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Erzähler vom Schwarzwald.
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Amtsblatt für die Ltadt Mldbad. ^ verkündigungsblatt
der rtgl. ForsLämter Wildbad, Meistern. Lnzklösterle rc während der Saison mit
amtl. Fremdenliste.
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relekoil lir. 41.
Nr. 287.
Dienstag, de» 15. November ISIS.
27. Jahrg.
Deutsches Reich.
Zu den Neichstagswahle».
In Thüringen ist für die nächsten Reichstagswahlen zwischen der Fortschrittlichen Volkspart ei und den Nationalliberalen ein Wahlpakt abgeschlossen worden. Dasselbe ist in Hessen geplant. Tort hat die Leitung der Nationalliberalen Partei ihre Bereitwilligkeit zur Aufnahme von Verhandlungen erklärt, dabei aber bemerkt: „wir betonen aber schon jetzt, daß wir bei der drohenden Gefahr der Vermehrung sozialdemokratischer Mandate eine Hauptaufgabe darin seheir, zu verhindern, daß sich die bürgerlichen Parteien weiter zerfleischen und dadurch der Sozialdemokratie Vorschub leisten."
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Die Generalversamnilumg der Deutschen Anti-Duell-Liga
wurde in Stuttgart abgehalten. Ten Vorsitz führte Graf Adalbert zu Erbach-Fürstenau. Von Ton Alfonso von Bourbon und Oesterreich- Este war ein Begrüßungstelegramm eingelaufen, in der die bisherige erfolgreiche Tätigkeit der Liga als Garantie für das sichere und baldige Gelingen der Sache angesehen wird. In einem Schreiben des Herrn Steinberger- München wurde beantragt, im Parlament von der Budget- Verweigerung Gebrauch zu machen, wenn das Tuell im Heere nicht beseitigt wird. Tiefer Antrag wurde einmütig abgelehnt. ' Ten Jahresbericht erstattete der Generalsekretär Schmits - Köln. Tie Liga zählt 2250 zahlende Mitglieder, sodaß hier keine nennenswerte Aenderung eingetreten ist. In Göttingen hat sich eine Ortsgruppe gebildet, die aber nicht selbständig ist, sodaß die Gesamtzahl der Ortsgruppen wie im Vorjahr 19 beträgt. Ehrengerichte bestehen in Tarmstadt, Hannover und München. Seit Mitte des Jahres sind die deutschen und österreichischen Mitteilungen vereinigt unter dem gemeinsamen Titel „Ehrenschutz". Tine Reihe von Studentenversammlungen beschäftigte sich ebenfalls mit der Bekämpfung des Tuells. Seitens der Union Internationale in Budapest tvurde aus Anlaß des Blankenburger Tuells eine Eingabe an den deutschen Kaiser gerichtet. Nach der erhaltenen Antwort wird der möglichsten Einschränkung des Zweikampfes an allerhöchster Stelle unausgesetzt die grösste Aufmerksamkeit zugewendet. An den Justizminister Beseler wurde ebenfalls !ine Eingabe gerichtet mit der Bitte, bei der Beratung über das neue deutsche Strafgesetzbuch den die Tiuellver-
gehen betreffenden Abschnitt einer Revision zu unterziehen. Prof. Ki ssi ng er-Tarmstadt teilte mit, daß Graf zu Erbach-Fürstenau zum 1. Vorsitzenden, Prof.. T r. von Amira-München zum 2. Vorsitzenden und in den engeren Vorstand Senatspräsidcnt Lossen-Frankfurt a. M., Prof. Kissinger - Tarmstadt und Generalsekretär Schinits-Köln gewählt worden sind. Ter Etat belief sich im vergangenen Jahr auf M 4080.60 in Einnahme und Ausgabe, im neuen Haushaltungsplan sind M 3850 ringestellt worden. Trof. Tr. v. Amira -München beantragte, daß die Vorschläge der Liga zum Strafgesetzbuch, zur Gerichtsverfassung und zum Prozeßverfahren, die bisher unberücksichtigt geblieben sind, durch die der Liga nahestehenden Reichstagsabgeordnetcn größerer Nachdruck verliehen werde. Für den Fall ihrer endgültigen Nichtberücksichtigung soll durch die betreffenden Reichstagsabgcord- neten dahin gewirkt werden, daß die freien Ehrenschiedsgerichte staatliche Anerkennung finden. In der sich anschließenden öffentlichen Versammlung unter dem Vorsitz des Grafen zu Erbach-Fürstenau hielten zunächst Oberlandesgerichtsrat Tr. Schanz-Stuttgart und Graf zu Erbach Begrüßungsansprachen. Ter Vorsitzende brachte sodann ein Schreiben des Justizministers v. Schmidl in zur Verlesung, der ausdrücklich mitteilte, daß sein Fernbleiben anderen Gründen als einem mangelnden Interesse an den Bestrebungen der Liga zuzuschreiben sei, weiter wurde ein Brief des Oberbürgermeisters von Gauß verlesen, öer in der Verurteilung des Tuells sich mit der überwältigenden Mehrheit der Stuttgarter Bevölkerung einig bezeichnete. Prof. Tr. K i n d e r m a n n-Hohenheim hielt dann eine Neds-öber-„-Das-Duell und di^ werdende Reife des'deutschen Volkes" und zum Schluß sprach stud. Phil. Arthur Kracke-Leipzig über „Tie studentische Bewegung gegen ien Zweikampf."
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Pforzheim, 12. Nov. (Arbeiterbewegung.) Gestern und heute haben die hiesigen Bijouteriefabrikanten den übrigen organisierten Goldarbeitcrn gekündigt, die genaue Zahl steht noch nicht fest. — Ein hiesiger Kettenmachcr soll, nach einer Meldung des Schwöb. Korrefp.-Büros auf dem Wege zur Arbeit von 3 Goldarbeitern angehalten und mit Gewalt gezwungen worden sein, sich als Verbandsmitglied zu unterzeichnen. Tie Täter sind noch nicht ermittelt.
Rastatt, 12. Nov Sämtliche Metallarbeiter der hiesigen Waggonfabrik haben heute mittag durch
den Metallarbeiterverband ihre /achttägige) Kündigung eingereicht. Tie Holzarbeiter wollen sich nächstens an sch ließen. Sie verlangen 8- bezw. 91 / 2 - stündige Arbeitszeit und eine allgemeine Lohnerhöhung und zwar derart, daß die ungelernten Arbeiter mindestens 4 Mark für den Tag erhalten. Tie Forderungen in dieser Form tvurden abgelehnt, worauf die Kündigung erfolgte. Da ein großer Teil der Arbeiter aus den umliegenden Dörfern stammt und im Besitz von Grund und Boden ist, der Verband auch gleich mit Unterstützung beginnt, dürste der Streik von langer Tauer sein, falls es nicht gelingt, von auswärts genügend Arbeitskräfte heranzuziehcn. .
Beuthen (Oberschlesien), 14. Nov. Landtagsabgeordneter Tr. Heisig (Ztr.) ist in der Nacht an einem? Herzschlag plötzlich gestorben.
Donaueschingen, 14. Nov. Der Kaiser und Fürst zu Fürstenberg nebst Gefolge nahinen gestern! Vormittag am Gottesdienst in der evangelischen Kirche teil. Am Nachmittag wurde dem Kloster Beuron ein Besuch abgestattet.
Berlin, 12. Nov. Tie „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: „Tie 7. Kommission des Reichstags hat gestern die zweite Lesung der Strafprozeßen^ würfe beendet und damit ihre Aufgabe, soweit es sich um die inhaltliche Gestaltung der Entwürfe handelt, erledigt. Ter umfangreich« Stoff ist in 84 Sitzungen in der eingehendsten Weise durchberaten worden. Tie Erlebnisse dieser hingehenden Arbeit können, wenn auch vereinzelte Beschlüsse zu ernsten Bedenken Anlaß geben, als eine durchaus geeignete Grundlage für die weiteren Verhandlungen im Plenum des Reichstags angesehen werden."
Ausland.
Die Weltflucht Tolstois.
Es bestätigt sich, daß Tolstoi sein Gut Jaßna ja Poljana mit unbekanntem Reiseziel verlassen hat. In dem von ihm zurückgelassenen Briefe heißt es 7 Tie Verhältnisse, in denen er lebe, ständen mit den von ihm gepredigten Gedanken in Widerspruch: Es könne nicht länger so bleiben, und er werde, auch wenn sein Aufenthalt entdeckt würde, nicht zurückkehren. Tolstois Angehörige, mit Ausnahme seines im Auslande weilenden Sohnes Leo, sind in Jaßnaja Poljana beisammen ihr Kummer ist unbeschreiblich; Gräfin Tolstoi soll nach einem Gerücht aus Tula zweimal einen Selbikmord-
.>>»>. >.u>. da.ui rrqi, wenn man mit ruhiger Besonnen
heit sieht. Die Leidenschaftslosesten waren immer die größten Menschenkenner. Frd. Ehrender g.
Großindustrielle.
Roman von Ernst Georgy.
45j (Nachdruck verboten)
(Fortsetzung.)
12. Kapitel.
Sie saß in dem Erkerausbau des Schloßturmes von Wernersdorf und blickte mit tiefem Ernste über die im Sonnenglanze daliegende farbenprächtige Herüstlandfchaft. Tie Fahnen des Bootshauses stotterten fröhlich im Winde, und heiter war der Charakter des gepflegten Parkes, des leuchtenden Seefpiegels, des sich dahinter ausdehnenden Prachtvollen Hochwaldes. Tie Hände, welche die Stickerei hielu. 11 , lagen müßig im Schoße. Tie volle Brust hob sich zuweilen in schweren Seufzern, so daß die starre Seide des schwarzen Kleides rauschte. — In ihren Gedanken verloren, hatte die alte Dame übersehen, daß ein Automobil sich in rasendem Laufe dem Schlosse näherte und puffend vor der Freitreppe des Mittelbaues anhiell. Erst als es bescheiden mehrmals an der Tür klopfte, wandte sie den Kopf: „Herein!" Ein Tiener erschien: „Herr Rittmeister von AdW und Frau Gemahlin lassen fragen, ob Frau Geheimrat-—"
„von Arnow? Wer? Meine Tochter?" Frau Werver sprang erschreckt ans und eilte an dem betroffenen Manne vorüber in das Nebengemach.
Tort traten gerade in Antomobilkostümen die Ankömmlinge ein.
Mit dem Ausrufe: „Mutter" — „Agnes" lagen sich die b id-m Tarnen weinend in den Armen.
Achim von Arnow stand ernst neben ihnen und wartete. bis die Reihe an ihn kam. Endlich wandte sich dw Schwiegermutter ihm zu Und reichte ihm die rechte Hand, während sie mit der linken die Tränen abwischte. „Achim,
lieber Sohn", sagte sie stammelnd, „schöner Abschluß für eure Hochzeitsreise!"
„Es trieb uns hierher, Mutter", antwortete er, sich ausrichtend. Er hatte sich tief verneigt und die dargebotene Hand geküßt. „Agnes hatte keine Ruhe, und ich auch nicht. Tie Nachrichten wurden ja inrmer beunruhigender."
„Nehmen Sie den Herrschaften die Sachen ab, Michel, und — :-habt ihr schon gesrühstücklt, Kinder?"
„Nein, Mutter." ' I ^ ^
„Und lassen Sie ein Frühstück im Gartensaal an richten. Wollt ihr erst Toilette machen?"
„Nein, später. Bitte, erzähle uns erst, wie es geht."
Frau Werner seufzte: „Traurig, sehr, sehr traurig!"
„Also unverändert Fieber und Schmerzen . -—"
„Leider sehr verändert, denn die Leiden haben entsetzlich Angenommen. Sie liegt fast immer unter Morphium, und das Herz ist am bedenklichsten. Minske ist mit zwei Autoritäten drüben. Es ist sehr besorgt."
' „Aber doch nicht etwa so, daß—-?" Agnes hatte
dem Tiener Mäntel und' Mütze gereicht und wollte sich vor dem Spiegel die Haare ordnen. Mtt'en in der Bewegung hielt sie inne und wandte sich erblassend um.
Tie Mutter senkte trübe den Kops. „Wir können iede Minute das Schlimmste erwarten. Ter Puls ist sehr schwach, das Herz setzt viel aus."
„Um Gottes witt-n! Siehst du Achim, wie gut, daß 'wir gekommen sind. Ich las es ja aus Mamas Zeilen, daß sie, um uns nicht die Hochzeitsreise zu stören, rmr mtt Zwang vertuschte."
„Wie trägt es Hartwig?"
.,Ach, singt erst gar nickst. Er ist mit Vater drüben, und beide machen sich die bittersten Vorwürfe, daß sie die ruffische Reise ausheckten und Agathe mtt schleppten."
„Und wie ist sie selbst?"
j,,Wenn Morphium und Schmerzen ihr Besinnung lassen, sanft und süß, wie es ihrem goldenen Charatter entspricht. — Aber setzt euch, Kinder, damit wir in Ruhe
plaudern, bis das Essen ausgetragen ist. Von wo kommt
ihr her?"
„Direkt von Nordweg über Amsterdam. Das heißt, wir haben in Haneburg und in Schwerin übernachtet. Agnes war aufgeregt genug. Ich wollte sie nicht noch mehr, noch körperlich anstrengen."
„Sehr vernünftig. Tann seid ihr auch nicht reisemüde?"
„Wer gar nicht, Mütterchen." Frau von Arnow umarmte die alte Tame, küßte sie herzlich und nahm neben ihr Platz. . ' Ist siH
Der Rittmeister setzte sich ihr gegenüber hin: /Gestattet ihr mir eine Zigarre?"
„Selbstredend, Achim", sagte Agnes und fügte ungeduldig hinzu: „Aber mm erzähle uns, bitte, ganz ausführlich, wie alles gekommen ist, und warum sie erst dis Wahrheit schrieben, als es so schlimm stand."
„Tie guten Menschen wollten uns schonen", begann Frau Werner eifrig. „Tie Reise war, bis auf die Moskauer Tage, die Wolgasahrt mit ihren Unterbrechungen in Nijni Nowgorod und Kasan, eine einzige Strapaze. Tie schlechten Hotelverhältnisse, das Zeltleben im Ural, die schwierigen Reisen ermüdeten sehr. Im Kaukasus wurde es besser. Zuerst waren sie in Pjatigorsk, in den Badeorten dort, und gingen dann nach Tiflis, Baku, und was weiß ich wohin? Tie Hitze wurde immer unerträglicher, und da Agathe sehr bald begründete Aussicht aus Mutterfreuden hatte, brachte Hartwig sie in einen hochgelegenen, kühlen Gebirgsort, wo viele Bekannte, auch zwei deutsche Familien, lebten. Er erledigte unsere Geschäfte, und Anfang August tragen sie die Rückreise an. In Kiew machten sie Station, und Agathe, ohnehin sehr matt und nervös, wurde leider Gottes Augenzeuge einer von Kosaken und Posi.'tt schnell unterdrückten Judenverfolgung. Tie Schiffe, das Geschrei, der ganze Tumult und das Forttragen der Toten und Verwundeten erschütterten sie abtte derart, daß sie in ein Krankenhaus geschafft werden mußte."
(Fortsetzung folgt.)