etwa nustauchen, durch unmittelbare persönliche Fühlung und durch Aussprache forschen den Herrschern und ihren Ministern sich ausgleichen lassen. Unter diesem Gesichts­punkte wird auch die diesmalige Begegnung des deutschen Kaisers und des Kaisers Nikolaus zu würdigen sein, ohne daß sie in das politische System Europas Neuerungen einführte,, die von vornherein weder von deutscher noch von russischer Seite beabsichtigt waren. Wohl aber dürfte sich die Nachwirkung der jüngsten Monarchenbegegnung im Sinne einer Förderung der allgemeinen Frie­denspolitik geltend ntachen.

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Der Schiffbruch derPreußen".

Wie gestern kurz gemeldet, kollidierte das der Ham­burger ReederciLaeiß gehörige F ü n f ma sts chi ff Preußen" bei Beacht) Head mit dem Turbinendam­pferBrighton". TiePreußen" hat dabei den Klü­verbaum gebrochen und Schaden am Vorderschiff erhalten. Darauf wollte der Kapitän zwecks Ausbesserung der Ha­varie nach Dover zerückkehren. Als das Schiff bei Dunges vor Anker ging, verlor es beide Anker und Ketten und wurde nun durjch den Südweststurm auf die Klippen östlich Dover geworfen. Schlepper haben den ganzen Mon­tag vergeblich versucht, diePreußen" abzuschleppen. Tie etwa. 40 Mann starke Besatzung ist trotz des starken Win­des und hohen Seegangs an Bord geblieben. Der Kaiser hat der Firma LaeiH ein Beileidstelegramm gesandt.

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Aenderuug des Hilfskaffengesetzes.

Gleichzeitig mit dem Entwurf eines Einführungsge­setzes für die Reichsversicherungs-Ordnung wird dein Re ichstag auch der Entwurf eines Gesetzes über die Aenderung des Hilfskasse ngesetzes eingebracht tverden, der vom Bundesrat schon im Frühjahr erledigt wurde. Ein ähnlicher Gesetzentwurf ist bereits zweimal im Jahre 1905 und 1907 im Reichstag eingebracht, aber nicht verabschiedet worden. Tie neue Vorlage hat gegen ihre beiden Vorgänger eine Umgestaltung erfahren, dabei ist der Teil des Entwurfes, der das Verhältnis der Hilfs­kassen zu den Krankenkassen regelte, in die Reichsversicher­ungs-Ordnung übergegangen. Dort werden auch die Vor­aussetzungen festgelegt, unter denen die Versicherungsver- eine als Ersatzkassen zugelassen werden dürfen. Es blei­ben daher nur noch die allgemeinen Verhältnisse der .Hilfs­kassen einer besonderen gesetzlichen Regelung Vorbehalten. Gefordert wird in Zukunft für die Hilfskassen eine Min­destzahl von tausend Mitgliedern. Ter Beitritt soll Ber- sicherungspflichtigen nicht versagt werden dürfen, wenn er an sich nach den Satzungen zulässig ist. Insbesondere soll der Beitritt nicht vom Lebensalter, Geschlecht oder Ge­sundheitszustand abhängig gemacht werden.

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Eine Beschimpfung Deutschlands in der > belgischen Hauptstadt.

Aus Brüssel wird derKleinen Presse" geschrie­ben. In einem mittleren Variete (Walhalla) der bel­gischen Hauptstadt Brüssel tritt in einer Nummer mit dem Titel:VoiIa Rsvus äs !'Lxposition" eine Soubrette auf, welche die verschiedenen Sektionen aller Länder verkörpert. Zum Schlüsse fragt ein Mitspieler aus der Bühne, nun, wo bleibt die Lsetion Ile­rn au äs? Die Antwort besteht darin, daß sich die Sou­brette herum dreht, und ihren Allerwertesten zeigt. Unter den anwesenden Deutschen, etwa 20 bis 30 Personen, ent­stand darunter ein großer Tumult. Sie lärmten, pfif­fen und trampelten mit den Füßen. Alles war starr und sprachlos über eine solche Demonstration, wie sic sonst der ruhige Belgier nicht gewohnt ist. Die Vorstellung mußte unterbrochen werden. Andern Tags wurde der Vorfall in der deu tschen Abteilung bekannt, am Abend war das ganze deutsche Personal derselben auf den Beinen. Die Parole lautete:Auf in die Walhalla". Es mögen ungefähr 150 bis 200 Mann gewesen sein, die sich dort eingefunden hatten und sich von der Loge bis zur Galerie verteilten, jedoch die Demonstration sollte dieses Mal unterbleiben, denn die Direktion hatte es wohl­weislich unterlassen, nochmals die deutsche Wteilung auf diese Art und Weise zu verhöhnen. Ter Akt fiel näm­lich aus. Mit Respekt blickten aber doch alle auf die stattliche Anzahl Deutschen, die sich nach Schluß der Vor­stellung vor dem Variete versammelt hatten Respekt vor den Deutschen, die jetzt auch im Auslande ihre sonst so gern verspottete Nation hoch zu halten wissen.

I Aus Baherm, 5. Nov. TerSchwäbische Merkur" will aus zuverlässiger Quelle erfahren haben, daß die bayerische Regierung den Vatikan habe wissen lassen, daß sie nicht in der Lage sei, den Forderungen der Kurie über die Anstellung von Pfarrern zuzustimmen, da diese zu sehr in die Rechte der bayerischen Krone ein- greifen. Der Vatikan würde durch seine Neuordnung die Anflellungder Pfarrer von der Zustimmung Roms abhängig machen was Bayern nicht zugeben könne. Ebenso würden auch die Universitäten beeinflußt werden, wenn die Professoren durch einen Eid gebunden würden.

Darmstadt» 7. Nov. Der deutsche Kaiser wird 'aus seiner, diese Woche erfolgenden Reise nach Tonaueschingen dem Zaren einen kurzen Gegenbesuch machen.

Stavenhagen, 7. Nov. Heute fand aus Anlaß des 100. Geburtstages Fritz Reuters vor dem Rathaus die Grundsteinlegung zu dem im nächsten Jahr zu enthüllenden Fritz Reuter-Denkmal statt.

Ausland.

Die blutbeftckte Bittschrift.

Wie man in China für die Verfassung

kämpft.

Telegramme aus Peking haben gemeldet, die Regier­ung des Prinzregenten wolle den Wünschen des Vorpar­laments entgegenkommen und die eigentliche gesetzge­bende Volksvertretung schon vor dem für ihre Berufung in Aussicht genommenen Zeitpunkt und zwar in drei Jahren, zusammentreten lassen. Wie der Ent­

schluß hierzu dem Kaiser, d. h. dem Prinzregenten, abge- rungeu wordeu ist, schildert dieKorrespondenz des Äeu- ßersten Ostens" in folgendem Pekinger Bericht vom 18. Oktober: In den letzten 24 Stunden hat sich hier ein bis dahin unerhörtes Schauspiel abgewickelt: eine fri ed- liche Revolution, die durch Kundgebungen des Vol­kes und das Eingreifen der Minister unterstützt wurde und dank der Hingebung der Jugend die zeitigere Einbe­rufung der verfassunggebenden Versammlung bewirkt hat. Die Vertreter der Provinziallandtage im Vorparlament waren schon zweimal erfolglos mit Bittschriften an den Thron um die Einberufung der verfassunggebenden Versammlung vorstellig geworden. Sie kehrten in ihre Provinz zurück und gewannen die Notabeln für eine dritte Bittschrift. Während der Vorarbeiten hierfür kam die Kunde von dem jüngsten russisch-japanischen Ver­trage rmd der Angliederung Koreas an Japan. Tie in den beiden Vorgängen liegende Bedrohung der Mandschurei und ihrer Nachbargebiete rief unter den Gebildeten Petschilis und der Bevölkerung der Mandschurei ungeheure Aufregung hervor. Tie Vertreter de mand­schurischen Provinzen Kirin und Heilungkiang traten in

von

Ein Denkmal für den Erfinder des Champagners, den Benedikt inermdnch Dom Perignon, der von 1633 bi« 1715 lebte, wurde in Epernciy in der Champagne «Nhüllt. Dom Perignon entdeckte das Rezept zur Bereitung des Champagners.

Verbindung mit den Stu dentenin Peking. Das war Anfang Oktober. Es kam zu zahlreichen Versammlungen, in denen das Schicksal Chinas betrauert wurde. Nur das Kolk hieß es endlich, könne das Vaterland retten. Nach chinesischer Sitte griffen die Teilnehmer an den Ver­sammlungen, um ihre Opserwilligkeit zu beweisen, zur Selbstverstümmelung: sie schnitten sich tief in die Hand. Nach einer solchen Trauerversammlung zog eine Menge Studenten, Abgeordnete und Volk ins Abgeordnetenhaus, wo man gerade daran war, die von den Notabeln der Provinzen eingereichte dritte Bitt­schrift zur Verfassungsfrage in die richtige Form zu bringen. Eine Schar von 17 entschlossenen Jünglingen trug Säbel ai.nd Dolche. Geführt wurden sie von den beiden Studenten Schao und Lion. Diese wandten sich an die Abgeordneten und warfen ihnen vor, sie seien feige und unentschlossen. Sie, die Studenten, wollten ihnen darum ein Beispiel geben, wie man sich für das Vaterland opfere. Dabei begannen sie, sich selbst zu verwunden. Einer schnitt sich einen Finger ab', ein anderer zerfleischte sich mit dem Dolche den Leib. Es gelang den 17 die Waffen zu entreißen, aber die Anführer Schao und Lion behielten ihre Waffen und drohten sich den Leib aufzuschlitzen. Schao gelang es, sich tief in den Arm zu schneiden, Lion verletzte sich schwer am Unterleib'. Beider Blut spritzt« auf die Bittschrift an den Kaiser, die auf dem Tische des Abgeordnetenhauses lag. Unter dem Eindruck dieser Selbstopferung beschlossen die Abgeordneten, die durch das Blut der jungen Helden geheiligte «Bittschrift sofort dem Kaiser zu überreichen. Inzwischen zogen Volksmassen durch die Straßen um die Opferwilligen zu feiern. Im Palast erhielten die Abgeordneten die Antwort, der Kaiser weile für drei Tage im Hofschlosse, das ohne besondere Erlaubnis des Kaisers für niemanden zugänglich ist. Ver­schiedene hohe Beamte suchten um die Erlaubnis nach. Als aber sogar die Vermittlung des Polizeiministers nichts nützte, beschlossen die Abgeordneten, nicht zu weichen, son­dern die drei Tage lang im Palast 'auf die Rückkehr des Kaisers zu warten. Da bot der fortschrittlich gesinnte Minister des Innern, der Fürst von Sn, seine Beihilfe an, die angenommen wurde. Er begab sich zum Kaiser, während bas Volk und Studenten die Abgeordneten im Abgeordnetenhause umlagerten. Am anderen Morgen er­fuhr man, daß der Kaiser, tief erschüttert, beschlossen habe, den Wunsch des Volkes dem Senate, der vom Kaiser berufenen Hälfte des Vorparlaments, vorzulegen. Tie Menge begab sich aus dem Abgeordnetenhause sofort in den Senat. Der Vorsitzende, Prinz Piilu n, gab Kennt­nis von dem Bescheid des Kaisers und verlas die blut­befleckte Bittschrift. Es wurde keine Rede gehalten. Ms aber der Vorsitzende den Senat darüber abstimmen ließ, ob man den Wünschen des Volkes willfahren solle, stimm­ten unter ttesem Schweigen der Menge alle dafür, sogar die Mandschu-Fürsten und die höchsten Staatsbeamten. In der Stadt Peking aber begannen die Feste zu Ehren der Studenten, der Abgeordneten und der Senatoren. (Wo in den vorstehenden Ausführungen vom Kaise r die Rede ist, ist natürlich immer sein Vater, der Prinzregent, gemeint; denn der Kaiser selbst ist erst fünf Jahre

alt und wird deswegen trotz seines chinesischen Gottes- gnadentums als Sohn des Himmels doch noch wenig Verständnis für Verfafsungsfragen haben. D. Red.)

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Reims, 7. Nov. Die Winzer von fünf Ortschaf­ten der Champagne erklärten, daß sie so lange die Steuern verweigern werden, wie wirksame gesetz­liche Maßregeln zum Schutze ihrer Weine nicht erlassen werden.

Wien, 7. Nov. Oberleutnant Adolf Hofrichter hat durch Vermittlung der Militärstrasanstalt Möllers- dors ein 50 Seiten umfassendes W i e d e ra uf n a h m e g e- such an das hiesige Garnisongericht gelangen lassen, worin er seine Unschuld beteuert und die Schuld auf andere Per­sonen schiebt, bezüglich deren die im Vorjahre gepflogenen Borerhebungen resultatlos geblieben sind. Das Gesuch wird dem Militärobergericht vorgelegt.

London, 7. Nov. Der König hat eine Proklamation unterzeichnet, durch die als Termin der Königskrön- ung der 22. Juni 1911 festgesetzt wird.

Rom, 7. Nov. Ter Papst hat heute den Münch­ner Nuntius Frühwirth in Privataudienz empfangen.

London, 7. Nov. Neue Unruhen sind heute Vor­mittag im Minenbezirk von Wales ausgebrochen. Tie Ausständigen versammelten sich früh, begleitet von ihren Frauen, verhinderten die Maschinisten, Heizer und Grubenarbeiter, an die Arbeit zu gehen und zogen darauf trotz des herrschenden Unwetters durch die Straßen. Tie Polizei war machtlos. Schließlich wurde sie von den Aus- ständischen mit Steinwürfey angegriffen und aus dem Clydachtal verjagt. Truppen wurden erwartet, um die Ordnung wiederherzristellen.

Brüssel» 8. Nov. Die Weltausstellung ist ge­stern Abend 11 Uhr geschlossen worden.

Christiania, 8. Nov. Tie Meldung von dem Unter­gang des holländischen DampfersGamma" ist unrich- ti g. Der Dampfer hatte Havarie erlitten und ist durch ein Schleppschiff eingebracht worden.

Konstantinopel» 7. Nov. Heute sind hier elf Er­krankungen und drei Todesfälle an Cholera vorgekom- men. In den. letzten beiden Tagen kamen in der Armee 23 Erkrankungen und sieben Todesfälle an Cholera vor.

Konstantinopel, 6. Nov. Am 7. Dezember gelangt vor dem deutschen Reichsgericht der Prozeß des türki­schen Staates gegen die De u t s ch e R e i ch s b ank we­gen Herausgabe des etwa 13 Millionen Mark betragen­den Depots des Sultans Abdul Hamid zur voraus­sichtlichen definitiven Entscheidung.

Salonik, 7. Nov. Flüchtige Mohammedaner und christliche Arnauten, die in Scharen von Mon­tenegro herüber kamen, griffen die türkischen Blockhäu­ser von Nikodin in der Gegend von Rerana, sowie die in der Gegend von Mat an. Dabei wurden zwei Soldaten getötet, sechs schwer, mehrere, leicht verwundet. Die Türken beschuldigen die montenegrinische Grenzkom­mission der fortgesetzten Ueberfälle.

Newyork, 7. Nov. Eine Washingtoner Depesche an Sun" sagt, sofern Deutschland in der Kalifrage nicht Zugeständnisse mache, seien ernste Wirren unvermeid­lich. Tausend Kraftdroschken fahr er streiken. Tie Führer der E xp reßfuhrleute drohen, heute alles, was ans Rädern geht, stillzulegen.

Württemberg.

Hirnft«achrichterr.

Der König hat die evangelischen Pfarreien Hepsisau, Dekanats Kirchheiiu, dem Stadtvikar Paul Fritz in Stuttgart, Honau, Deka­nats Reutlingen, dem Pfarrverweser Ernst Irion in Altenstädt, De­kanats Geislingen, übertragen.

Stuttgart, 7. Nov. Der Landesausschuß der Nationalliberalen (Deutsche Partei Württembergs) tritt am Samstag, 12. November zu einer Sitzung zusam­men. Auf der Tagesordnung stehen 1. Bericht über die Wer Handlungen mit der Volkspartei, 2. Frei­heit der politischen Betätigung der Beamten. In der­selben Angelegenheit tritt heute der Engere Ausschuß der Volkspartei zusammen.

Nah und Fern.

Der cingeschlafene Einbrecher.

In die Wirtschaft zurRose" in Aalen stieg ein Ein­brecher durch das Küchensenster u. ließ sich das Bier u. die verschiedenen Schnäpse so gut schmeckm, daß er bei seiner Tätigkeit einschlief und am Morgen vom Besitzer geweckt wurde. Nachdem verschiedene Würste und andere Nahr­ungsmittel, die der Einbrecher in seinen Taschen verstaut hatte, ihm abgenommen worden waren, wurde er ver­haftet.

Ein tödlicher Kopfsprung.

Im Städtischen Schwimmbad in Frankfurt a.M ereignete sich vor einigen Tagen ein schwerer Unfall. Ter 26jährige Architekt Ludwig Kiefer besuchte gegen VF Uhr das Schwimmbad erster Klasse und wollte, wie es dir meisten Schwimmer tun, sich mit einem Kopfsprung, ins Wasser stürzen. Kiefer, der erst drei Tage iu Frankfurt weilte und das Schwimmbad zum ersten Mal besuchte, sprang aber, anstatt das Sprungbrett zu benutzen, im seichten Teil des Bassins ins Wasser, stieß mit dem Kopf auf den Boden und blieb bewußtlos auf dem Grunde liegen. Ein Badediener, der den Unfall bemerkt hatte, sprang dem Verunglückten sofort nach, holte ihn heraus und brachte den Bewußtlosen durch künstliche Atmung ins Leben zurück. Kiefer hatte keine äuße­ren Verletzungen davongetragen, klagte aber über Schme^ zen im Rücken. Tie Verwaltung des Schwimmbades ver- anlaßte deshalb seine Ueberführung ins Heiliggeist-Hospd tal, wo die Aerzte einen Bruch der Wirbelsäule fest stellten. Am Samstag ist er dort gestorben.