' Köln, 25. April. In der heutigen Siadtoerord- vetensitzung wurde der Beschluß gefaßt, aus Anlaß, des RegierungZjubiläunrs des 'Kaisers auf der rechten Rheinseite einen Park zu schaffen, für den der Name Kaiser Wilhelmpark in Aussicht genommen ist, fer­ner in den engbebauten Teilen der Altstadt Jugendspiel- Mtze anzulegen. Für beide Zwecke wurde ein Betrag von einer Million Mark zur Verfügung gestellt. Der Beschluß wurde einstimmig gefaßt.

Madrid, 25. April. Der König hat das Dekret über den christlichen Religionsunterricht in den öffentlichen Schulen unterzeichnet. Der Unterricht wird obligatorisch bleiben, aber die Kinder, deren Väter nicht dem katholischen Glauben angehören, werden von dem Religionsunterricht befreit sein.

Wien, 25. April. Ein heute vormittag um 11 Uhr in Fischnnond aufgestiegener 700 Kubikmeter fassender Schul­ballon mit 3 Militärluftschiffern ist bei seiner um halb 4 Uhr erfolgten Landung in Tulla bei Wien aus unbekann­ter Ursache explodiert und vollständig verbrannt. Ver­letzt wurde niemand.

Württembergischer Landtag.

Stuttgart, 25. April.

Die allgemeine Erörterung der Abgeordnetenkammer über den Justizetat wurde heate nach fast sechsstündi­ger Sitzung zu Ende geführt. Die Sitzung wurde zum .größten Teil ausgefüllt von Auseinandersetzungen über den wirtschaftlichen Terrorismus in der Arbei­terbewegung.

Wg. Andre (Z.) spricht seine Genugtuung aus über die Ausführungen, die der Minister gestern über den Terro­rismus der freien Gewerkschaften gemacht hat und erzählt in breiter Weise Einzetfälle, so daß der Präsident ihn wie­derholt unterbrechen muß. Er fordert, daß der Staat den Schutz der Arbeiter garantiere. Wenn das nicht bald ge­schähe, so könne man von einem Bankerott des bürgerlichen Staates sprechen. (Zustimmung im Zentrum).

Abg. Fischer (Fortschr. Vp.) betont, daß der Gewerk­schaftszwang eine gewisse Notwendigkeit sei, er habe aber auch eine politische Seite. Fischer schildert aus eigener .Er­fahrung, wie die Sozialdemokratie auf die gewerkschaftlichen Mitglieder, die nicht Sozialdemokraten sind, einen Druck ausübe, der besonders schwer empfunden werde.

Vizepräsident v. Kiene (Ztr.) hält eine Modernisierung der Universitätsausbildung der Juristen für notwendig. Die Häufigkeit der Beleidigungsklagen in Würt­temberg hänge mit dem schwäbischen Volkscharakter zusam­men. Der Redner wendet sich gegen dieUnzuchtindustrie und Perversitätenliteratur, die dunklen Punkte, wodurch die Axt an die Wurzel des Volkslebens gelegt wird." Er be­zeichnet die Heranziehung von Sachverständigen zu Ver­handlungen über die Unsittli chkeit eines Gegenstandes für überflüssig; darüber habe allein das sittliche Empfin­den des normal veranlagten Menschen zu entscheiden. Staats­anwälte und Richter müßten eben normal veranlagte Men­schen sein. (Heiterkeit). Der Standpunkt der Künstler sei hier nicht entscheidend, sondern das in gesitteten Kreisen gellende Scham- und Sittlichkeitsgefühl.

Abg. Reichel (Soz.) verteidigt die Gewerkschaften ge­gen den Borwurf des Terrorismus. Einzelfälle zugegeben, sei doch in der Erörterung auch von dem Justizminister Licht und Schatten nicht gerecht verteilt worden. Der Terroris­mus der Arbeitgeberverbände habe ein fein orga­nisiertes System geschaffen, das es wohl verstehe, sich den Maschen der Gesetzgebung zu entziehen. Es wäre zu er­warten gewesen, daß der Justizminister auch dafür verdam­mende Worte gefunden hätte. Aehnlich setzt sich der Wg. Matintat (Soz.) mit dem Zentrum über den gewerkschaft­lichen Terrorismus auseinander.

Jnstizminister v. Schmidtlitt spricht zunächst über die wirtschaftliche Lage des Rechtsanwalts st andcs. Bis­lang sei die Zahl der Rechtsanwälte in Württemberg rela­tiv kleiner gewesen als im Reiche, aber die Zunahme sei jetzt in Württemberg stärker. Wahrzunehmen sei, daß ge­rade die tüchtigsten Juristen sich der Rechtsanwaltspraxis zuwenden. Was den Kamps gegen die Witzblätter an­lange, so stehe er ihnen möglichst vorurteilslos gegenüber. Eine Satire der politischen und gesellschaftlichen Zusränoe ki notwendig, und die Witzblätter gehörten zur geistigen Kost eines modernen Kulturmenschen. Aber man könne nicht im Zweifel sein, daß diese Literatur häufig auf falschen Wegen sei. In dem Bestreben, Satire zu üben, würden oft alle vernünftigen und anständigen Grenzen verlassen. Daß die Staatsanwaltschaft beim Einschreiten dagegen vorsichtig sei, sei angebracht, denn Freisprechungen auf diesem Ge­biete seien höchst mißlich. Durch die sittliche Entrüstung würden sich die Richter nicht abhalten lassen, derartige Straf­sachen ebenso streng und sorgfältig zu entscheiden wie ulte anderen Fälle. Deshalb sei den Gerichten nicht notwendig, die Zuziehung von Sachverständigen abzulehnen. Sein Ur­teil, daß in dem terroristischen Vorgehen der organisier­ter Arbeiter gegen nicht organisierte ein System liege, stützt sich lediglich aus die Kenntnis aktenmäßiger Feststellungen.

Abg. NembolS-Aalen (Z.) behandelt noch einmal in breiter Weise den Terrorismus der freien Gewerkschaften.

Abg. Hanßmann (Fortschr. Vp.): Die laienhafte An- icht, daß Sachverständige zu Prozessen über die Un- ittlichkeit von Preß- und Kunsterzeugnissen nicht zpgezogen werden sollen, könne nicht entschieden genug zurückgewiesen werden. In dem Kampf gegen die Schundliteratur sei man sich einig, aber wenn er dazu benutzt werde, gegen Blätter »orzugchen, die politisch unbequem seien, so liege ein Stück Pharisäertum in dieser Entrüstung. Der Zorn gegen denSimplizissimus" rühre daher, daß er ein kräf­tiger Gegner des Zentrums und des Bundes der Land­wirte sei. Unter großer Heiterkeit erzählt Hanßmann, daß Ludwig Thoma ihm auf sein Bedauern, daß ein würt- tenibergisches Gericht ihn zu sechs Wochen Gefängnis ver­urteilt habe, geantwortet habe, er habe in dieser Zeit die «Moral" gedichtet, die ihm Einnahmen verschafft habe, deren Rente der Pension eines wnrttembergischen Landge- richtsrats etwa entsprechen würde.

Nach persönlichen Ausführungen des Abg. Kenngott i^oz.) stM der Berichterstatter Abg. Eiselc (Fortschr. Vp.) M, daß in der Erörterung begründete Beschwerden gegen bw württembergische Rechtsprechung nicht erhoben worden Aen. Nach weiteren persönlichen Bemerkungen der Abgg. Westmeyer (S.), Bolz (Z.), v. Kiene (Z.) und Hauß- >nann (V.) wird der Ausschußantraa betr. die Er­richtung zweier weiterer Zivilkammern in, Stuttgart sowie

sowie einer weiteren Zivilkammer in Ravensburg, tzeil- brvnn, Tübingen und Rottweil mit großer Mehrheit an­genommen, ebenso das Verlangen, das Verhältnis von Rats- und Landrichterstellen mit 3:2 sestzulegen, desglei­chen der Antrag, der Regierung die Mittel zur Schaffung neuer Richterstellen zu gewähren. Der Antrag Mat­lut at betreffend eine Sammlung der Landesgesetze wird ab gelehnt.

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Das Kinogesetz.

Der Bericht des Ausschusses der Ersten Kammer für innere Verwaltung über den Entwurf eines Gesetzes betreffend öf­fentliche Lichtspielvorstellungen, erstattet von Staatsrat von Mo st haf, ist im Druck erschienen. Der Ausschuß beantragt in Abs. 2 des Artikels 1 Ausnahmen von der Vorschrift dann zu gestatten, wenn diese Polizei­behörden bei der Prüfung der Bildstreifen von Grundsätzen ausgehen, die den in Art. 2 aufgestellten gleichwertig sind. Die Verletzung des religiösen Empfindens wird von dem.Ent­wurf nicht als Grund für dqs Verbot eines.Bildstreifens auf­geführt. Da Bildstreifen, die das religiöse Empfinden ver­letzen, in erster Linie von der Vorführung fernzuhalten sind, beantragt der Ausschuß, in Art. 2 einzuschalten:oder Las religiöse Empfinden der Zuschauer zu verletzen." Des wei­teren soll die Zulassung eines Bildstreifens dann versagt werden, wenn die von ihm ausgehenden Lichtbilder die Augen der Zuschauer durch übermäßiges Flimmern zu schädigen geeignet sind. Außerdem darf ein Bildstreifen, der nach Ws. 1 des Art. 2 nicht zu beanstanden ist, zur Vorführung in Jugendvorstellungen nur zugelassen werden, wenn die Landesstelle ihn ausdrücklich als für solche Vorstellungen geeignet erklärt hat. Personen unter siebzehn Jahren (ju­gendliche Personen) dürfen zu anderen als Jugendvorstellungen nicht zugelassen werden. In diesen dürfen rnur Bilder vor- gesührt werden, die von der Landesstelle als für Jugend- Vorstellungen geeignet erklärt worden sind. Auf Lichtspiel­darstellungen, die Bestandteile eines wissenschaftlichen Vor­trags sind, bezieht sich diese Beschränkung nicht. Bezüglich des Art. 3 soll die Landesstelle vor der Entscheidung über die Zulassung eines Bildstreifens ein Gutachten Sachver­ständiger einholen können, denen der Bildstreifen vorzuführe» ist. Ein solches Gutachten ist stets einzuholen, wenn der­jenige, der die Prüfung des Bildstreifens veranlaßt hat, es beantragt oder wenn es sich um die Entscheidung darüber handelt, ob ein Bildstreifen sich zur Vorführung in Jugend­vorstellungen eignet. Ein Art. 6 a wird beantrag, wonach Bekanntmachungen, Plakate und Aufrufe der Veranstalter von Lichtspielen, die öffentlich angeschlagen, ausgestellt oder auf Straßen, öffentlichen Plätzen oder anderen öffentlichen Orte:, unentgeltlich verteilt werden sollen, von der Orts­polizeibehörde zu verbieten sind, wenn sie vermöge der dar- gestellteu Vorgänge oder der Art, wie sie dargestellt werden, eine dem Art. 2 Abs. 1 entsprechende Wirkung auszuüben geeignet sind.

Stuttgart, 25. April. Me die Blätter berichten, sind in diesem Frühjahr aus der Gegend von Obertürkheim 7 00 Personen nach Kanada aus gewandert. Nach Angaben von Bekannten sind die Leute ausgewandert, weil ihnen die sich ausdehnende Industrie ihre Grundstücke zu hohen Preisen abkaufte und es ihnen unmöglich wurde, anderen Ersatz zu annehmbaren Preisen zu erhallen. Bei verschiedenen der Auswanderungslustigen waren schon Ver­wandte oder Bekannte nach Kanada vorausgegangen.

Stuttgart, 25. April. Bei der heutigen Ziehung der Pferdemarktlvtterie sielen die Hauptgewinne auf folgende Nqmmern: 40 000 Mark auf Nr. 13 079, 10 000 Mark auf 39 277, 2000 Mark ruf 60 065, je .1000 Mark auf 73940, 42 916, je 500 Mark aill 45 542, 39 227, 82 985, 112 293, 40 371, 35 041, je 100 Mark ans 69 445, 52 636, 72804, 67 806, 63 902, 105 889, 114 702, 62 251, 23,888, 43 088, 92 953, 41954, 83484, 9339, 23 465, 42 847,

63160, 34990, 55 451, 38 711. Die 15 Pferdegewinne wer­den morgen gezogen. (Ohne Gewähr).

Besigheim, 25. April. Zur Erinnerung an ihren lang­jährigen Aufenthalt in Besigheim haben Fabrikant Lutz und seine Gattin dem Gemeinderat eine Stiftung von 30 000 Mart überwiesen- Die Zinsen daraus sollen zum Besten der kranken und notleidenden Einwohner Besigheims verwendet werden. Die hochherzige Schenkung gereicht den Stiftern zur Ehre und sichert ihnen den Dank der Gemeinde. .

Stuttgart, 25. April. Brandmeister Hans Müller von der hiesigen Berufs feuerweh r, der zur Zell als Oberleutnant der Reserve eine militärische Uebnng beim Glogauer Bataillon auf dem Truppenübungsplatz Neuhammer in Schlesien ablegt, hat dort 4 Kopfverletzungen anläßlich eines Explosionsunglücks erlitten, das durch vorzeitiges Losgehen einer Handgranate entstand und einen Leutnant tötete und mehrere andere Mi­litärpersonen schwer verletzte. Die Verletzungen Mül­lers sind nicht lebensgefährlich. Er dürste schon in der näch­sten Woche wieder dienstfähig werden.

Crailsheim, 25. April. Das K. württ. Kriegsmini­sterium hat dem hiesigen Stadtschultheißenamt aus eine Ein­gabe mitgeteilt, daß die Zuteilung einer Garnison nach Crailsheim aus militärischen Gründen sich nicht ermöglichen lasst.

Mm, 24. April. Znm militärischen Berater des Präsidenten der chinesischen Republik, Juanschikai, ist der Major Dinkelmann ernannt worden. Major Dunkelmann ist aus dem württembergischeu Armeekorps hervorgegangen, früher Leutnant beim Infan­terieregiment in Tübingen, später Hauptmann und Kom­pagniechef im Grenadier-Regiment König Karl 123 war er bis zum 15. März 1908 nach Berlin zum Besuch des Se­minars für orientalische Sprachen kommandiert und trat von dort zum ostasiatischen Detachement über.

Nah und Fern.

Ein Bär im Jnntal.

Ein großer Bär brach in das Gebiet des .oberen Jnntals ein. Er kam ans dem Haunstrtal. Sofort rottete sich eine Schar von Schützen zusammen, um auf das Raub­tier Jagd zu machen. Währenddessen wandte sich der.Bär gegen das Etschtal. In der Umgebung von Nauders wurde er von dem Bauernsohn W. Federspiel durch einen sicheren Schuß erlegt. Der Bär hatte viele Schafe zerrissen. .

Kleine Nachrichten.

In Neckarrems OA. Waiblingen fuhr das Kiesfuhr­werk des Friedrich Müller über die Remsbrücke. In öem Au­genblick, während der Fuhrmann bremste, kam ein Hoch- zcitszug von der Kirche bei der Wirtschaft zum Ochsen um die Ecke. Der 6jährige Sohn des Fischers und Kiestreibe- sitzers Jakob Räiischle schaute dem Hochzeitszug zu und be­merkte das schwerbeladene Fuhrwerk nicht. Er geriet unter die Räder des Kieswagens und wurde überfahren. 'Der Tod trat sofort ein. Die Mutter des Kindes mußte -as Unglück mit eigenen Augen mitansehen.

In der Werkstätte eines Schlossermeisters in Marg- grabowa sollte ein Acetylenapparat gereinigt werden. Als der Meister sich einen Augenblick entfernte, zündete einer; der Heiden Lehrlinge trotz des ausdrücklichen Verbots ein Streichholz an. Die im Apparat zurückgebliebenen Gast ent­zündeten sich und beide Lehrlinge wurden bei der iEc- Plosivn getötet.

Im Haust des Stadtrats Fromont-Maurice in Paris stürzte eine Wand ein. Die Eltern des Stadtrats wurden tot unter den Trümmern hervorgezogen; ein Sohn ist schwer verletzt.

Spie! ünb Bport und "rrftfchiffahrt.

Das neue ZeppelinluftschiffSachsen".

Das neue Luftschiff derDelag", dieSachsen", die für Leipzig bestimmt ist, wird anfangs nächster Woche auf der Werft in Friedrichshafen eine Füllung erhalten. Am 2. Mai unternimmt das neue Luftschiff seine erste Passagier- sahrt von Friedrichshafen nach Augsburg. Die Eröffnung der Leipziger Luftschiffhalle findet am Sonntag den 22. Junr in Gegenwart des Königs von Sachsen statt. Stationiert wird in derselben das aus Frankfurt am Main kommende, für dieDelag" erbaute PassagierlustschiffSachsen". Graß Zeppelin wird das Lustschiff von Frankfurt am Mai« nach Leipzig selbst überführen. Nach der Landung unternimmt der König von Sachsen einen Aufstieg mit dem Lustkreuzer.

Millionäre aus Reisen.

Frankfurt a. M., 25. April. Eine Fahrt mit Millionären machte dieViktoria Luise". Frau Ba­ronin Edmund v. Roischild war von Paris gekommen, um ihre hier wohnende Mutter zu besuchen. Sie charterte -as Luftschiff und unternahm damit, mit ihren Neffen und Nich­ten, den Kindern Barons v. Goldschmidt-Rothschild eine Fahrt.

Unfall Sei gelegentlicher Hilfeleistung in einem Sternbruch.

Juwel chem Betrieb ist der Unfall erfolgt?

Rack den Bestimmungen des Gewerbcunfallversicherungs- gesetzes und des Unfallversicherungsgesetzes für Land- und Forstwirtschaft können die nach diesen Gesetzen versicherte» Personen einen von der Unfallrente unabhängigen Scha- densanspruch wegen des erlittenen Unfalls ge ge» dritte Personen geltend machen, wenn die letzteren nach den sonstigen gesetzlichen Vorschriften, insbesondere nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, eine Haftung trifft. Gegenüber der« Betriebsunternehmer ist dieser Anspruch aber aus­geschlossen, es sei denn, daß durch strafgerichlliches Ur­teil festgestellt worden ist, daß der Unternehmer oen.Unfall vorsätzlich herb eigeführt hat. Die Frage, in welchem Be­triebe ein Unfall erfolgt ist, kann oft zweifelhaft sein. Liegt darüber eine Entscheidung der Berufsgenosscnschaft vor, so ist, wie das Reichsgericht annimmt, diese Entscheidung für die ordentlichen Gerichte bindend. Dabei ist es nicht er­forderlich, daß in dem Rcnienfeststellungsbescheid selbst an­gegeben ist, welcher Betrieb als der Unfallbetrieb anzujehe» ist. Es genützt in dieser Hinsicht die Verweisung ans den Vorbescheid des Vorsitzenden der Berussgeuossenschaft, in dem sich diese Angabe findet. Zum Verständnis dieser Aus­führungen diene der folgende Rechtsstreit:

Am 8. April 1910 war der Landwirt K. in Sechsel- berg Oberamt Backnang, zusammen mit mehreren Fa­milienangehörigen mit Arbeiten in seinem Steinbruch beschäftigt. Der in der Nähe auf dem Felde arbeitende, im Betriebe seines Vaters beschäftigte 18 Jahre alte Land­wirtssohn H. wurde von K. gebeten, bei dem Herausschaffe» eines schweren Steines aus dem Bruche zu helfen. Wäh­rend dieser Arbeit wurden die sämtlichen Personen durch das Niedergehen einer Steinwand verletzt, und zwar d« junge H. derart schwer, daß er voraussichtlich dauernd er­werbsunfähig sein wird. Infolge einer Anzeige an die land­wirtschaftliche Berufsgenossenschaft erklärte der Vorsitzende der Genossenschaft in einem Vorbescheid« vom 31. August 1910, gerichtet an den Vater des Verletzten, daß der Un­fall sich in dessen eigenem landwirtschaftlichen Betriebe er­eignet habe und daß deshalb Entschädigung geleistet werde. In dem Rentenfeststellungsbescheid vom 24. Kptember 1910 ist ans den Vorbescheid Bezug genommen und dann dm Rente festgesetzt. Der Verletzte hat dann später gegen den Landwirt K. Klage auf Schadensersatz erhoben, indem er geltend macht, der Unfall sei auf dessen .Fahrlässigkeit zurückznführen. Der Beklagte wandte ein: da sich der Un­fall in seinem Betrieb ereignet habe, könne der Kläger nicht Schadensersatz verlangen.

Das Landgericht Heilbronn hat ans diesem Grund auch die Klage abgewiesen. Dagegen ist vom Oberlandes­gericht Stuttgart der Beklagte zum Schadens­ersatz verurteilt worden. In den Entscheidnngsgrün- den wird ausgesührt: Der Klageanfpruch ist nicht durch Z 146 des Landw. Unfallvers.-Gesetzes ausgeschlossen. Da­rüber, ob der Unfall sich in dem Betrieb des Vaters des Klägers oder in dem Betrieb des Beklagten ereignet Hat, spricht sich die Entscheidung der Berufsgenossenschaft aller­dings nicht ausdrücklich aus. Es ist aber in dem Vor­bescheid des Vorsitzenden erklärt, daß der Unfall in dem Betriebe des Vaters des Klägers erfolgt ist. Ob diese Ent­scheidung, bei der es sich um die mindestens zweifelhafte Frage handelt, ob der Kläger durch seine vorübergehende Hilfeleistung bei dem Herausschaffen eines einzelnen Stei­nes im Betriebe des Beklagten tätig gewesen ist, richtig ist oder nicht, muß dahingestellt bleiben. Denn die Ent­scheidung der Versicherungsbehörde ist nach der Rechtsprech­ung des Reichsgerichts schlechthin bindend. Ans der Ent­scheidung, daß der Unfall im Betriebe des Vaters des Klä­gers geschehe» ist, folgt aber mit Notwendigkeit gleichzeitig die Entscheidung, daß er sich nicht im Betriebe des Be­klagten ereignet hat. Demnach ist der Beklagte alsTrit- ter" im Sinne des 8 151 des Landw. .Unfallvers.-Gesetzes anzusehen. Das Oberland es ge rieht führt dann weiter aus, daß in der Tat eine Fahrlässigkeit des Bellagten vorliege und dieser deshalb zum Schadensersatz verpflichtet sei.

Die Revision des Bellagten suchte geltend zu ma­chen, daß der Vorbescheid des Vorsitzenden nicht als eine Entscheidung der Frage, in welchem Betriebe der Unfall ge­schehen sei, angesehen werden könne. Das Reichsge­richt hat aber diese Ansicht nicht gebilligt, vielmehr das Urteil des Oberlandesgerichts bestätigt und die Revision zurückgewiesen.

Handel uns Volkswirtschaft,

Heilbronn, 26 . April. S ch w-in emo rkt. Lugekiihrt wu»d« 603 Milchschweine und 15 Läufer. Verlauft 450 Milchschweme »r» Paar zu 4070 Mark, 3 Läufer pro Paar zu 85 -110 Mark.