lichem Ausgang vorgekommen, innerhalb der Stadt keiner. Zahlreiche Opfer forderte die Pest in einem Dorfe bei Tschufu. Tie Chinesen ziehen jetzt die von den Russen vorgefchlagenen Jsoliernngsmaßregelnin Erwägung." Der Taotai von Charbin wurde infolge eines Protestes von russischer und japanischer Seite abgesetzt, da er den sani­tären Maßnahmen zur Bekämpfung der Pest Widerstand entgegensetzte.

Württemberg.

Vom württembergischen Landtag.

s. Stuttgart, 2t. Januar.

Präsident Payer eröffnet die Sitzung 9.15 Uhr. Am Ministertisch: Minister von Pischek »nd von F l e i s ch h a n e r und Medizinairat Dr. von Rembold.

Die Beratung der Vorlage betr. die

Dienstverhältnisse Ser Lberamtsärztc

wird fortgesetzt.

Abg. Löchner (Vp.): Mein Kollege Dr. Bauer hat die Tä­tigkeit und Stellung des Oberamtsarztes besprochen. Ich werde die spezielle Tätigkeit als Schularzt behandeln. Die Ent­wicklung der Stellung des Schularztes ist, wie der Herr Knlt- nrinister gestern gesagt hat, von der Lehrerschaft etwas zögernd gefördert worden, und zwar aus Erwägungen heraus, die der Berechtigung nicht entbehren. Württemberg ist wohl das Land, in dem das Wort Schularzt geprägt sein soll, das aber ver­hältnismäßig sehr spät daran geht, diese Angelegenheit gesetz­lich zu regeln. Wir haben ja eine Reihe von guten Vvrschrif- ren, die sich sehr gut ausuehmen. die aber weit davon entfernt sind, verwirklicht zu werden. Ich erinnere hier an die Be­stimmungen über die Schulreinigung und an die Ordnung sür die Schulbänke. Es sind nur wenige Oberämter im Lande, die eine weitergehende Reinigung als 2mal in der Woche vor­gesehen haben. sHört, hört!) Es wird nicht viel Gemeinden geben, die eine Reinigung 4mal wöchentlich vornehmen lassen. Denken wir dagegen an die Fabriken! Stuttgart ist erfreulicher­weise daran, Abhilfe zu schaffen. Sodann nimmt es sich sehr schön aus, wenn in den Schullokalen Merkblätter zur Bekämpf­ung der Tuberkulose ausgehängt stnd und wenn diese Tafeln dicht mit Staub belegt sind. Ein weiterer wunder Punkt ist, daß noch nicht alle Gemeinden dazu übergegaugen sind, erwach­sene Personen mit der Schulreinigung zu betrauen. Dann sind auch die Abortverhältnisse trotz aller Untersuchungen und Visi­tationen immer noch schlechte. Auch hier ist unS die Reichs- gewerbeordnung vorangegangen, die z. B. bestimmt, daß für je 20 weibliche Personen in den Fabriken eine Sitzgelegenheit vor­handen ist. Dann sollen die Sitze jeden Tag gereinigt werden. Glauben Sie, daß das jeden Tag geschieht? Ich nicht! Wei­ter sind die Schulbänke immer noch nicht nach der Größe der Kinder eingerichtet. Die Schule ist sicherlich auch kein Spital. Ich bin auch mit Dr. Lindemann der Meinung: Was hilft es, wenn wir alle diese Fehler konstatieren und sie nicht be­seitigen? Und das führt znm sozialen Hilfsarzt. Beachtung müssen viel mehr finden: Luft, Licht, Wasser! Durch entsprechenden Gebrauch dieser drei Dinge wird sich manches erübrigen lassen. Wie ist es mit der Badegelegenheit? Man muß wissen, wie schwer es ist, die Kinder zum Baden zu bringen. Da ist die fortwährende Belehrung durch den Lehrer erforderlich. Wo man neue Schulhäuser baut, da sollten un­bedingt Brausebäder eingerichtet werden. Bei der Gesundheit der Kinder spielt sodann die Ernährung der Kinder eine große Rolle. Die Statistik weist nach, daß ein großer Teil der Kinder an Unterernährung, davon viele an Blut­armut, leidet. Es liegt hier aber oft daran, daß den Kin­dern die richtige Ernährung fehlt. Bei besonders armen Kindern ist sür richtige Ernährung durch die Gemeinden zu sorgen. Ich halt« es auch für erforderlich, daß die Kinder än die gesetzliche Krankenversicherung hereingezogen werden. Zu begrüßen ist es, daß alle Schulen ohne Ausnahme den Schul­arzt erhalten. Erst dadurch wird man genügendes statistisches Material erhalten. Zu begrüßen ist es weiter, daß eine Ver­pflichtung zur Untersuchung vorgeschrieben ist. Was die Unter­suchung selbst anbelangt, so freue ich mich, baß das Scham­gefühl der Mädchen geachtet werden soll. Bedenken habe ich dagegen, daß die Gemeinden für das untersuchte Kind 40 Pfennig zahlen sollen. Es scheint mir ungerecht zu sein, de» Gemeinden hier neue Lasten aufziierlegen. Denken wir doch an die Gemeinde. Böckingen mit der wechselnden Bevölker­ung! Die Kinder, für die dieses Jahr gezahlt wird, sind im nächsten Jahre vielleicht gar nicht mehr am Orte. Bei der Untersuchring im 4. Schuljahr dürfte es genügen, wenn der Lehrer auf diesen oder jener, Schüler hinweist. Redner bespricht dann die Stellung des Schularztes zur Schule. Mir scheint, daß die Stelle, die den Entwurf ausgearbettet hat> das neue Bolksschulgcsetz entweder nicht kennt oder sich nicht genau an­gesehen hat. Es wird in der Schule beaufsichtigt und beauf­sichtigt und schließlich rnuß man doch konstatieren, daß alles beim Alten geblieben ist. In die mehr technische Art des Schul- betriebcs sollte der Schularzt nicht eingreifen dürfen. An Be­kehrungen darüber, was der eine oder andere in der Schule zu tun har, fehlt es nicht. Ich möchte deshalb diesen Teil der Ausführungen des Abg. Dr. Lindeinann zurückweiscn. Ich weise hierbei auch darauf hin, daß auch im Lesebuch Abschnitte über den Bau des Menschen und die Gesundheit vorhanden sind. Dasselbe ist auch bei den allgemeinen Fortbildungsschulen der Fall. Wenn das vielfach später vergessen wird, so ist das nicht die Schuld der Schule. Schließen möchte ich damit, daß der Schularzt kein neuer Vorgesehier des Lehrers sein soll, sondern sein Freund und Berater.

Mg. Mattutat (Soz.): Die Ausführungen Löchners gegen­über Dr. Lindemann seien überflüssig gewesen. Eine falsche Prüderie bei der Untersuchung der Kinder sei durchaus verfehlt. Der Zweck der Sache könnte dadurch leicht verfehlt werden. In der Rücksicht auf Eltern und Kindern dürfe man hierbei nicht zu weit gehen. Redner wendet sich dagegen, daß die Oberamts­ärzte die Gutachten für die Versicherungsanstalten abgeben sol­len. Hier drangen sich die verschiedensten Bedenken auf. Es würde das beste sein, wenn man diese Bestimmung streichen würde. Hat der Oberamtsarzt einmal ein Gutachten ausgestellt, so wird es dem Versicherten schwer fallen, ein anderes Gutachten zu erhalten. Ueberhanpt soll den Obcramtsärzten eine ge­wisse Freiheit in der Ausstellung von Zeugnissen gewährt werden. Dagegen sollte eine Verbindung zwischen dem Oberamtsarzt und der Gewerbeinspektion hergestellt werden. Redner begründet dann diese Forderung eingehend. Er hoffe, daß man sich darüber einige.

Minister von Pischek: Die bisheriger, Erörterungen seien doch sehr in die Details gegangen. Der Entwurf bedeute keinen Eingriff in die Familienrechte. Verständige Eltern würden hier keinen Zwang, sondern eine Wohltat erblicken. Allen berech­tigte» Empfindlichkeiten solle sa auch Rechnung getragen werden. Der Staat habe aber die Pflicht, die künftigen Generationen vor Unverstand zu schützen. Was sodann die kritisierte neue Be­lastung der Gemeinden anbelangt, so sei sie berechtigt. Das Interesse der Gemeinden für die Schuljugend werde sich auch steigern, wenn sie an den Kosten mit zu tragen haben. Eine übermäßig große Belastung könne in dem Beitrage von 40 Pfg. pro Kind nicht erblickt werden. Die Beschaffung der Formujare würde nicht so bedeutend sein. Einen Plan über die künftigen Bezüge der Oberamtsärzte werde er im Ausschüsse vorlegen. Dem Staate würden auch bei der kleinen Belastung der Ge­meinden noch große Ausgaben übrig bleiben. Sodann habe Dr. Bauer die Heranzüchtung von Medizinalbureankraien be­fürchtet. das sei ganz gewiß nicht die Absicht der Regierung. Man werde immer die praktischen Aerzte heranziehen. Eine entsprechende Bestimmung ins Gesetz auszunehmen, werde je­doch nicht möglich sein. Die Privatärzte sollten bei den Gut­achten für die Versicherungsanstalten durchaus nicht aus­geschaltet werden. Den Ausführungen Dr. Bauers über die Mög­lichkeit, daß die Oberamtsärzte Streikbrecher werden könnten-

halte ich entgegen, daß ein jeder Beamter verpflichtet ist, einen, amtlichen Ersuche» Folge zu leisten. Weiter habe sich Dr. Bauer eingehend über die Unterstellung des Schularztes aus­gelassen. Die Stellung des Medizinalkollegiums sei in der Denkschrift über die Verwaltung besprochen. Diese Denkschrift werde demnächst vorgelegt werde». Jedenfalls müsse der Schul­arzt, solange das Medizinalkollegiun, besteht, diesen, unterstellt werden. Wenn der Abg. Mattutat von einer Verbindung des Oberamtsarztes mit der Gewerbeinspektion gesprochen habe, so möchte er glauben, daß dies über den Rahmen dieser Vorlage hinausgehe. Es verstehe sich von selbst, daß man das Be­streben habe, Uebelstänbe nicht blot zu konstatieren, sondern sie auch zu beseitigen. Die Eltern sind ja von gesundheitlichen Schäden der Kinder zu benachrichtigen, der 'Arzt wacht sodann über die Beseitigung der Schäden. Einen Zwang aus Beseitig­ung dieser Schäden könne man jedoch nickt fcstlege,,. Aller­dings könnte man in einzelnen Fällen an eine Zwangserziehung denken. Manche der erhobenen Bedenken könnten zu einer Verbesserung der Vorlage führe,,, jedoch könnte au den grund­sätzlichen Bestimmungen nichts geändert werden.

Medizinairat Dr. v. Rcmbot- spricht zunächst dem Abg. Dr. Bauer als Kollegen für seine ans langjährige praktische Erfahr­ungen beruhenden Ausführungen den Dank ans. Man könne nicht sagen, daß Württemberg «ns seinen, früheren Standpunkt in der GesnndheitSpftege stehen geblieben ist. Württemberg habe in den 70er Jahren durch daS Bezirksmedizinalwesen einen be­deutenden Fortschritt gemacht. Württemberg marschierte dadurch Wohl an der Spitze der deutschen Bundesstaaten. In den letz­ten 30 bis 40 Jahren hätten sich nun die Verhältnisse erheblich geändert. Die Wissenschaft habe große Fortschritte gemacht und diese müßten nutzbar gemacht werden. Das sei auch eine der Grundlagen der Vorlage geivesen. Die Stellung der Oberamts­ärzte mußte deshalb so geändert werden, daß sie mehr Zeit und Kraft für die Wissenschaft erhalten. Zu den veränderten Verhältnissen der Wissenschaft kämen sodann noch die veränder­ten Verhältnisse in der Lebenshaltung in der Bevölkerung. Red­ner erinnert in diesem Zusammenhang an die großen Aufgaben der Oberanitsärzte. Der Hauptuntzen der Vorlage werde der sein, daß von der Schute heraus Anregungen in die Bevölker­ung hereingetragen werden. AS ärztlichen Gründen hasse er, daß sich alle an die Vorlage geknüpften Hoffnungen er­füllen.

Abg. Dr. Mülberger (D. P.): verteidigt die Eßlinger.

Abg. Körner (BK.): Medizinairat Dr. von Rembold habe nur nach der linken Seite gesprochen. Entweder er hatte nur der Linken etwas zu sagen oder er glaubte, die Rechte besonders rücksichtslos be­handeln zu müssen. (Unruhe und lebhafter Widerspruch).

Präsident Payer: Ich muß diesen Ausdruck rügen.

Abg. Körner (fortf.): Er stehe der Vorlage mit keiner be­sonderen Freude gegenüber. Draußen in den Gemeinden herrsche ohnehin Erbitterung gegen die immerfort neu sich einstellenden Lasten. Mit dem Schularzt hätte man auch einen anderen Staat vorangehen lassen sollen. Solle man denn auch zur Visitation der Morts akademisch gebildete Krüppel nehmen! (Lebhaftes Oho! links.) Dazu könne man doch keinen Ober- amtStierarzt gebrauchen! (Stürmische Heiterkeit! Glocke des Präsidenten.) Wir wollen keine amtlichen Abortvisitatoren. (Hei­terkeit! links.) Auch die Aerzte scheinen sich noch nicht über die Aufgaben der Oberamtsärzte klar zu sein. Man habe alle Ursache, den Beamtenapparat nicht zu vergrößern. Er sei nicht in der Lage, die optimistischen Auffassungen der Vorredner zu teilen. So wie heute der Gesetzentwurf laute, sei er für ihn und einen Teil seiner Freunde unannehmbar.

Abg. Herbster (Ztr.): Er begrüße die Vorlage, da sie der zeitgemäßen Forschung Rechnung trage." (Heiterkeit!) Ein Zeitwort sage: Neue Zeiten, neue Aufgaben. Wenn man so viel Mittel für die Rindviehzucht einstellt, so könne man auch etwas sür die Gesundheit der Menschen tun. Das Zentrum stand hier immer in vorderster Reihe. Redner wünscht in seinen weiteren Ausführungen die Einführung von Merkblättern für die Eltern über die Gesundheit der Kinder. Möge das Ge­setz ein Glied in der sozialen Fürsorge sein und möge dieses Glied wie ein Edelstein glänzen. (Bravo! im Zentrum).

Abg. Andre (Ztr.): Die Verhältnisse ans dem Lande sollten gerade die Herren zur Rechten veranlassen, für die Vorlage ein- zi,treten. Die Schulärzte sollten dazu beitragen, die neue Ge­neration gesund und kräftig zu machen.

Kultminister von Fleischhauer: Es könne keine Rede von einer abfälligen Beurteilung der Eßlinger Schulärzte seiner­seits sein. Auf die Einzelheiten der Ausführungen Löchners wolle er heute nicht eingehen.

Abg. Maicr-Blaubeuren (D. P-): Lust. Lickst und Wasser sei in den Schulen der Orte, die er kenne, genügend vorhanden. Er sei auch der Meinung, daß das Gesetz auf dem Lande nicht mit besonderer Freude begrüßt werden wird.

Abg. Weber (Ztr.) wendet sich gegen den Abg. Mattutat. Wer behauptet, die Schule tue nicht, was ihr möglich sei, der kenne den Lehrplan nicht.

Abg. Dr. Bauer (Bp.): Wenn der Minister auch gesagt habe, es werde auf die Praxis der Aerzte bei der Anstellung der Oberamtsürztx Rücksicht genommen werden. Man wisse aber nicht, wie die Sache in 20 Jahren sein werde. Deshalb sei hier ein Beschluß erforderlich. Auch nach den Ausführungen des Ministers sei eS ihm zweifelhaft, ob es richtig ist, den Be- rufsgenosscnfchaftcn zu sagen, in dem Oberamtsarzt habt ihr aus alle Fälle einen Arzt, der auch Zeugnisse ausstellen muß. Es werde Mißstimmungen ergebe», wen» der Oberamtsarzt zu reilich als Gutachter herangezogen wird! Ueber die Frage, Gewerbeinspektion und Oberamtsarzt, werde man im Ausschuß weitersprechen müssen. ES sei absolut falsch, wie der Mg. Körner gesagt habe, daß das Verantwortlichkeitsgefühl der El­tern vermindert werde, das Gegenteil werde der Fall sein. Vor einer zwangweisen Behandlung der Kinder möchte er warnen. Di« Ausführungen Körners seien nur dadurch ver­ständlich, daß er sich garnicht darüber klar sei, was eigentlich geplant ist. Eine schwere Verantwortung laste ans dem, der auf dem Lande Stimmung gegen dieses Gesetz mache, das für das gesamte Land von außerordentlicher Wichtigkeit sei. Gerade die Rechte sollte doch besorgt sein dafür, daß die ländliche Be­völkerung leistungsfähig bleibt. Er konstatiere, daß allein der Bauernbund der Vorlage ernstliche Schwie­rigkeiten gemacht habe. (Lebhaftes Sehr richtig!)

Abg. Dr. Lindemann (Soz.) wendet sich gegen die Aus­führungen Körners. Er bedauere, daß Körner nicht mehr zu­gegen sei. Körner habe die gleich« Rede gehalten, die er immer halte, wenn es gelte, gegen den sozialen Fortschritt anzukämpfen. Wenn es gelte, Mittel zu Gunsten der Landwirtschaft zu be- bewtlligen, so werde von einer Ftnanzkalamität nicht gesprochen. Weiter wendet sich Redner noch kurz gegen den Abg. Löchner.

Mg. Wolff (BK): Es sei eine Beleidigung seiner ganzen Fraktion, zu sagen, man habe wohl Geld für die Hygiene des Rindviehs, aber kein Geld für die Menschen. Der- Abg. Körner habe ausdrücklich erklärt, daß er nur für einen Teil seiner Freunde spreche!

Präsident Payer: Eine Beleidigung habe ich nicht heraus­finden können, sonst hätte ich sie gerügt.

Wg. Dr. Lindemann (Soz.): Die Abschüttelung Kör­ners sei so gründlich, daß er nichts weiter sagen wolle.

Mg. Dr. Wolfs (BK): Cr habe Körner nicht abgeschüttelt. (Heiterkeit!)

Darauf wird die Vorlage einem besonderen, noch zu bilden­den Ausschusses überwiesen.

Es wird sodann noch in die Beratung des

Rechenschaftsberichts des Ständischen Ausschusses

eingetreten. Berichterstatter Abg. v. Kiene (Ztr.). Die ein­zelnen Punkte, die eine allgemeine Bedeutung nicht haben, wer­den ohne wesentliche Debatte erledigt.

Damit ist die Tagesordnung erledigt. Die nächste Sitzung findet erst Mittwoch 25. Jan. nachm. 3 Uhr statt. Ge­neraldebatte znm Etat.

*

Stuttgart, 2b. Jan. Die Zentrumsfraktion hat eine Anfrage au die Minister des Innern und der Finanzen

gerichtet, was die Minister getan haben oder zu tun denken, um ein .den Zwecken der Volkszählung entsprechendes Ergebnis in Bezug auf die Religionsangehörigkeit der Gezählten tun­lichst sicher zu steilen,, nachdem die Bezeichnungaltkatholtsch" in den Zählungsbogen in weiten Kreisen für die katholische Be­völkerung irreführend gewirkt habe.

Stuttgart, 21. Jan. Der Entwurf eines Gesetzes be­treffend einen Zuschlag zur R e i ch s e r b s ch a f t s st e u e r in Höhe von 25. Proz. ist heute im Druck erschienen.

Württ. Malerbundestag.

In der alren Reichsstadt Eßlingen trat am Samstag der Vorstand des Württembergischen Malcrbundes zu einer Sitz uug zusammen, in der die Vorbereitungen für die Hauptver­sammlung am Sonntag getroffen wurden. Die Hauptversammlung in Kugel's Saal eröffnet« der Vorsitzende, Malermeister Rom­me l sb a ch e r - Stuttgart, mit einer Begrüßungsansprache, in der er die zahlreich erschienenen Mitglieder des Bundes aus dem ganzen Lande, sowie die Vertreter der Behörden vollkommen hieß. Gemeinderat Falch überbrachte die Grütze der Stadt Eßlingen, Regierungsrat Dr. Abele dankte für die Einladung und führte unter anderem ans, durch das Handwerk gehe eine große Bewegung, die gerichtet ist auf den Zusammenschluß nach Berufsgruppen, die aber nicht nach der Handwerkergesetznovelle vom Jahre 1806 zum Stillstand oder zum Abschluß gekommen sei. Im Gegenteil werde heute mehr als je organisiert und ge­gründet. Das beweisen die zahlreichen örtlichen Bereinigungen, d. h. die Innungen und die Zwangsinnungen, deren Strebe» ans die Schaffung einer einheitlichen Preisregelnng abziele. Der Württ. Malerbund sei einer der ersten gewesen, der es fertig gebracht habe, eine solche . Preisliste zu schaffen, nicht nur sür seine Mitglieder, sondern für alle Vertreter des Malergewerbes und als Grundlage sür «alle die, die eine Arbeitsleistung der Maler benötigen. W müsse anerkannt werden, daß der Maler­bund in der Handwerkerbewegnng bisher stets loyal und sachlich vorgegangen sei. Mit dem Wunsche, daß dies auch fernerhin geschehen möge, schloß der Redner unter lebhaftem Beifall seine Ausführungen. Nachdem noch Gemeinderat Rothenhöser die Grüße der Stuttgarter Handwerkskammer und Fabrikant Wag­ner-Eßlingen die Grüße des dortigen Gewerbevereins über­bracht hatten, gab der Vorsitzende, Malermeister Rommels­bacher, in einer längeren Ausführung einen Rückblick ans das Geschäftsjahr 1910 und betonte die Notwendigkeit der bal­digen Schaffung eines Sekretärs sür den Bund. In der Preis­festsetzung müsse allgemein einheitlich vorgegangen werden, um die Schäden, wie sie z. B. durch das Snbmissionswesen in seiner fetzigen Gestalt entstehen, zu beseitigen. Die Ansicht, daß ans dem Lande die Arbeit billiger sei als in der Stadt, sei irrig. Auch die Lehrliugszüchterei müsse gesetzlich geregelt werden. Mehr als vier Lehrlinge sollten überhaupt nicht ge­halten iverde» dürfen. Der Arbeitgeberverband gebe sich redlich Mühe, das Handwerk znm Wohle des Vaterlandes zu heben, aber vielen ginge es noch zu langsam. Diese würden nicht einsehen, daß das, was in 30 Jahren gesündigt wurde, nicht in einein wieder gut gemacht werden kann. Mit der Einführung des paritätischen Arbeitsnachweises seien die Maler nicht ein­verstanden, sie seien mit dein städtischen Arbeitsnachweis sehr zufrieden. Die Herstellung des so notwendigen Farbenbuches schreite rasch fort trotz der vielen Schwierigkeiten, die von ge­wissen Seiten gemacht werden. Nur durch die Herausgabe einet einheitlichen deutschen Farbenbuches könne den vielen Mißstän­den tu dieser Beziehung abgeholfen werden. Mit einein Apell an die Anwesenden, einzutreten für die Interessen des Malerhand- wcrks, schloß der Redner, dein lebhafter Beifall dankte.

Hieraus ergriff Reichstagsabgeordneter Ir!-Erding das Wort zu eine»! Referat über die R e i ck S v e r s i ch e r u n g s or d< niing und führte ans, daß es bis jetzt noch nicht zu sagen sei, wenn die dritte Beratung dieses Gesetzentwurfs, der jo unendlich viel« Schwierigkeiten bereite, ersolgen könne, er hosse jedoch, daß dies noch im Laufe dieses Frühjahrs geschehe. Ge­genwärtig sei die Kommission mit der zweiten Lesung beschäftigt Der Redner griff sodann einzelne Paragraphen, die besonders sür das Malergewerbe in Betracht kommen, heraus. Ueber die Schäftung eines Reichsversicherungsamts sei noch keine Einigung erzielt worden. Die Ansicht, daß die Kosten dafür deu Ver­sicherten auferlegt werden sollen, habe weitgehende Konsequenzen Es sei ein Mißstand in unserer sozialen Gesetzgebung, daß kapital­kräftige Leute, die vielleicht nur ein Dienstmädchen beschäftigen, von diesen Kosten befreit und nur die Erwerbsstände getroste» werden sollen. Ob nun bezüglich der Heranziehung der Bundes­staaten, die sich dagegen kräftig wehren, eine Einigung zustande­komme, sei eine Frage der Zeit. Was die Krankenversicherung anbetreffe, so habe die Kommission die Versicherungspflicht wie­der ans 2000 M herabgesetzt, nachdem in der ersten Lesung 2500 M angenommen wurden. Je mehr kapitalkräftige LE in die Versicherung einbezogen werden, desto teurer werde dir Versicherung. Die Errichtung von Ortskrankenkasse» für be­stimmte Berufe wurde zurückgestellt und die Errichtung vo» Landkrankenkassen neben den Ortskrankeiikasseu innerhalb des­selben Bezirks erleichtert. Der ganze Schwerpunkt der Reicht- versicherungsordnnng liege in der Frage der Krankenversicherung und diese mache die größten Schwierigkeiten. Die Grenze bei der Unfallversicherung betrage wie bisher 3000 M. Weiterhin gaü der Redner der Hoffnung Ausdruck, daß in Württembekft

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in Bälde eine Zentralhandwerksgenosjcnschafts kasse errichtet werde. Die Invalidenversicherung mache viel Schwierigkeiten. Es sei ungemein schwer, zwischen den bereit' tigten Interessen des Handwerkmeisters und des Fabrikarbeiters des Großindustriellen und des Bauernknechts, des Gesellen »iS des Großkaufmanns, des technischen Angestellten und des Bauen den richtigen Mittelweg zu finden. In dieser Sache seien nich! weniger wie 970 Petitionen dem Bureau des Reichstags zage- gangen, ohne die 370 Petitionen, die von den Städten den Reichstag gerichtet worden seien. Zum Schlüsse gab da Redner der Hoffnung Ausdruck, daß das ganze Gesetz zum aller Interessierten zustande kommen möge.

Unter lebhaftem Beifall dankte der Vorsitzende dem Red' ncr und erteilte hierauf dem Landtagsabgeordnetcn Schind l e r - Göppingen das Wort zu einer Rede über das Themas Wie weit ist die Regelung des staatlichen und kommunale« S n b m i s s i o n s w e s e n s fortgeschritten?" Der Redner siibk« unter anderem aus, es sei bis heute noch nicht gelungen, d» Subnlissionswescn wirklich zu verbessern. Es sei die ei»' schneidendste Frage im gewerblichen Leben. Die größten Äik stände liegen im privaten Snbmissionswesen. Eine VeriÄ' ring zur Verbesserung des staatlichen wie des kommunalen S«k missionswesens habe keine Besserung gebracht. Die Ha»k'

forderung sei die Heranziehung des organisierten Handwerk bei der Berechnung zu Voranschlägen. Dieser Wunsch sei bi' jetzt nicht ersüllt worden, da bei der Regierung die Mein»»! vorherrsche, daß die Organisierung des Handwerks noch ^ wünschen übrig lasse und daß sie sich auf eine mangclhO Organisation bei den Submissionen nicht stützen könne. ^ Baubehörden sollten verpflichtet werden, bei größeren SubB jivnen die Organisationen der Handwerker heranzuziehen. jenigen, die ihrer Beikragspflicht zu den Versicherungen M Nachkommen und die sich um die Steuern drücken wollen, W ten ausgeschlossen werden. Das ganze Submissionswesen W reichsgesetzlich geregelt werden. Die Jahresarbeiten für «« Gemeinden sollten im Turnus vergeben werden und es nicht nur die Generalunternehmer, sondern hauptsächlich o»' die kleinerer, Handwerker Berücksichtigung finden. Der HE Mangel liege im privaten Submissionswesen. Die Ergebn« der Offerten bei Submissionen sollten veröffentlicht werden,»' so einer Preisdrückerei vorzubeugen. Jedem Unternehmer s^ auch eine Abschrift der Bedingungen übergeben werden,, um denen die Arbeit verlangt wird. Die Aufnahme einer klausel sei durchaus erforderlich, speziell müsse sie in staatlichen Submissionsbedingungen Aufnahme finden. >e Schluss« gab der Redner der Hoffnung Ausdruck, daß alle d«- bcitragen, das Handwe-k zu fördern und Neid und MW" unter sich nicht aufkommen lassen. . .

Alsdann erstattete Kassier E w e-Stuttgart den Aasis»' richt. Der Mitgliederstand beträgt danach 502, bas vermögen 900 M. und der Kassenstand 232 M. Sodann