gingen zur Beichte.
Auch ging das Gerücht, man müsse die Nationaigüter hei ausgeben, und die Prozession werde Spitzbuben und ehrliche Leute scheiden, weil jene nicht wagen würden, sich zu zeigen. Man kann sich meinen Kummer denken, . aß ich einigermaßen wider Willen unter den Spitzbuben bleiben mußte. Gottlob! ich hatte mir wegen des Todes Ludwigs XVI. keinen Vorwurf zu machen, ich hatte iauch keine Na- tionialgüter, und ich wünschte nichts, als die Erlaubnis, Kathrine zu heiraten. Ich dachte auch, wie Tante Gretel; aber ich hätte nie gewagt, ihm das zu sagen. Ich war sehr
unglücklich, um so mehr, als alle diejenigen, welche uns ihre Uhren zum Reparieren brachten, achtbare Leute, Bürgermeister, Forstschutzwächter und dergleichen, diese Predigten billigten und sagten, man habe nie so etwas gehört. Herr Gulden hörte ihnen zu, arbeitete aber fort, ohne zu antworten, und wann er fertig war, kehrte er sich um und sagte: „Hier, Herr Christoph oder Nikolaus . . . cs macht so und so viel." Er, schien sich um diese Tinge nicht zu kümmern, und nur, wenn einer oder der andere von den Nationalgütern sprach, von der fünsundzwanzig- jährigen Rebellion, von der Buße für die alten Sünden, dann nahm er die Brille ab, hob den Kops, horchte auf und sagte verwundert:
„Ach was, ach was! . . . Wie ... wie ... das ist also so schön, Herr Claudius? Was Sie nicht sagen! — Tiefe jungen Prediger sprechen so gut! Ach . . . roenn die Arbeit nicht so drängte, würde ich auch hingehen, um sie zu hören .... ich hätte es auch sehr nötig, mich belehren zu lassen."
Ich dachte immer, er würde seine A.nsicht über die Prozession für Ludwig XVI. ändern und war sehr erfreut, als e er mich abends zuvor, nach dem Nachtessen, ganz freundlich i fragte:
i „Nun, Joseph, willst du nicht auch den Predigern zuhören? Man spricht so viel Gutes von ihnen, ich möchte , doch wissen, was dran ist."
„Ach, Herr Gulden," entgegnete ich, „ich wünsche nichts sehnlicher, aber wir dürfen leine Zeit verlieren, denn die Kirche ist rmmer beim zweiten Zeichen ganz voll."
„Gut, laß uns gehen," sagte er, indem er aufstand nnd seinen Hui vom Nagel nahm; „ja, ich bin begierig. Las mit anzuschen .... Diese jungen Leute setzen mich in Erstaunen. Komm!"
Wir grngen hinunter. Ter Moird schien draußen so hell, daß wir die Leute wie am lichten Tage erkannten. An der Ecke von Fouquet sahen wir schon die Freitreppe der Kirche mit Leuten besetzt. Zwei oder drei alte Weiber: Anne Klein, die Mutter Balms, .Hanne Baltzer, in ihr großes Tuch gehüllt und die Haube mtt den langen Franzen über die Äugen, gingen eilig an uns vorüber.
„He", sagte Herr Gulden, „da sind die Alten; he, he, immer dieselben."
Er lachte und sagte im Weitergehen, daß man seit Vater Lolin nicht so viele Leute im Abendgottesdienst gesehen habe.
Fortsetzung folgt. ^ .