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mit Erzähler vom Schwarzwald.
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relsion llr. 41.
Amtsblatt für die Ltadt Mildbad.
Verkündigungsblatt
der iigl. Sorstämter Mldbad, Meistern, Lnzklöfterle, rc. während der Saison mit
amtl. Fremdenlists.
Inssrgto mir s klg. ^
Lusiogrtigs 16 Kg., ciis KIsiN- spsliige Kgrmvllilrsüs.
Leklsmön 15 Kg. üig ketittetls.
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Nr. 2«2.
Das Recht auf die Straße.
Heute beginnt vor der 3. Strafkammer des Berliner Landgerichts I der große Politische Prozeß wegen der Moabiter Unruhen.
Es wird ein Riesenprozeß werden. 38 Personen sind wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt, wegen Teilnahme an einer öffentlichen Zusammenrottung, wegen Beleidigung, Bedrohung, ete. angcklagt. Etwa 400 Zeugen, darunter über 200, die von der Verteidigung geladen sind, werden zu vernehmen sein. Sechs Rechtsanwälte, darunter die bekannten Sozialdemokraten Wolfgang Heine und Theodor Liebknecht, stehen den Angeklagten zur Seite. Drei Wochen nimmt man für die Verhandlungen in Rechnung.
Dazu kommt späterhin eine S ch w ur g e r i ch t s v e r- haudlung gegen diejenigen Personen, die wegen Aufruhrs und Landfriedens bruchs abgeurteilt werden sollen.
Tie Moabiter Exzesse vom 21. bis 27. September haben schwere Folgen. Die Anklage behauptet, es seien bei den Straßenkämpfen — besonders am Abend des 26. Septembers — fünfzig Schutzleute und etwa 150 Tumultanten verletzt worden, darunter fünf Schutzleute schwer; von den verwundeten Zivilpersonen sind zwei gestorben. Außerdem wurden bei den Ausschreitungen Kirchenfenster eingeschlagen, 162 Straßenlaternen zertrümmert, ein Laden geplündert, ein Pfarrer bedroht, und durch das Bombardement mit Steinen ein erheblicher Schaden verursacht, den die Stadt Berlin zu tragen hat.
Tie Anklagebehörde stellt sich nun auf den Standpunkt, daß es sich nicht um Ausschreitungen einer zufällig zusammengelausenen Menge handelt, sondern daß die Mehrzahl der Tumultuanten schon in dem Bewußtsein, daß es zu Gewalttätigkeiten kommen werde, an den Ansammlungen sich beteiligt habe. Die Ausschreitungen seien die Früchte fortgesetzter sozialdemokratischer Verhetzung.
Man wird hienach mit einem scharf politisch gefärbten Prozeß zu rechnen haben. Auf der einen Seite wird versucht werden, die bedauerlichen Vorgänge einzig und allein der Sozialdemokratie und ihren „revolutionären" Bestrebungen in die Schuhe zu schieben. Es ist vorauszusehen, daß hiezu auch die Aeußerungen der im Norden unvorsichtigeren und extremen Presse der Sozialdemokratie und mancher mehr temperamentvollen als
Mittwoch, den S. November ISIV.
27. Jahrg.
klugen Versammluugsredner (von der Rosa Luxemburg bis zu Stadthagen) werden herbeigezogen werden. Tenn die Ausschreitungen der Radaulustigen sollen nun einmal zu einem politischen Putsch gestempelt werden.
Auf der andern Seite wird die Verteidigung nachzuweifen versuchen, wie das ungeschickte und blinde Vorgehen der Schutzmannschaft nicht bloß das Unheil vergrößerte, sondern geradezu heraufbeschworen hat. Tie neutralen englischen und amerikanischen Journalisten werden hiebei gute Zeugen sein. Es wird vor allem aber die Aufgabe der Verteidigung werden, die Zusammenhänge mit der politischen Organisation der Sozialdemokratie und der wirtschaftlichen Organisation der "Gewerkschaften aufzulösen in selbständige Einzeltaten. Aber wenn auch all das gelitten sollte, die Strafen werden empfindlich werden. Das „Recht auf die Straße" wird schwere Opfer fordern.
Das hat auch der „Vorwärts" jetzt wohl eingesehen und sich daher beeilt, bei den allerletzten Ansätzen zu Unruhen im Norden Berlins durch einen besonderen Aufruf zur Ordnung und Ruhe aufzufordern. Tie Folgen haben sich dabei sofort gezeigt. Das legt die Frage nahe: wäre cs nicht besser und klüger gewesen, die sozialdemokratische Presse hätte dasselbe Verfahren schon bei den Moabiter Vorgängen angewendet, statt in höhnender Weise zu fordern, die Polizei hätte zuerst um die Unterstützung der sozialdemokratischen Organisation und Presse petitionieren sollen? Es wäre all das Schlimme wohl vermieden worden: es würden jetzt keine Opfer notwendig werden, es würde auch nicht mit der Gefahr zu rechnen sein, daß am Ende diese Prozesse ausmünden, in den Versuch einer scharfmacherischen Gesetzgebung. Tie Sozialdemokratie wird mit noch so großen Worten nicht über diese Bedenken hinwegkommen; sie wird auch in ihren Artikeln und Reden mehr als seither nach dem Satze zu handeln haben: man soll nicht unnötiger- und mutwilligerweise mit dem Feuer spielen, das am Ende ihr eigenes Haus und ihre eigenen Freunde verzehren könnte.
Deutsches Reich.
Die „Brüderlichkeit" der Genossen.
Ter badische Landt gsabgeordnete und Redakteur Wilh. Kolb hat wegen dor- schweren nervösen Leidens, das ihn infolge von großer I': eranstrengung überfiel, ein Sa-
Ver Freiheit Kampf, einmal begonnen, vom Vater blutend auf den Sohn vererbt,
Wird immer wenn auch schwer, gewonnen.
Lord Byron.
Großindustrielle.
40 )
Roman von Ernst Georgy.
(Nachdruck verboten)
(Fortsetzung.)
Ein gurgelnder 'Ton entfährt dem Grafen. Unruhe überkommt ihn.
Ter Wärter erhebt sich Tie Pflegerin beugt sich sorgsam über ihn.
Gerda tveicht zurück. Eiskalt vor Aufregung beobachtet sie die Sonne. Wenn das der Tod wäre?
T-ie beiden flößen dem in Stumpfheit Vor sich hin .Dämmernden etwas ein, sind um ihn beschäftigt. Er wird stiller —"ganz still.
„Nun?" stammelt die Gräfin mit bebenden Lippen.
„Es war nichts. Schon wieder alles in Ordnung!" flüstert der Pfleger.
„Und wie lange kann das noch dauern?"
Ein vielsagendes Achselzucken. „Wer vermag das zu sagen, Exzellenz?"
Gerda begibt sich in die Vorderwohrrung. Ihre verwitwete Mutter und eine unverheiratete Schwester sinjd Ms Scherrenbach zu ihr gekommen. Die Söhne des Grafen sind mit ihren Gemahlinnen längst wieder abgereist und in ihre Garnisonen zNrückgekehrt. Tiefer beinahe ununterbrochene Todeskampf zieht sich nun schon drei Wochen hin Md ist nicht abzusehen.
Tie Gräfin Nelsin sitzt bei ihrer Patience. Ihre Tochter verfertigt am Klöppelkissen eine Spitze. — Beide Tomen behagen sich sehr in Berlin und genießen alle Freuden der großen Stadt. Selbst diese Wohnung, die Gerda von einem größten Möbelhändler fix und fertig Ungerichtet gemietet hat, macht ihnen wegen verschiedener Geschmmlsurängel Spaß. Sie Haben beschlossen, alles von ber heiteren Seite zu nehmen; gber auch alles! Selbst
I das Sterbelager und den bevorstehenden Tod des Schwiegersohnes und Schivag :.. Er war ihnen immer fremd und Respektsperson, — und Gerda hinterblecht reich und Unabhängig.
„stänn?" fragen beide, als sie ivieder eintritt, wie aus einem Munde.
„Alles beim alten!"
„Dann kannst du wirklich mit mir in die Oper kommen, Gerda! Mama ist zum Bridge bei Frau Sadow."
„Ich habe keine Lust!"
„Tu mußt aber wieder ein wenig herauskommen. Du siehst ganz elend iaprs!"
„Ich werde einen Spaziergang machen."
„Jetzt, in der.Dämmerung?"
„Ich brauche Luft, ich -- ersticke hier!"
„Tu spinnst dich aber auch zu sehr ein, Gerda."
„Das Gerede nach dem Presseball war gerade schlimm genug. Ich konnte Gott danken, daß Alfons damals nicht starb. Ich wäre Unmöglich geworden. Berlin sieht auf die nötige Pose, Mama." Sie geht zum Fenster und sieht aus das Ufer, auf das dunkle Wasser, das so träge fließt. „Ich kann auch keine Geselligkeit ertragen; mag kein Theater sehen. Meine Nerven sind total hin."
„Kein Wunder bei diesem Leben! Armes Kind!"
„Ich habe mit Myra telephoniert," sagt Ermtraut, ohne aufzusehen, „denke dir, Karl Und sie fahren morgen nach Eisenhütt. Der Polterabend wird draußen gefeiert."
„Myra meint auch, das wäre ein bißchen Demonstration von dem alten Werner, der von der Schauspielerin ganz bezaubert tut! Ich werde ja bei Sadows heute viel hören. Tie Angelika muß doch recht enttäuscht sein."
„Tu hast doch gehört, Mama, daß der zweite Bruder, der Franz, sie liebt und heiraten möchte. Ein bodenloses FKlück für die Sadow! Sie hat kein Vermögen und ist doch lvie eine alte Jungfer im Wesen."
„Ich wünschte, der Franz Werner würde sich um dich bewerben, Ermi."
„Ich wünschte es mir auch," sagte diese seufzend, „ich wäre nicht so dunem wie Gerda gewesen! — Läßt den stattlichen, interessanten, jungen Werner lausen und heiratet Alfons! — brrr."
natorrum im Schwarzwald ausgesucht. Hierzu schreibt nun die von einem badischen sozialdemokratischen Abgeordneten eifrig bediente „Leipziger Volkszeitung": „Tie bedenkliche Art in dem ganzen Verhalten des Genossen Kolb ist auch andern seit langem ausgefallen. Umsomehr hat man sich außerhalb der Redaktion des „Volksfrd." gewundert, daß von geeigneter Stelle die Versuche unterblieben, in Würdigung der mit einer solchenkrankhaf- ten Entwicklung verbundenen Gefahren die extravaganten Neigungen Kalbs in der b adis ch en Parte i zu paralysieren. Es wäre dadurch innerhalb und außerhalb Badens sehr viel Unerfreuliches in den letzten Jahren und Monaten verhütet worden." Hiezu bemerkt nun der „Votksfreund", das Blatt Kolbs,, selbst: „Die perfide Art der „Lechz. Volksztg.", die partejtaktl- schen Anschauungen Kolbs aus etwaige Sörungen seiner körperlichen und geistigen Gesundheit zurückzuführen, ist kaum zu überbieten. Mer Takt, Anstand und Rücksichtnahme sind bei der „Lechz. Volkszeitung" unbekannte Tinge; sie und ihre Mitarbeiter machen auch vor den privaten Angelegenheiten eines Genossen nicht Halt. Wir exenrplisizieren nicht gern auf die bürgerliche Presse, aber im Falle Kolb hat sich die badische bürgerliche Presse äußerst taktvoll benommen. Ans dem Gebiete der Taktlosigkeit den Vogel abzuschießen, das blieb der „Lechz. Volksztg.", also einem Parteiblatt, Vorbehalten. Ein solches Verhalten richtet sich in den Augen eines jeden anständigen Menschen von selbst."
*
Der Besuch des Zaren in Potsdam.
Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schreibt: Dis Zusammenkunft des Kaisers mit dem Zaren hat, wie vorherzusehen war, einen sehr herzlichen und freundschaftlichen Charakter in allen Einzelheiten getragen. Sie hat Gelegenheit geboten zu wiederholten Besprechungen zwischen den Souveränen und den deutschen und russischen Staatsmännern und zu einem beide Teile befriedigenden Gedankenaustausch über politische Dinge. Zwischen zwei so großen Reichen wie Deutschland und Rußland mit so mannigfachen und weitverzweigten Interessen kann es naturgemäßen Zeiten in einzelnen Punkten Meinungsverschiedenheiten geben. Solche abweichenden Auffassungen haben aber keine beherrschende Bedeutung in den dentsch--- russischen Beziehungen. Das Wesentliche in dem Verhältnis der beiden großen N rchbarreiche ist vielmehr darin zu erblicken, daß Schwierigkeiten und ^
„Möchtest du deine Kritik wenigstens guttgp auf
schieben, bis ich fort bin", fährt die Gräfin Boardet aus und eilt zur Tür. „Ich habe init meiner Heirat euch alle herausgerissen. Damals fragte keiner, ob Alfons für mich paßte oder nicht. Ins Irrenhaus hättet ihr mich gesperrt, wem: ich wieder , nein gesagt hätte? Ihr kanntet meine Lage, ihr habt am meisten profitiert davon! — Von euch wünsche ich solche Bemerkungen am wengisten, verstanden?!" Sie riß die Tür auf und warf sie hinter! sich schmetternd ins Schloß.
„Tu warst taktlos, liebe Ermi", sagte die Mutter, ihre Karten neu mischend.
„Unsinn, sie kann es nur nicht ertragen, wenn man von Hartwig Werner und seiner Heirat spricht", widersprach die Komtesse ruhig. „Entweder haßt sie ihn noch von früher her oder sie liebt ihn. Und das wäre witzig!"
„Pfui, du bist boshaft!"
„Ich würde den Schlosser trotz aller Neckereien sofort
genommen haben, aber sie war zu dumm! — --Muh
ich mich schon zur Oper umziehen?"
„Tu hast noch Zeit. Mer mit wem gehst du eigentlich? Tu kannst doch nicht allein mit dem Prinzen in seiner Loge 'sitzen!"
„Leider nein! Ich möchte ihn mir gleich erobern, trotz seines unartigen, verwöhnten Jungen. Mit.dem würde ich schon fertig werden."
„Wenn man bloß wüßte, wie es mit Alfons würde," bemerkte die alte Gräfin, „mir scheint nämlich, daß Schwelm sich für Gerda interessiert."
„Immer Gerda!" Ermtraut Nelsin sprang aus und warf die Klöppel zornig durcheinander. „Tu vergißt, daß ich unbesorgt bin! Gerda bleibt genug!"
„Wer, Ermi, mir sollte es doch gewiß lieb sein, wenn der Prinz an dich dächte; aber er hat ja nur Angen für Gerda. Trotz ihrer Kälte beherrscht die doch alle. Sie ist eben blendend schön!"
„In den letzten Wochen sieht sie recht unsrisch und verblüht Ms."
(Fortsetzung folgt.)