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Nr. 280.

Amtsblatt für die Stadt Wildbad.

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amÜ. Lremdenliste.

Mittwoch, den 7. Dezember 1910.

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27. Jahrg.

Ans der Sitzung des Kgl. Schöffengerichts

Neuenbürg.

Neuenbürg, 3. Dezember 19io.

Die umfangreiche Beleidigungsklage des Schult­heißen Hörnle-Calmbach und der beteiligten Herren Baurat Maurer-Stuttgart und Stadtbaumeister Stribel - Neuenbürg gegen den Fabrikant Gustav Gauthier in Calmbach kam am letzten Freitag vor dem Kgl. Amtsgericht Neuenbürg zur Verhandlung. Den Vorsitz in der Verhandlung führte Hr. Amtsrichter Möricke. die Anklage vertrat Hr. Amtsanwalt Kaufmann. Als Schöffen fungierten die Herren Becht- Unterniebelsbach und Walker-Neusatz. Dem Angeklagten stand der Rechtsanwalt Dr. Conrad Haußmann zur Seite. Da der Vertreter des Angeklagten zur festgesetzten Verhand­lungszeit nicht erschien, trat zunächst für alle Beteiligte eine längere Wartezeit ein, bis endlich gegen halb 5 Uhr das Gericht, ohne Verteidiger des Angeklagten, die Verhandlung aufnahm. Der Vorsitzende verlas zunächst die Anklageschrift des Staatsanwalts gegen den Beschuldigten, wonach derselbe sich eines Vergehens im Sinne des § 186 des Strafgesetz­buches schuldig gemacht habe. Hierauf wird der Angeklagte vernommen, der zunächst nun die eigentliche Ursache des Konfliktes schilderte. Nach seiner Aussage, seien ihm die Beschuldigung des Zeugen Bott unbegreiflich und hätte Bott die Sache entstellt. Ueber den Ingenieur, mit dem der Schultheiß, der Aussage nach, Sekt getrunken, gekegelt haben soll, kann er sich nicht verteidigen, da er angibt einen Ingenieur damals überhaupt nicht gekannt zu haben. Ueberhaupt war der Zeuge Bott haßerfüllt. Wenn er aber die Aussage dem Bott gegenüber wirklich gemacht haben würde, müßte er geistesabwesend gewesen fein Bei der Gelegenheit des Abschlusses eines Wiesenkoussvertrages wäre er auf das Gespräch gekommen; Angekl. war damals in dem Glauben, die gekauften Wiesen seien für Grob nicht für Speidel; dem­nach glaubte er, der Schultheiß handle nicht korrekt, sondern mit Voreingenommenheit. Hierauf schnitt der Vorsitzende die ausschweifenden Ausführungen des Angeklagten ab und und legte ihm die Frage vor, wie es sich mit der Kanali­sationsangelegenheit und dem Wafferhahnenfall verhalte? .Die einzelnen Unternehmer hätten die Materialen (jedenfalls zu Hausleitungen) allein kommen lassen und auch die Hahnen, die schon angebracht waren. Dann sei der Baurat Maurer gekommen und hätte Hahnen gebracht, die 1 Mk. teurer und seiner Ansicht nach schlechter waren, denn die bereits gekauf­ten Hahnen waren gut. Auch hätten die Handwerker über die neuen Hahnen gescholten und gemeint, sie können nichts daran verdienen. Daraufhin habe er 4 von den alten Hahnen in Pforzheim prüfen lassen und seien alle für gut befunden worden. Er habe nunmehr an den Gemeinderat Kübler dieserhalb geschrieben, der es auch soweit gebracht habe, dag die alten Hahnen, wo solche bereits angebracht waren, blieben. Es hätte dieserhalb überall Streit gegeben. Aber jeder Sachverständige würde auch gegen die neuen Hahnen gewesen sein. Ueberhaupt wurde so getan, als ob die Hahnen bei der ganzen Wasserleitung die Hauptsache wären. Ueber die Sache mit dem Ingenieur und über den Profit des Schultheißen und des Baurat Maurer könne er nichts an­geben. Der Vorsitzende befrägt nun weiter den Angeklagten nach der Kanalisationsangelegenheit Dieser sagte weiter:

Es wäre ein Bewerber da gewesen, der billiger war, und schon mehrere derartige Anlagen gemacht hat, aber Schulth. Hörnle war für die Calmbacher Firma eingenommen. AuS Gründen, die nicht stichhaltig waren, ließ er 1 Gemeinde­rat bei der Abstimmungsfrage abtreten und teilte die Aus- schlußgründe erst nachher mit. Der Schultheiß wußte, daß der fremde Offertsteller vom Gemeinderat bevorzugt wurde. Angeklagter bemerkte aber, daß er die Sache allerdings nur erzählen kann, wie er sie kenne.

Auf die Frage des Vorsitzenden, wie er den Fall mit den Mannesmann-Röhren erkläre, führt er aus: Auf die »mpsehlung des Baurat Maurer, der diese Röhren als gut und billig bezeichnet«, seien dieselben von der Bauleitung verwand worden. Er hätte nun mit einem Pforzheimer darüber gesprochen, der meinte, 2,25 Mk. sei für die Röhren u>el zu teuer, er liefere solche für l.25 Mk. Auch habe derselbe wörtlich gesagt, Maurer bekäme Prozente zuge- Ichrieben. Auf weiteres Befragen des Vorsitzenden gibt der Angeklagte an, daß er 5 Jahre in Calmbach sei.

Nunmehr ging das Gericht zur Zeugen - Vernehmung Uber und wurde zunächst der Hauptzeuge Friedrich Bott aus Mkzheim aufgerufen (Während der Vernehmung dieses «engen war der Rechtsbeistand des Angeklagten, Rechts- uuwalt Haußmann, per Automobil eingetroffen, und nahm iusvrt an der Verhandlung teil.) Nach dsr Vereidigung und Erledigung der üblichen Formen äußerte sich der Zeuge 'vlgendes: Der Angeklagte G kam zwecks Wiesenankaufs °u ihm und im Verlaufe dieser Verhandlungen hätte er

auch von der Calmbacher Wasserleitung und den Wasser­hahnen gesprochen und sich geäußert, der Schultheiß habe nicht recht dabei gehandelt. Zwei Gemeinderäte seien zu Unrecht aus der Sitzung entfernt worden. Wenn er sich recht erinnere, war auch davon die Rede, daß ein Ingenieur und der Schultheiß sich haben schmieren lassen, doch könnte er sich an den genauen Wortlaut nicht mehr erinnern. So­viel weiß er noch, daß der Angeklagte gesagt habe, der Schultheiß hat die Arbeit der Firma Gebr. Kiefer ausnahms­weise zugeschoben. (Hierauf verlas der Vorsitzende das Protokoll von der Aussage desselben Zeugen vor dem Amtsgericht Pforzheim). Aber an einzelne Ausdrücke und an der genauen Redeweise des G- will sich der Zeuge nicht mehr erinnern können, da er durch die lange Zeit und durch seine Arbeit die Sache, die er damals wenig beachtet hätte, vergessen habe. Vielleicht wüßte sein Bruder, der das Gespräch auch mit angehört habe, noch mehr davon.

Als nächster Zeuge wurde Schultheiß Hörnle aufgerufen. Hiergegen legte der Verteidiger des Angeklagten Protest ein mit der Begründung, es wäre besser, erst die übrigen Zeugen zu hören, die hernach vielleicht durch Anwesenheit des Schultheißen befangen wären Das Gericht stimmte bei und vernahm nach Vereidigung den Zeugen Maurer­meister Seyfried, Gemeinderat.

Der Vorsitzende frug zunächst nach der vom Schultheiß geforderten Abtretung aus der damaligen Sitzung und nach dem eigentlichen Grund dazu. Hierzu gibt der Zeuge an, daß er damals selbst Offertsteller war. und daß er nicht glaube, daß er wegen Uebervorteilung abtreten mußte. Ueber die Hahnen kann er sich nicht aussprechen, da er dann keine Erfahrung habe. Doch habe er an seinen Hahnen wahrgenommen, daß diese undicht seien und dasselbe habe er auch von mehreren anderen Seiten gehört.

Zeuge Paul Barth, Flaschner sagt aus: Die neuen Wasser­hahnen seien schlecht und die Leute seien fast damit betrogen. Uebsrall wäre sehr darauf geschimpft worden und viele sind wieder herausgeschmissen. Die bereits bestellten Hahnen wurden einfach beiseite geschmissen und vom Rathaus neue bestellt, die nicht so zweckmäßig und teuer waren

Gemeindepfleger Bott wurde als Zeuge und Sachver­ständiger vernommen und antwortete auf die Frage des Vor­sitzendenOb die Arbeiten fachgemäß ausgesührt seien"; daß verschiedenes daran zu tadeln wäre; ein Regenausguß wäre unzweckmäßig: überhaupt hätte manches besser gemacht wer­den können. Ueber die Hahnen kann er keine genaue Aus­kunft geben. Auf die Frage des Vorsitzenden ob die Arbeiten an der Leitunggut" ausgesührt seien und ob das Stampfen unterlassen worden sei, gibt er my daß das Stampfen viel­fach nicht geschehen sei; der Weg ist an einzelnen Stellen sogar eingebrochen.

Der Zeuge PH. Bott wurde ebenfalls als Sachverständiger vernommen. Seiner Aussage nach ist die Sache nicht so ausgesührt, wie vorgeschrieben,von A bis Z nicht". Die eingelegten Visiere sind schlecht geraten, obwohl eine Bau­leitung da war. Wäre die Arbeit der Pforzheimer Firma übertragen, so wäre sie billiger, auch früher fertig geworden. Die Hahnen der Handwerker hätten verwand werden sollen. Zeuge und Sachverst PH. Schmid: Der von Hrn. Baurat Maurer empfohlene Hahn hat den Erwartungen nicht ent­sprochen. Die Leute hätten allenthalben Grobheiten darüber gemacht. Die von den Handwerkern gelieferte Hahnen waren besser und billiger. Zeuge Karl Seyfried: Die Wasser­leitungsanlage ist nicht vorschriftsmäßig und nicht sachlich. Er war damals als Sachverständiger gewählt, habe aber sein Amt späterhin nicht behalten. Die Stau-Anlage ist schlecht. Als das Hochreservoir fertig war, sei das Wasser hinausgelaufen. Außerdem ist auch die Kanalisation nicht vorschriftsmäßig und unrichtig verakkordiert worden. Hierauf wird Herr Schultheiß Hörnle eidlich vernommen, der den Konflikt eingehend schildert und sein rechtliches und rechtmäßiges Handeln, auf das Vorteil der Gemeinde Calm­bach bedacht, klar und deutlich an den Tag legt. An der Hand verschiedener darauf bezüglicher Schriftstücke, körnte er Schvitt für Schritt seiner Handlungsweise rechtfertigen. Der Ausschluß zweier Gemeinderäte bei der Vergebung der Arbeiten für Kanal- und Wasserleitung sei auf Grund der, damals allerdings noch neuen, Bestimmungen der Gemeinde- Ordnung erfolgt. Die von der K. Kreisrezierung in dieser Sache ergangene Entscheidung habe auch an der Abstim­mung nichts geändert. Bei der Vergebung der Offerte hätte er allerdings das Augenmerk darauf gerichtet, daß die Arbeit, nach dem allerorts vertretenen Grundsatz wenn möglich eine Arbe t ortsansässigen Meistern zukommen zu lassen, am Orte blstbe, ohne jedoch persönliche Interessen zu unterstützen. Das Offert des auswärtigen Unternehmers sei zu dem nicht in allen Teilen billiger gewesen, sondern teilweise höher als das der Calmbacher Unternehmer. Außer­

dem sei ja alles gemeinderätlich beschlossen worden. (Der Vorsitzende verliest das Protokoll der diesbezüglichen Ge­meinderatssitzung). Davon, daß die Installateure schon Hauslsitungen gelegt und Hahnen eingebaut .hatten, habe er erst von diesen erfahren, als ihnen der Beschluß wegen Beschaffung der Selbstschlußhahnen eröffnet wurde Provision von irgend etwas bezogen zu haben stellt er ganz entschieden in Abrede. Auch andere persönliche Vergünstigungen erklärt er für vollständig rückhaltlos und unwahr. Baurat Maurer tritt nunmehr auf Ausruf als Zeuge vor und soll auf An­trag des Amtsanwalts als Sachverständiger vereidet worden. Hiergegen verwehrte sich aber der Rechtsbeistand des Ange­klagten. dem dus Gericht auch zustimmt. Bei seiner Aus­sage stützt sich der Zeuge auf seine technische Ueberzeugung. die er bei der Empfehlung der Wasserhahnen und auch der Mannesmann-Röhren gehabt habe Provision erhalten zu haben, stellt der Zeuge ganz energisch in Abrede und hat auch er alles daran gesetzt, um die Gemeinde Calmbach gut und möglichst billig zu bedienen. Bei der Vernehmung kam man auch auf eine frühere Beleidigung durch den Angeklag­ten zu sprechen, die aber laut Akten, die verlesen wurde, ver­jährt ist, folglich auch nicht mehr in Betracht kommt. Der Amtsanwalt richtet nun an den Zeugen die Frage, ob tue Anlage richtig fertig gestellt worden ist. Nach seiner Ueber­zeugung und Beobachtung ist die Ausführung richtig er­folgt, nach allen Regeln der Technik.

Als letzter Zeuge wurde, da auf die Aussagen eines weiteren Zeugen nachher vom Rechtsanwalt und vom Gericht verzichtet wird, StMbaumstr. Stribel - Neuenbürg vernom­men: Auch dieser Zeuge stützt sich auf seine technisch-richtige Ueberzeugung die er bei Ausführung der damaligen Arbeiten gehabt hat; er hält die Anlage für zweckmäßig und richtig und erklärte auf die vom Rechtsanwalt gestellte Frage, ob der Boden eingeftampft worden sei, daß man diese Arbeit teil­weise durch eine bessere Methode, durch das sogenannteEin­schwemmen", erspart habe. Auch über die von Baurat Maurer empfohlenen Wasserhühner!, weiß der Zeuge ein technisch sehr günstiges Urteil zu fällen und bemerkt, daß die Calmbacher Installateure die Hahnen anfangs nicht ver­stunden und dadurch teilweise verdorben hätten.

Hiemit waren die Zsugen-Vecnehmungen beendet und bat der Vorsitzende nunmehr den Oberamtsbaumeister Link, der als Sachverständiger geladen war, um sein Urteil. Dieser äußerte sich dahin, daß die Arbeiten vorschriftsmäßig aus­geführt sind. Wenn sich jetzt ein Schacht als nicht wasser­dicht erweist, so hat das eigentlich mit der Wasserleitung nichts zu tun. Auch für das Einbrechen des Weges wird die Bauleitung nicht verantwortlich gemacht werden können. Ueber die Firma Kiefer äußert sich der Sachverständige sehr zufrieden und wäre die Firma wohl imstande derartige Bauten auszuführen. Damit war die Beweisaufnahme geschlossen.

Der Amtsanwalt begründete nun in seinem Plädoyr, da sich der Zeuge Bott der beleidigenden Aeußerungen des Angeklagten nicht mehr genau erinnern konnte und damit die Strafzumessung bedeutend an Schwere abnimmt, daß ein Vergehen des Angeklagten im Sinne des tz 187 des Strafgesetzbuches (Pflichtverletzung) vorlisge. Eine Be­leidigung der Herren Maurer und Striebel konnte nicht er­wiesen werden, da die frühere Beleidigung bereits verjährt ist, fodaß also nur ein Vergehen im obigen Sinne gegen die Person des Herrn Schultheißen Hörnle in Betracht kommt. Er beantragt eine Geldstrafe von 40 Mk.

Hierauf erwiderte der Rechtsbeistand des Angeklagten in seiner Verteidigungsrede, er glaube, nachdem der Angekl. erklärt habe, daß er keinen der Herren habe beleidigen wollen, und die ihm zur Last gelegten beleidigenden Aeußerungen als unwahr bezeichnet habe, die Strafantragsteller kein In­teresse an der Bestrafung des Klägers mehr haben, und daß, da der Zeuge Bott sich der Aussagen des Angeklagten nicht mehr genau bewußt sei, die Anklage zu Boden gefallen sei. Er beantrage daher Freisprechung.

Der Amtsanwalt erkärte noch einmal kurz, daß die Aeußerungen entschieden nicht so leicht seien, wie sie der Verteidige? hinstellt, und zielte darauf hin, daß die Ver­handlung vertagt werden solle, und zu der neuen Verhand- lund der Bruder des Zeugen Bott als Zeuge zu laden sei. Rechtsanw. Haußmann plädierte gegen diese Vertagung und suchte im Anschluß daran noch einmal, die Unschuld seines Klien en nachzuweisen, der für seine gemachten Aeuße- rungen schließlich auch noch den Schutz des tz 193 in An­spruch nehmen könne.

Darauf zog sich das Gericht zur Beratung zurück.

Nach längerer Pause wurde das Urteil verlesen, das für den Angeklagten auf Freispruch lautet. Der An­trag auf Vertagung der Verhandlung, vonseiten des Amts­anwalts, wurde verworfen.