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Erzähler vom Schwarzwald.
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Lklekoa Kr. 4l.
Amtsblatt für die Ltadt Mldbad.
verkündigungsblatt
der Ugl. Forstämter Wildbad, Meistern, Lnzklöfterle rc. während der Saison mit
amtl. Fremdenliste.
lnssrsle nur 8 klg. kliswSrllgs io klg., äig klöln- spsltige Sönnsnärellg.
Nskinmen 15 ktg. riis ksüttsUe.
Lei Visösräoliuigöll eolspr. linsigtt. /"'gMemenks nscki lleSersmkMkl.
IsIsgralllm-üllreLse:
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Dienstag, den 2S. Oktober 1S1V.
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27. Jahrg.
Deutsches Reich.
Karlsruhe, 23. Okt. Die Gesundheit des sozialdemokratischen Abgeordneten, Stadtrats und Redakteurs Wilhelm Kolb ist, wie der „Volksfreund" mitteilt, schwer erschüttert. Kolb, dem vom Arzt jede redaktionelle und öffentliche Tätigkeit untersagt worden ist, hat sich nach Italien begeben, um völlig wieder hcrgestellt Zu werden. Zweifellos haben ihm, der sich immer mit der ganzen Persönlichkeit rückhaltlos ins erste Treffen stellte, das Uebermaß der politischen Kämpfe, nicht zuletzt der Magdeburger sozialdemokratische Parteitag, scharf zugesetzt.
Ausland.
Bern, 23. Okt. Das schweizerische Volk hat bei der heutigen Abstimmung mit 262066 gegen 238 928 Stimmen das von 142000 Bürgern gestellte Jnitiativbe- gehren betr. die Einführung der Verhältniswahl für die Wahlen zum Nationalrat verworfen.
London, 23. Okt. Gestern beging der Deutsche Zisderkranz unter lebhafter Beteiligung der deutschen Kolonie die Feier feines 50jährigen Stiftungsfestes. Die Feier wurde mit einem Festkonzert cinge- leitet. Bei der Festtafel führte der deutsche Botschifter Graf Wolfs-Metternich den Vorsitz. Der Botschafter brachte Trinkfprüche auf den Kaiser und den König aus und gedachte auch des Geburtstages der Kaiserin.
London, 23. Okt. Fürst Franz von Teck, ein Bruder der Königin Mary von England, ist gestorben. Der Fürst war zweimal wegen Brustfellentzündung operiert worden.
London, 24. Okt. Nach einer Lloydmeldung ist das kubanische Kanonenboot Espedes bei den Colorados gescheitert. Tie gesamte Mannschaft ist dabei Lrtrunken.
Bangkok, 23. Okt. König Chnlalongkorn von Siam ist nach kurzer Krankheit gestorben. Der Kronprinz ist zum König proklamiert worden.
Lissabon, 23. Okt. Das Amtsblatt wird morgen einen Erlaß veröffentlichen, der die vollständige Verstaatlichung der Schulen anordnet. Eine Verfügung des Ministers weist den Staatsanwalt an, das Strafgesetzbuch gegen die Priester, die die neue Regierung und die Behörden angreifen, zur Anwendung zu bringen.
An den großen Revolutionen sind nie die Völker, sondern immer die Regierungen schuld.
Goethe an Lrkermann.
Großindustrielle.
Roman von Ernst Georgy.
2?j (Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Tie Vorstellung war ziemlich überflüssig, da alle anwesenden Herren und Damen die schöne Schauspielerin von der Bühne und den zahlreichen Wohltätigkeitsscsten her kannten, wo sie stets hilfsbereit die Prologe sprach^ wiiwirkte oder mit verkaufen half. Mt der ihr eigenen weiblichen Anmut und ruhigen Sicherheit nahm sie hie Glückwünsche auch hier entgegen und stand mit liebenswürdigem Lächeln vor der Gräfin Boardet, als diese das Wort an sie richtete.
Hartwig trat wie schützend neben die Braut.
^ Gerda bemerkte es und lachte schrill und unmotiviert.
war größer und schlanker als Agathe, vielleicht für Kenner auch schöner. Mer ihr fehlte der harmonische Zander, den diese ausstrahlte.
„Ich habe Sie auch als Darstellerin von Herrn Werkers Heldin bewundert, Fräulein Gresson", sagte sie, „aber wir in dieser Rolle, da ich nur selten in Berliner Theatern dkr. Ich lebe in München."
Bei der Anrede „Fräulein Gresson" anstelle der gewohnten „gnädiges Fräulein" hob Agathe etwas erstaunt
BlÄ; aber noch unbefangen entgegnete sie: „München ^ ausgezeichnete Vorstellungen von dem Stück meines Verlobten gebracht, wie ich 'hörte. Haben Sie es auch ^ Ihrer Heimatstadt gehört, Gräfin?"
„Zweimal das gleiche Stück?" Gerda lachte ironisch. ./Das haben weder Goethe noch Schiller bei mir vermocht. Das bann selbst unser Autor nicht verlangen! ^«n Interesse für bas Theater ist 'ohnehin kein brxn- MWes, Fräulein Gresson."
Württemberg. °
Dienstnachrichten.
Der König hat den 1. Sekretär und Kanzleivorstand des K. Hoftheaters, Hoftat Mattes, feinem Ansuchen entsprechend mit Wirkung vom I. Oktober d. I. an in den bleibenden Ruhestand versetzt und ihm bei diesem Anlaß das Ritterkreuz des Ordens ber württember- gischen Krone allergnädigst verliehen. Die hiedurch erledigte Stelle des 1. Sekretärs und Kanzleivorstands des K. Hoftheaters mit den Dienstrechten eines Stabssekretärs dem Hofkammerrevisor Rechnungsrat Paul, sowie die erledigte Stelle des 2. Sekretärs des K. Hoftheaters dem Finanzsekretär Luz unter Verleihung des Rangs auf der 8. Stufe der Rangordnung übertragen. — Vom Evangelischen Oberschulrat ist je eine ständige Lehrstelle in Maichingen, Bez. Böblingen, dem Hauptlchrer Widmann in Forchtenberg, Bez. Baumerlenbach Oehringen), in Rommelsbach, Bez Wankheim (Tübingen), dem Unlcrlehrer Eugen Zimmermann in Heilbronn, in Walddorf, Bez. Altensteig Dorf (Nagold), dem Hauptehrer Schwegler in Böhringen Bez. Horb; vom Kath. Oberschulrat ist je eine Lehrstelle an der kath. Volksschule in Bergatreutc, OA. Waldsce, dem Unterlehrer Anton Maier in Weingarten, OA. Ravensburg, Eberhardzell, OA. Waldsee, dem Unterlehrer Martin D r e h e r in Weingarten, OA- Ravensburg, Seedorf, OA. Oberndorf, dem Unterlehrer Georg Strohm in Schrambcrg, OA. Oberndorf, übertragen
Tozialdemskratischer Terrorismus.
Wie die Sozialdemokratie dem Handwerks- m anne gegenüber auftritt, zeigt eine Reihe oon Vorgängen in Gablenberg. Die dortigen Frieseure standen sich von jeher nicht günstig. Tie Verhältnisse wurden verschlechtert durch weitere Geschästsetablierungen bezw. dadurch, daß ein Friseur noch eine Filiale errichtete. Dem Filialisten ging es im Geschäft schlecht, und er beneidete seinen Konkurrenten, dem er einen Schaden dadurch bei- zusügen suchte, daß er sich mit der Sozialdemokratie und der Gewerkschaft wegen des Ladenschlusses in Verbindung setzte. Nun folgte bald die schärfste Kontrolle durch junge Leute von unter 20 Jahren, ob das Geschäft auch pünktlich geschlossen wurde. Als diese „Kontrolleure" gar zu anmaßend wurden, riß dem Geschäftsinhaber die Geduld und er verwies die „Kontrolleure" aus seinem Geschäft. Darauf wurde eine Protestversammlung einberufen, wozu auch einige Arbeitgeber Einladungen erhielten. In der Diskussion trat es klar zutage, daß es dem neidigcn Filialisten nur darum zu tun war, seinen „Kollegen" lahmzulegen. Nun muß beachtet werden, daß im Sommer die Friseure der viell n Arbeiter und auch der Weingärtner gezwungen sind, nach 8 Uhr zu arbeiten, wenn anders sie sich nicht schwer schädigen wollen. Trotzdem bekam es der sozialdeim ratische Redner fertig, auf sach-
„Tas verstehe ich wohl, Gräfin."
,/Sie, die dazu gehören?" Irr dem Ton lag eine Herausforderung.
„Mein persönlicher Standpunkt ist selbstredend ein anderer", entgegnete Agathe ruhig. „Wer ich ehre jeden andern."
„Werden Sie auch- nach Ihrer Heirat weiterspielen?"
„Diese Frage erübrigt sich Gräfin," nahm Hartwig das Wort, „meine liebe Graut bringt nur gütigst das Opfer und entsagt einem Berufe, in dem sie so erfolgreich war. Ich weiß, wie ich ihr dafür zu danken habe!"
„Es wird Mir gar kein Opfer sein, Hartwig", versicherte Agathe, so überströmende Zärtlichkeit im Tone) daß sich ihr Gesühlsreichtnm verriet.
In diesem Augenblick betraten Oberst von Gleim und seine Gattin geräuschvoll die Loge. „Also hier findet man Sie endlich, meine Herrschaften", polterte er, sah Gerda und blieb ganz konsterniert stehen.
,/Sie hier, Gräfin, ist das möglich?"
„Warum denn nicht, lieber Freund?" gegenfragte sie lächttnd.
„Ja, Himmel, meine Frau war doch heute bei Ihnen und — — —", förmlich verlegen brach er ab
Ueber Gerdas bleiches Antlitz flog eine tiefe Möte. ZWanda fand eine gewisse Aufregung bei uns. Die Aerzte waren da. Mein Gatte hatte wieder einen seiner üblichen Anfälle."
„Nun, Gottlob und Dank! So war es Wetter nichts Schlimmes?" rief er.
„Ich bin seit Jahren an diese Attacken gewöhnt", sagte sie. sich äufrichtend.
„Siehst du, Wanda, wie diese Dienstboten übertreiben", der Oberst wendete sich an seine hinzutretende Frau, die auch sehr erstaunt Gerda anblickte.
„Des Abends ging es Msons so vortrefflich daß ich unbesorgt fort konnte", sprach diese, der Baronin Weim die Hand drückend. „Ronsachs Wollten mich absolut nicht freigeben, und unser guter Prinz erklärtst wich für
liche Einwendungen zu erwidern: „Ja, bei uns kommen Sie nicht durch mit solchen Redensarten; toir wollen Taten sehen, und wenn Sie um acht Uhr nicht schließen, dann wollen wir mal das Mittel in Anwendung bringen, das uns schon längst hier an die Fersen geheftet wird, dann wollen wir mal den Terrorismusge- genSiein Anwendung bringen, bis Sie zur Einsicht kommen, nach welchen Leuten Sie sich zu richten haben." Nach weiteren, ähnlichen Debatten wurde eine Resolution angenommen, dahingehend, daß die Geschäfte, welche den Achtuhrladenschluß nicht sofort einführen, von der Arbeiterschaft boykottiert werden sollen, und daß die Boykottierung in der „Tagwacht" bekanntgemacht werden soll. Nachdem zwei Geschäftsinhaber an dem Neunuhrladenschluß sesthiel-ten, wurde der Boykott über die beiden Geschäfte in einer Versammlung des sozialdemokratischen Vereins geschlossen und auch sofort in der „Tagwacht" veröffentlicht. Ter Boykott wird von einzelnen Personen mit solchem Fanatismus betrieben, daß sie Kunden in den Geschäften aufsuchen und in den Wirtshäusern, um auch diese für den Boykott zu gewinnen. Kölnisch ist dabei gewiß noch, daß die Boykottierenden selbst schon den Friseur nach dem Achtuhrladenschluß nötig hatten und in Anspruch nahmen. Und das alles tun Angehörige der Pattei für „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit", um einem anderen Friseur von Nutzen zu sein.
Einen anderen Fall von 'Terrorismus meldet der „Merk." aus Göppingen. Dort hatten die Arbeiter der Firma L. Schüler aus eigener Initiative ihrem Chef zu seinem 70. Geburtstag einen Fackelzug gebracht. Das erregte das Mißfallen der Gewerkschaften, die daraus in ihrer letzten Vertretersitzung folgende Erklärung annahmen: „Tie Delegierten des Gewerks-chastskartells b e- dauern, daß sich organisierte Arbeiter der Firma L. Schüler anläßlich des 70. Geburtstages des Geschäftsinhabers dazu hergegeben haben, eine Ehrung in einer Form zu veranstalten, für die seitens der Arbeiterschaft der betreffenden Firma durchaus keine Veranlassung vorlag. Wenn auch zugegeben werden kann, daß der Jubilar in mancher Beziehung vorteilhaft von den Vertretern des Kapitals ab stach, so muß doch konstatiert werden^ daß seine Arbeiter nicht weniger ausgebeutet wurden und heute noch werden als diejenigen anderer Betriebe, und daß auch ihnen vor kaum acht Tagen die Aussperrung angekündigt wurde. Schon aus diesen, aber auch aus tieferliegenden prinzipiellen Gründen hätten die organisierten Arbeiter des betreffenden Betriebs ein derartigess
eine Barbarin, weil sch den Bettiner Presseball noch nie gesehen hatte. Ta aber die Gelegenheit für mich ohnehin nicht wiederkommt, ließ ich mich überreden."
„Zu unserer Freude, schönste Gräfin", erwiderte Gleim galant. „Haben Sie unserm seltenen Gaste bereits alle anwesenden Berühmtheiten gezeigt, Tnrchlaucht?"
„Bisher nur von dieser Loge ans," sagte der Prinz, „aber wenn Sie gestatten, Gräfin, machen wir jetzt den Rundgang?
Gerda neigte das Haupt, in dessen schwarzem Haarschmuck ein Brillantdiadem befestigt war. „Ich bin bereit, aber mir liegt weniger an der Gesellschaft als an wirklichen Tagesberühmth eiten. Sind Ihnen, meine Herren, diese, außer unserm Brautpaar hier, bekannt?"
„Nun, wir leben doch hier, und unsere illustrierten Blätter versorgen uns schon mit Bildern unserer Künstler und Preßberühmtheiten."
Herr Werner, Sie und Ihr gnädigstes Fräuleirt Braut, sind vielleicht noch mehr au courant als unser vielversprechender Oberst. — Wurden Sie sich uns anschließen oder wollen Sie' tanzen?"
„Wir können das eine tun und brauchen das andere nicht zu lassen, Tnrchlaucht", Wernahm Agathe die Klüt- wort. „Ich will Ihnen gern hiesige Charakterköpfe vor- führen, aber ich möchte doch noch einige Tänze mit meinem Bräutigam tanzen. Er ist der beste Walzertänzer, dem ich je begegnet bin. Und ich tanze leidenschaftlich gern."
„Was, Herr Werner der beste Tänzer?" Ter Oberst lachte. „Das lassen wir als ehemaliger Bortänzer bei Hof uns nicht gefallen, Durchlaucht, nicht wahr? Ich bin zwar schon ans den Jünglingsjahren heraus, aber ich muß unsere Ehre retten. Mein gnädiges Fräulein, die Musik spielt 'gerade einen Walzer. Wollen Sie mir noch vor dem Rundgang eine Tour gewähren?" Er verneigte sich vor Agathe.
(Fortsetzung folgt.)