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Amtsblatt für die Stadt wildbad.
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Nr. 220
Mittwoch, den 21. September 1010.
27. Jahrgang
Fortschrittliche BolksPartei u. Kaisertum.
Wildbad, 19. September 1910. Die Vertrauensmänner der fortschrittlichen Vol.kspartei aus unserem Bezirk hielten gestern Nachmittag im benachbarten Höfen eine Sitzung ab, an der sich abends im Gasth. M Krone eine öffentliche politische Versammlung schloß. Lider zeigte sich nicht das Interesse an dem Besuch der Versammlung, das dieselbe wohl verdient hatte, was auch der MhasVorsitzende des Höfener Fortschr. Volksvereins bedauerte, »8 er dem Referenten, Herrn Parteisekretär Stauden- weyer das Wort erteilte. Redner behandelte nun in - sicherem Vortrag das Thema, das wir als Überschrift dieses 1 ' Artikels stellten, nämlich: „IsorlsiHuitMcHeWolkspartei An und Kaisertum" und bringen wir von dem Vortrag " mszugsweise folgendes zur Allgemeinkenntnis:
Mit nicht ganz ungerechtfertigten Vorwürfen treten die ch-bilsMischen Freunde und Anhänger der fortschrittlichen Volks- Partei vor ihre Führer und verlangen eine größere Betäti- in der Bekanntgabe der Tätigkeit der Partei durch Referate und Vorträge. Hiergegen sollen in Zukunft von der Parteileitung zufriedenstellende Schritte unternommen Mrden. Leider hatte die vorliegende wichtige Tagesrage im eigentlichsten Sinne nicht genug Interessenten, doch begrüßte er alle Erschienenen aufs Wärmste und hieß alle «mens der Landespartei willkommen; er hoffte, daß jeder >er Erschienenen etwas hinaustrage von dem, was das Miige Referat lehre, dann wäre dennoch dem Zweck der Versammlung gedient, alle Parteifreunde aufzumuntern, neue >» gewinnen, das Volkswohl, zu heben. Redner ging dann Wesentlichen seines Vortrags über und behandelte zuerst den I. Teil des ausgestellten Themas, nämlich: „Fort- chrittliche Volkspartei". Der Ursprung des neuen demo- raiischsn Geistes liegt wohl um beinahe 100 Jahre zurück, als eigentlichstes Geburtsjahr dürfte wohl das Jahr >815 anzusehen sein, wo sich Männer wie Scholl, Uhland Maier in die politischen Kämpfen unseres Vaterlandes »Wen. Manche bittere Enttäuschung mußte die kleine demokratische Partei damals wohl erleiden. Dann kamen
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reichen Feldzug 1870 und 71. Ein großer, ja der größte Teil unseres Volkes war zu Hurra-Patrioten ge worden. Und wer etwa gar dagegen murrte oder resinierte, der war ein Rebell, ein deutschfeindlicher Heißsporn.
Die Demokratie war fast vernichtet, aber nicht gestorben und nachdem die Sturm- und Hurraperiode verhallt war, trat aus der dunklen Nacht der deutschen zerrissenen Politik auch wieder der freie Volksgeist.
Schon im Jahre 1874 saß der erste Demokrat im Reichstag. 1884 waren es bereits 7.
Im Jahre 1890 hatte im Württembergischen Landtag die Demokratie zum erstenmale die Oberhand; aus dem damaligen .Schulzen - Parlament" wurde ein „Volks- Parlament".
Voll Jugendkraft und Siegesgewißheit ist der damalige jung-demokratische Geist durch ganz Deutschland gegangen, geführt von Männern wie Scholl, Payer, Naumann, Schwarz usw.
Und als im Jahre 1907 die drei großen Parteien zu einer Fraktionsgemeinschaft zusammentraten, da hatte jeder Demokrat die Gewißheit, daß das Wort „Volksregierung" bald keinen leeren Klang mehr haben wird, daß es ein realer Begriff aus Fleisch und Blut werde.
Auf das Programm dieser großen „Fortschrittlichen Volkspartei" einzugehen, würde zu weit greifen, erwähnt sei nur, daß jeder Satz in demselben „Fleisch von unserem Fleisch und Geist von unserem Geist ist", wie der Abg. Payer so schön sagte.
Auf die Lehrjahre von 1815 sind Wanderjahre gefolgt, — lange, lange Wanderjahre, voll harter Arbeit, voll mancher Enttäuschung; heute geht die Par-ei der Reife, den Meisterjahren hoffnungsfreudig entgegen und Millionen Volksseelen hält sie vereint in aufstrebender Freiheit, in jugendfrischer, eigener Kraft.
Was hat nun die Partei im Parlament bisher geschaffen und was schafft sie weiter?
Die fortschrittliche Volkspartei arbeitet mit aller Energie und Tatkraft an das materielle und kulturelle Volks
>e Reaktionsjahre 1830 und 1840 und manchem Demo--wohl des deutschen Vaterlandes. Nicht der ganze, aber
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Men brannte wohl das Herz, bei dem offenbar erzwungenen des demokratischen Geistes. Es war eine Demüti- Dg der auflammenden Freiheit und bitter weh lat es wohl, eiuE»ß dieser hochfliegende Anfang zunächst zu solch kleinem mde führte. Es folgte die Schreckenszeit der 50ziger Jahre »it ihrer ungeheueren wirtschaftlichen Krise, gegen der die MW geradezu ein Kinderspiel ist. War auch die Freiste der 40ziger Jahre vom Klerikalismus arg zer- so war aber ihr Fruchtstempel nicht verletzt und ganz scheiden wuchs ein Früchtlein heran, das im Jahre 1859 Äends reiste. Mit Recht bezeichnet man das Jahr 1859 ^ das Wiedergeburlsjahr der Demokratie, als das Frei- '«iisjahr. Und wenn auch die damalige Bauernkrise sich ch ganz den Bestrebungen der Demokratie neigte, obwohl gesamte Bauernstand einzig und allein nur ihr die lMheit" verdankte, so war doch zunächst soviel erreicht,
. , ch der Fürstenwille sich unter Volkeswille beugte. Hat 11 mch das Jahr 1848 kläglich geendet, so war es doch ein «g des Liberalismus in allen deutschen Staaten und selbst arb<Emg von Preußen nahm den Hut ab, vor den Gräbern ^Märzgefallenen, so hat es doch für Preußen die kon- Verfassung gebracht, durch die dem Bürger, dem W, Mitarbeit an der Staatstätigkeit zugesichert wurde, ! i Pü ^ ^ Macht des Königs und noch mehr der Junker
^ -M wurde, obwohl man dort noch heute schwer unter '«„Junkertum" leidet. Im Jahre 1859 war es auch, M^ Frucht eines einheitlichen demokratischen Geistes der , W Nationalverein gegründet wurde, mit dem Ziel: ein M i iDZ freies Deutschland zu erstreben, das nach außen und nach innen freie Institutionen, ohne Rücksicht ^ Negierung und Fürsten pflegen sollte; leider erwiesen Aj A damals die Preußen als nicht dieRichtigen und der ^ scheiterte.
^59 bis 1865 war dieDemokrane erstmals mit einem ^«-Programm ausgerüstet, das im Volke viele Freunde »« Anhänger fand.
ünd dann war die erste Blütezeit der Echwäb Demo- mit dem Jahre 1868 herangekommen Langsam doch nst war die Partei vorwärts gegangen
mi> - ^geistert zogen damals eine Schar Demokraten zum Mg und -pflanzte dort unter der Feftungsmauer das M z-rot - goldene Banner
rot - goldene Banner auf, um unter freiem ^mn>el mit einem gefangenen Führer eine Versammlung wen. Fast in ganz Süddeutschland war der demo- , . ^ .Geist, die Freiheit, erwacht, während im hohen "M immer noch die „Jünkerleiu" ihr unheimliches Rc- > trieben; doch auch hier brodelte hin undgwieder ein ulches Feuer im Volksherzen.
^ wbit bitterer als der unvollendete Sieg in den 40<r sMn war die Niederlage der Demokratie nach dem sieg-
doch ein guter Teil an der U m w a n d l u n g Deutschlands vom Agrarstaat zum Industriestaat ist eine Folge restloser, konsequenter Parteiarbeit. Deutschland zählte 1885 ca. 35 Millionen Menschen, davon ernährte 18 Mill. die Industrie u. a., 18 Millionen die Landwirtschaft; 1895 zählte Deutschland 52 Mill. Menschen, davon ernährten sich 34 Mill. durch Industrie u. a,, und immer noch 18 Mill. durch Landwirtschaft. Und was lehrt die heutige Statistik ? Einen glänzenden Sieg der Industrie, denn von 63 Mill. Menschen ernährt die Industrie u. a. 45 Mill, während die Landwirtschaft immer noch auf ihrer alten Zahl von 18 Millionen steht. —
Unsere Gegner, Konservative und Zentrum, stellen seit längerem die unwahre Behauptung auf, daß die fortschr Volkspartei ein „Bauernfeind" sei, weil sie das Zollwssen, insbesondere das Hochschutzzollsystem bekämpft.
Wer hat den Gewinn von diesen Zöllen? Nicht der Bauer und kleine Landwirt, ebenso aber auch nicht die Re gierung, sondern einzig und allein die Großagragier und Junker füllen ihre Taschen damit. So gingen allein im letzten Jahre ca. 375 Mill. Mark der Reichskasss durch ! diese Steuer verloren, — und das zu einer Zeit, wo sich die Regierung an die Stirn schlagen muß und fragen, wo nehmen wir Geld her, die Schulden zu zahlen?!
Nicht minder verdammen wir das Ausfuhrsystem mit den Einfuhrscheinen. Allein 93 Mill. Mark gingen der Reichskasse im Jahre 1909 durch dieses System verloren, das nur die Nutznießer (Großgrundbesitzer und Junker) als das .alleinseligmachende" bezeichnen. Wir kämpfen gegen dieses Produkt agragischer Weisheit, wir verlangen die Abschaffung dieser Zollgesetze, die eine wesentliche Verteuerung der „notwendigsten" Lebensmittslbedürfnisse des Volkes bewirken. Nicht nur die Reichskasss selbst leidet unter dieses Zollsystem, vor allen Dingen der „kleine Mann", der die der Reichskasse entgangenen Beträge, die in die Taschen der Großagrarier geflossen sind, durch Steuer auf Streichhölzer und seine Lebensbedürfnisse decken muß.
Auch die jetzige Fleischteueruag ist ein Auswuchs dieser „famosen" Zollgesetze; nicht unsere Händler tragen die Schuld daran, wie die Herren Püscheck und Schorlemer behaupten, sondern einzig und allein die Zolltarife. Die Regierung müßte dieser Notfrage, dieser Kalamität längst abgeholfen haben, sei es auch schließlich nur durch vorübergehende Oeffnung der Grenzen. Denn gerade die durch die Fleischnot hervorgerufens miserable Unterernährung der ärmeren Bevölkerung Deutschlands bedeutet einen weit größeren Schaden, als der materielle. A'er die Reichsregierung ist völlig untätig und der Reichskanzler nimmt auch keine Gegenstellung, obwohl er allein für 611000 Soldaten Fleischnahrung zu teuren Preisen heranschaffen
muß Welche gewaltige Summe könnte hier durch das Eingreifen der Regierung erspart werden? Auch hier muß und will unsere Partei einsetzen. —
Daß das Handwerk schon lange keinen „goldenen" Boden mehr hat, weiß wohl jeder. Die Großindustrie macht sich überall für den Kleinhandwerker unangenehm bemerkbar. Doch auch auf diesem Gebiet hat die Parteiarbeit geschaffen, was sie irgendwie dem Kleinbetrieb zugute tun konnte.
Industrie, Handel und Gewerbe haben seit 40 Jahren einen glänzenden Aufschwung erlebt Als bester Beweis gilt wohl der Erfolg der deutschen Industrie-Abteilung in der Weltausstellung zu Brüssel, die allerseits gelobt, von der ganzen Welt als mustergültig gepriesen wird.
Auch zu der abgewiesenen Erbschaftssteuer ist von der Partei entsprechende Stellung genommen worden. Daß die gerechteste aller Steuern abgelehnt worden ist, abgelehnt werden mußte, betrachten wir als schreiendes Unrecht. Gerecht fanden diese Ablehnung nur die Herren, denen nur die Steuern gut erscheinen, die sie nicht zahlen brauchen. (Der Redner behandelte die Steuer noch eingehender und kam nachträglich auch noch flüchtig auf die Branntweinsteuer (Liebesgabe) zu sprechen).
Neuerdings nimmt die Partei Stellung gegen die Königsberger und Marienburger Kaiserrede.
Wie stellen wir uns zum Kaisertum und was lehrt uns die Königsbergs Kaiserrede?
Klang es nicht aus der Königsbsrger Rede vom 25. Aug. ds. Js. aus einigen Worten von der erwünschten „lückenlosen Rüstung" wie eins verstärkte Ankündigung einer neuen Militärvorlage? Nichts anderes, denn z Zt. wird bekannt, daß man nicht sehr viel (?) gebrauche, sondern nur ein paar neue Kavallerieregimenter und einige Automobil-Abteilungen. Trägt eine derartige neue Forderung vielleicht dazu bei, die schlechte Lage zu bessern, — im Gegenteil, die allgemeine Mißstimmung wird dadurch nur erhöht. Wir wollen nicht abrüsten, wir wollen aber auch keine Prunk-Armee; wir verlangen vor allen Dingen, daß der Krieg möglichst vermieden wird.
Es ist eine Frechheit sondergleichen, wenn ein preußischer Junker kürzlich behauptete, „es bedürfe eines frisch-fröhlichen Krieges, um das alte faule Deutschland wieder aufzurütteln". Die Faulheit steckt aber nicht im Volk, sondern im Junkertum.
Womit will auch die Regierung die neue Militär-Vorlage decken? Durch etwaige Erhöhung der Matriknlarbei- träge? Dafür werden sich natürlich die Bundesstaaten bestens bedanken.
Im weiteren Verlauf der Rede ermahnte der Kaiser die deutschen Frauen und stellte ihnen allen als Vorbild die preußische Königin Luise. Ein besseres Vorbild konnte der Kaiser garnicht wählen, um seine Rede selbst zu widerlegen. Die Frau soll keine Politik treiben, aber die Königin Luise trieb Politik, — Politik bis aufs Herz. Weiter sollen die Frauen ihre Kinder für das Vaterland erziehen. Gewiß, ganz unsere Ansicht, nur im anderen Sinne- nicht Duckmäuser mit kriechendem Gehorsam und hündischem Respekt, sondern ein freies Geschlecht mit offener gerader Charaktere und Nackensteifheit soll von ihnen erzogen werden.
Die heutige Zeit benötigt dis Frau zur Arbeit, mithin muß sie auch am öffentlichen Leben teilnehmen, damit sie die Freiheil in die Herzen der Jugend trage. — Nicht dem Volke brauchte der Kaiser diesen einschlägigen Rat zu geben viel eher hätte er „seinen Junkern" not getan.
Auch das „Gottesgnadentum", das er ererbt von seinem Großvater zu haben glaubt und das ihn zum „Instrumente des Herrn" stempelt ist nicht weiter her, als aus dem Volke, aus dem Parlament. Ungeachtet seines Versprechens aus dem Jahr 1908 „den Konstilualismus zu wahren und in Worte und Rede nachhaltiger zu werden" hat der Kaiser dem Volte die wohlverstandene Königsberger Rede gehalten.
Konservative und Zentrum freuen sich wohl über diese und über die als Nachfolge in Marienburg gehaltenen Rede. Wir sind gegenteiliger Ansicht. Man braucht als guter Deutscher kein Christ zu sein und wiederum als guter Christ nicht Deutscher. Wir sind nach dieser Rede umso stärker der Ansicht, daß wir ein Minister-Verantwortlichkeits-Gesetz gebrauchen, sind aber auch überzeugt, daß solches nicht so zustande kommt, wie wir es verlangen. — Mit dem Gottes- Gnadentum ist es heute leider schon so weit, daß ein nordd. Geschäftsmann, wie die „Franks. Ztg." berichtet, in einem Inserat schrieb: „Durch Gottes Gnade habe ich heute ein Spezerei-Geschäft eröffnet usw." — Auch dem Kaiser war dre göttliche Gnade nicht immer zur Seite: Die Kanaloor- lage, die er wünschte, die Caprivi'schen Handelsverträge» die er wollte, und?das Zuchthausgesetz, das er befürwortete, alles scheiterte. — Wir sind nicht gegen den Kaiser, nur gegen sein persönliches Regiment. Wir geben dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist. — Mit einem Wunsch für das Blühen und Gedeihen der Partei endete der Vortrag und erntete reichen Beifall.
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