Amtsblatt für die Stadt Wildbad. ins^gteEZW^

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Verkündigungsblatt der rlgl. Hontämter Wildbad, Meistern, Lnzklöfterle rc während der Saison mit

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eeleion nr. 4 -.

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amstag, den IS. März ISIS

Nr. «5.

Zm März.

Cs ist ein merkwürdiges Zusammentreffen, daß zwei Tage vor dem 18. März, dem Tage, an dem im Jahre 1848 das preußische Volk sich das gleiche Wahlrecht er­kämpfte, 62 Jahre später die parlamentarische Vertret­ung dieses selben preußischen Volkes in dritter Lesung eine Wahlresorm gnthieß^ deren grundlegende Bestimm­ungen nichts anderes als eine Verhöhnung des um seine politischen Rechte kämpfenden Volkes darstellen. Das ge­heim-öffentliche Wahlrecht, gemildert durch das indirekte Dr e i kl a ssenw ahlsyst em, das die' Rückständigkeit der Konservativen und die Pfiffigkeit des Zentrums zusammengebraut haben, bedeutet ja keine Ver­besserung des derzeitigen preußischen Laudtagswahlrochts. Man hat lediglich den alten Rock, nachdem er ans der rech­ten Seite gar.zu schäbig geworden war, gewendet; besser geworden ist er dadurch nicht. Aber nun will keiner der an dem Machwerk zunächst beteiligten Parteien sich den Wählern in demhübschen" Rock zeigen, der nicht im­stande sst, die Blößen zu verdecken, die sich Zentrum und Konservative gaben, als sie ihn zurechtschneiderten. In dieser Not möchten sie ihn gar zu gern den guten Na­tionalliberalen überziehen, um diese dann als Sün­denbock in die Mitte zu nehmen und den Zorn des erbitter­ten Kolkes auf sie abzulenken. Mer die Nationalliberalen bedanken sich dafür, diese undankbare Rolle zu übernehmen. Zur Kennzeichnung der Art und Weise, wie sich Konserva­tive und Zentrum von der Verantwortlichkeit für die Wahlresorm zu drücken suchten, hätte das preußische .Ab­geordnetenhaus während der Beratung der Wahlrechts­reform zur Eröffnung und zum Schluß jeder Sitzung im Chor singen müssen:Hahnemann geh' du voran!"

Und nun erst gar die preußische Regierung! Sie hat seit dem 'Jahr 1848 nichts vergessen und nichts hinzugelernt. Energie zeigt sie nur in der Ablehnung von Vvllsrechten, während sie sich aus den von rechts kommenden reaktionären Wogen ohne eigenen Willen hin und her schaukeln lässt. Tatsächlich zeigen unsere der­zeitigen politischen Verhältnisse eine gewisse Aehnlichkeit mit den Ereignissen in der Mitte des vergangenen Jahr­hunderts. Bei den Märzkämpfen des Jahres 1848 wurde dem preußischen Botte ein demokratisches Wahlrecht zugesichert. Als aber die Volksbewegung niedergeworfen

worden war, kamen die Junker und deren klerikale jGe- nossen Widder ans Ruder und nötigten dem preußischen Volke das Dreiklassenwahlrecht aus. Als die Volksbewegung nach der Auslösung des Reichstags im Dezember 11)06 einen der Regierung genehmen Reichs­tag gebracht hatte, gab Fürst Bülow im Namen der Reichsregiernng pnd der preußischen Regierung Erklär­ungen ab, die eine fortschrittliche politische Entwicklung erhoffen ließen. Aber da das Volk seine Schuldigkeit getan hatte, kamen die Junker wieder an die Reihe. Im Reiche bescherten sie dem Volk die Finanzre­form, in Preußen zwangen sie die Regierung, dem Landtag eineW ahlres 0 rm" vorzulegen, die keinen an­deren Zweck verfolgt, als die Herrschaft der Junker und des Zentrums ungeschmälert ausrecht zu erhalten. Ein politisch mündig gewordenes Volk läßt sich aber aus die Dauer eine solche .Unterdrückung nicht gefallen. UM wenn die preußische Regierung die Zeichen der Zeit ver­stehen würde, müßte sie endlich die Versprechungen einlösen, die Friedrich Wilhelm IV. im März 1848 dem preußischen Volke gegeben hat. Die Zeit der geistigen und po­litischen Befreiung des Volkes ist gekommen, und die kann weder: die preußische Regierung noch das Jun­kertum aushalten. Es wird vorwärts und aufwärts ge­hen, trotz alledem! . . .

Aus dem Reichstag.

Ein neuerFall Oldenburg".

Dritte Etatsberatung im Reichstage.

Abermalige Skandalszenen.

Osterferien.

kb. Berlin, 17. März.

In parlamentarischen Gewaltmärschen hat der Reichs­tag gestern und heute vor Eintritt in die Osterferien das ihm Vorgesetzte Arbeitspensum erledigt. In mehr als neunstündiger Sitzung war am Mittwoch die zweite Les­ung des Etats zu Ende geführt worden, in einer mehr als siebenstündigen'Sitzung wurde heute die dritte Be­ratung absolviert. Und es wäre glatt-geschästlich und österlich-friedlich zu Ende gegangen, hätte nicht der Reichs-. tags-Rüpel, Herr Elard von Oldenburg, dem Streich von neulich heute einen zweiten folgen lassen.

So kam es auch heute wieder zu Sturm- und Lärm­szenen, die denen vom 31. Januar in nichts nachgaben: eine Viertelstunde war das Haus in einer fast beispiel­losen Aufregung und gegen den Januschauer sowohl, wie gegen den anscheinend völlig indifferenten und teilnahms­losen Vizepräsidenten Spahn tobte ein wahrer Orkan der Entrüstung.

Tie Sache war so gekommen.. Als man in der Spe­zialberatung beim Militäretat angelangt war, wollte Herr von Oldenburg auch seinerseits einmaldie gekränkte Leberwurst" spielen, wie es der bayerische Militärbevoll­mächtigte in seiner urwüchsigen Ausdrucksweise nennen würde. In jener denkwürdigen Jannarsitzung hatte Herr Elard bekanntlich auch denverehrten Bundesbrüdern" einige seiner derben Liebenswürdigkeiten ins Gesicht ge­worfen, indem er sie an die militärische Schlappe er­innerte, die bei Roßbach und sonst in der Geschichte ein­zelne, pun reichsdeutsche Kontingente erlitten. Der bay­rische Kriegsminister hatte in der Sitzung der bayerischen Abgeordnetenkammer vom 11. März die zarten Anspiel­ungen des Herrn von Oldenburg alsGeschmacks­verirrung" undEntgleisung" charakterisiert. Da­rüber beschwerte sich nun Herr von Oldenburg, worauf ihm der bayerische Militärbevollmächtigte General von Gebsattel ausdrücklich attestierte, daß der Minister diese Kritik geübt habe, zugleich aber unter schallender Heiter­keit ,hinzufügte, daß diese Worte doch nicht beleidigend seien, jedenfalls aber nicht beleidigend gemeint gewesen seien. Herrn von Oldenburgs freundliches Antlitz strahlte vor Zufriedenheit. Er erklärte sich durch diese Aus­führungen fürbefriedigt", aber als die Abgeordneten Müller-Meiningen, Conrad Haußmann und Noske, pon ihrem außcrpreußischen Gesichtspunkt aus, die Kritik hes bayerischen Ministers noch ein wenig un­terstrichen, da stieg er langsam und bedächtig noch einmal hie Treppe zur Rednertribüne hinauf und er­klärte von dort aus, mit der bekanntenHundeschnauzen- Kälte" des altpreußischen Junkers, zwischen dem bayeri­schen Minister und ihm sei die Sache erledigt, den: Herren Haußmann, Müller und Noske aber zu antwor­ten verbiete ihm seine Würde, da diese Herren sn persönlichen Dingen überhaupt keinen Eh r en stand Pu n kt hätten!

Ein minutenlanger Sturm der Empörung war die Antwort. Man hört wilde Rufe:Was sagt der

lvcr sich an andre hält.

Dem wankt die Welt, wer auf sich selber ruht.

Steht gut.

Paul 0 eys e.

Willst du Richter sein?

Roman von Maximilian Böttcher.

(Fortsetzung.)

. . . Worte, Worte, die Gottfried wie die p einigende Melodie eines unerträglich oft vernommenen Gassen­hauers in die Ohren klangen. Mit Aufmerksamkeit hörte er erst hin, als der Mann auf einmal sagte:. . . Ge- kiß ... es ist eine Nichtswürdigkeit von Plathe, daß er Ihnen die Planke, auf der Sie stehen, gerade im un- ungünstigsten Moment unter den Füßen wegzieht; -- Eg hat er's nicht; das weiß ich ,am besten. Er hätte es immerhin noch eine Zeitlang mit ansehen können, ob es Ihnen nicht doch noch glücken würde, sich Mrchzuwinden. Vielleicht aber hat er damals, nach Ihres Katers Tode, die Hypothek nur darum hingegeben, um E Wirtschaft wenn's einmal mit Ihrer Mütter schief- Schen sollte recht billigen Kaufes in die Hand zu be- i^nnnen. Vielleicht aber hat er sich zum Zuziehen der schlinge auch erst von seinein Schwiegersohn breitschlagen Mn. Denn der und sein Kompagnon sind ein Paar ^sichtslos Verwegene, ein Paar Strauchräuber, denen uue vernichtete Existenz nicht mehr gilt als ein totge- Uetener Wurm auf der Straße!"

Gottfried, der ganz zusammengesunken neben dem Meibtisch des Getreidehändlers gesessen hatte, richtete jh langsam aus; in seine Augen trat ein starrer, drohender Asdruck.

Sie meinen wirklich, daß mein Vetter die Wirt- nach sich kaufen will, um Kapital daraus zu en?"

,Aber das ist doch das übliche Manöver, lieber ^ud. Und in Ihrem speziellen Fall? Ihr Wald ' der Zerlitzer Grenze soll und muß der Villenkolonie Een bleiben das weiß ich aus sicherer Quelle.

In Ihrem Besitz aber hält man ihn für gefährdet. Und wenn Hie Märkische Gesellschaft den ersten Bebauungs­plan auch so entworfen hat, daß Ihre Terrains schein­bar als totes Land daliegen - vom Plan zur Aus­führung ist auch bei Gründern ein weiter Schritt; und was hindert die Herren, in dem Augenblick, wo Ihre Scholle in Fritz Reinhardts Besitz nbergegangen sein wird, einen neuen Bebauungsplan herauszugeben? Wer will ihnen verbieten, nun auf einmal Ihre Ländereieü fein frisiert ins Schaufenster zu setzen und die der an­deren Rodenauer als Ladenhüter sn den Winkel zu stel­len? Etwa die Rücksicht auf die Dummen, die der Mär­kischen, mit Geld und Geldeswert auf die Beine halfen? Du lieber Gott . . . mag doch jeder zusehen, wie er seine Terrains auf eigene Faust losschlägt! Zunächst ich nüd dann noch' einmal ich und dann erst die anderen!"

Ob sich denn nicht vielleicht ein fremder Spekulant finden ließe, der Lust hätte, der Märkischen Gesellschaft Konkurrenz zu machen? Der wenigstens noch das Alten­teil meiner Mutter Herausböte, damit der. . . der Lump die Wirtschaft nicht für dieses Lumpengeld in die Fin­get! bekommt?"

Nein . . . dazu liegt die Entwicklung) bei Ihnen noch viel zu sehr im Dunkeln. Drei, vier vielleicht auch schon zwei Jahre später, wenn die Bahn ihre Ren­tabilität erwiesen hat, wenn man erst sehen kann, wie der Hase läuft . . . Aber jetzt? Nein! Und dann . . . hinter die Märkische ist neuerdings eine mächtige Groß­bank getreten, mit der anzubändeln, ich keinem Schwächeren raten möchte. Finden Sie sich in Ihr Schicksal, lieber Freund! Sie sind jung, sie sind tüchtig. Sie werden, sich auch anderswo in der Welt eine neue Existenz erar­beiten - - eine bessere vielleicht, als Sie sie in der Hei­mat hatten!"

Gottfried saß, den starren, drohenden Blick gerade­aus ins Leere gerichtet, und rührte sich nicht. Was' war denn das? Was stand denn da aus einmal vor seinen Augen? Wo war er denn? Träumte er? Die drei: Plathe, Fritz Reinhardt und der Doktorbauer kamen auf ihn zu, flössen zusammen zu einer nebelgrauen, riesen­haften Gestalt. Und diese Gestalt, die bald die Zuge des ersten, bald die des zweiten, bald die des dritten seiner

Feinde zu tragen schien, die bald mit des einen, bar» mit des anderen Stimme redete, reckte dis unförmigen Arms nach seinem Hause und rief zuletzt, die Fratze höhnisch verzerrend:Fort, Totschläger! Du hast hier nichts mehr zu suchen!"

Wo bist du denn eigentlich? In Berlin? im Bu­reau des Geireidehändlers? Nein! In Robenan bist du . . . Am Torweg deines Hauses stehst du, deine und deines Weibes Heimstatt vor der nebelgrauen, riesenhaften, höhnisch grinsenden Gestalt zu schützen . . . Und wie sie nicht von dir weicht, näher auf dich eindringt, was tust du? . . . Den schweren Eichenpfosten des Torwegs reißt du Ms, als wären dir S im so ns Kräfte verliehen, und schlägst damit die drohend vor dir aufgereckte Gestalt nieder. Eine breite Lache dunklen Blutes ergießt sich vor dir und verliert sich in den Sonnenschein draußen . . .

Was ist denn das mit dir? Träumst du am Hellen Tage, Mit offenen Augen? ...

Taumelnd, Aie trunken, stand Gottfried auf und ging. Doch die Sorge schritt nicht mehr an seiner Seite. Sie war geflüchtet vor etwas Größerem, Gewaltigerem, neben ihm daherschwebte, geistergleich, und sein ganzes Wesen Erfüllte.

Nein, sie ist nicht erloschen in dir, die Sehnsucht nach Recht und Gerechtigkeit. Sie brennt in dir wie eins ungeheure Flamme, die dich wärmt und kräftigt, sie hüllt dich ein wie eine ungeheure Flamme, in der du einher- gehst, ohne von ihr verzehrt zu werden.

Gott, gib mir mein Recht! In mir steht's: Schlag ihn tot! Gott, gib mir mein Recht; sonst nehm' ich's mir. Oder bist du's selber, der das in meine Brust geschrieben hat: Schlag ihn tot! . . . ?

Er wußte, daß seine Frau, von Hoffen und Verzagen hin und her geworfen, ihn daheim mit fiebernder Unge­duld erwartete. Aber er ging doch noch erst zu dem Rechtsanwalt, der ihn einst vor dem Militärgeri dt ver­treten hatte, und fragte:

Ist .das kein Verbrechen, wenn einer, um sich zu bereichern, seinen Mitmenschen von Haus und Hof treibt?"

Ich verstehe Sie nicht . . .?"

(Fortsetzung folgt.)