Regierungen Voraussetzung für die Annahme des Ge­setzes sei und daß das Gesetz unannehmbar sein würde, wenn eine andere Bestimmung als die Kommissionsfass- nng vom Reichstag beschlossen werden sollte. Tie organi­satorische Bestimmung für die Landkrankenkassen ist Vor­bedingung für die Einführung der Landkrankenkassen und damit für die Annahme der ReichsverncherungsorM,ung.

Abg. Hoch iSoz.): Wie kann Ministerialdirektor Caspar'die Stirne haben zu ' sagen, wir nehmen zwar den Landarbeitern ihr Recht, aber trotzdem ist es kein Ausnahmegesetz? Lin Hohn auf das Gesetz ist es, daß diese Arbeitervertreter nicht von den Arbeitern, sondern von den Arbeitgebern ernannt werden sollen. Tas ist ein Vorgang unglaublicher Natur.

Abg. Lehmann-Wiesbaden iSoz.): Tas Zen­trum hat es nicht einmal für nötig befunden, sich hier­zu diesen außerordentlich ltzichtigen beiden Paragraphen zur Entrechtung der Landarbeiter zu äußern. Ebenso steht es mir den Nationalliberalen und der Wirtschaft. Ver­einigung. Tic Löhne der Landarbeiter werden künst­lich'nieder gehalten und jetzt sollen sie noch vollends ent­rechtet werden und zwar von der Mehrheit, von den Kon­servativen bis zu den Nationallibcralen.

lieber den Z 343 wird namentlich abgestimmt. Gegen ihn stimmen die Volkspartei, die Sozialdemokraten, die Polen und ein Teil der schlesischen und bayerischen Zen- trumsabgeordneten. Ter § 343 wird in der Kommis­sionsfassung mit 170 gegen 103 Stimmen angenommen, lieber 8 349 wird ebenfalls namentlich abgestimmt. Tie Volkspartei, Sozialdemokratei: und Polen stimmen da­gegen Ter ß 349 wird mit 179 gegen 96 -Stimmen bei 4 Stimmenthaltungen angenommen.

K 344 (Verteilung her Vertreter auf Arbeitgeber und Versicherte) wird unverändert angenommen, ß 304 re­gelt das Stimmrecht der Arbeitgcbe r. Abg. B u- sold (Soz.): Nach der schmachvollen Entrechtung. (Vizc- zcpräsident Tr. Spahn: Ist unzulässig. Ich rufe sie zur Ordnung). Busold fortf.: Ich sehe nicht ein, warum man nun in den Städten etwas Neues machen will, indem man das Stimmrecht nach der Zahl der Arbeiter be­rechnen will. Große Unternehmer werden gegenüber den kleinen Arbeitnehmern bevorzugt, die noch schlechter ge­stellt sind als die Arbeiter, denen wenigstens ein gleiches Stimmrecht zusteht. Ter Paragraph bleibt unverändert.

§ 350 bis 355 werden nach den Konrmissionsbe- schlüskcn erledigt. Als 8 355 s, beantragen die Sozial­demokraten einznfügender Vorstand ist verpflichtet, dein Gewerbeaufsichtsbeamten auf Verlangen Auskunft über Zahl und Art der Erkrankungen zu erteilen. Für den Fall der Annahme dieses Antrags will ein Kommissions­antrag Schultz hinznsügen: die oberste Verwaltungsbehörde kann hierüber Näheres bestimmen. Beide Anträge wer­den nach den Kommisfionsbeschlüssen erledigt. Tie Pa- ragmvhen 361 n bis 371 sind in der gestrigen Sitzung bereits erledigt.

Es folgt Abschnitt 5, Verwaltung der Mittel. Ter Abschnitt 5 wird angenommen. Es folgt Abschnitt 6 /Verhältnis zu Aerztcn, Zahnärzten, Krankenkassen, Apo­thekers, der ebenfalls nach den Beschlüssen der Kommis­sion erledigt wird unter 'Annahme eines Kompromißan­trages Schultz, der die einheimischen Apotheker nnd Tro­chäen den auswärtigen gegenüber bevorzugen will. Ta­rnt ist der 4. allgemeine Abschnitt OBerfassung) erledigt.

Tic Weiterberatung wird auf Montag 12 Uhr vertagt. Schluß nach 4)5 Uhr.

Deutsches Reich.

Das Jubiläum des Deutschen Handelstags

wurde am Samstag durch eine Festsitzung in der Univer- sitärsaula zu Heidelberg in feierlicher Weise begangen. Anwesend waren der Großherzog von Baden und der Reichskanzler, .Herr v. Bethmann Hollweg. Tie hchen Gäste wurden von dem Präsidenten Kämpf be- arüßt. Ter Großherzog erwiderte mit folgender An­sprache :

Meine sehr geehrten Herren! Indem ich für die liebens­würdige Begrüßung herzlich danke, ist es mir ein lebhaftes Anliegen, Tie bei Ihrer heutigen Festsitzung persönlich begrü­ßen und in meinem Lande willkommen heißen zu dürfen. Wir Badener gedenken mit großer Genugtuung der Tatsache, daß gerade hier in Heidelberg heute vor 50 Fahren der erste Deut­sche Handclstag sich konstituierte, und es ist mir wohl bekannt, welch hohe innerliche Befriedigung mein teurer, in Gott ruhen­der Vater über dieses in nationaler wie in wirtschaftlicher Be­ziehung wichtige Ereignis cmpsano. Während der 50 Jahre des Bestehens des Deutschen Handelstages hat sich eine über alle Maßen große und wohl kaum geahnte Entwicklung auf allen Gebieten unteres deutschen Handels vollzogen, und daß das möglich war, das verdanken wir eben der nationalen Einigung, die von den Teilnehmern der damaligen Tag­ung in manchen Rede heiß erhofft wurde. -10 Jahre- können wir uns inzwischen der nationalen Einigung erfreuen, nnd in bitter Zeit ist es dem deutschen Handel vergönnt gewesen, sich unter dem machtvollen Schutz des Reiches Weiler zu entwickeln: riiic Spanne friedvoller Zeit, eine Spanne der Betätigung ans allen Gebieten und des Festhaltens an den nationalen Auf­gaben. Die heutige Generation, die nicht die große Zeit vor 10 Jahren miterlebt hat, wird immer wieder von neuein da­raus hingewicsen werden, was wir in jener großen Zeit er­leben dursten, nnd daß die vaterländische Gesinnung, die Pslege des vaterländischen Gedankens und das Zurücktreten der per­sönlichen Wünsche auch heute die Richtschnur unseres deutschen Handels sein und bleiben möge. Ein hohes Beispiel dieser GcEnnung haben wir in unserem geliebten Kaiser, dem alle Gebiete der Erwerbstätigkeit gleich am Herzen liegen. Scharen wir uns mit dein Ausdruck unerschütterlicher Treue um seine hol>« Person und betätigen wir diese Gesinnung durch den Ruf: Hoch lebe der Kaiser!"

Nach dem Großherzog erhob sich der Reichs­kanzler zu folgender Ansprache:

Im Namen des Bundesrats, der Reichsrcgiernng und des preußischen Staatsministeriums überbringe ich dem Deutschen Handelstage zu seinem heutigen Fest aufrichtigen Glückwunsch. In die Zeiten größten idealen und materiellen Aufschwungs, den unser Vaterland je erlebte, siel die Jugend des Deutschen Handelstages. Sein Gründungsjahr war dasselbe Jahr, in dem Wilhelm I. den preußischen Königsthron bestieg König Wilhelm, in dem zehn Jahre später der Herrscher dieses blühen­den Landes, Badens unvergeßlicher Großherzog Fried- - i ch, als Wortführer der deutschen Fürsten und Freien Städte -um ersten Male den deutschen Kaiser, den Gründer des Reichs grüßte. Nicht ungenutzt haben die im Deutschen Handclstag -vereinten Bcrnfsstände die Gunst des Schicksals gelassen, son­

dern in rastloser Arbeit mitgewirkt am Aufstieg unserer Nation. Vermessen wäre es, zu erivarten, daß das Wachstum in den kommenden Jahrzehnren ebenso gewaltig fortschreiten werde wie in dem abgclanfeiien' alten Jahrhundert. Bleibt aber den deut­schen Männern die zielbewußte Beharrlichkeit, der weite Blick, die zuverlässige Redlichkeit und der kühne Wagemut, der bis­her aufwärts leitete, dann wird der Wech'el der Zeiten nicht hindern, daß der Deutsche .Handelstag wie seinen heutigen 50., io auch dereinst seinen 100. Geburtstag in voller Mannestrast begeht. Das ist der Wunsch nnd die Hoffnung, mit der ich Sie, meine Herren, am heutigen Tage herzlich begrüße!"

Es folgte noch eine, Glückwunschansprache des Pro­rektors der Heidelberger Universität, Professor v. Tuhn nnd dann die eigentliche Festrede des Präsidenten Kämpf. Er zeichnete darin die Entwicklung voll In­dustrie und Handel während der letzten 50 Jahre und hob den Zwang der wirtschaftlichen Notwendig­keit als einer der mächtigsten Faktoren zur politisch c n Einigkeit hervor. Besonders charakteristisch für die Industrie war ihr zielbewusstes Zusammenarbeiten mit der Wissenschaft und Technik. Wie der Großhandel, so brauche auch der Kleinhandel, dem freilich starke Krisen nicht erspart blieben^ den Vergleich, mit dem Ausland nicht mehr zu scheuen. Teutschlands Handel und Gewerbe ver­trauen auf ihre Zukunft bei Einsatz angestrengtester Ar­beit. Wie das Reich schlummernde Kräfte der Nation ge­weckt hat, so mögen diese Kräfte weiter wirken zum Se­gen für die Gesamtheit unseres Volkes.

Ter Generalsekretär des Handelstages, Tr. Soet- beer, konnte die Mitteilung machen, daß von einer Ge­schichte des Teutschen.Handelstages zum Festtag der erste Band fertiggestellt ist. Tie nun folgende Reihe der An­sprachen von Behörden, Vertretern in- und ausländi­scher Körperschaften und anderer Ehrengäste eröffnet der badische Minister des Innern F-rhr. v. Bodman, der einleitend mit nachdrücklichster Betonung unterstreicht, ein wie erfreuliches Zeichen von Gesundheit des deutschen Handels es sei, daß dieser sich diese Vertretung selbst- geschaffen und damit selbst seine Interessen wahrnehmen wolle, ein Zeichen verheißungsvoller Kraft. - Eilt vom Kaiserauf eine Begrüßungsdepesche eingelanfenes A n t- w o r t t e l e g r a m m hat folgenden Wortlaut:Dem Deut­schen Handelstage spreche ich für die freundliche Begrüß­ung meinen wärmsten Dank aus und zugleich meine besten Wünsche für eine weitere segensreiche Tätigkeit im In­teresse von Handel und Industrie wie des gesamten Va­terlandes. Wilhelm."

Beim Festmahl im großen Saal der Stadthalle saß an der reichgeschmückten Tafel Präsident Kaempf zwi­schen dem Prinzen W i lh elm v o n S a chs e n - W e i in a r rechts und dem Reich skanzler. Nachdem die Mu­sik eingesetzt hatte, wurde die Tafel begonnen. Zunächst erhob sich Präsident Kaempf zu einer Tankesansprache. Er betonte, daß dies ein bedeutender Tag sei, bedankte sich bei dem Prorektor für dessen Rede über die Bezich- uüngcn zwischen Handel und Industrie einerseits nnd die Wissenschaft andererseits und führte weiter aus: Tie Auf­gaben des Handels müssen darin gipfeln, daß die Sonder­interessen hinter der Allgemeinheit zurückstehen. Ter Prä­sident brachte schließlich ein Hoch auf Kaiser und Reich aus. Tann ergriff

der Reichskanzler

das Wort zu folgender Rede:

Lassen Sie mich ber- Freude darüber Ausdruck geben, daß ich den heutigen, sür den- deutschen Handel so denkwürdigen Tag in Ihrer Mitte verbringen kann, in einer Stadt, in der uns Deutschlands Geschichte, sein schmerzlichstes Unglück, seine Schönheit und geistige Größe, sein leidenschaftliches Hoffen und Ringen um Einheit so lebendig ist,- in einem Lande, dessen Fürstenhaus wir immer mit besonderer Verehrung nennen, wenn wir von unserer nationalen Einigung sprechen. Ans die Anfänge dieser Einigung führen uns alle Erinnerungen des heutigen Tages zurück. Ihr verehrter Herr Präsident hat in seiner Festrede die Verworrenheit der wirtschaftlichen Zustände geschildert, in der der deutsche Kaufmann vor 50 Jahren hei jedem Schritt nnd Tritt seinen Fuß verstrickte. .Er hat gezeigt, wie aus der Not unserer politischen Zerrissenheit das Bedürfnis zum Zusammenschluß des deutschen Handels, wie der Deutsche Handclstag, erwuchs. Mit Stolz dürfen Sic sagen, daß die Ge­schichte des Deutschen Handelstages ein Stück der Ge­schichte u n s e-r e r Ei n heit geworden ist, daß die Forder­ungen, die hier vor 50 Jahren von den Vätern des Handels­tages aufgestellt wurden, das Gerüst waren, in das der Bau unseres Wirtschaftslebens hineinwnchs, nachdem »ns die poli­tische Einheit geschaffen war. Und doch wird nicht einer von den Männern, die den ersten deutschen Handelstag einberiesen, die Entwicklung geahnt haben, die der deutsche Handel in die­sen 50 Jahren genommen hat. Die Zahlen unserer Handels­bewegung, die uns so nüchtern nnd selbstverständlich erscheinen, hätten jener Heidelberger Versammlung wie ein Märchen ge­klungen. Die Zeit lag ja noch nicht weit zurück, Ivo inan die deutschen Kaufleutc im Auslände in milder Verachtung den Hühnern verglich, die in der Streu die Körner anfpickten, die edle Pferde ans Pr Krippe fallen ließen.

Das Zaubcrmittel, durch das daS Märchen Wirklichkeit wurde, hieß Einigkeit. Nur weil zuerst das Allgemeine sicherge- stcllt wurde, durch die gemeinsame begeisterte Arbeit aller Stände, so hat alles Einzelne auf festem Grund und in ge- sichericm Rahmen wachsen können. Die alten Probleme der wirtschaftlichen Einheit sind gelöst, neue sind an ihre Stelle ge­treten. Heute steht der deutsche Kaufmann mitten in organi­satorischen Aufgaben, von denen man vor 50 Jahren auch nicht einmal eine Vorstellung hatte. Mit tausend Fäden ist er in die Weltwirtschaft verknüpft; den Gönnern früherer Zeiten steht er als gleichberechtigter Partner gegenüber; das Deut­sche Reich ist eine Firma geworden, zu der inan sich mit Stolz, bekennt. (Lebhafter Beifall).

Und doch, meine Herren, die nnZ- Deutschen so besonders shmpnthische Abneigung gegen den Racker von Staat ist, wenn ich nicht irre, auch aus einem Teile der Kaufmannschaft noch nicht gewichen. Der alte Gegensatz zwischen Individualismus und Staat wird immer noch durch die Bücher geschleppt, als ob der Posten noch unverändert validierte. (Heiterkeit). In Wirtlichkeit laufen die Interessen und Pflichten der Privatbe­triebe so mit den Interessen und Pflichten des Staates ineinan­der, daß der Gegensatz, wo er konstruiert wird, ein gekünstelter ist. Kein privates Erwcrbsgeschäft ist heutzutage noch reines Geschäft, es ist in gewissen: sinne zugleich Amt. (Sehr richtig!) In der Sorge sür seinen Betrieb und für die in ihm tätigen Personen erfüllt der Landwirt so gut wie der Gewerbetreibende nnd der Kaufmann Pflichten gegenüber der Allgemeinheit, ohne die wir unser heutiges staatliches Leben nicht denken können. Man kann da nicht mehr scheiden. Das Ansehen Deutschlands in der Welt ist dem deutschen Kaufmann in reichen: Maße zu Gute gekommen. Aber wo bliebe das Ansehen des deut­schen Namens im Aus lande, wenn der deutsche Kaufmann da draußen es nicht verstünde, sein Ansehen hoch zu halten? (Zustimmung).

Wer ein privates Gut verwaltet, soll es heutzutage tun in Prokura der Allgemeinheit. (Bravo!) Darum können Staat und Privatwirtschaft nur gedeihen, wenn sie sich gegeuseitig

von dem gleichen Geiste durchdrungen lassen. Man rühmt deut­scher Staatsauffassung Pflichtbewusstsein und Rechtsgesuhl treibende Kräfte nach. Kann unser Handel ohne diese Tugenden prosperieren, wäre er ohne sie zu seiner jetzigen Blüte gelangt? Und Wiederuin. Nüchternes Kalkulieren, Rechnen - mit realen Größen, frei von allem Phrasen:»:» und doch große Ziele j, Auge - nur so kann der deutsche Kaufmann seinen Platz j>, der Welt erobern nnd behaupten. Kann unser Staatslcben »»ter anderer Flagge kegeln?

Und noch eins. Wirtschaftliches Leben ist ohne Egoismus undenkbar. So auch das staatliche Lebe,:, iv auch das politische Leben der ^Parteien. Aber es gibt kurzsichtigen und weitsichtigen Egoismus'. -Kein verständiger Kauf­mann dünkt sich zur Alleinherrschaft berufen, und ebenso wenig gibt er zv» vereinzelten augenblicklichen Prosits willen not­wendige Verbindungen nnd Beziehungen für die Zukunft preis. Solcher Geist, Blick ans das Ganze, nicht Haften am Kleinen und Kleinlichen, weitherziges Erfassen alles Tüchtigen sollte auch unser politisches Leben erfüllen. In diesen: !;inne akzep­tiere ich die ans Ihren Reihen io oft erhobene Fordermrg: M ehr kauf in nun: s ch e r G eist in unsere öffentli­ch en Zu st ü n d e.

Die treuesten Wünsche sür 'Sie und in Ihnen sür unser Varerlaud fasse ich in den Ruf zusammen: der Deutsche Han­delstag hoch, hoch, hoch! (Lebhafter, lang anhaltender Beifall.)

Im weiteren Verläufe hielt Kommerzienrat Vogel- Chemnitz eine von Humor durchwehte Ansprache, in der er dem Reichskanzler und den übrigen Regierungsvertretern für ihr Erscheinen dankte. Ter badische Finanzminister Mheinbold erhob sich sofort zu einer Gegenansprüche, um sür die freundliche Begrüßung auch durch den Vor­redner zn danken. Er sprach des weiteren über die hohe Einschätzung des Handelstags durch die Regierung, die allen Verhandlungen mit dem größten Interesse folgte. Er schloß mit dem Wunsch, daß der Handelstag den wer­teren Teil seiner Wirksamkeit wieder mit einem wirtschaft­lichen Aufschwung rechnen möge,, und toastete auf das Wohl des Präsidenten Kaempf. Thr erste Vizepräsident der Ber­liner Handelskammer Franz v. Mendelssohn toastete auf die Vertreter der auswärtigen Handelskammern. Ter Präsident der Internationalen Handelskammer-Vereinigung in Brüssel, Canon Legrand betonte, daß die verschie­densten Länder Vertreter entsandt hätten, er aber nicht nur als Vertreter Belgiens, sondern gleichzeitig auch als Vertreter des internationalen Komitees anwesend sei. In Belgien habe man oft Gelegenheit gehabt, die -Verdienste des Handelstages zu bewundern, die dazu angetan seien, die Völker einander näherzubringen. Geheimrat Deu.- ßen toastete aus die Damen, Geheimer Kommerzienrat An dr ea e-Frankfurt a. M. aus den Generalsekre­tär Soe tbeer. Um u/s7 Uhr löste sich die Festver­sammlung auf, um eine Wagenfahrt nach der Stifts- m ü h l e anzntreten. Um tzh9 Uhr fand die Schloßbeleucht-- ung statt.

Berlin, 15. Mai. Einer Privatmeldung zufolge, die eine Berliner Handelsfirma von ihrem Vertreter in Mexiko erhalten hat, soll in der S t a d t M e x i k o -eine Revolution ausgebrochen sein.

Württemberg,

Dienstnachrichten.

Der König hat den Baudftektor von Reinhardt, ordentl. Pro­fessor an der Technischen Hochschule in Stuttgart, auf sein Ansuchen in de» Ruhestand versetzt uud ihm aus diesem Anlaß das Kommen- turkrenz II. Klasse des Friedrichsordens verliehen. Vom Kgl. Evaiig. Oberschmrat ist am 12. Mai je eine ständige Lehrstelle in Wettingen, Bcz.Ulm,dem Schulamtsverwescr Friedrich Ga iser inOberböhrmgcn, Bcz. Schalkstettcn (Geislingen), in Reichenbach, Bez. Waiblingen, dem- Uutcrlehrer Karl Lidic in Winnenden, desselben Bezirks, übertra­gen worden.

Stuttgarter Pretzstimmeu zur Oberbürgermeisterwahl.

Tie Presse der drei verbündeten Parteien: Deutsche Partei, Zentrum und Konservative jubelt über den Sieg des Bürgertums über die Parteien des Umsturzes und über denZusammenbruch" der Volksparlei bei der Ober- bürgermcisterwahl. Sie läßt laut den Ruf zu einer bür­gerlichen S a m m e l P o l i t i k ertönen. TerS ch w ii- bische Merkur" macht das nur feuilletonistisch, die ultramontane und konservative Presse aber, denen die all­gemeinen Betrachtungen zu wenig politisch substantiell sind, ziehenKonsequenzen" aus dem Zusammengehen der Deutschen Partei mit ihren Parteien. So erklärt die kon­servativeDeutsche Reispost":Die nationallibe­rale Parteileitung wird es als einen neugewonnenen politi­schen Kalkül einschätzen müssen, daß die verlästertenBlau- schwarzen" sich im entscheidenden Augenblick um das na­tionale Banner scharten. Ohne dieses selbstlose Eintreten wäre Stuttgart dem Sozialismus ausgeliefert worden" und sie spricht die Hoffnung aus,daß die National­liberalen die Ko n s eq u e nz e n ziehen werden." - Das nltramontane ,,Drutsche Volksblatt" versichert zwar die völlige Selbstlosigkeit des Zentrums, verlangt aber zugleich von der Regierung, daß sie ihre Stellung zu einer Partei einer gründlichen Revision unterziehe, die so im ALHansen begriffen sei, wie die Volksparlei.

Der volksparteilicheBeobachter" stellt die ver­wirrende Wirkung fest, die die Haltung Lieschings unk und ihre Ausnützung in den Kreisen der unpolitischen schwankenden Wähler gemacht hatte und spricht aus, daß es auch 'vom Standpunkt der Sozialdemokraten richtig« gewesen wäre, bei einer kommunalen Wahl sür ein un­parteiisches Amt keine Parteikandidatur aufzustellen. TW dies besser unterblieben wäre, sei noch vor 14 Tagen die Ansicht von Politikern auch innerhalb der sozialdemi- kratischen Partei gewesen. Die sozialdemokratische Schwäbische Tagwacht" dagegen erklärt die Aus­stellung der Kandidatur .Lindemann für einen taktisch au' ßerordentlich geschickten Beschluß. Sie gibt zu, daß die Leitung der Volkspartei sicft mit Entschlossenheit der Wahl des Kandidaten, der das Vertrauen der Konservative» nnd des Zentrums besaß, widersetzt habe. Als Ursache der Niederlage betrachtet sie die Wahlmachinationen d« Deutschen Partei, das Auftreten Lieschings und die An­griffe der norddeutschen Parteiblätter, die vön der Deut scheu Partei eifrig ausgenutzt wurden. Und sie legt gege» diese Schädigung, die der Sozialdemokratie aus der et gegen Partei zugesügt sei, entschieden Protest ein. 3^ übrigen erklärt sie das .Ergebnis sür einen glänzende» moralischen Erfolg.