Maulbronn auf eine Amimannsstelle beim. Oberarm Eßlingen ihrem Ansuchen entsprechend versetzt, den früheren Amtmann Ritter, zurzeit stellvertretender Amtmann beim Oberamt Kottweil, zum Amtmann beim Oberamt Heilbronn, die Re- aicrungsassessoren Lutz bei der Stadtdirektion Stuttgart zum Amtmann beim Oberamt Reutlingen, Wöhrle beim Ober­ami Tettnang zum Amtmann bei diesem Oberamt, Ehr­ling er beim Obcramt Ellwangen zum Amtmann beim Obcramt Tuttlingen, Bub hart beim Oberamt Ehingen zum Amtmann beim Obcramt Ravensburg, Zinser beim Oberamt Hall zum Amtmann beim Oberamt Heidenheim, Areeb beim Oberamt Oberndorf zuin Amtmann bei der lZtadtdirettion Stuttgart, Niederer beim Oberamt Rot­tenburg zum Amtmann beim Oberamt Welzheim und Böget lxim Oberamt Spaichingen zum Amtmann bei diesem Ober- amt ernannt, dem Oberpräzeptor Dr. Binder am Eber- Hard-Ludwigs-Ghmnasium in Stuttgart eine Professorsstclle am Karlsgymnafium übertragen sowie den Oberlehrer Reust an der Memenrarschule in Cannstatt seinem Ansuchen ge­mäß in den Ruhestand versetzt und ihm bei diesem Anlaß pie Anerkennung feiner langjährigen treuen und ersprießlichen Dienste ausgesprochen, eine Oberkontrollrürstellc bei dem Kamera!amt Tettnang dem Fiu anzsekretär Schwab in Mergentheim übertragen nnd den Anauzamtmann Ru pp bei dem Kameratamt Cannstatt, sowie der Oberkontrolleur lit. Steuermspeklor Streik bei dem Kameralamt Tübingen, dieser unter Anerkennung seiner langjährigen treuen Dienste, st auf Ansuchen in den bleibenden Ruhestand versetzt-

Stuttgart, 3. Marz. In der gestrigen Monatszasam- unkimst der Fortschrittlichen Volkspartei sprach der Land- togsabgrordnete und Gemeinderat Löchner über unser Wahl­system, an der Hand einer Broschüre des Dr. Kramer- Reutlingen, der dasselbe Thema behandelt nnd die allgemeine Einführung des Proportionalwahlsystems für das ganze Land fordert. Anschließend daran kam Löchnrr bei der Erwähn­ung unseres aus denselben Grundsätzen wie die Landes Pro­porz beruhenden Kommunalwahlshstems auf die von ihm ans die Nachfolgerschaft Fischers im Gemeindcrat geltend gemachten Ansprüche zu sprechen und teilte mit, daß rr gegen die Entscheidung des Ministeriums beim Verwaltungs­gericht Berufung eingelegt habe, wo die Angelegenheit noch schwebe. Gemeinderat Löchner hat auch an das Mini­sterium die Anfrage gestellt, wie es möglich sei, daß das Aürgeraus schußMitglied Bauer seinerzeit ohne weiteres in den Gemeinde rat ausrücken konnte, hat jedoch darüber keine Auskunft erhalten. Er hat daher diese Anfrage an das Ver- waltnngsgericht gestellt. In der sich an die Milteilungen Löch» ners anschließenden Diskussion machte RA. Reiß eben­falls verschiedene Bedenken gegen die Entscheidung des Mini­steriums gellend- Würde das Vecwaltungsgericht zugunsten Löchner-s entscheiden, wäre die Gültigkeit einer ganzen Reihe von Gemeinderaisbeschtüssen in der letzten Zeit in Frage gestellt.

Stuttgart, 4. März. Die diesjährige Landes Versamm­lung der Aerzte Württembergs wird in Eßlingen abgehalten. In einer letzten Sitzung hatte sich der ärztliche Landesaus- jchuß u A. auch mit dem vorläufigen Entwürfe der Voll- zugsvcrsügnng zum Oderamtsarzt befaßt und beschlossen, ge­genüber der hier geforderten mindestens 5jährigen Praxis in Württemberg als Voraussetzung, um eine Oberamtsaczt- stelle zu erlangen, sich ablehnend zu verhalten, da durch eine solche Bestimmung unter Umständen gerade die tüch­tigsten Bewerber ausgeschlossen werden könnten.

Stuttgart, 4. März. Im hiesigen Krematorium, das am 6. April 190? eröffnet wurde, fand am gestrigen Sonntag die 2000. Einäscherung statt. Au der von Jahr zu Jahr steigenden Frequenz sind erfreulicherweise die Ärbeiterkrcise in erheblichem Maße beteiligt.

Göppingen, 4. Marz. Hier sprach heute abend der ba­dische Landtagsabg. Rechtsanwalt Dr. M u s c r - Offenbnrg im Apostelsaal überAmerika". Der Redner, der aus einer längeren Studienreise die sozialen Verhältnisse des Landes genau kennen gelernt hat, wußte geschickte Parallelen zwischen unseren und den jenseitigen Verhältnissen zu ziehen.

Geislingen, 3. März. Zum erstenmal hat die Stadt­verwaltung an eine Theatergesellschaft eine Subvention ver- wiüigt zur Darstellung guter dramatischer Vorstellungen mo­derner Literatur. Die Gesellschaft hat die Verpflichtung, jede Woche eine Volksvorstellung zu billigem Einheitspreis zu geben.

Bibern ch, 4. März. Zur Stadtschultheißenwahl haben sich jetzt alle Parteien nun offiziell auf Amtmann Doll gemügt. Es war das vorausznschen. Don der Zentrumspar- fti wurde er schon vor einigen Tagen als Kandidat für die -Itadtschultheißenwahl bezeichnet. In einer Astern abgehal- tmen Versammlung haben sich nun auch die Deutsche Partei, hie Volkspartei und die Sozialdemokratie für Doll ausge­sprochen. Der Stadt wird durch diese Einigung wahrscheinlich c!v Wahlkampf erspart bleiben.

Nah und Fern.

Reue Erfindung.

Dieser Tage hat im Hafen von Rvmanshorn die Erprob­ung eines von Fischer Konrad Blattner in Horn erfundenen eigenartigen RettungskSrpers für Schiffbrüchige stattgefnn- dW. Ter Rettungsgegenstand besteht in der Hauptsache aus einem Schwimmkörper von annähernd einem Meter Durch­messer und einem Trichterschlauch, der unten in einer als Ballast dienenden gußeiseneu Platte endigt. Die zu rettende Person begibt sich stehend in den Schwimmkörper, der als­dann vom Schiss aus zu Wasser gelassen wird. Damit ist der Mensch bis auf etwa Bauchhöhe unter der Wasserfläche, während der Kopf, Brust und Arme sich in dem bequemen Schwimmer frei bewegen können. Kein Tropfen Wasser kann an den Menschen herantreten und um sich auch bei hohem Wellengang, vor Nässe zu schützen, kann man den in Schar­nieren befestigten Schirm mit Fmsterchcn schließen, sodaß man dAlig sicher auf der Sec eirchertreibt.

Dsppelmord und Selbstmord.

Der Schneider Manger in Chemnitz hat in seiner in der Dittesstraßc gelegenen Wohnung seinen 11jährigen Sohn und seine 8jährige Tochter durch Beilhiebr ermordet und sich dann selbst am Fensicrkreuz erhängt. Manger lebte, wie dieAllg. Ztg." meldet, seit längerer Zeit von seiner Ehefrau getrennt und dürste die Tat bereits am Samstag ausgeführt habere, da man den Mörder und die beiden ermordeten Müder seit dieser Zeit nicht mehr gesehen hat.

Ucber das scheußliche Bubenstück, dem Autofahrer in Hennersdorf bei Berlin zum Opfer gefallen sind, wird noch folgendes berichtet: Die Drahtseile waren einen Finger dick und hinter einer Kurve über die dtttlße so gespannt, daß der Fahrer sic erst im letzten Anger- Am srhen konnte. Der Wagen wurde von dem Eigentümer Alunz selbst geleitet. Neün chm saß die älteste Tochter, dw etwa fünf Schritte vor dem Drahiftil das Hindernis be- MvHx, -ihr«, Baker daraus aufmerksam machte und W! gleich­

zeitig duckte, um den Ausschalter zu betätigen uitd dadurch das Auto sofort zuni Stehen zu bringen. Es war aber be­reits zu spät. Das uOttere Drahtseil traf den Kühler der Maschine am Verschlußdeckcl. Das obere Drahtseil prallte gegen dir Holzfassung des Steuerrades, riß ein Stück her­aus und traf dann den sehr tief sitzenden Goldwarenhändlcr oben am Halse dicht 'unter dem Kinn, sodaß die Kehle aus- gerissen wurde. Dann schnellte das Drahtseil weiter und traf die im Fond des Wagens an der rechten Seite sitzende Frau Plunz so heftig an der Stirn, daß sie in weitem Bogen aus dem Wagen geschleudert wurde und eine schwere Gehirnerschütterung sowie innere Verletzungen davontrug. Die jüngere Tochter.Else, die neben der Mutter saß, wurde schwer an der unteren Kinnlade verletzt. Inzwischen Mar­der Motor, nachdem die Zündung ausgeschaltet war, zum Stehen gclominrn, und Anna Plunz lief dem nachfolgenden Wagen des Automobilhändlers Ianke entgegen und brachte ihn zum Haltc-ü. Dieser Holle sofort Hilfe herbei, aber das Ehepaar starb bereits aus dem Transport. Die verletzte Tochter wurde nach Berlin gebracht. FcstgestelU ist inzwischen, daß das Drahtseil vor eimgen Tagen aus einer Tonwarensabcik in der Nähe gestohlen worden ist. Aus die Ermittlung der Täter des Automobilattentats auf den Juwelier Plunz hat her Regierungspräsident von Potsdam eine Belohnung von lOOO Mark ausgcsetzt. Der Kai­serliche Automobilklub setzte nach einer Besprechung mit dem Leiter der Berliner Kriminalpolizei eine Belohnung von 3000 Mark, ans, deren Verteilung er sich nach der Ermittlung der Täter Vorbehalt.

Kleine Nachrichten

In Aeuerbach hat die 42 Jahre alle verwllwete K a- rolrnc B u s ch in einem Anfall von Geistesstörung in ihrer Wohnung die eigenen Kleider mit Petroleum über­go s s e n und dann angezündet. Die Frau hat gräßliche Brandwunden am Kopfe und am Oberkörper erlitten: in hoffnungslosem Zustand liegt sie im Krankenhaus.

In Böckingen geriet der Schuhmacher Scholl mir seinem Schwager Braun in Wortwechsel. Scholl drang in Brauns Wohnung ein. Dort wurde er von seinem Schwa­ger mit dem Schustcrmesser angegriffen nnd erhielt vier gefährliche Stiche. Er mußte ins Krankenhaus nach Heil­bronn geschasst werden. Auch Braun trug zwei Stichwun­den davon.

Bei der in Giengen abgehallenen Musterung tvvg ein Betritt bei 143 Centimcter Größe 70 Pfund. Ter muß noch wachsen, wenn er das Vaterland verteidigen will.

Montag vormittag wurde das zweijährige Töchterchen des Bauunternehmers Schurr in Faurndau in der Nähe der dortigen Schuhfabrik von dem lllmer Schnellzug über­fahren und sofort getütet.

Trotz der angestrengtesten Bemühungen der Kriminal- ! Polizei rn Berlin ist es bisher nicht gelungen, der Täter habhaft zu werden, die das Drahtseil über die Chaussee ge­spannt haben. Die verdächtigen polnischen Arbeiter mußten alle wieder aus der Haft entlassen werden, da sie ihr Alibi Nachweisen konnten. Der Tatort und seine Umgebung wur­den gestern nachmittag von Pslizeibeamten photographiert, ebenso die Leichen des Ehepaares Plunz.

Die Inhaberin des Zigarrengeichäftcs jvon Keriten in der Tunnelstraße in Nürnberg hat sich und ihre vier Kinder durch Leuchtgas vergiftet. Alle Wiederbeleb­ungsversuche blieben erfolglos.

Kunst und Wissenschaft.

Eiu Skandal in der Wiener Hofopcr,

Wien, 3. März. Während der gestrigen Vorstellung derHugenotten" in der Hofoper ereignete sich ein Skandal, wie er in diesem Jahre noch nicht erlebt wurde. Das Pu­blikum wurde vor der Vorstellung davon in Kenntnis ge­setzt, daß Frau Weidt heiser geworden sei und dieValen­tine" von Frau Kempten-Jarno gesungen werden würde. Das Theater war nicht übermäßig voll, aber namentlich aus der Galerie von sehr kritischem Sonntagspnblikum be­setzt. Nach dem Duett im 3. Mt machte sich schon aus­fallende Unruhe im Publikum bemerkbar, da einige hohe Stellen des Duetts nicht recht gelangen. Ein schwacher Bei- sallsvcrsuch am Schlüsse des Duetts wurde mit Zischen er­widert. Bor dem 4. All erschien der Oberregisseur und ent­schuldigte die Sängerin mit Jndisponierung und erklärte, der Abend müsse mit derSchwerterweihe" schließen. Der Oberregisseur wurde mit furchtbarem Skandal und den Zu­rufen bedacht: Abzug Gregor! Pfui! Aufhörcn! Schließen! Diese Demonstration richtete sich hauptsächlich gegen Direk­tor Gregor, dem man »llzu sparsame Besetzung wichtigerer Partien vorwirst. Frau Kempten-Jarno wurde noch während der Vorstellung von schweren Her^krämpfen befallen. Man hatte auch den Eindruck, daß sic zeitweilig ihrer Sinne nicht mächtig war. Der Oberregisseur mußte ihr eine Hutnadel, mit der sie sich selb Medrohte, gewaltsam entreißen; auch verlangte sie immer wieder, offenbar in selbstmörderischer Absicht, eine Scherrc. Ebenso wollte sie sich an den Namen des Hotels, wo sie abstieg, nicht mehr erinnern.

Wien, 4. März. Der Kaiser ließ sich heute durch den Obersthofmeister Fürsten Montenuovo, der zugleich Generalintendant des Hoftheaters ist, über den Skandal be­richten. Direktor Gregor wurde heute vom Obersthosmeister empfangen, doch werden die Gerüchte von einem bevorstehen­den Rücktritt als verfrüht bezeichnet. Die Wiener Presse nnd das Publikum nehmen in schärfster Weise Stellung gegen Direktor Gregor, dem vorgeworfcn wird, daß er gegen Künst­ler und Publlkum gleich rücksichtslos vvrgche. Die vorüber- gchende Geistesstörung der Sängerin Kempten-Janow konnte noch nicht wieder behoben werden. Sie leidet an vollkom­mener Gedächtnisschwäche und ist sich der Vorgänge am Sonn­tag nicht bewußt.

Der cingcftiirzlc Theatcrhimmel.

Das Prinzip der Fortunh-Beleuchtung.

Der Unfall im Deutschen Opernhanse zu Charlotten- bürg der leicht schlimme Folgen für die auf der Bühne beschäftigten Künstler hätte haben können, wenn der Zusam­menbruch des Fortuny-Hrmmels etwa während einer Vor­stellung erfolgt wäre, zeigt wieder einmal, wie technische Fort­schritte an sich immer neue Gefahrenquellen schassen. Zur Zeit des allen Leinwandhintcrgrundcs mit seinem gemalten Himmelsblau und seinen stets an derselben Stelle schweben­den Wolken war eine derartige Gefährdung des Bühnenper­sonals ausgeschlossen. Auch der spanische Maler FortunY, der übrigens in Venedig wohnt, und dessen Erfindung die Allgemeine Elektrizitäts-Gesellschaft nach erfolgter -Paum.ier- ang in die Praxis überir g. hatte seine ursprüngliche Erfind­ung nicht so gedacht, uns sie im Dcutschn Opernhause ver­wirklicht worden war, und er hatte ursprünglich seinen Kup- pelhorizaut aus Swffslächen konstruiert, die von einem eisernen ' Gerippe getragen waren. Die Stoffflachen waren luftdicht zu einem gewaltigen Sack znsammengcnäht, und indem man diesen Sack luftleer machte, erzielte mau durch den nor­malen attnosphärischen Druck der Außenluft die gewünschte WSlbuM nach innen. Aber es kamen dabei gelegentlich Kal­

ten iu den Siosssack, die die absolute Natürlichkeit des Hüu- melsbildes beeinträchtigten. Beim Neubau des Deutschen Opernhauses hat man deshalb den urspvünglichen Gedanken wesentlich umgestaltet und statt der Stosflächen eure getvat- tige Halbkugel aus Gipsplatten konstruiert, die das enorme Gewicht von 20 000 Kilo hatte. Denn die Bühne dieses Theaters ist außerordentlich breit und hoch. Diese onrch ein Eisengerüst zusammengehallenc halbe Hohlkugel aus Gips erschien bereits bei den Vorbcsichtigungen des Hauses vor seiner Eröffnung manchem unbefangenen Beurteiler recht be- denllich: weiß man doch, wie leicht Gips brüchig wird und abbröckell, ganz abgesehen davon, daß dieses Material an­gesichts seiner großen Schwere sehr leicht sein Traggerüst deformieren konnte. Da die Konstruktion aber baupolizeilich geprüft und abgcnommen war, so hatte niemand Anlaß, das vielgepriesene Werk zu beanstanden.

Vom Standpunll des Theaterpraktikers aus hat sich der Fortuny-Himmel allerdings aufs Beste bewährt. So gelang cs der Regie, in der Sturmszene vonOberon" außerordent­lich naturgetreue Bilder des wilden, jagenden Wolkenzuges über der sturmgepeitschten See hervorzuzaubern, Bilder, wie man sie sir solcher Natürlichkeit bisher selbst in den großen Festspielhäusern von Bayreuth und München nicht gesehen hat. Das Prinzip der Fortuny'schen Projektions- und Be­leuchtungstechnik beruht auf der Erwägung, daß alle bis­herigen Szenenbeleuchtungen im Freien daran litten, daß sie in ihrer Art von der tatsächlichen natürlichen Beleuchtung grundverschieden waren. Draußen, im Freien, erscheint rs unserem Auge so, als bräche des Licht von allen Richt­ungen des Himmels zugleich über uns herein : diese unend ­lich weit entfernte Sonne wirkt nicht mehr als xine punkt­förmige Lichtquelle, sondern das ganze Himmclgewölbe rings­um scheint zu leuchten. Wir haben diffuses, zerstreutes Licht. Auf der Bühne kamen aber früher nur punktförmige Lichtquellen. Fast ausnahmslos wurden elektrische Glühlam­pen dazu verwendet, die natürlich ills strahlende Punkte wirkten. Ein gleichmäßig sich über die Szene verbreiten­des Licht tonnte dadurch nicht erreicht werden. Fortan« ging deshalb Zur indirekten Beleuchtung über, indem er die einzelnen Lichtpunkte erst aus eine Fläche fallen ließ, von der sic dann zurückgestrahll wurden, um nun vereint ein -einzigeszerstreut" wirkendes Lichtmeer zu ergeben. Der dazu verwandte, den Abschluß der Bühne nach hinten bildende gewölbte sog. Fortuny Horizont ist farblos. Dicht an oer Rampe stehen große Rahmen, auf denen glän^sde Seidenstoffe ausgespannr sind und auf die das Licht zahl­reicher und stacker Bogenlampen fällt. Die Seidenstoffe wer­fen dieses Licht aus den Kuppel-Horizont zurück, der nun ganz gleichmäßig belcuchret erscheint. Die Seidenstoffe sind beweglich: man kann schnell oder langsam ihre Farbe wech­seln. Je nach der Farbe der Stoffe erscheint auch das Licht gefärbt, sodaß mit großer Bequemlichkeit alle Nuancen er­zielt iverden können. Bekanntlich kann man aus Weiß, Blau, Rot und Grün cftle Arten derSonncnbeleuchtung" Her­stellen. Wenn z. B. vom Hellen Tageslicht zur Nacht über gegangen werden soll, so wird man das Bogenlicht zuerst von weißen Stoffen zurückwerfen lassen, wodurch der Hori­zont sehr grell beleuchtet erscheint. Dann wird man langsam etwas Blau und dann immer mehr Rot einziehcn, bis man die Lampen selbst durch Klappen schließt. Die Bewegung der Seidenstoffe in den Rahmen geschieht durch kleine, ge­räuschlos arbeitende Motoren, die von irgendeiner Stelle des Bühnenhauses her betätigt werden können. Ter Be- lcuchttmgsinspektor hat nur eure kleine Klaviatur von Knöpfen vor sich, durch die er mit Hilfe elektrischer Uebertraguag den ganzen Apparat steuert. Das oben schon erwähnte, schwierige Problem ziehender Wolken ist mit Hilft des Fortuny-Systems dadurch hübsch gelöst, daß man das Bogen- licht aus langsam sich drehende bemalte Spiegelscheiben fal­len läßt. Fortuny's ursprüngliche Konstruktion gestattete es, den großen Kuppel-Horizont wie einen Kutschenschlag zusam­menzuklappen und beiseite zu schieben. Bei den gewaltigen Abmessungen des Bühnenhauses im Charlottenburger Deut­schen Opernhause brauchte man aus solche Raumsragen aber nicht Rücksicht zu nehmen und konnte deshalb die riesige Gipshohlkugel, die sich ans Rädern und Schienen vor- und rückwärts bewegen ließ, instruieren.

München, 4. März. Ein Aufsehen erregender Aus­spruch Siegfried Wagners wird hier bekannr. Sieg­fried Wagner weigerte sich, in Regensburg eine Festaufführ­ung derMeistersinger" anläßlich der Aufstellung der Büste seines Vaters in der Walhalla an dessen IM. Geburtstag am 25. Mai zu dirigieren.Bei der Stellung sei deut­schen Nation zur Parsivatfrage", so erklärte Siegfried Wag­ner,ist mir das ganz munöglich. Wenden Sie sich an Dr. Richter." Es ist beabsichttgt, zu der Vorstellung die besten Kräfte der größten deutschen Bühnen heranzuziehen.

Spiel und Sport nnd 2uftschisfahrt

Stuttgart, 4. März. Der Name des am Sonntag hier verstorbenen Inhabers eines Modcgeschästes Gustav llhls- höscr hat in der deutschen Turnerschaft einen gu­ten Klang. Er erwarb sich beim 7. Deutschen Turnfest in München im Jahre 1889 den 1. Kranz im Wetturnen mit 68,4 Punkten, eine Leistung, die um so bemerkenswerter war, als sic fast die überhaupt höchst erzielbare Punllzahl (70) erreichtem um nahezu 8 Punkte die Punktzahl des 2. Krauzsicgets übertraf.

RmiettS, 6. März. Einen schweren Sturz hat der Aviatiker Edmond Gostinger getan. Der Flieger war gestern um acht Nhr morgens in Jssy-les-Monlineaux auf- gesncgen, um in seinem Aeroplan Brüssel zu erreichen und abends nach Paris zurückzusliegen. Als er kurz nach elf Uhr Ham im Departement Somme überflog, geriet sein Aero­plan infolge böigen Windes ins Wanken und sauste zur Erde nieder. Der Aviatiker wurde s chwer verletzt unter den Trüm­mern hervorgezogen: an seinem Aufkommen wird gezweifest.

Gerichrssaal.

Der Uckserttengeift.

Stuttgart, 4. März, Uebrrgriffe der allen Mann­schaft gegen die Rekruten sind bei dem Scheinwerftrzug dcS Pionierbataillons vorgekommen. Sieben Pioniere haben am 17. Dezember v. I. drei schlafende Rekruten im Bett Über­fallen und mit Klopfpeitschen mißhandelt, weil sie nach­exerzieren mußten. Einer der Rekruten wurde so geschlagen, daß er einige Tage nicht ausrücftn konnte. Das Kriegsge­richt har unrer Annahme mildernder Umstände die Pioniere Müller, Fischer und Weber zu je 7 Wochen, Rebhahn, Reichle und Holder zu je 4 Woche« und den Gefreiten Schäfer zu 43 Tagen Gefängnis verurteilt. Gegen das Strafmaß legten sie Berufung ein, auch vom Gcrichtsherrn wurde das Urteil angefochten und zwar wegen zu nieder bemxsseuec Strafe. In der Verhandlung vor dem Oberkricgsgericht behaupteten die Angeklagten, daß sie von Vorgesetzten zu dev Mtßhaiü' rngen angcstistet worden seien. Drc Verhandlung endete nur der Verwerfung beider Berufungen.