Nr. 157.

Amts- und Ltzlzeigeblatl für den Oberamtsbezirk Calw.

S5. Jahrgang.

Srscheinnng« n>«is«! S mal wöchen», Anzeigeprei«: Die NeinsvaM,,. Zeile M Pfa. Reklamen 2. Mk. <kl»I Sammelanzeigen kommt «in Zuschlag von 100°/,. gernfpr. S.

Freitag, den 9. Juli 192V.

Bezug»ur«I» In der Stadt mit Dritaerlohn Mk. I2L0 »terteijiihrlich. Postdezuggprri«

Mk. I2.M mit Bestellgeld. Schlug der Anzeigenannahme V Uhr vormittag«.

Spaa

Reue Drohungen der Entente wegen der Abrüftungsfrage

Die 4. Sitzung.

" Spa, 8. Juli. Die heutige Sitzung der Konferenz wurde um halb 4 Uhr im Schlosse de la Freineuse eröffnet. Lloyd George teilte sofort im Namen der Alliierten mit, daß Deutschland, sofern es sofort zur Entwaffnung der Einwohner­wehr und der Sicherheitspolizei schreite, für die Herabsetzung d«r Heeresstiirke auf Ivü vvv Mann eine Frist von sechs Monaten zugebilligt sei. Die Herabsetzung hat in zwei Raten, bis zum " Oktober 1920 auf 150 000, bi» zum 1. Ja­nuar 1921 auf loo 000 Mann stattzufinden. Minister vr. Simons betonte, daß eine so bedingte Fristverlängerung eine einseitig« Auflage der En».<ite darstellen würde, wicht ein Ab­kommen unter den verhandelnden Parteien. Lloyd Georg« antwortete, datz di« Alliierten darauf beständen, daß wir das Programm mit diese« Abmachungen annehmen. Demgegenüber erklärte Minister Vr. Simons, datz wir das nicht tun könnten, ohne vorher eingehend über die Ange­legenheit beraten z« haben. Die Konferenz wurde dann um 5 Uhr auf Freitag vormittag 11 Uhr vertagt. Die Mitglieder der deutschen Delegation find sofort nach Rückkehr von der Konferenz zu einer Besprechung zusammengetreten.

Der Oberste Rat über die Eutwaffnungsfrage.

Spa, 8. Juli. Havas nreldet: Der Oberst interalliierte Rat versammelte sich heut« vormittag um 11 Uhr in der Villa Irenens« zur Entgegennahme des Berichtes der militärische» Sachverständigen über die Entwaffnungsvorschläg«, wie ste gestern von der deutschen Delegation gemacht wurden. Um 12 Uhr trafen die deutschen Dele­gierten ihrerseits in der Villa ei«, auf welchen Zeitpunkt ste gestern eingeladen worden waren. Der Vorsitzende Delacroix ließ sie wissen, daß die Sitzung der Konferenz aus nachmittags S Uhr verschoben worden sei, um es den Alliierten zu ermöglichen, ihr« Beratungen fortznsetzen. Die deutschen Delegierten zogen sich hierauf zurück. Nach dem Weggang der deutschen Delegierten wurden die Beratungen unter den Alliierten fortgesetzt, um zu einer Verständigung übt'r die Fristen und die Bedingungen zu kommen, die Deutschland für die Vernichtung des Materials und die Herabsetzung der TruppenbestSnde gestellt wer­den sollen. Die Sachverständigen, unter denen Frankreich durch Ge­neral Rollet und Deutschland durch General v. Seeckt vertreten war, berieten gestern lange zur Vergleichung der vom deutschen Ge­neralstab und den beiden alliierten Delegierten eingebrachten Zahlen über das zu vernichtende oder auszuliefernde Material. Es erfolgte n.ic Einigung in dem Sinn«, daß die Zerstörung von 14000 Geschützen, 5000 Maschinengewehren und 750 (PO Handwaffen als erfolgt anerkannt wird. Dagegen weigerten sich di« Delegierten, den deutschen Ziffern bezüglich des noch zu vernichtenden Materials zuzu- stimmen, da man fortwährend noch weitere Vorräte aufdeckt. Man weiß nur. daß wenigstens dir Hälfte des deutschen Materials noch nicht zerstört ist.

Sin neues befristetes Ultimatum

in der Entwaffnuugsfrage.

Spa, 8. Juli. (Havas.) Der Wortlaut des endgültigen Beschlusses der Alliierten in 4er Entwaffnungsfrage, den die deutsch« Delegation bis Freitag Vormittag ^11 Uhr unterzeichnen soll, lau­tet: 1. Deutschland schreitet unverzüglich zur Entwaffnung der Reichs­wehr und der Sicherhettswehr. 2. Deutschland erläßt eine Kund­gebung, in der die sofortige Ablieferung aller in privatem Besitz be­findlichen Waffen unter Androhung wirksamer Strafen verlangt wird. Für dm Fall, daß die Regierung in den gesetzlichen Bestimmungen nicht genügend Unterlagen hat, sollen gesetzgeberische Maßnahmen getrossen werden, die auf diesem Gebiete die Vollmachten der Re­gierung erweitern. 3 .Deutschland wird unverzüglich alle Maßnah­men ergreifen, die erforderlich sind, den obligatorischen Militärdienst abzuschaffen und die Armee nach der langfristigen Anwerbung, wie st« im Friedensvertrag vorgesehen ist, zu bilden. Deutschland liefert dm Alliierten zur Zerstörung aus und Hilst ihnen zerstören alle Waffen, sowie sämtliches HeereSmatertÄ, das sich in Deutschlands Besitz befindet, das die durch dm Friedensvertrag zu gestandenen Mengen überschreitet.

In Anwendung derjenigen Bestimmun gm des Friedensvertrags über die Whermacht wie übe, dir Luftfahrt, die «sch kein« Ausführung gefunden haben, erklären sieh dir Alliierte» damit einverstanden u) die Frist, die für di« Verminderung der Streitkräftr der Arme« vorgesehen ist, bis zum 1. Oktober zu verlängern. Z« diesem Zeitpunkt muH das Heer auf 150 000 Mann beschränkt sein und höchstens zehn Reichs­

wehrbrigaden umfassen. Die Alliierten erklären sich weiter mit einer zweiten, am 1. Januar 1921 ablaufenden Frist einverstanden. Zu diesem Zeitpunkt muß die Ermäßigung der Streitkräftr auf 100000 Mann, wie im Friedensvrrtrag vvrgesehen, vollendet sein, d) Die Regierung wird ermächtigt, in der neutralen Zone bis zum 1. Oktober diejenigen Streitkräftr zu unterhalten, deren Zahl der interalliierte militärische UeberwachungSausschuß ihr brkanntgeben wird, um an der Samnrlung der Waffen teilzunehmm. c) Alle notwendigen Maßnahmen muffen ergriffen werden, um den Waffmschmnggel aus dem besetzten Gebiet »ach allen Teilen Deutschlands zu verhindern. Wenn zu irgendeinem Zeitpunkt vor dem 1. Januar 1921 die Alliier­ten Ueberwachungsansschüffe in Deutschland feststellen, daß die Be­dingungen der gegenwärtigen Vereinbarung nicht loyal ansgeführt werden, z. B. wenn am 1. September die vorgesehenen Verwaltungs- nnd gesetzgeberischen Maßnahmen nicht ergriffen wordm find, nicht tu weitgehendstem Maße veröffentlicht wordm find, wenn dir Zer­störung und die Auslieferung deö Kriegsgoräts nicht normalen Fort­gang nehme»«, wenn am 1. Oktober das deutsche Heer nicht auf eine Ziffer von 150 000 Mann beschränkt ist und höchstens zehn Reichs- wehrbrigadm umfaßt, werden die Alliierte» zur Besetzung eines neue« Teiles des deutsche« Gebietes schrei­ten, sei es das Rnhrgebiet, sei rS jedes andere Ge­biet, uiid werden dieses Gebiet erst an dem Tag« räumen, wo alle Bedingungen der gegenwärtigen Vereinbarung restlos erfüllt sind.

Die Berliner Preffe zu dem neuen Ultimatum.

* Berlin, 9. Juli. Die Morgenblätter sehen die Wendung, di« die Verhandlungen in Spa genommen haben, als sehr ernst an. DerLokalanzeiger" erblickt in den vor­gelegten Forderungen im Zusammenhang mit den angedroh­ten Strafbestimmungen eine Wiederholung der Diktatur von Versailles. DasTageblatt" meint, das Diktat sei in einer unerhört schweren Form erfolgt. Mit der Nichtunter­zeichnung würde sich Deutschland in eine sehr glotze Gefahr begeben; denn es müht« dann mit dem Verlust des Ruhr­gebiets gerechnet werden. DerVorwärts" betrachtet als den schwersten Teil der Forderungen die Entwaffnung der Sicherheitspolizei. So schwierig auch gewisse Verpflichtungen sein möchte«, die uns die Alliierten auferlegten, so dürfe doch die Konferenz nicht an ihnen scheitern. DieDeutsche Tagesztg." sagt, es zeige sich, daß die feindlichen Vertreter große Eile hätten. Eine eilige Behandlung der deutschen Lebensfrage in Spa laufe den deutschen Interessen durchaus zuwider.

Der französische Kammerausschutz

für die Entwaffnung Deutschlands.

Paris, 8. Juli. In der gestrigen Sitzung des Kammer ausschus- seS für auswärtige Angelegenheiten erstattete Tardieu Bericht über die Entwaffnung Deutschlands. Er kam zu dem Schluß, daß es not­wendig sei, dt« militärischen Klauseln des Friedensvertrags von Ver­sailles genau durchführen zu lassen. Der Bericht wurde vom Ausschuß einstimmig gebilligt.

Englische Kennzeichnung der französtfchen Ziele.

Amsterdam, 8. Juli. Im letzten Aufsatz seiner Artikelserie über Deutschland zieht Gardiner di« Schlußfolgerungen, die sich aus seinen Untersuchungen ergeben. Er schreibt u. a.: Die Franzosen hatte« zwei Ziele, die sich miteinander nicht vereinigen ließen. Das erste war, Deutschland zu zermalmen und in Stücke zu brechen, dann mit einem Kordon von Feinden zu umgeben und ihm dt« Quellen seiner Macht und seines industriellen Leben zu nehmen. Das zweit« war, von Deutschland ungezählte Milliarden zu erlangen. Deutschland sollt« erst zerstört werden und dann bezahlen.

Millerand glaubt an einen rasche« Abschluß der Konferenz.

Paris, 8. Juli. Millrrand erklärte dem Berichterstatter des Jntranslgeant', er glaube, die Dinge würden jetzt einen raschen Verlaus nehmen, und mau werde tn Spa nur die großen Linien der Schlußkonferenz feststellen. Die Einzelheiten würde« nachher kom­men, inan werde aber nicht abreisr«, bevor man nicht die Haupt­punkt« der Tagesordnung ausreichend erörtert Hab« und bevor di« Deutschen ein ProtickoS unterzeichnet hätten.

Keine Erörterung der Veschuldigtenfrage.

* Paris, 9. Juli. Wie der Berichterstatter desJntran- stgeant" mitteikt, soll die Frage der Beschuldigten jedenfalls nicht in Spa erörtert werden. Der belgische Minister des

Aeutzern, Hymans, sei beauftragt worden, namens der Alliierten den Bericht zu erstatten, der den Deutschen einfach übermittelt werde. Am Samstag oder Sonntag wolle man sich mit Polen beschäftigen. _

Zur Well» Lage. 1

Die Verteilung der deutsche« Schiffe.

Dover, 9. Juli. fHavas.) Gestern sind mehre« deutsche Segler angckommen. Man glaubt zu wissen, daß sie nach Qualifikation Frankreich zugesprochen werden.

Die bolschewistischen Erfolge gegen die Pole«.

(WTB.) London, 8. Juli. Reuter meldet aus Warschau: Der polnische Heeresbericht gibt zu, datz die bolschewistische Reiterei Nowno besetzt hat.

(WTB.) Warschau. 8. Juli. Di« Bolschewisten haben Lek Niwosiolk und südlich Borissow die Beresina überschritten.

Bestürzung.!« Polen.

Berlin, 9. Juli. Wie die .Tägliche Rundschau' aus Breslau meldet, berichten zahlreiche tn Oberschleffen eintreffende Flüchttinge Einzelheiten von der Auflösung des polnischen Heere-. Weiter pol­nischer Kreise hat sich Bestürzung bemächtigt. ES findet ein Sturm auf die Banken statt, um die dort niedergelegten Kapitalien möglichst schnell abzuheben. °

Bulgarien für eine Balkansöderation.

(WTB.) Paris, 9. Juli. Nach einer Meldung desTemps" aus Sofia soll sich der bulgarische Ministerpräsident Stam- bulinski um die Errichtung einer Balkansöderatton bemühen. Man prüfe verschiedene Projette, um eine Annäherung zwi­schen Bulgarien und den Balkanstaaten herbeizuführen.- (Das wird aber keine große Freude für Italien sein.)

Der griechische Eroberungskrieg in Kleinafien.

(WTB.) Amsttrdam, 8. Juli. DieTimes" melden aus Smyrna vom 6. Juli: Die Griechen haben Nazli (SO Meilen östlich Aidin) besetzt. Bor der Räumung brannten die Rationalisten einen Teil der Stadt nieder und ermordeten eine Anzahl Christen, besonders Griechen.

Der türkische Widerstand gegen die Griechen.

(WTB.) Konstantinopel, 8. Juli. (Havas.) Einer Privat­meldung zufolge hat Mustapha Keml Pascha die Mobilisie­rung und Zwangsrekrutierung aller wehrfähigen Männer ohne Unterschied der Religion angeordnet.

Benizelos triumphiert.

Paris, 8. Juli. Nach einer Meldung desEcho de Paris' hat, Benizelos den Mitgliedern des Obersten Rats in Spa mitgeteilt, das - Vorgehen der Griechen sei von vollständigem Erfolg gekröirt. Die, StreitkrSste Mustafa Kemal Paschas seien gebrochen.

Borbereitung der Besetzung Syriens durch die Franzosen.

* Amsterdam, 8. Juli. ,F)aily Mail" meldet aus Kon«) stantknopel vom 8. Juli. Hier liegt ein Bericht vor, wo-1 nach die Franzosen di« Besetzung der arabischen Zone in Syrien einschlietzlich Aleppo mit starken Kräften vor­bereiten und in Alexandrette 12 000 Mann gelandet haben.

Die Propaganda gegen die Entente im Orient»

(WTB.) London, 9. Juli. Nach einer Meldung derMor« ningpost" zirkulieren in London Nachrichten, die Agitation, die in Syrien herrsche, drohe sich ans die englische Zone iw Norde, von Palästina auszndehneu. In der Gegend von Ty« und zwischen Alexandrette und Aleppo hätten Kämpfe statt» gefunden. Die Nachrichten schienen vom Agenten Emir Fattals in London zu kommen. »

Ein Radikalmittel des australischen Semaunsbundes gegen künftige Kriege.

' Amsterdam, 9. Juli. Wie dieTimes aus Melbourne melden, hat der australische Seemannsbund beschlossen, die Or­ganisationen der Seeleute aller Länder aufzufordern, ans einer Konferenz die Haltung der Seeleute in einem künftigen Krieg) festzustellen. Man müsse künftige Kriege unmöglich macherf dadurch, daß evtl, die Bemannung der Schiffe verweigert: werde. (Die Botschaft hör' ich wohl . . . .".) ' ;

Antland.

Die Angst ln der Schmelz

vor deutsche» Arbeitslosen.

' Fra«enfeld, 8.'Juli. In derTrrgauer Ztg." wird di« Befürchtung ausgesprochen, daß nach der Aufhebung des Grenzt schutzes am 24. Mi Tausende von Arbeitslose u und unsicheren Elementen aus Deutschland in die Schweiz her-