Abg. Haust (Elsässer): Nach den bisherigen Reben hier ist wohl rmzunehme», daß die Vorlage nie an den Reichstag kommen wird. Jeder neue Redner balsamiert lediglich den Leichnam von Neuem «in. Wir haben hier soviel Schlechtes über den Nationalismus in Elsaß-Lothringen gehört) wer aber ist ein eigentlich ein Nationalist? Ist derjenige vielleicht ein Nationalist, der versucht, innerhalb des Rahmens des Deutschen Reiches die Rechte und Freiheiten Elsaß-Lothringens auszugestalten, der versucht, zu verhindern, daß bas einheimische Element zu Gunsten der Eingewan- herten zurückgedrängt wird? Das ist kein Nationalist. Aber strotzbem kann man in der alldeutschen Presse lesen, daß auch diese Leute Nationalisten seien. Wie verschwommen ist doch der Begriff Nationalist. Als Nationalisten im eigentlichen sEtnne sind nur diejenigen anzusprechen, Heren Trachten darauf hingeht, nicht eine Verschmelzung Elsaß-Lothringens, sondern eine Lostrennung vom Reiche zu fordern.
Wenn wir aber nach solchen Personen in Elsaß-Lothringen suchen, so müssen wir ehrlich bekennen, daß die Zahl dieser Nationalisten überaus gering ist. Mit ihr fertig zu werden, kann man der dortigen Bevölkerung getrost überlasten. Die altfranzösische Bevölkerung ist noch nicht ausgestorven, der Herd für die natio-
Milstlsche Bewegung ist somit eine ganz natürliche Erscheinung. sDiese Strötnung wird genährt durch den fortgesetzten System- Wechsel in der elsaß-lothringischen Regierung. Schuld sind auch hie fortgesetzten Ausnahmegesetze gegen die elsaßlothringische Bevölkerung. Durch diese Fehler und Mißgriffe unserer Negierung werden die bürgerlichen Parteien zu einem Radikalismus getrieben, der für die Zukunft Elsaß- Lothringens gefährlich ist. Ich habe das Vertrauen zu dem Bnn- hesrat und dem Reichstag, daß sie den elsaß-lothringischen Anträgen nicht folgen werden. (Beifall.)
Abg. Dr. Weil! (Soz.)r Trotz aller Vorwürfe und Anklagen, hie hier gegen die elsaß-lothringische Regierung vorgebracht worden sind, hat der Herr Unterstaatssekretär Mandel , es nicht für nötig gehalten, auch nur ein Wort zu sagen, ch frage ihn deshalb, ob er uns nicht Aufschluß geben will über ie Gründe, die ihn zu seinen Vorlagen -eranlaht haben. Wir lehnen diese Vorlagen ab, wie lebe Ausnahmebestimmung von vornherein unerträglich ist, die ßmr das Ziel erreichen könnte, ein frei empfindendes Volk in Mein Selbstbewußtsein zu beleidigen. Die harmlosen Ungeschicklichkeiten, die jetzt von der Presse in französischer Sprache Macht werden, reichen jedenfalls nicht an diejenigen heran, die in der alldeutschen Presse zu finden sind. Diese alldeutsche Presse ist viel gefährlicher, da sie immer wieder die Aufhebung der Mündigkeit Elsaß-Lothringens und seine Einverleibung in reichen fordert. Wir unsererseits verlangen eine Verfassung, die mit allen freiheitlichen Einrichtungen versehen ist und nicht dynastisch Hel astet wird. Das entspricht der Lage und der nationalen Eigenart Elsaß-Lothringens, die auch der Reichskanzler geachtet Küssen will. Wir verlangeneine republikanische Verfassung mit dem freiesten Wahlrecht für Elsaß - Lothringen. Nur so wird Elsaß-Lothringen einer glücklichen Zukunft entgegensehen. (Beifall.)
Unterstaatssekretär im Ministerium für Elsaß-Lothringen Mandel (mit Aha! empfangen): Die Interpellation hat gestern Aer Herr Reichskanzler beantwortet und als Vertreter des Ministeriums von Elsaß-Lothringen hätte ich keine Veranlassung zu isprechen. Nachdem mich aber der Vorredner gereizt hat und im Laufe der Debatte verschiedene tatsächliche Unrichtigkeiten vorge- sftmmen sind, muß ich zu ihrer Berichtigung, damit will ich mich begnügen, das Wort ergreifen. Der Abg. Emmel hat gestern die Begründung der elsaß-lothringischen Dorlage bekämpfen zu müssen geglaubt. Er hat dabei auch den Verein der Fremdenlegionäre
erwähnt. Dieser Verein ist seinerzeit gegründet worden mit der statutenmäßigen Aufgabe, die Leute vom Eintritt in die Fremdenlegion abzuhalten. Er hat aber später die Fremdenlegion trotz- em verherrlicht. (Große Unruhe und Widerspruch bei den Soz.). >ie Leute sind, wenn nicht bewußt, so doch unbewußt angehalten worden, in die Legion einzutreten. (Erneuter Widerspruch bei den Soz.) Der Abg. Emmel hat doch selbst im Landtag nicht in Ab- de gestellt, daß die Leute mit ihrer früheren Zuge- örigkeit zur Fremdenlegion renommiert aben. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Jägerlatein! Keweisel) Beweise haben Sie sowohl in Straßburg wie in Mülhausen. Solange ich an der Spitze der elsaß-lothringischen Polizei stehe, habe ich niemals die Hand dazu geboten, agents Provokateurs zu beschäftigen. Darin haben wir ein vollständig gutes Dewissen. Der
französische Lustschiff-Verein
D auch nicht so harmlos, wie er hingestellt wird. Er weist in keinem Programm auf die deutschen Rüstungen hin und deshalb ist es notwendig, das deutsche Bewußtsein in diesen Kreisen zu wecken. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Der deutsche Offizier!) Auch auf den trifft das. zu. Was den Verein Souvenir fran^ais
anlangt, so hatte er ursprünglich den einwandfreien Zweck, die Kriegergräber zu schmücken. Mit der Zeit aber wuchs er zu einem enormen politischen Verein aus, der nur Sympathien für Frankreich pflegt. Da war es notwendig, gegen ihn einzuschreiten. Auch der neue Verein geriert sich ebenso. Daran ändert nichts der jüngst erfolgte Freispruch seitens eines Schöffengerichts, in dem sein politischer Charakter abgelehnt wurde. Solange der jetzige Staatssekretär am Ruder ist, kann von einem Zickzackkurs keine Rede sein. Wir wollen nicht gewaltsam germanisieren, sondern Ruhe und Frieden stiften. Hätten wir eine starke nationalistische Mehrheit im Landtage gehabt, so wäre das ganze Verfassungswerk gescheitert. Aber das Volk hat sich auf sich selbst besonnen. (Bravo! , und Lachen.) Der Bauer, der Handwerker und der Arbeiter sind deutsch. Nur eine gewisse Schicht der Bourgeoisie versagt. Sie ist bestrebt, die Altdeutschen verächtlich zu machen als Träger der deutschen Kultur. Sie will die Jugend nach Frankreich ziehen, die akademische Jugend und die Jugend in Handel und Industrie. Diesem Schwindel muß Einhalt getan werden. Wir haben in loyaler Weise uns an die gesetzgebenden Faktoren gewandt. Bei Ihnen mag es liegen, ob Sie unsere Vorschläge annehmen oder nicht. Ein Vorwurf ist uns nicht zu machen. Den Vorteil bat die Vor lageschon letz» gehabt, daß sich weite Kreise tn den Reichslanden gegen den Nationalismus ge- wandt haben. Möge Sie die Vorlage seinerzeit annehmen oder nicht. Die Verantwortung trägt der Reichstag. (Beifall.)
Abg. Dr. Haas-Baden (Fortschr. Vpt.): Es scheint, als ob die elsaß-lothringische Regierung mit aller Gewalt den Eindruck Hervorrufen will, es bestehe in den Reichslanden eine Art Ausnahmezustand. Was wir gehört haben, sind aber lauter Kleinigkeiten sind Bagatellen. Französische Blätter haben sich über uns Deutsche lustig gemacht. Aber das tun doch auch die deutschen Stämme untereinander. Wir spotten über einander. Das ist für mich der beste Beweis, daß wir uns innerlich sehr gern haben. Was habe« zudem Ausnahmegesetze stets bewirkt? Es hat sich immer heraus- öchcllt, daß die Bewegung, die man bekämpfen wollte, größer und starker wurde. Hier will man ein bestimmtes deutsches Land treffen. Das darf niemand mitmachen, der die föderativen Grundsätze für das Reich für maßgebend hält. Elsaß-Lothringen steht wtzt auf einer Stufe mit den übrigen Bundesstaaten. Es ist nicht wehr Objekt, sondern Subjekt der Gesetzgebung. Was heute den Nationalismus trifft, kann morgen eine der Regierung unliebsame andere Partei treffen. Eine besondere Klugheit war es nicht, so vorzngchen. Der Nationalismus ist ohne jede Bedeutung. Wäre dieser Na
tionalismus im «orr uns nicht braß kn einer kleinen Bourgeotfie- fchicht, die mit Pariser Kusinen liebäugelt (Heiterkelt), so wäre das gefährlich. Wir als Süddeutsche erkennen den Wert preußischer Eigenart an, wollen aber auch unsere Eigenart bewahren. Der schneidige preußische Ton liegt uns aber nicht, das trifft auf den preußischen Lanbrat zu wie auch auf die preußischen Sozial- öemokraten. (Sehr gut!) Wären die Elsaß-Lothringer mit einem Schlage gute Deutsche geworden, so wären sie innerlich schlechte Menschen gewesen, denn bas Vaterland verlieren gleicht dem Verlust der Mutter. Den wirtschaftlichen Vorteil Deutschlands erkennt man durchaus an. Wollen wir vorwärts kommen in Südbeutschland, so geht das nur auf dem Wege der Vervollkommnung des Fortschritts und der Freiheit. (Beifall links.)
Abg. Peirotes (Soz.): Der Unterstaatssekretär Mandel hat die jämmerliche Begründung, die seiner Borlage beigegeben war, durch seine heutige Rebe noch llbertroffen. Er berief sich auf den Landesausschuß, mit dem die Regierung nicht mehr auskommen könnte; der sollte ihm aus der Verlegenheit helfen. Für die Gefährlichkeit des Vereins der Fremdenlegionäre ist uns der Unterstaatssekretär jeden Beweis schuldig geblieben. Er erklärte ent- gegen einem Gerichtsausspruch seines eigenen Landes den Souvenir Alsace-Lorratn für einen politischen Verein. Der Vorlage fehlt jede innere Berechtigung. Der Beweis für die Gefährlichkeit der nationalistischen Strö- mung in der Presse und in den Vereinen ist nicht erbracht. Taktlosigkeiten werden hüben und drüben begangen, so hat ein altdeutsches Blatt aus Anlaß des Graven- stadsner Falles gesagt, das „Gesindel" möge auswanüern. Die Gefahr für die Jugend ist nicht so groß, weil sie größtenteils überhaupt nicht französisch versteht. Bon einer nationalistischen Propaganda kann seit de» letzten Wahlen nicht die Rede sein. Elsaß-Lothringen hat keineswegs großen Anteil an dem wirtschaftlichen Aufschwung gehabt, das clsässische Problem ist ein Problem der Demokratisierung. Wenn dem gefolgt wird, so ist die gegenwärtige Anssprache durchaus erfolgreich gewesen.
Damit schloß die Debatte.
Nächste Sitzung: Montag, den 9. Juni, nachmittags 3 Uhr. (Kleine Vorlagen, Rechnungssachen, Entschädigung für Schöffen und Geschworene, Wahlprüfungen).
Schluß nach 4 Zs Uhr.
Zur Wahl in Waldeck-Phrmont. Im Meinering- hausen, einem der größten Orte des Waldecker Wahlkreises, hat am letzten Freitag eine hochinteressante und für den , weiteren Verlauf des Wahlkampfes jedenfalls außerordentlich bedeutsame Versammlung stattgefunden. .Es sprach zunächst kurz und packend der Kandidat der Liberalen, Tr. Naumann. Tann ergriff das Wort - der na tionalliberale Reichstagsabgeordnete Dr. Bollert. .In klarer und eindringlicher Weise legte er den Versammelten dar, daß die liberalen Parteien zusanrmenhalten müßten, ganz besonders in diesem Wahlkamps. In allen wichtigen Fragen, die für die nächsten Jahre im Reichstag zur Verhandlung kämen, gingen Nationalliberale und Fortschrittler Hand in Hand. Im Namen der Reichstasssfraktion und im Austrage des Zentralvorstan- des der Nationalliberalen Partei habe er deshalb die Aufforderung an die nationalliberalen Wähler von Waldeck-Pyrmont zu richten, genau so geschlossen, wie sie das letzte Mal für den nationalliberalen Kandidaten Varn- hagen gestimmt hätten, Mann für Mann einzutreten für Tr. Friedrich Naumann. Dieser warmherzige Appell an die Wähler fand besonders bei den Nationalliberalen lebhaften Beifall. Auf einen Angriff des Sparkassenrendanten Schnare-Vöhl gegen Tr. Naumann erwiderte der frühere Reichstagskandidal der Nationallibe- ralcn, Herr Rechtsanwalt Barnhagen. Er unterstrich in seinen Ausführungen die Darlegungen des Abg. Tr. Bollert über das Vorhandensein von Gegensätzen, die beide liberalen Parteien von den rechtsstehenden Reichstagsparteien des Herrn Bietmeyer trennen und griff diese namentlich wegen ihrer Steuerpolitik scharf an. Er schloß, indem er sich an seine narionalliberalen Freunde wandte, mit den Worten: Sie haben die Parole des nationalliberalen Parteivorstandes gehört, nun kann ich die Entscheidung, wie Sie wählen wollen, getrost Ihnen selbst überlassen. — Tie na- tionallibcrale Parteileitung im Wahlkreis selber hat, entgegen der Parole des Zentralvorstandes, S t i m m e n s r e i- gabe beschlossen. Taktische Gründe scheinen diesen Beschluß herbeigeführt zu haben. Wie aus dem hier wieoergegebenen Versammlungsbericht hervorgeht, fehlt es Naumann an nationalliberaler Unterstützung nicht.
Eine Rcichskairzlerkrisis ? Tie Verständigung über die fortlaufenden Ausgaben der Wehrvorlage ist, wie — der „Mil.-pol. Korrespondenz" zufolge — in .Regierungskreisen mit Bestimmtheit verlautet, als endgültig gescheitert anzusehen, da der Bundesrat jede Form der Reichs vermöge ns st euer ablehnt. Diese Stellung des .Bundesrats ist zurückzüsühren auf neue Handschreiben einzelner Bundesfürsten an den Kaiser. Im Bundesrat ist man infolgedessen der Ansicht, daß der Reichskanzler von Bethmann Hollweg von seinem Amt zurücktreten werde, falls der Reichstag eine Reichsvermögenssteuer beschließen würde.
— Auf der Linken des.Parlaments besteht jetzt viel Stimmung für die Einbringung einer Erbschaftssteuer.
Graf Zeppelin in Wien. Graf Zeppelin teilt in einer Zuschrift an den Wiener Magistrat mit, er werde an einem Tage zwischen dem 9. und 13. Juni mit einem Luftschiff nach Wien kommen und .am frühen Morgen des Tages, an dem er um .3 Uhr nachmittags einen Paradeflug über das Schloß Schönbrunn .auszuführen gedenke, den Abflug von Baden-Baden melden. Nach dem Paradeflug beabsichtigte er einen Rundflug .über Wien auszuführen und auf der Simmeringer Heide zu landen. Ter Bürgermeister erwiderte, die Stadt Wien werde sich außerordentlich freuen, den Grafen begrüßen zu können.
Wiirttembergijcher ^andlag.
8Ü. Stuttgart, 3l. Mai.
In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer wurde nach ejncgen Anssprachen zu den gestrigen Debatien die Beratung über den
Etat -es Ministeriums -es Innern.
fortgesetzt. Bei den Oberamtmännern bringt Abg. Kenngott (Soz.- Klagen über die Handhabung der Polizeistunde und über die Behandlung von Arbeitervereinen vor. Abg. Betz (Vp.- wünscht größere Berücksichtigung des Reklamebednrf- u iss es der Jndiistiieunternehimingen an den Bahnlinien. Abg. Gauß (Vp.) tritt wegen der Verunstaltung der Landschaft dieser Forderung entschieden entgegen. Er fordert rner- aisches Vorgehen gegen die Auswüchse des Reklamewesens. Abg. Schees (Vp„> wist eine stärkere Uebertragung der Geschäfte
der Bezirksämter auf die. mittleren Beamten. Mg. Mattu tat (Soz./wiederholt die Beschwerden über Uebergriffe ypn Beamten bei wirtschaftlichen Kämpfen und greift den Minister wegen seiner gestrigen Aeußerung an, die solche Uebergriffe ge- radezu züchten würde. Er verlangt von der Regierung tzine vorurteilslose und rasche Prüfung der Beschwerden. Abg. Groß (Vp.) verteidigt dis Textilindustriellen gegen den Vorwurf des Abgeordneten Hoschka, als seien sie sozial rückständig. Bei Genehmigung von Arbeitsordnungen soll in Zweifelsfällen die Entscheidung zu Gunsten der Arbeiter getroffen werden. Die zahlreichen Bestrafungen in der Textilindustrie seien aus der Eigenart dieses Industriezweiges zu erklären. Mg. Hoschka (Soz.): Aus der gestrigen Antwort des Ministers habe er den Eindruck gewonnen, als ob der Minister es als seine Pflicht erachte, allem zu widersprechen, was von sozialdemokratischer Seite vorgetragen werde. Der Minister habe von dem Arbeitswilligenschntz gesprochen. Die Steuern seien aber zu gut zum Schutz arbeits- wilirgen Gesindels. Präsident v. Kraut bittet, solche verallgemeinernden Ausdrücke zu unterlassen. Mg. Groß (Z.) bestätigt die von Hoschka vorgetragenen Beschwerden über behördliche Uebergriffe bet Arbeirsstreitigkeiten.
In der weiteren Erörterung erwidert der Minister des Innern v. Fleischhauer dem sozialdemokratischen Redner, es könne keine Rede davon sein, daß er ohne jede nähere Prüfung die Behörden in Schutz nehme. Andererseits habe er die Pflicht, für die Behörden einzutreten, solange ihnen nicht ein Fehler oder ein Versäumnis nachgewiesen sei. Die Beschwerde des Mg. Betz über rigoroses Vorgehen gegen Reklamen sei bereits von dem Abgeordneten Gauß zurückgewiefen worden. Dis Bevölkerung begrüße ein entschiedenes Einschreiten gegen die Verunstaltung dcs Landschaftsbildes. Abg. Gauß (Vp.i stellt fest, dag die heutige Verhandlung gezeigt habe, daß das Haus in weitgehendem Maße in der Beurteilung dieser An- gelegcnbeit einig sei. Mg. Andre fordert den Minister zu einer Aeußerung über seine Stellungnahme zu den ch r l st kg cb e n Gewerkschaften auf. Der Minister lehnt tzs unter Hinweis ans seine früheren Ausführungen ab, darauf zu antworten. Abg. Kenngott (Soz.) bemerkt, es sei schon weit mit einer Arbeiterorganisation gekommen, wenn sie einen Minister flehentlich um seine Hilfe bittet. Darauf wird abge- kftochen.
Präsiden,. Kraut verliest hierauf ein Schreiben -cs Vizepräsidenten v. Kiene
der gestern, wie berichtet, vom Präsidenten zwei Ordnungsrufe erhalten. hat. In dem Schreiben erklärt Kiene, die Angriffe des Waeordneten Haust,nann gegen seine Person und Stellung und die dadurch hervorgerufene Erwiderung legten ihm den Gedanken nahe, das Amt eines Vizepräsidenten nieder- z nie gen. Allein Inhalt, Häufung und Art der rein persönlichen Vorwürfe, er sei wortbrüchig, er verdecke nur sein schlechtes Gewissen, lasse es für jedermann verständlich erscheinen, daß 'er in berechtigter Abwehr solcher Angriffe und in der dabe, naturgemäßen Erregung zu einem deutlichen und scharfen Worte zu greifen sich veranlaßt gesehen, und deshalb die beiden gerügten Ausdrücke gebraucht habe. Der Anlaß Und Zusammenhang dieser Wendungen lasse es nicht als ausreichenden Grund erscheinen, den angedeuteten Schritt zu tun.
Nächste Sitzung Montag Nachmittag 3/4 Uhr: Fortsetzung der Beratung.
Krisis in der schwäbischen Turnerschaft?
Stuttgart, 2. Juni. Bekanntlich! ist der letzte Ber- tretertag der deutschen Turn erschüft des 11. Krei- Kreises (Schwaben) zu einer Einigung in der I u n gdeutschlandfrage nicht gekommen. Infolgedessen haben gestern die Vertreter von deutschen Turnvereinen aus der Göppinger, Eßlinger, Groß-Stuttgarter, Ludwigsburger und Fildergegens den Beschluß gefaßt, ausderdeutschenTurnerschaft auszutreten und einen besonderen, auf neutraler Basis aufgcbauten, unabhängigen Turner- verband zu gründen. Etwa 6000 Turner haben ihre Zustimmung zu diesem Beschluß gegeben. . Tie Gründung des neuen Verbands soll am 15. Juni in Cannstatt vor sich gehen.
Stnttgnr», I Juni. Nationalliberale Abgeordnete der Zweiten Kammer haben cm Len Ministerpräsidenten eine „kleine Anfrage" über den Ausfall der Untersuchung gegen den PI och Inger Bahnhofsvorstand gerichtet. Der Abgeordnete Graf hatte gegen ihn in öffentlicher Kammersitzung Beschwerden vorgebracht.
Stuttgart, 1. Juiil. Das diesjährige Sommer fest der Konservativen Parte: findet am Sonntag den 22. Juni wieder tn Stuiensee bei Blankendorf statt.
Kochcndorf, 1. Juni. Gestern vörmittag .10 Uhr trafen zahlreiche Mitglieder der Ersten Kammer aus Stuttgart zur Besichtigung des Salzbergwerkes und der Saline hier ein. Um 12 Uhr fuhren sie in den Schacht ein, wo sie, ebenso wie neulich die Mitglieder des Finanzausschusses der Zweiten Kammer, einen Imbiß einnahmen.
Nagold, 1. Juni. Bei der gestern vorgenommenen Stadtschult heißenwahl standen sich, nachdem die Wahlbcwegung überaus lebhaft geworden war, schließlich nur noch zwei Kandidaten gegenüber: Amtsgerichtssekretär H a y d- Nagold und StadtpflegebucWalter Maier-Tübingen. Die Zahl der Wahlberechtigten betrug 537, abgestimmt haben 517. Davon erhielt Maier 288, Hayd 225 Stimmen. Maier ist sonach gewählt.
Nah und Fern.
Gewitter und Stürme.
Schwere Gewitter sind am Samstag abend über die Stnt t- g a r t e r- uno F-c i d e r - G e g e n d niedergegangen. Strichweise fiel Hagel. Was der Hagel verschonte, schwemmte das Wasser fort. U. A. wurde das H o h e n h e i in e r Versuchsfeld stark mitgenommen. Plochingen wurde am Sonntag gegen Abend von einem furchtbaren Wirbelsturm heimgesncht. Zwei Gewitter, die ncciaiaui- u neckarabwärts führten, traft» über Plochingen zusammen uns entluden sich mit einem Wolkenbrnch und einem Orian, der innerhalb 10 Minuten mehr als das halbe Dorf seiner Dächer beraubte. Mehrere Fabrikschornsteine stürzten um. Bäume würden über die Straßen geworfen und sperrten den Verlchr. Die Wege waren wie nach einem Bombardement mit Ziegelsteinen bedeckt Der Schaden ist ungeheuer, und in deic Gärten riesengroß. Am härtesten wurde die Gegend des Bahnhcses betroffen ..Das neue Bahnhofsgebäude selbst wurde st a r i beschädigt. Die Riegelwand über dem Wartcsacm 3 uns 4. Klasse wurde hernntergerissen und stürzte ans das eiserne Dach des Bahnsteigs herab, dessen starke Eisenträger und Balken wie Zündhölzer geknickt wurden. Große Weilblcchstücke wurden vom Sturm weit fort gerissen -und fielen aus die Bahngleisc, die auch durch nmgcstürzte Tercgraphenstangen und sogar durch um geworfene Eisenbahnwagen gesperrt wurden. Bon einem bereitstehenden Leerzug wurden 12 Personenwagen samt Lokomotive n m c> esturz t. Feuerwehr und Eisenbahnhilfspersonal sind mit den Unficinmlnigsarbeiteii beschäftigt. Der Ortsvorsteher hat beim kgl Obcramt staatliche Hilfe angernfen. Soweit bis jetzt betnnnt ist, sind Menschenleben nicht zu beklagen.