Bericht der Kontrollkommission in wenigen Mi­nuten.

Tie Anträge, in denen das Verhalten des Partei- vorstanoes in der Marokkofrage bedauert und in denen eine Verstärkung des Parteioorstandes und der Sekretäre ge­fordert wird, werden genügend unterstützt. Ein Notschrei aus Köslin, in nächster Zeit die Parteiöeiträge nicht mehr zu erhöhen, findet keine Unterstützung, son­dern löst allgemeine Heiterkeit aus.

In der Nachmittagssitzung, die um 3 Uhr be­ginnt, wird in die

Diskussion über den Bericht des Partei- Vorstandes

ejngetrcten- Der Streit dreht sich hauptsächlich darum, ob der Parteivorstand in der Marokko frage seine Schuldigkeit getan habe. Ter Parteivorstand veröffentlicht eine Flugschrift, in der sein Briefwechsel mit dem internatio­nalen sozialistischen Bureau abgedruckt ist. Am Schluß die­ser Schrift w-rd Rosa Luxemburg heftig angegriffen, weil sie einen Brief Molkenbuhrs vorzeitig abgedruckt hat. Es wird ihrUnterschlagung",illoyales Verhalten" u. s. w. vorgeworsen.

Rosa Luxemburg wehrt sich mit der ihr eigenen Leb­haftigkeit gegen/diele Vorwürfe. Der Parteivorstand habe sich eine schwere Unterlassungssünde zuschulden kommen lassen, daß er Briefe geschrieben habe, statt direkt an die Partei heranzn- tretcn. Das Verhalten des Vorstandes, der sich zu einer rich­tigen tziegenaktion gegen den Marokko-Imperialismus nicht habe entschHesten können, sei von der Rücksicht auf die Reichs- tagswahlcn diktiert. Rosa Luxemburgs Zeit ist um. Als sie weiter sprechen will, w-rd auf süddeutscher Seite gelärmt. Allgemeiner Lärm, als sie Müllers Rede als den Ausfluß rühren­der Hi'slosigkcit charakterisiert. Unter tosendem Lärm ruft sie zum Schluß: Ich verzeihe Euch vom Parteivorstand und gebe Euch d-u väterlichen Rat . . . . Brausendes Gelächter und Rosa Luxemburg »tritt ab. Einige Leipziger rusen kmlblaut Bravo! Dr. Leu sch von der Leipziger Volkszcitung schließt sich Rosa Luxcmubrgs Ansicht an und nimmt sie in Schutz. Ebeuw D i t t m a r-Solingen, der sich zudem gegen das Flug- blart des Vorstandes wendet/ das mahnt, die tzlewerkschaften in der Buchdruckerstreik-Afsärc nicht weiter anzugceiscn. Erregt verteidigt Lcdcdour Rosa Luxemburg. Es habe sich nie­mand zu verteidigen außer der Parteivorstand, der es an einer Aktion gegen den Krieg habe fehlen lassen. Wir hätten heute noch nicht Massendemonstrationen in der Partei, wenn Rosa Luxemburg nicht Kritik geübt hätte. (Stürmisches Ge­lächter bei der Mehrheit). Die Frage sei:Was ist zu tun, um einem Krieg zp begegnen." Wir können nicht saget-, daß wir einen Generalstreik machen werden, aber auch nicht, daß wir keinen Generalstreik unternehmen werden. Der Partei­vorstand hat versagt in dieser wichtigen -Situation. Eine Ge- neralantwort auf alle diese Angriffe erteilt Bebel unter laut- loier Stille. Das Vorgehen der Genossin Luxemburg sei un- gewöhnlich gewesen. ES stehe mit der Wahrheit nicht im Ein­klang. Bebel bewein das im Einzelnen. Den letzten Satz des Molkeirbuhrschen Briefes habe Rosa Luxemburg unterschla­gen. (Stürmisches Hört!) Auch meine Auslassungen hat sie mißhandelt. Ich bin in der Marokkofrage -am weitesten ge­gangen, zu fordern, eine große Demonstration des internatio­nalen Bureaus in Brüssel zu veranstalten. Und da sagt Lede- bour im Brustton der Uebcrzengnng, die Deutschen wollen nicht minnachcu. Das ist eine Beleidigung der Partei. Wir sind für die russische Revolution mit mehr als einer halben Million eingctrctcn. Als Bebel Rosa Luxemburg einenQnerkops" nennt, jubeln die Revisionisten. Sie habe auch Privatbriese Kauts­chs veröffentlicht. Die Rede Bebels ist eine einzige große Abkanz­lung Rosa Luxemburgs. Freunde und Feinde Ros«^ Luxem­burgs geraten noch besiig aneinander, bis die zum Teil stür­mische 'Debatte um sieben Uhr abends vertagt wird.

Die Bewegung für Feuerbestattung.

In den lechen Jahren ist di: Bewegung für di: Feuerbestattung auch in Deutschland mächtig vorwärts geschritten. Tic Vermehrung d-.r Feuerbestattung s-- ver eine von Ende Dezember 1908 bis dahin 1.810 be­trägt 31 Prozent. Am 30. Juni 1911 gab es im deut­schen Sprachgebiet 259 Vereine für Feuerbestattung mir rund 80000 Mitgliedern; seit Anfang dieses Jahres ist' die Zahl der Mitglieder um 8000 gestiegen. Auf Preu­ßen entfielen Ende des vorigen Jahres 83 Vereine mit 22 600 Mitgliedern, Bayern hat 41 mit 10 500, Sach­sen 21 mit 5500. Württemberg 20 mit 6100, Baden 9 mit 4200 Mitgliedern nsw. Deutsch-Oesterreich mit 13 Vereinen und 3200 Mitgliedern steht nahezu an letzter Stelle. Von den Mitgliedern dieser Vereine gehörten 1910 22,5 Prozent den Akademischen, 22,0 Proz. den gewerb- und kaufmännischen Berufen an, 14,9 Proz. waren Staats- vdcr Gemeiudcbcamte und Lehrer.

Um die Vereine deutscher Sprache zu festigen, hielt ihr Verband in den letzten Tagen in Dresden seine gutbesuchte 15. Tagung ab, deren Verhandlungen von Sa- 'mtätsral Tr. Müller aus Hagen geleitet wurden. Vor­aus ging ein Verbandstag der preußischen Fencr- b e st a t t n n g s v e r e i n e, in dem Tr. Müller und W a l dst ein-Halle über das Preußische Feuerb- sta t t u n g s g c s c tz sprachen und dessen bekannte Mängel einer Kritik unterzogen. Das Gesetz habe nicht gehalten, was man von dem Entwurf erwartet habe, und man brauckp- weder der Regierung noch den: preußischen Land­tag zu danken. Schließlich wurde eine von Herrn Wald­stein vorgeschlagene Resolution einstimmig angenom­men, in der erklärt ward, Endziel der Bestrebungen der Feuerbestattungsvereine bleibe dte Forderung, daß die Wahl zwischm Erd- und Feuerbestattung in jeden: ein­zelnen Falle dem Bestattungspslichtigen obliegen soll, so­fern der Verstorbene darüber keine rechtsgültige Entscheid­ung getroffen hat. Es wurde in der Resolution auch die alte Forderung der Feuerbestattungs-Vereine auf Einführ­ung der allgemeinen obligatorischen Leichenschau erneuert. Weiter wurde ein vom Verein Halle gestellter Antrag an­genommen, der die Gründung eines Verbandes der preu­ßischen Vereine empfiehlt.

Am Donnerstag begann hierauf der allgemeine Verbandstag. Er wurde namens der Stadt Dres­den durch Stadtrat Dr. Krumbiegcl l>egrüßt, der darauf hinwies, daß das sächsische Feuerbestattungsgesetz was zu bestreiten ist allen Forderungen des Feuerbcstatt- ungswesens gerecht werde; ebenso das Dresdener Krema­torium, was zuzngebcn ist. Der Vorsitzende Sanitätsrat Dr. Müller betonte in seinem Geschäftsbericht, die steigende Zal.I der Einäscherungen sei ein guter Beweis für die wachsende Volkstümlichkeit der Feuerbestattung. Im Jahre 1901 betrug diese Zahl in Deutschland 692, im letzten Jahre 6074, und im ersten Halbjahr l911 ist sie bereits auf 3762 gestiegen. Dem Verbände der

deutschen Feuerbestatt ungSvcr:inc gehören gegenwärtig 131 Vereine mit 57 142 Mitgliedern an.

Aus den sehr ausführlichen Verhandlungen ist fol­gendes zu erwähnen: Auf einen von Sanitätsrat Tr. Berlein begründeten Antrag des Wiesbadener Vereins wurde ausgesprochen, daß der Verband das preußische Fcuerbestattungsgesetz mit Freude begrüße, obwohl es nicht ganz den aus Gleichstellung der Feuer- mit der Erd­bestattung gerichteten Bestrebungen der Freuirde der Feuer­bestattung entspreche. Weiter wurde ein Antrag des Vor­standes beschlossen, der diesen beauftragt, mit einer Ver­sicherungsgesellschaft einen Vertrag aus Sterbekassen- vcrsich erring der Mitglieder von reichsdeutschen Ver­bandsvereinen abzujchließen. Dieser Versicherung sollen sich dann möglichst alle Verbandsmitglieder bedienen. Ein Antrag Breslaus betreffend die Schaffung eines zentra­len BerbandsbureanS, das die Einzelvereine in der Werbe­arbeit unterstützen sollte, wurde abgelehnt. Es wurde an­genommen, daß der Verband Mitglied des zu gründen­den Weltbundes der Feuerbestattungsver­eine wird. Auch soll der Verbandsvorstand dahin wir­ken, daß die vortreffliche Sonderausstellung der Deutschen Fcnerbcstattunasvereine auf der Hygiene-Ausstellung als Wanderausstellung erhalten bleibt. Weiter wurde beschlossen, daß der Vorstand sich mit sämtlichen Krema­torien zur Entführung eines einheitlichen Maßes und einer einheitlichen Form für die Asche kapseln in Verbindung setzt und die Festsetzung von Höchstmiißpn ,bei den Särgen anregt. Eine derartige Einheitlichkeit ^ soll auch bei den zum Reich gehörenden Landern des deut­schen Sprachgebiets angeregt und überhaupt das Einver­nehmen mit den Krematoricnverwaltungen gepflegt wer­den. Ein Antrag Danzigs, die Einäscherungsgebühren einheitlich zu regeln, wurde abgelehnt, dagegen beschlos­sen, die Kosten der Feuerbestattung für alle Teile des Reiches bekannt zu geben. Schließlich wurde Wien als Ort für den nächsten Berbandstag gewählt. Damit hat­ten die Verhandlungen des Verbandstages der Feuerbe­stattungs-Vereine deutscher Sprache ihr Ende erreicht.

Am Freitag begann hieraus der 5. internatio­nal e K o u g r e ß der Fcnerbcstattungsvereine, d. ssen wich­tigster Verhandlnngsgegcnstand die Gründung eines in­ternationalen Verbandes war. Die belgische Ge­sellschaft zur Förderung der Feuerbestattung hat Satz­ungen des Verbandes ausgearbeitet und dem Kongreß vor- gelcgt. Er soll den Zweck verfolgen, freundschaftliche Be­ziehungen zwischen den ihm angehörenden Vereinen zu schaffen und sich gegenseitig zu unterstützen. Besonders soll der internationale Verband sich über alle Fragen der Feuerbestattung unterrichten und gemeinschaftliche Maßnahmen zur Zulassung und Entwicklung der Feuer­bestattung in allen Ländern treffen; ebenso soll er internationale Kongresse vorbcrciten. Begründet wurde die Notwendigkeit des Verbandes durch Rechtsanwalt Tosquinet aus Brüssel. Dieser bedauerte, daß die Feuerbestattung trotz des siegreichen Fortschreitens des Gedankens noch immer in einzelnen deutschem Bundes­staate!: auf SckMerigkeitcn stoße. Zusammenschlüßen sol­len sich alle Gesellschaften für Krematorien und Feuer­bestattung namentlich auch zu dem Zweck, größere Mittel für die Hinaustragung des Gedankens der Feuerbestattung in die Masse zu erlangen. Der Beitrag soll trotzdem ziemlich niedrig festgchetzt werden. Die Vereine sollen für jedes Mitglied 5 Centimes zahlen, doch soll der Höchstbctrag nicht mehr als 200 Francs für den Verein betragen. Die Satzungen wurden nach langer Erörter­ung mir einige:: unwesentlichen Aenderungen ange:rommeu. Als vorläufiger Vorstand wurde gewählt: Rechtsanwalt Tosquinet- Brüssel, Dr. Ahrendt - Antwervm, Pro­fessor Kr afft-Lausanne. Abends sprachen Stadtbau­rat Marsch-Gera über Feuerbestattung im In- und Auslande und Dr. med. B r eier-Erfurt über Begraben i und Verbrennen von Leichen, außerdem wurden verschie­dene Ofen- und Sargkonstruktionen uiu) von Margarethe ! Psafs-Chcmnitz Paramenten in einem neuen Stil vorge- führt, der die aufdringliche überladene Silberornamentik vermeidet.

Es sollte eigentlich noch über Vorträge vcrhaiwelt werden, die Tr. Bcrtrand-Antwerpen und Tr. Huis- mann-Brüssel aus dem letzten Kongreß in Brüssel über Feststellung des Todes und der Todesursache hielten. Man ging jedoch auf diese Angelegenheit nicht näher ein, da ihre Behandlung nur vor einer ärztlichen und juristischen Zuhörerschaft zweckmäßig sei. Doch stellte Rechtsanwalt T v squin et-Brüsscl den Antrag:Der Kongreß spricht sich dafür aus, daß gesetzlich die Feuerbestattung absolut aus gleichen Fuß mit der Erdbestattung gestellt wird. Es ist deshalb nicht notwendig, gegenüber der Feuerbestattung besondere Maßregeln zu ergreifen. Bei jeder Leiche soll jedoch die obligatorische Totenschau ausgeübt werden. Durch diese soll die Todesursache fest- gestellt und gleichzeitig Gewähr geboten werden gegen das Nichtentdecken einer verbrecherischen Handlung." In der ausführlichen Erörterung erwähnte Dr. Husche-Ro­stock, der Acrztliche Verein in Rostock sei jeder Nachricht von der Begrabung eines Scheintoten nachgegansM, habe aber stets von der zuständigen Behörde die Antwort erhalten, daß die Nachricht falsch sei. Der Antrag Tos- auinet wurde schließlich einstimmig angenommen.

Mit dem Beschluß, die Bestimmung von Ort und Zeit des nächsten Kongresses dem Vorstände zu überlassen, hatten die Verhandlungen ihr Ende erreicht.

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Es ist die höchste Zeit,

daß die Verhandlungen wegen. Marokko jetzt zum Abschluß gelangen. Denn die von gewisser Seite künst­lich erzeugte und genährte Nervosität sängt an, ins Aschgraue zu gehen. Die Kricgsfurcht nimmt mehr und mehr einen epidemieartigen Charakter an. Es gibt nicht nur unvernünftige Leute, die ihren Sparpfennig von den Kassen abheben, cs gibt auch Börsenmünner, die teils unbewußt, teils mit Absicht die Kurse an der Börse in eine wahreKriegsstimmung" Hineintreiben. Und ein großer Teil der Presse Hilst aus geschästsmännischer Freude an der Sensation mit. Es macht sich auch so schön, mit breitspurigen Ueberschristcn,Giebt cs einen Krieg", die

Nerven der Leser zu kitzeln. Unsinn und Unveranrworllich- keit gehen da einträchtig Hand in Hand. Denn in den maßgebenden Kreisen denkt kein Mensch daran, wegen die­ser Geschichten Händel anznsangen. Wir sehen es als unsere Pflicht an, über die von allen Seiten in diesen Tagen an­stürmenden Alarmnachrichten kühl hinwegzugehcn, durch deren Weiterverbreitung nur Trugschlüsse und falsche Kom­binationen ins Blühen kommen, woran kein vernünftiger Mensch Interesse hat. Es bleibt ja doch nichts übrig, als das Ergebnis der Verhandlungen abzuwarten. Und Ungeduld war von.jeher ein Zeichen von Nervosität.

Kiderien-Wächter, der seiner Verwunderung über die allgenreine Aufregung Ausdruck gab, hat dem Kaiser ain Sonntag nachmittag über den Stand der Verhand­lungen Vortrag gehalten.

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Der Mampf um das Jmpfgesetz.

In Frankfurt hat in diesen Tagen eine Versamm­lung der I mpfgcgnerve reine getagt, die mit aller Leidenschaftlichkeit gegen Pas Impfen im allgemeinen und gegen der: Impfzwang in: besonderen Stellung nahm. Mart hat beschlösse!:, au alle Reichstagskandidaten be-» stimmte Forderungen zu richten, die eine Revision des Jmpfgefetzes und Pie Einführung derGewissensklausel" nach englischem Muster verlangt. Da die Sache der Jnws- gegucr, .mit per zahlreiche Kneipp-, Felge- und anders Naturheilvercine in nahen Beziehungen stehen, Aber eiare Anzahl sehr eifriger Anhänger verfügt, so ist nicht daran zu zweifeln, daß die Frage in den nächsten Monaten auch in politischen Versammlungen eine Rolle spielen wird.

Die Frankfurter Tagung hinterstest cstnn zwiespäl­tigen Eindruck. Soweit sie sich daraus b-eschränkre, :nit allen: Nachdruck und selbst mit agitatorischen lieber treib- ungen für die.Gegner der Impfung das Recht zu re­klamieren, nach ihrer Ueberzeugung selig zu werden, zu leben und >zu sterben, wird man die Berechtigung eurer sach­lichen Diskussion zugeben. Freilich ist in solchen Fällen die Gegenüberstellung des staatlichen Zwangs und der Freiheit der Persönlichkeit über ihren eigenen Körper nach Gutdünken zu verfügen, nicht durchaus zurressend., Tic staatliche Gewalt hat aus Grürrden des allgerneinen; Wohls in giner wachsenden Zahl von Verhältnissen ist! das Recht der einzelnen Persönlichkeit eingegriffen. Die Eingriffe dieser Art sirrd der Schulzwang und die Mi­litärpflicht.

Immerhin liegen Vre Verhältnisse beim Jinysgesetz ganz besonders. Sein Wortlaut rechtfertigt nämlich, rvie die Jnrpfgegrrer mit Recht feststcllen, keineswegs das! schroffe Vorgehen der Verwaltungsbehörden, die, gestützt auf.sehr weitgehende Auslegungen der Gerichte, mit.di­rekten mrd indirekten Zwangsmitteln die Impfung auch in Fällen herbeiführen, wo sich die Ettern aufs äußerste dagegen.sträuben. Angesichts der zweifelhaften; stiechtslage, sollten sich die Behörden fragen, ob man aus Grürrden des allgemeinen Wohls wirklich so weit gehen muß, daß in einer Anzahl von Staatsbürger rr das Ge­fühl eines unerträglichen Zwanges entsteht, und ob man sich nicht darauf beschränken könnte, auf die Estern be­lehrend und beruhigend crnzuwirktn. So wird auch derjenige, der auf dem Standpunkt steht, daß die Jmpf- :mg, wenn sie in sorgfältiger, vorsichtiger und gewissen­hafter Werfe ausgeübt wird, ,-stnen relativen Schutz vor den früher so verheerenden Pocken-Epidemien gewähr:, be­reit sein, den. Wunsch der Jmpfgegncr nach einer unpartei­ischen Prüfung des Gesetzes zu unterstützen. Nicht durch! rigorose oder kleinlich? Polizeimaßregeln, sondern durch Aufklärung der Bevölkerung kann in der Jmps- srage eine befriedigende Lösung erzielt werden.

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MittcLftarrdskongreß des Hansaburrdss.

Anfang November dieses Jahres wird der Hansabund in Berlin einen Mittelstandskongreß abhallen, zu dem Vertreter der Ortsgruppen und Zweigorgantsa-tionen des HansabundS, sowie der dem Hansabund angeschlossdnen MittelstaNdsverbündc geladen sind. Gegenstand der Be­ratung des .Kongresses werden sein: 1. Die Hebung des kleingewerblichen Kredites. (Borgunweseu, Einziehuugs- ämter, Diskontierung von Buchsorderungen, Förderung der»Kreditge!wssenschasten.) 2. Konsumvereine und Beam­tenkonsumvereine. 3. Fragen des Detailhandels. (Un­lauterer Wettbewerb, Wanderlager, Sonderrabatte usw.) 4. Frage:: des Handwerks. (Stellung der Handwerks­kammer, Gesängnisarbcit, Ausführung des zweiten Teiles des Gesetzes über Bausorderungen usw.) 5. Submissions- wescn. 6. Gewerbliches Bildungswesen. 7. Die Zukunst des deutschen Mittelstandes. Tag, Versammlungsort des Kongresses und die Namen der Referenten werden noch be- kauntgegeben werden.

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Berlin, 12. Scpt. In der Uckermark tritt der Typhus epidemieartig aus. In Lychen sind von 50 Kranken vier gestorben. Die Ursache der Krankheit ist in Vm durch die lange.Dürre verdorbenen .Wassern Verhältnissen zu suchen.

Ausland.

Vom Aetna.

Ein Telegramm aus Linguaglossa meldet die Entstehung eines neuen Aetnakraters in der Nähe des Monte Nero und Monte Rosso. Der .Lichtschein ist weit­hin bemerkbar. Dicke Rauchsäulen steigen auf. Tie h-rab- strömende Lava bedroht die Gemeindelvaldungen von. Linguaglossa und Castiglione. Die Erdstöße dauern an, ebenso der Aschesregen, Tie Straßen von Eatan: a sind mit Asche bedeckt.

Catania, 12. Sept. Die Ausbrüche aus dem ncugebildeten Aetnakrater halten an und die Erd­stöße werden stärker. Die Wähler und Fluten von Castiglane, Rovetelo und Ragabo sind durch die Lava stark bedroht.

In Perfierr

wird die Lage immer verwickelter. Bon allen Seiten rvcrdcn