gangni, sondern er hat in einem Brief an den Kar­dinal Fischer jede tnfttere Tispensierung vom Ad mir ausgesuchter Schroffheit abgelehnt, diefeigen" Uni- perfrtärsprofessoren zur freiwilligen Ablegung des Eides aufgefordert und ein paar kräftige Seitenhiebe nach der preußischen Regierung ausgeteilt, die mit Recht die For­derung der völligen Freiheit ihrer geistlichen Beamten und illniverfitätsprvfefforen zum Ausdruck gebracht hatte. Ter -an die Oeffentlichkrit gekommene Brief hat oegreiflicher-- »veife sehr verstimmt u. wird nun lebhaft diskutiert. Aitch amtlicherfeits. Sv hat in Rom der preußische Gesandte am Vatikan v. Mühlberg, an Kaisers Geburtstag eine Rede gehalten, die einer eindringlichen Warnung an den Va­tikan glich, den Bogen nicht zu überspannen und in Berlin haben der Reichskanzler als preußischer Ministerpräsident, der Kultusminister uird der Staatssekretär schon die Köpfe zusammengesteckt um zu beraten, was zu tun sei. All­zuviel wird dabei wohl nicht herausspringen, denn wir fürchten, daß die hohenzollerisch-römische Freundschaft die kchwarz-weiße Energie einigermaßen lähmen wird.

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Die militärische Strasaktio« gegen Porrape

schildert ein Bericht des Fregattenkapitäns Volerthnn, des Kvmmandanttm derEmden". Danach trafen am, 10. Jamiar hie SchiffeEmden" und ^Nürnberg" auf Kormpe ein, wo bereitsEornwran" undPlanet" an­kerten. Am 13. Januar nrvrgens begann die Beschieß­ung der feindlichen Stellung durchEmden" undCor- woran". Ter Feind hatte sich in einer Stärke von 250- Leuten und 90 Gewehren aitf den hoher: Felsen verschanzt. Won Pvliizeitruppen war ein Gürtel gebildet, um die Ko­lonie vor Ausfällen zu sichern. Tiefen LlbsperrnngsgürtÄ Ließ Frogattenkipitän Vvlerthun durch ein Lrndnngskorps verstärken und ferner die Blockade der Aufständischen nach Der See zu Vornahmen. Tann wurde von einem Landungs-- Lorps der , ,Nürnberg" zusaumren mit 100 Polizeisoldaten ein Angriff unterrloimuen und das Hochplateau erstürint. Ter Feind ftoh nach kurzem Widerstand. Der Gegner verlor 3 Tote, 7 Männer, sowie 14 Frauen und Kinder wurden gefangen genommen. Auf unserer Seite fiel -ein Polizeisoldat schwer verwundet wurden jöeurnant z. S. v. Prittwiß und Gaffron und ein Polizeisoldat. 39 Männer und 84 Frauen und Kttrder wurden ftn weiteren Verlauf der Verfolgung gefairgen ge- uonrnren. diach ferneren Streifzügen ergibt sch als Ge­samtzahl der Gefangenen die Zahl von 78 Männern und 175 Frauen nebst Kindern. 5 Mdanner, die am Blutbad vom 10. Oktober beteiligt waren, befinden sch unter der: Gefangenen. Unter der Führung der Häuptlinge Ioma­rau und Samuel sind noch etwa 46 Aufrührer mit Ge­wehren bewaffnet auf der Insel Ponape und auf Tscho- katfch verstreust. Durch fortgesetzte Streiszüge und durch energischen Truck auf ii^L lvpalen Stämme, bei der Auf­findung der Rebellen behilflich zu sein, wird versucht, auch diesen letzten Rest zu ergreifen. Sehr erschwert werden die militärischen Operationen durch das unwegsame Gebirgs- krnd und den tropischen Busch. Für die Beendigung der Mion läßt sch daher ein Zeitpunkt noch nicht angeben.

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Mannheim, 3l. Jan. Tie Zufuhr französischen Wie Hs ist an den letzten Marktagen immer weniger ge­worden, den: gestrigen Biehmarkt war überhaupt kein Großvieh aus Frankreich mehr zugcführt. Tie hohen Spe­sen und das Anziehen der Preise in Frankreich machen die Ausführung unlohnend.

Schwetzingen, 30. Jan. Mit dem gestern im Alter von 67 Jahren verstorbenen Fabrikanten Max Basser-- mann ist der eigentliche Gründer der hiesigen weltbe­kannten Spargelzucht dahingegangen. Max Basser­mann war ein Sohn des badischen Politikers Friedrich Daniel Bassermann aus Mannheim, der 1848 dem Frank­furter Parlament angehörte.

Gerolstein, 31. Jan. Ter Hauptbelastungszeuge in dem Mordprozeß gegen den Rennfahrer Breuer, der Briefträger Schenck, ist gestorben. Schenck rvar der einzige Zeuge am Tatort.

Gietzen, 31. Jan. Zu der aus Freitag den 10. März festgesetzten Reich stagscrsatzwahl im Wahl­kreis Gießen-Nidda hat die Fortschrittliche Volks- Partei den Pfarrer K o re l l - Königsstätten ausgestellt. Korell hat angenommen.

Berlin, 31. Jan. Mit Rücksicht auf die in Ost­asien eingetretenen Gesundheitsverhältnissc hat der Reichs­kanzler sich Für verpflichtet gehalten, beim Kaiser zu be­antragen, daß die Reise des Kronprinzen für die­ses Jahr in Kalkutta ihren Abschluß finde. Der Kron­prinz wird demgemäß von Kalkutta aus die Heimreise pntreten.

Berlin, 31. Jan. TerRchchsanzeiger" veröffent­licht nachfolgenden Erlaß des Kaisers an den Reichs­kanzler :Mit herzlicher Freude habe ich auch an meinem diesjährigen Geburtstag erfahren dürfen, wie sehr pur alle deutschfühlenden Herzen im V-tterlande zugetan sind. Durch die Erinnerung an die vor 40 Jahren erfolgte Be­gründung des Tentschcn Reiches hat die Feier meines Geburtstages noch eine besondere Weihe erhalten. lieber- M in deutschen Landen, wie in jeden Erdteilen, »vo sch Deutsche diese Tage festlich vereinigt haben, hat man den Errungenschaften jener großen Zeit freudig und dankbar gedacht. Ans allen Kundgebungen liebevoller Anhanglich- rert, welche wir in großer Anzahl von nah und fern zuge- gangen, ist mir die Freude an dem geeinigten Deutschen Waterlande und das Gelöbnis mUgsgengeklungen, das Erbe unserer Pater zu erhalten und zu bewahren. Im Ver­trauen auf diese Gesinnung hoffe ich zuversichtlich, daß cs unter Gottes Schutz gelingen wird, das durch die Ein­mütigkeit der deutschen Fürsten und Stämme geschaffenen und in den verflossenen vier JahrzelMen kräftig geförderte Werk im friedlichen Wettbewerb mit den anderen Kul­turvölkern weiter zu berestzgen und auszubauen, zum Segen des teuren Vaterlandes. Aller: denen, welche meiner an meinem Geburtstage mit freundlichen Glücklünsch-en und frommer Fürbitte gedacht, aller«, die ihre treue Teilnahme schriftlich oder telegraphisch kundgegebcn haben, spreche ich puf 'diesem Wege meinen .herzlichsten Tmrk aus."

Ausland.

Manila, 31. Jan. Tie Ausbrüche des Vul­kans bei Taal dauern in ungeminderter Weise an. Tie Zahl der Toten beträgt nach mäßiger Schätzung 4M.

Prestdio, 31. Jan. Tie mexikanischen Bun- des truppen sind in der Nähe von Bcguillita von R e- vvlutionären angegriffen worden. Wie verlau­tet, Haben die Bundestruppen schwere Verluste er­litten.

Württemberg.

Kieuknachrickle«.

Das Ministerium der auswärtigen Augelegeuheileu Ve-kehrs- abteilung. hat die Oberpostasfistei: Burkhardl bei dem Bahnpost- amt Ulm und Petzoldt bei dem Bahnpoitamt Stuttgart auf Ansuchen gegenseitig versetzt. Die Generaldircktion der Staatsciscn- bahuen bat die Eiscubahngehilfin Umbach be: der Geueraldirektion ihrem Ansuchen entsprechend aus dem Eisenbahndienst ent'assen.

Vom tvürttembergischen Landtag.

Stuttgart, 31. Januar.

Präsident Payer eröffnet 3.15 Uhr die Sitzung. Am Regierungstisch: Ministerpräsident v. Weizsäcker, Minister des Innern v. Pis che k, Finanzminister v. Ge stier, Kult­minister v. Fleischhauer, Justizminister v. Schmidli » und Kriogsminister v. Marchtaler.

Mit der

Generaldebatte zum Etat

wird fortgefahren.

Kriegsminister von Marchtaler beantwortet eine Ansrage .Liesch ing über Reserveoffiziersprüfungen. Derjenige, der in ein anderes Kontingent übertrete, müsse erneut die Osfiziersprüf- ung oblegen, da ein solcher Uebertritt höchst unerwünscht sei. Weiter geht der Krtegsmintster auf den von Keil berührten Grammprozcß ein. Auf den Ankläger Gramm wolle er nicht eingehen. Wer den Prozeß aber verfolgt habe, könne nicht tm Zweifel über die Persönlichkeit Gramm's sein. Schon früher sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet gewesen. Da­mals habe eine Körperverletzung nicht nachgewiesen werden kön­nen, nachgewiesene Beleidigungen aber waren verjährt. AIS im Prozeß Gramm Uebertretungen Weilers zutage traten, sei sofort ein neues Verfahren eingeleitet worden; dieses Verfahren schwebe noch beim Gericht der 31. Division. Die feststehen­den Verfehlungen Wellers würden streng verurteilt. Man müsse aber auch beachten, daß Weller ein hervorragender Kompagnie­chef war. Wenn gesagt Wörden sei, man solle preußische Ossi- ziere nicht an württembergische Mannschaften Heranrassen, so müsse gesagt werden, daß die preußischen Offiziere, die einst die Lehrmeister der Württemberger waren, noch heute vorzüg­liche Mitarbeiter an der Kriegstüchtigkeit des 13. Armeekorps sind. Was den Fall des Leutnants Friedrichs anlange, so sei hier die Darstellung eine du.chaus irrige. Er wolle auch bemerken, daß die Soldatenmitzhandlungen in den letzten 9 Jahren um 55 Proz. zurückgegangen seien. Erfreulich sei, daß das württ. Armeekorps hier durchaus einen erfreulichen Platz einnehme. (Bravo!)

Justizminister vo» Tchmidlin nimmt den Staatsanwalt im Prozeß Gramm in Schutz. Der Staatsanwalt habe ledig­lich aus fachlichen Gründen gehandelt. Wenn er zu

einem Zeugen gesagt habe, warum treten Sie gegen Ihren Hauptmann auf, so bestreite der Staatsanwalt, daß er hier dem, Zeugen einen Vorwurf habe machen wollen. Man könne das auch glauben, wenn man auch sagen müsse, daß der Satz besser ungesprochen geblieben wäre, weil er leicht falsch verstanden werden konnte. Weiter geht der Minister auf die Streikvergehen in Schwenningen ein. Er könne nicht finden, daß ein von Keil kritisiertes Urteil zu streng sei. (Zuruf von links: Sehr!) Es mache auch nicht den Eindruck der Vor­eingenommenheit gegen die Arbeiterschaft. Der Justizminister geht noch auf verschiedene einzelne Urteile ein. Die Erregung der Arbeiter sei berücksichtigt worden. Das Urteil gegen eine lFrau, die einen ArbeitswilligenArbeitswilliger" nannte, wolle er nicht schelten, aber auch nicht bedauern. Die Beleidigung sei gewiß eine recht harmlose. (Hört, hört! links.) Er be­dauere aber, daß die eingelegte Berufung zurückgezogen wurde, wodurch eine Nachprüfung leider nicht möglich war. (Heiter­keit!) Ebenso geht dann der Minister auf die Einzelheiten der Streikvergehen von Neckarsulm ein. Auch diese Urteile finden nach seiner Meinung zu einer Kritik keine Veranlassung. Auch die Untersuchungshaft biete hierfür keine Veranlassung, um so mehr, als es sich zumeist um Ausländer handelte. Die Unter­suchungshaft wurde auch erst verhängt, als die Ausschreitungen einen gefährlichen Charakter angenommen hatten. Die Behör­den hätten nur ihre volle Schuldigkeit getan. Er habe sich alle Müh« gegeben" die Sachlage objektiv darznstellcn. Da müsse man sich der scharfen Kritik Keils erinnern. Es handle sich um Angriffe, die ebenso maßlos als un­berechtigt gewesen seien. Es habe sich keine Spur davon ergeben, daß die Justizbehörden gegenüber den organisierten Arbeitern mit einem anderen Maße messen als gegenüber sonsti­gen Volks kreisen,, es habe sich gezeigt, daß der Satz, Gleiches - Recht für Alle, bei uns nicht verletzt werde. Er sei dem Mg. Keil geradezu dankbar (Heiterkeit) dafür, daß er ihm Ge­legenheit gegeben habe, die Angriffe der sozialdemokratischen Partei gegen den württembergische,, Richterstand nachzuprüfen an der Hand der Akten. Er gebe sich jetzt aber nicht der Hoffnung hin, daß nunmehr die Angriffe verstummen würden. Als auf dem letzten sozialdemokratischen Parteitage in Magde­burg beschlossen wurde, bei Beratungen von Justizetats die Streikjustiz einer gründlichen Kritik zu unterziehen (hört, hört!), habe er sich sofort gedacht, daß nunmehr auch in Württem­berg di« Schonzeit vorüber ist. (Große Heiterkeit!) Der Mi­nister schließt: Ich will hoffen, daß auch in Zukunft der würt- tembergische Justizminister jederzeit in der Lage sein werde, seine Behörden mit ebenso gutem Gewissen gegen Angriffe in Schutz zu nehmen wie ich eS heute tun kann. Aber auch die Hoffnung möchte ich hegen, daß durch Ausführungen von der Art der Ausführungen des Abg. Keil in der letzten Sitzung, unser Volk sich nicht erschüttern lassen möge in dem Vertrauen darauf, daß wir in Württemberg einen unparteiischen Richter­stand haben, der für alle Volksklassen einen gleichmäßigen Rechtssinn hat. (Bravo!)

Mg. Kübel (D. P.): Die Sozialdemokratie sollte wirklich ein Buch über, den richtigen Umgang mit Menschen herausgeben. Er konstatiere mit Genugtuung, daß die Angriffe Keils gegen die württembergische Justiz unberechtigt waren. Der Vermögens­zuwachs sei auch in Württemberg ein recht ansehnlicher, sodah neue Steuern an sich möglich seien. Kraut habe von einer erneuten Tariferhöhung bei der Eisenbahn gesprochen. Er sei der Meinung, daß man den Verkehr zunächst in Ruhe lassen sollte. Er würde eine Erhöhung für eine bedenkliche Sache halten. Es sei auch von der Reichspoliitk gesprochen worden. In dem Bülow-Block (Unruhe rechts!) konnten die Konservativen praktische Arbeit verrichten. Diese Hoffnung sei zunichte ge­worden. Wan müsse sehen, nft« die Herren jetzt den Weg zu den Nationalliberalen zurück finden. (Große Heiterkeit! rechts). Ec wolle den Weg dazu zeigen. Wenn das Reich aus die Erb­schaftssteuer zurückgreife, dann könnten die Konservativen ihre alten Sünden gut machen. Er könne sich deshalb auch nicht dafür aussprechen, daß jetzt die Erbschaftssteuer in großem Maße sür Württemberg durch Besteuerung der Ehegatten und Des­zendenten herangezogen werde. Die Vorteile, die die Reichs- finanzreform gab rächt habe, hätte eben auch jede andere Re­form gebracht. Nicht anerkennen könne er die Berechtigung der Angriffe aus die deutsche Wirtschaftspolitik. Die Neckar- kanalisatton sei eine Lebensfrage für Württemberg. Er begrüße die Vorarbeiten, hoffe aber, daß sie nicht in den Staatsarchiven verstauben. Wenn die Telefongebühren-Erhöhung im Aeichß-

tagc durchgehe» sollte, so wolle er heute schon Lie Bitte aus, sprechen, daß in Württemberg keine Aenderung eintritt. We^ Keil gesagt habe, die Arbeiter müßten um l bis 2 Pfennig pro Stunde schwer kämpfen, so vergesse er^ daß schon ' dich in großen Betrieben jährlich eine große Summe ausmache. Die GelMltserhöhung sei erforderlich; der vorgesehene Betrag sei aber doch im Verhältnis mit der Größe Württembergs schon recht groß. Er hoffe, daß man dann für längere ZeÜ Ruhe haben werde. Der Wunsch auf Rückwirkung der Gehaltsrcform sei nicht zu erfülle«!. Es werde sich fragen, ob nicht die Funktions- zutage» aufgehoben werden könnten. Redner bespricht dann die politische Betätigung der Beamten. Er erinnere hie« an ein Wort des Kanzlers Weizsäcker, des Vaters des Minister­präsidenten. Der sagte nämlich, daß das Konsistorium bet der Besetzung von Stellen Grundsätze habe, aber verschiedene, die es je nach Lage der Sache anwende. (Heiterkeit!) Tatsache sei, daß die politische Betätigung der Beamten nicht gern ge­sehen werde. Daß die Namen der Beamten bei den Preßfehden genannt wurden, sei ihnen garnicht angenehrp gewesen. G: «volle auch auf die einzelnen Fälle nicht eingehen, damir die Regierung nicht in die Verlegenheit komme, die gleichen Fehler zu mache» wie derLckaatsanzeiger". Einen besonderen An- trag behalte er sich vor. Auf der anderen Seite sei es klar daß der Beamt« bestimmte Rücksichten nehmen müsse. (Bravo! in der Deutschen Partei).

Ministerpräsident von Weizsäcker: Er könne versichern, daß, wenn in der Beamtenschaft die Ansicht verbreitet wäre, M ob die Beteiligung am öffentlichen Leben eine schlechtere Note eintragc, so sei dieser Glaube ein irriger. Die allgemeinen Grundsätze der Regierung «volle er mitteilen. Es sei das aber das eigentümliche, daß es säst den Anschein haben werde, als habe der Abg. Kübel vorher Kenntnis von diesen Ausführungen gehabt. (Heiterkeit!) In der vom Ministerpräsidenten verlese­nen schriftlichen Erklärung heißt es: Der Regierung liege ein: Beeinträchtigung der politischen Betätigung der Beamten fern. Es kann der Regierung nur erwünscht sein, wenn Männer, die im öffentlichen Leber) stehen, sich auch außerhalb ihrer Stellung politisch betätigen und hierbei ihre beruflichen Er­fahrungen der Allgemeinheit nutzbar machen. Es ergibt sich aber a««S dem ösfentlichen Dienste selbst, daß die Freiheit der politischen Beamten keine unbegrenzte sein könne, daß vielmehr der Beamte an gewisse Schranken gebunden ist. Die Zurück­haltung sei bedingt durch die Pflicht einer gewissenhaften Aus­füllung der Stellung, durch die Amtsverschwiegenheit und durch den dem König geschworenen Eid der Treue. Die Grenze im einzelnen Falle sei, Sache des Vorgesetzten Beamten., Die Re­gierung wird aber ans Zustimmung rechnen dürfen, wenn sie das Vertrauen ausspricht, daß Takt, Gewissen und Anstand den Beamten den richtigen Weg weisen werden." Persönlich wolle er bemerken, daß er sich als Ministerialboamter auch mal po­litisch betätigen wollte. (Heiterkeit!) Er habe das s. Zt. unter­lassen. Was ihm in der Jugend gefehlt habe, habe er jetzt tm Alter in Fülle, sogar gelegentlich zu viel. Er habe sich früher gesagt, daß sein Amt unter einer politischen Betätigung leiden würde. Sein Chef würde ihm. sodann auch gesagt ha­ben, daß die Stände eine etwa ersorderliche neue Kraft allein wegen der politischen Betätigung nicht genehmigen würden. Die ganze Sache könne nur iw Einzelfalle besprochen und geregelt werden. Die Regierung werde ihre Grundsätze init Wohlwollen zur Anwendung bringen.

Minister vo» Pischek: Auch er bedauere, daß die Wege- ordnung noch nicht eingebracht werden konnte. Die erforder­lichen Mittel würden sich auf mehr als eine Million belaufen Der Abg. Liesching habe leider nicht gesagt, wie er sich die Deckung denke. Auch bei der Flußbauordnung spielen finan­zielle Bedenken init. Das Scheitern des Landwirtschastskammer- Gesetzes bedauere auch er. Der Minister kommt sodann auf die Stuttgarter Polizei zu sprechen. Verallgemeiner­ungen einzelner unliebsamer Vorkommnisse seien nicht angebracht Eine endgiltige Stellungnahme wolle er sich sür später Vor­behalten, wenn die Arbeiten abgeschlossen seien. Er «volle daran erinnern, daß der Gemeindeverwaltung auch bet der Bau­ordnung neue Rechte zugewiesen wurden. Er würde auch nichts dagegen haben, wenn die Gemeinden auf dem Gebiete, der Ge­werbepolizei «vettere Rechte erhalten würden. Der Minister verweist dann ans die Vorlage betr. die Unterstützung der Wein- gärtner und bespricht kurz die biologischen Kläranstalten. Be­züglich der Ueberlandzentralen hätten die Bezirksbeamten keinen Auftrag, auf die Gemeinden einen Druck auszuüben. Bor ein paar Jahren habe es geheißen, daß die Regierung sich zu wenig um diese Frag« kümmere, heute mache man ihr die umgekehrten Borwürfe. (Heiterkeit!) Bezüglich der Stutt­garter Wasserversorgung sei ein Projekt ausgearbei­tet, das den Stuttgarter Sachverständigen vorliege. Bezüg­lich des Schiffahrtsabgabengesetzes habe der Abg- Keil gemeint, daß die Schwierigkeiten immer größer würden. Hier werde sich Keil wohl irren. (Beifall!) Wer ein Freund der Neckarkanalisation sei, müsse für die Schiffahrtsabgaben ein» treten. Die Besserung des allgemeinen Wohlstandes sei auch den Arbeitern zugute gekommen. Der Redner legt dies an der Hand einer Reihe von Zahlen aus verschiedenen Ländern dar. Er wolle dabei nicht sagen, daß die Arbeiter.keine Aufbesserung nötig hätten. Aufgabe aller Kreise sei es im Gegenteil, aus eine kulturelle und soziale Besserung der unteren Schichten be­dacht zu sein. Mau müsse aber auch an diejenigen denken, die die erhöhten Kosten ausbringen müssen. Auch die Arbeiterschaft habe ebenfalls ein Interesse daran, daß der Bogen nicht über­spannt werde. Die organisierte Arbeiterschaft sei aber gar zu leicht dazu geneigt, den Bogen zu überspannen. Die großen Mittel, über die die freien Gewerkschaften verfügen, hätten den Fanatismus gesteigert. Die Arbeitnehmer glaubten allmählich, daß sie den Arbeitgebern die Bedingungen des Arbeitsvertrags einseitig diktieren können. Es sei nicht richtig, daß die Re­gierung in dem Streik in Schwenningen und Neckarsulm, soweit die wirtschaftliche Seite in Frage komme, etwa nicht neutral war, Das einzige, was die Regierung getan habe, sei die Entsend- sendung von Landjägern, aber auch erst dann, als schwere Ex­zesse besürchtet werden, mußten. Der nötige Schutz würde auch künftig den Arbeitswilligen nicht vorenthalten werden.. Wenn die Sozialdemokratie einen Musterbetrieb einrichten würde, ft würde das die beste Propaganda für den Musterstaat fein. Bei den Kämpfen der einzelnen Arbeiter handle es sich nicht um Pfennige, sondern sür den gesamten einzelnen Betrieb um große Beträge. Bei der Frage der politischer« Betätigung der Be­amten haben sich eine so erfreuliche Uebereinstimmung gezeigt, daß er aus Einzelheiten nicht einzugehen brauche. Kübel sei auch auf die einzelnen Fälle nicht eingegangen, habe aber doch auf sie angespielt. Ob bsr eine in Frage kommende Beamte mit seiner publizistischen und rednerischen Tätigkeit in den er­forderlichen Grenzen geblieben sei, möchte er denn doch be­zweifeln. "Ein anderer Beamter sei mit Recht bestraft worden.

Mg. Schremps (BK.): Er konstatiere, daß die schwarze«« Befürchtungen, die bei der Reichsfinanzreform betont wurden, nicht ringetroffen seien. Bezüglich der Etatsberatung habe tm Hause ein gewisser Optimismus Platz gegriffen. Man müsse doch bedenken, baß hier ständige Belastungen geschaffen würden. Die Ausführungen des Ministers über die Stuttgarter Po­lizei seien denn doch zu leicht. Man solle die Verhältnisse in Stuttgart nicht verkennen. Es handle sich um ein ganzes korruptes System, das in einer Stadt wie Stuttgart nicht be­stehen sollte. Man werde in diese Verhältnisse gehörig hinein- leuchten müssen. Die Aufbesserung der Beamtengehälter sdt berechtigt. Die Verteuerung wolle niemand, ste sei allein daS Produkt der Verhältnisse. Warum kaufe die Sozialdemokratie nicht ei» paar Güter in Ostelbier«? Dann könnte sie doch zeigen, ob sie billigeres Fleisch beschaffen könnte. Jetzt sei die französische Grenze geöffnet. Was würde aber die Sozial­demokratie sagen, wenn man ein paar tausend Arbeiter von Frankreich hereinbringen würde. (Zuruf von links: Die kann man doch nicht schlachten! Heiterkeit!) Er freue sich über die kolossale Ausbreitung des Telefons bis in die kleinste Gemeinde Nur sollt« das Telefonieren billiger sein. Di« Leute, die Tac sende von Gesprächen führen, bekämen diese für ein Nasenwasfer Der Vorwurfs Keils, daß seine Partei arbeiterfeindlich sei, weise! er zurück. Seine Partei habe es nicht gemacht wie die Sozial­demokratie, die die Arbeiterfürsorge den Arbeitern verekelt habe, Kolb in Karlsruhe habe gesagt, die deutsche Sozialdemokratie