Reaktionäre Rückfälligkeit
Ms Borspiel zu der kommenden Reichs tags w ahlkam- pagne des nächsten Jahres .und als Anleitung zu der Ägitationsarbeit' dieses Herbstes und Winters hat der Zentral Verb and deutscher Industrieller, diese altbekannte Scharfmacher-Organisation, ihre lange geheim gehaltenen Karten offen auf den Tisch gelegt. Das besorgt diesesmal nicht Herr H, A. Bueck selber, sondern ein in den Diensten des Zentralverbands tätiger Journalist schweizerischer Abkunft, Arnold Steinmann - Bücher, der feinem .Vornamen und der Erinnerung an den großen Träger dieses Namens keine Ehre macht, denn er bahnt der Freiheit keine Kasse, sondern er will der Reaktion in Deutschland den Boden bereiten.
In zwei Artikeln im,,Tag" unternimmt es Stein- mann-Bucher zu behaupten, die in Deutschland herrschende Unzufriedenheit entbehre jeder tatsächlichen Grundlage, sie sei nur eine demagogische Stimmungsmache der Linksliberalen und ihrer „maßlosen" Presse, vor allem aber des Hansa-Bundes, der neüdeutsche Wirtschaftspolitik mime und im linksliberalen Fahrwasser plätschere. Er unterstützt seine unsinnigen Behauptungen mit dem — Gott sei Dank — erlogenen Satz, der deutsche Durchschnittsbürger kümmere sich nichts oder wenig um Politik und eine öffentliche Meinung gäbe es nicht; die werde nur von den Linksliberalen und ihrer Kresse erdichtet. Dieser aus der freien Schweiz stammende Soldschreiber des reaktionären Zentralverbandes spricht von einem „Rummel" um die Reichsfinanzreform und um das preußische Wahlrecht. Die.einfache Feststellung dieser unerhöhten Behauptungen genügt in süddeutschen Landen schon vollständig, um ihnen das Urteil sprechen zu lassen. Daß aber dieser unwahre Hokuspokus bei uns von dem württembergischen Zentrumsblatt dem „Deutschen Volksblatt" mit Wohlbehagen abgedruät wird, ist wenn es dafür überhaupt noch weiterer Belege bedurfte — ein erfreulicher Beweis für die über die seitherige Jnteressentensphäre des schwarz-blauen Blockes hinaus sich etablierende Verbrüderung der nltramontanen und konservativen Reaktionäre, zu welch letzteren sich nach dieser Expektoration des Zentralverbands-Publizisten nunmehr anscheinend auch wieder die Vertreter der schweren, der Rohstoff-Industrie gesellen wollen.
Diese Feststellung ist das wertvollste, was aus diesen Steinmann-Bucherschen Artikeln abgelesen werden kann. Der Zentralverband deutscher Industrieller hat bei dem Protest gegen die Reichsfinanzresorm mitgemacht, auch bei der Gründung des Hansa-Bundes, und nun aus einmal sagt ein in seinen Diensten stehender Journalist, daß der Hansa-Bund Demagogie treibe, daß er die auf ihn gesetzten Hoffnungen der Zentralverbändler nicht erfüllt habe, daß man nun also nach fünfvierteljährigem Beisammensein wieder au seinandergehen müsse, um den lAmschluß des Zentralverbandes an die Konservativen und den Bund der Landwirte wieder herzustellen, den man beim Eintritt in den Hansa-Bund feierlich aufgegeben hatte. Und Steinmann-Bucher verrät auch ganz! deutlich, welche „Sünden" des Hansa-Bundes den Zentralverband zu .diesem Abmarsch veranlassen:
Tie Kundgebung des Hansa-Bundes Kur preußischen Wahlrechtsreform;
der Briefwechsel Rießers mit Herrn v. Pechmann;
der Kampf gegen die Boykott-Politik des Bundes der Landwirte;
das Eingreifen in den „Fleischnotrummel"
und dann „überhaupt die Angriffe auf die Agrarier", die — und nun kommt ein ganz wertvolles Bekenntnis des Mannes vom Zentralverband — „das Bündnis zwischen Industrie und Landwirtschaft gefährden und bereits die Ansage des Kampfes gegen die Jndustriezölle nach sich gezogen haben".
Wen der Zentralverband seine Karten in dieser plumpen Weise anfdecken läßt, so tut das Steinmann-Bucher weder ohne Auftrag, noch etwa aus Fahrlässigkeit oder aus Unvorsichtigkeit. Sondern dann ist das die in Auftrag gegebe n e Ar beit, die eben jetzt geschehen mußte, um einmal der Weiterarbeit des Hansa-Bundes und vor Mein der Durchsetzung der Gedanken seines Präsidenten, des Geh.-Rats .Prof. Tr. Rießer Prügel in den Weg zu werfen; .denn man fühlt beim Zentralverband die Ueberlegenheit der Massen des gewerblichen und kaufmännischen Mittelstandes, .der Angestellten und — nun kommt aas Wichtigste — der zahlenmäßig dein Zentralverband weit überlegenen verarbeitenden Industrie. Daß diese Untsrminierung der Hansa-Buikd-Arbeit jetzt geschieht, hat auch noch den Nebeiezweck zu erfüllen, auf den Kasseler Parteitag der Nationalliberalen eine Wirkung auszuüben. Daß aber diese Anfälle auf den Hansa-Bund und auf die ganze liberale Politik gegen den Bund der Landwirte sich just in den Tagen ereigneten, da die „Frankfurter Zeitung" die Wahlparole Bethmann Hollwscft ans Tageslicht brachte, läßt den Schluß zu, daß hinter den Kulissen Mischen den Agrar-Reaktionären das Spiel schon völlig abgekartet war. Da der Zentralverband deutscher Industrieller aber nur die Minderheit der deutschen Industrie darstellt, so liegt es in der Hand der deutschen verarbeitenden Industrie, zusammen mit dem deutschen Handwerk, dem deutschen Kaufmannsstand und den deutschen kanftnännischen und technischen Angestellten die reaktionären Pläne des Herrn Bueck und seines Handlangers Steinmann-Bucher und damit die Rückfälligkeit des Zentralverbandes in alte Sünden zu vereiteln durch unentwegte Arbeit an der Herbeiführung einer gerechten Wirtschaftspolitik für alle Erwerbsstände eben im Sinne der dem Zentralverband so unangenehmen „Richtlinien" des Hansa-Bundes und im Sinn der vorn Hansa-Bund so erfolgreich aufgenommenen Bekämpfung des Bundes der Landwirte, zu dessen einseitiger Begehrlichkeit sich diese Herren vom Zentralverband auf einmal wieder so übermächtig hingezogen fühlen.
Sozialdemokratischer Parteitag in Magdeburg.
Magdeburg, 19. Sept
Begrüßungen. — Die witzigen Mainzer. — Geschäftsbericht des Parteivorstandes. — D er Schnapsboykott. — Organisationsausdehnung. — Gegen die Badener.
Die heutige erste geschäftliche Sitzung begann mit der Verlesung einer Anzahl Begrüßungstelegramme. Die Mainzer telegraphierten: „Seid sachlich und wahrt die Würde der Partei . . . .", eine Mahnung, die gedämpfte Heiterkeit hervorrief. Darauf folgten längere Begrüßungsreden. Es sprachen Schrammel für die österreichische Sozialdemokratie, Schm ehr a l-Prag für die tschechische Sozialdemokratie, Stauning -Kopenhagen für die dänischen Sozialdemokraten und L u p i d-Amsterdam für die holländischen Sozialisten. Tann betrat Keir Har die, der bekannte englische Parlamentarier, die Red
nertribüne und nach ihm Vahlteich, der Vertreter der amerikanischen Sozialdemokraten.
Ten Geschäftsbericht des Parteivorstandes erstattete Psannku ch - Berlin. In Ergänzung des gedruckten Be- richtes hob er hervor, daß der Schnapsboykott, der aus dem letzten Parteitag beschlossen worden ist, seine Wirkung getan hat. Gegenüber weitergehenden Bestrebungen ist W sagen: Tier Schnapsboykott ist keine Partei- sondern eine Erziehungsfrage. Wenn die Wstinenzbewegung eine vollkommene sein wird, so wird das der Parteivorstand mit Freude begrüßen. Tie Organisation ist weiter aus- gebaut worden, so daß von den 397 Wahlkreisen 381 ständig mit dem Parteivorstand in innigem Konnex stehen. Tie Zahl der organisierten Parteigenoffen betrug 720009, was gegen das Vorjahr ein Mus von 87 000 ergibt. Es fanden im Vorjahre 29826 Mitgliederversammlungen statt, denen sich 13 814 öffentliche Versammlungen anreihten. Es wurden 23162 000 Flugblätter und 2545 000 Bro- chüren und Agitationskalender verteilt. Mit solchen Ziffern könne der „Reichsverband zur Bekämpfung der Sozialdemokratie" auch nicht annähernd auswarten. — lieber „Kasse und Presse" referierte Parteisekretär Eb ert-Berlin. Es haben 335 Wahlkreise (gegen 170 im Vorjahre) Beiträge an die Zentralkasse eingesandt. 340 Wahlkreise haben zum ersten Mal Kassenabrechnungen eingesandt. Diese 340 Wahlkreise hatten im Berichtsjahre 3 352060 M Einnahmen, davon 2 265000 M Beiträge der männlichen Mitglieder, 98506 M der weiblichen Mitglieder, 675 000 M außerordentliche Einnahmen, und 63 723 M Zuschüsse aus Bezirks- etc. Vereinen. iZttn 'Schlüsse des Geschäftsjahres hatten die 340 Wahlkreise einen Kassenbestand von 489 048 M, wozu noch 112 367 M bei den Landes- und Bezirkskassen kommen. Weiter berichtete er von der Eni- wicklnng der Parteipresse.
Mus dem Berichte der Kontrollkommission, den Reichstagsabg. Kaaden erstattete ist zu entnehmen, die die Kontrollkommission sich auch mit dem Streit S n ß- kind-Geck beschäftigt habe. Süßkind hatte auf dem badischen Landesparteitage behauptet, daß der Mg. Geck seine Stellung als Mitglied der Kontrollkommission da
zu benutzt habe, die badische Parteibewegung zu schädigen. Tie Kontrollkommission hat den Fall untersucht und die Behauptungen Süßkinds als jeder Begründung entbehrend gefunden. Einen Spruch hat die Kontrollkommission nicht gefällt, um die Angelegenheit vor den Parteitag zu bringen und so dem Genossen Geck eine Genugtuung zu verschaffen. — Bei der nun folgenden Diskussion wurdest ausschließlich Organisationsfragen behandelt, dann trat die Mittagspause ein.
In der Nachmittagssitzung wurde vorn Parteivorstand und von der Kontrollkommission zur Frage der Budgetbewilligung folgende Resolution verteilt:
Die Budgetfrage.
„Ter Parteitag bestätigt die Beschlüsse der Parteitage zu Lübeck, Dresden und Nürnberg, die von den sozialdemokratischen Vertretern eine grundsätzliche Ablehnung des Gesamtbudgets sowohl im Reiche wie in den Einzelstaaten fordern, weil diese Staaten Klassenstaaten sind, die auf der Klassenherrschaft beruhen und die lAufgabe haben, die bestehende Eigentumsordnung an den Produktionsmitteln und die Ausbeutung des Arbeiters durch den Kapitalisten mit allen Mitteln aufrecht zu erhallten. Der Staat kann daher den ausgebeuteten Klassen wohl notgedrungen mit kleinen Konzessionen, aper nie mit grundlegenden sozialen Umgestaltungen in der Richtung der Sozialisierung der Gesellschaft entgegen kommen.
Die Ahnfrau.
Novelle von Friedrich von Oppel-Bronikows ki.
(Nachdruck verboten.)
' (Schluß.)
Ter Unendlich ehe mein Onkel erwachte, war am entsetzlichsten. Ich dachte, das Gespenst würde ihm zuvorkommen, mich am Hemd zupfen, zurückzerren. Endlich erklang nebenan die verschlafene Stimme des alten Herrn. Keuchend bat ich ihn, mich um Gotteswillen aus diesem Zimmer zu holen, in dem ich verrückt würde.
Als ich das Geräusch seiner Schritte hörte, fand ich den Mut, mein Licht anzuzünden. Ich war im Nachthemd, schweißgebadet und eiskalt wie eine Leiche. Ich muß auch wie ein Gespenst ausgesehen haben, das seiner kalten, feuchten Gruft entstiegen ist, denn mein Onkel erschrak, als ich ihm die Tür öffnete. Ich wollte ihm erzählen, was mir passiert sei; er schnitt es mit einer kurzen Gebärde ab, als wüßte er es schon und wollte nichts hören...
Ich zog mir ein Nachtkleid an, nahm meine Sachen unter den Arm und ging hinaus, um mich in das Bett meiner Tante zu legen. Der alte Herr wollte in meinem Zimmer schlafen. Ich begriff seinen Mut nicht.
Meine Tante beruhigte mich und ich schlief ein, erschöpft von dem ausgestandenen Schrecken. Plötzlich fuhr ich mit einem Schrei empor : es hatte draußen wieder geklopft. Das ganze Zimmer begann sich um mich zu drehen. Ich muß wohl geschrien haben, denn ich hörte kurz darauf, wie beim Erwachen einer Narkose, die Stimme meines Onkels:
„Beruhige dich, ich bin's. Ich kamrs im Nebenzimmer auch nicht aushalten. . . Verzeih, wenn ich dich nochmals störe. Vielleicht legst du dich ins Zimmer der Bonne."
Ich öffnete zitternd die Tür.
„Hast du's auch gehört?" fragte ich halb vorwurfsvoll.
Ter Onkel machte eine abwehrende Bewegung. „Ich weiß nicht, was es ist," sagte er, „aber ich kann auch nicht schlafen."
Ich zog also zum zweitenmal um. Tie Bonne schlief gut, aber das Kind warf sich unruhig in seinem Bettchen herum; ich schrieb es dem Fieber zu. Ich legte mich auf das Sofa und blies das Licht aus. Endlich hoffte ich Ruhe zu finden.
Ich irrte mich. Dasselbe beklommene Gefühl wie vorher. Ich wußte nicht, sollte ich die Augen znmachen oder offen halten? Ich ängstigte mich vor dem Einschlafen wie vor einem grundlosen, schaurigen Walser, in das ich hineinspringen sollte. Plötzlich fuhr ich entsetzt hoch, in einer unbestimmten, aber trotzdem furchtbaren Beklemm
ung. Ta mit einemmal.. sah ich... Jawohl, ich sah in dem trüben Scheine des Nachtlichts, wie ein grauev Schatten ein paar Schritte durchs Zimmer wallte und sich über das Kinderbett beugte . . . Ich stieß einen markerschütternden Hchrei aus und sank in Ohnmacht...
Als ich wieder zu mir kam, sah ich die Bonne mit angezündetem Licht neben dem Kinde stehen und hörte, wie es ängstlich „Mama" rief. Ich wollte aufspringen und zu ihm eilen, aber die Glieder versagten mir . . . Ich verbrachte die ganze Nacht in einen: Delirium zwischen Traum und Wachen. . . Vielleicht war es die Bonne, die sich über das Kind beugte und es zu beruhigen suchte... Ich sah nur eine Gestalt, wie ein Gespinnst aus Spinneweben, durch das Zimmer schweben und sich über das Bettchen beugen; ich hörte nur das Kind sich unruhig umherwälzen und Rufe ausstoßen... Aber ich konnte nicht aufftehen; ich war wie mit Ketten an das Sofa geschmiedet. Ich keuchte nur in mich hinein, krallte mich an meine Betttücher fest, wie an den letzten Rest von Wirklichkeit, und schlotterte vor Schüttelftost wie in einen: Eiskeller. . . Gegen Morgen fiel ich in einen bleiernen Schlaf. Daß ich in dieser Nacht nicht verrückt geworden bin, wundert mich jetzt noch.
Ms ich aufwachte, stand die Bonne vor nur und brachte ! mir das Frühstück. Ich fuhr in die Höhe und blickte nach j dem Kinde. Es lag in seinem Bettchen und schlief. Ich wollte aufstehen und zu ihm gehen; mein Körper war wie zerschlagen. Ich richtete mich mit Mühe von den: Sofa empor und schlich mit schwankenden Schritten hin. Mette schlug die Augen auf. Ich umarmte sie und fragte sie, wie sie geschlafen hätte.
„Mama," lallte sie, „was war denn das für eine Frau, die sich heute nacht über mein Bett gebeugt hat?"
Es rieselte mir eiskalt über den Rücken.
„Es wird die Anna gewesen sein," sagte ich.
Tann blickte ich die Bonne an.
„Haben Sie in der Nacht manchmal nach dem Kinde gesehen?" fragte ich.
Anna sagte verlegen: „Ja."
Ich fragte sie, warum sie so befangen sei.
Sie stotterte: „Ich weiß nicht, gnädige Frau, mir war auch so komisch heut nacht... so gruselig... Es war immer etwas zwischen mir und den: Kinde. . ."
Ich schickte die Bonne zu meinen Verwandte!: und lieh ihnen sagen, sie möchten mich gütigst entschuldigen, wenn ich abreiste; Alette bekäme die Luft hier nicht.
Tie beiden alten Leutchen kamen selbst an mein improvisiertes Nachtlager und bestürmten mich, zu bleiben. Sie wollten auf ihre Kosten einen Arzt aus Edinhurg kommen lassen.
„Nein, Onkel," sagte ich, „es ist, um die Wahrheit zu sagen, ein anderer Grund. Tn hast es doch auch iir den: Zimmer drüben nicht ausgehalten. . ."
Sie schlugen mir allerlei Umquartierungen vor, machten Einwendungen, um mich zu beruhigen. Das wäre nur so das erstemal; die meisten Menschen merkten es gar nicht, und sie selbst hätten sich doch auch daran gewöhnt und wären alt und grau dabei geworden.
„Mag sein," entgegnete ich. „Aber meine Neroeil halten solch einen Graus nicht zweimal aus. Ich flehe euch an, laßt mich fort."
Sie fügten sich mit Bedauern und waren sogar etwas gekränkt, so daß sie mich nicht auf die Bahn brachten.
Tie Bonne packte in größter Hast und wir fuhren noch an: selben Mittag ab. Als wir durch das SchlosM waren, fühlte ich mich wie aus einem Gefängnis entronnen. Ich knüpfte mit dem alten Kutscher ein Gespräch an und fragte ihn schließlich schlankweg, ob es im Schlosse nicht spukte. Er lächelte eigentümlich und sagte:
„Man sagt so . . . Sie soll immer an dem Fenster sitzen, neben dem Schlafzimmer des Herrn Baron .. > Sie wartet auf ihren Mann, der auf der Jagd nmge- komrnen sein soll . . . Mehr weiß ich auch nicht . . ^
Frau von Merholz schwieg sichtlich erschöpft. Nft Augen phosphoreszierten wie Katzenaugen. Das Schweigen war unheimlich. Um es zu brechen, sagte ich in erzwungener Lustigkeit:
„Na, gnädige Frau, sollten Ihnen Ihre Nerven st« nicht einen kleinen Streich gespielt haben? Tie Ermüd) ung der Reise, die schwermütige Gegend, das alte Schloß mir den: Ahnenbild, das halbe Eingeständnis des Schloß Herrn, der jedenfalls unter der Suggestion einer alM Familiensage stand, endlich. Ihre mütterliche Sorge M das fiebrige Kind . . ."
„Aber das Kind' das kann: dreijährige Kind, das die fremde Frau sich über sein Bettchen beugen sah > - - wandte Frau von Merholz aufgeregt ein. „Und die Bonne, die sonst so gut schlief, die stand doch gewiß unter keiner Suggestion." ^
„Warum nicht?" erwiderte ich. „So gut wie Gnädigste, konnte auch Ihre Kleine die Bonne mit demb'e' spenst verwechseln. Und daß Ammen und Kindermädchen sich gruseln, ist am Ende nichts Ungewöhnliches."
Ich spielte diesen Trumps aus, mehr für mich meine Frau als gegen die Geistersehern:, dem: ich WM ^ lügen, wenn ich behauptete, nur wäre nicht unheimlich ff mute gewesen. In der Nacht schlief ich schlecht sind HA' unheimliche Träume. Aus diesem Grunde vermieden ^ fortan die Gespenstergeschichten — recht feige, nicht wwff — und schliefen seitdem wieder gut.