Mtharlnr Loge blieb Int WiU'isaal, saß von dort »arrW M den Oster kommen, etwa 1/^7 Uhr. Oster sagte che « aller Ruhe, ks sei besser, sie gehen naH Hause, bi« b«

^ts Sauerei vorher sei. Don der Drohung des Oster Habs nichts gehört.

Emma Kraut h sagt kn gleicher Weise anS und erzählt g daß die Marie Heiler ihr die Drohung von Oster mit- ^^,e. Zu ihr selbst habe Oster mich nur gesagt, sie soll« »t-sser nach Haus« gehen. Ob er abernach Hause" oderzu sKmHs" sagte, wisse sie nicht sicher. (Dabei wird aber gerade «O dem Ausdruckzu .Hause" gefolgert, dass das Oster gewesen » müsse, weil ein Württemberg«!: so nicht sagch.

Babett« Vogelmann teilt mit, dost Oster am Abend HO 21. Oktober während des Auflaufes immer sehr auf dt« Streikenden einwirkte, ja sich ruhig zu verhakten und die Ar­beitswilligen nicht zu behelligen.

Wilhelm Cherubin bezeugt, baß. die Anna Habicht niM «lt Steinen geworfen habe. Er hat nur hinen Stein Werse« Ach«!, von fftnem Italiener.

Robert Knobtoch, Portier in den Fahrradlverken, hat am Ekbeud des 21. Oktober gehört, daß sehr viele Stein« geworfl Wurden. Er hatte den Eindruck, daß sstr diesen Abend etwl besonderes geplant ioar. Anch dieser Zeuge hat Kinder in, roter Fahne gesehen, die riefen: Hoch die SozialdeM»kraW, Mts schrecklich!)

Damit ist das Zeugenverhör von 102 Zeugen und 11 An­geklagten beendet und wird noch der Zeuge Jaana nachträg­lich beeidigt. Für diesen beantragt Gumbel I außerdem, daß Ithm seine Gebühren kr kam extra von Wien aus der Staatskasse erlegt werden. Die Beschlußfassung hierüber wird Aurückgestellt.

. Nachmittagsfitzuu«.

Dir Sitzung beginnt mit dem Plaidoyer ö'es Staats- »Nloa lies. "Er erklärt, haß er sich bemühe, so objektiv zu j^in wie möglich und wo kr zweifelnd sei, die Anklage fallen , §u lassen. Sodann stellt er fest, daß die Lohnveränderung bei her Firma Spohu -tatsächlich wenn auch nicht nach dem Dillen der Firma eine Verschlechterung der Arbeiter be­deutete. Di« Lohnreduzierung sei aber auch für die Fabrik, hie seit ihrem Bestehen noch nicht rentiert habe, eine Existenz­frage gewesen. Dasselbe gelte freilich bei den Arbeitern ehen- lo, besonders bei diesen teuren Lebensmitteln. So sei zu sagen, Rch beide Parteien im Rechte waren, sofern es sich um die drchlichen Grundlagen des Kampfes handelt. Die Frage sei »ur die, ob die Arbeiter sich im Rahmen des Gesetzes gehalten habe». Hier sei aber bei den Arbeitern von Anfang an ge­hehlt worden und besonders die Voraussetzungen für Landfrie- bensbruch am 21. Oktober abends seien durchaus erwiesen. DcK gehe aus verschiedenen Momenten, besonders aus dem Zu­rück holen der Frau Lock und dein Verhalten der Arbeiter der Mahrradwerke deutlich hervor. Bezüglich des Oster scheine »hm pik Beteiligung und Billigung an dem Landfriedenspruch er- lvichen. Er halte Oster für einenWolf im Schafspelze", der lekber ein Feuer schürte und dem es ganz recht war, wenn nachher ein gewaltiger Brand entstand. Das haben besonders hie Aussagen der Frau Stoll und des Richard Spohu deutlich ^geben. Besonders scheine fest zu stehen, daß Oster den Ruf: Jetzt kommt der Revolver, der Revolver raus" tatsächlich ge­tan habe, und damit habe er sich durchaus des Landfriedens­bruchs schuldig gemacht. Bezüglich der Vierro, Cherubin und Donbrowa sei zwar nicht nachgewiesen, daß sie etwas beson- dercÄ getan haben, aber sie seien mit unter dem Haufen ge­wesen und daraus ergebe sich ihre Beteiligung an der Straf­tat. Bei der Angeklagten Hvsfmann stellt der Staatsanwalt die Schuldfrage in das Ermessen der hohen Strafkammer. An­ders liege es mit der Sache der Habicht, die von allen weib­ticheu Angeklagten am meisten belastet fei. Hier sei die Schuld- ^age des Landfriedensbruchs durchaus gegeben, und er bean­trage Verurteilung. Der Angeklagte Veith sei nur von 2 Kna­ben belastet, die schließlich sehr unsicher wurden und er stelle dichm gegenüber auch die Schuldfrage in das Ermessen des Gerichts. Der Angeklagte Huber sei in einer Frage nicht ge­nüge,ü> belastet, da die drei Zeugen sich schließlich sehr wider­sprachen, nämlich bezüglich der Bedrhoung der jungen Arbeiter von Obereisesheim. Hier stellte er die Schuldfrage in das Ermessen der Strafkammer. Dagegen sei dessen fortgesetzte Nö­tigung gegenüber der Höhmig erwiesen und auch für dasselbe Vergehen gegen Schilltnger seien hinreichende Beweisführungen gegeben worden. Die Anklage gegen Oster bezüglich der Be­drohung auf dem Bahnhof am 21. Oktober sei für ihn er­wiesen. Oster sei zweifellos zweimal auf dem Bahnhof gewe­sen, das erstemal, wo er gedroht und belästigt habe, allein und das zweitemal mit der Frau Fischer. Er beantrage also hier die Schuldfrage zu bejahen. Außerdem sei Oster schuldig, ime Anzahl Arbeitswilliger belästigt und beleidigt zu haben. Die Angeklagte Habicht sei sicher schuldig, am Mittag des 21. Oktober mit einem Stein auf die Heist geworfen zu haben. Die Vierro habe Pfuirufe gegen die Arbeitswilligen geschlendert. Beide haben sich also gegen den § 153 der Gewerbeordnung vergangen. Der Angeklagte Blechatsch sei überwiesen, sich des Wchecstands schuldig gemacht zu haben, auch wenn er schließ­lich zu Unrecht verhaftet zu werden glaubte. Bezüglich des Ttrasmaßcs will der Staatsanwalt das südliche Blut der An­geklagten, ihre Stellung als Ausländer und teilweise als ur° teilsnnsichere Frauen berücksichtigen und beantragt deshalb für die Vierro, Donbrowa, Habicht und Cherubin je für das Ver­gehen des Landfriedensbruchs 3 Monate Gefängnis. Für Oster wegen des gleichen Vergehens 4 Monate. Bei Bemessung der Grigcn Strafmaße bittet er diese Strafen zu berücksichtigen.

Der Verteidiger RA. Gumbel I gehl zunächst auf die Frage ein, ob überhaupt die Voraussetzung des Landfriedens- bnich gegeben sei. Das stellt er auf Grund der Beweisauf­nahme entschieden in Mrede. Es habe sich das Heimholen der ^ Lock, das Ansammeln der Arbeiter, das Verhalten der 'Ä I Kinder, das Auslöschen der Laternen ic. als durchaus harmlos Abgeklärt. Und es fehl« durchaus das gemeinsame Bewußtsein A>d der gemeinsame Wille zur Gewalttätigkeit, die das absolut Notwendige Moment des Landfriedensbruchs sei. Aber selbst o>« Iden» man, wie die Anklage daran festhalte, fei zur Evidenz er- ag »Kiesen,- daß Oster sich daran nicht beteiligt habe. Außerdem ns Uci seftzustellen, ha ßdie ganze Erregung an diesen: Abend zu- Idickzusühren sei einmal auf die Verschärfung und Ausdehnung "'Kampfes, dann auf das Verhalten des Emmerich, der für " Skandal am meisten verantwortlich zu machen sei. Die m- iverhandlung habe aber jedenfalls zweifelsfrei festgcstellt, daß pv IDster geradezu das Gegenteil von dem gewollt und getan habe, en »bar ihm zur Last gelegt wird, er hat beruhigt und abgewehrt W es sei ganz ausgeschlossen, die Schuldfrage zu bejahen. ^ ^ die Angeklagte Hoffman» sei die Beweisführung für

Schuldlosigkeit glänzend gelungen. Für die Angeklagten chk loonbrowa und Habicht sprechen auch 75 Proz. Wahrscheinlich­es« Mt für ihre Schuldlosigkeit und er halte auch hier die Schuld-

Wahung für ausgeschlossen. Bei den Angeklagten Vierro und

«»Ein sei festzustellen, daß deren Belastungszeugen Heist und ^ unter ihrem Eid behauptet haben, auch die Hosf-

^ 'Hi dabei gewesen. Das sei mindestens eine objektiv falsche, am Vehm>ptung und so haben auch die übrigen Aussagen keine 'weiskrast. Es sei also durchweg der Beweis nicht erbracht,

> irgend eines der Angeklagten den bewußten Willen hatte, Gemeinschaft mit anderen Gewalttätigkeiten zu begehen. Für i > anderen Vorgang am Bahnhof morgens am 21. Oktober Amt zur Belastung Oster's lediglich die kaum 16 Jahre s Marie Heiler in Frage. Diese habe nun behauptet, daß a sowohl gerufen habezu .Hanse, zu Hause" wie:die iw, die herkommt, der stecke ich das Messer in den Ranzen". VMn habe der Dtanrer Dich; beschworen, daß diese Aeußer- Vn von zwei verschiedenen Perionen getan wurden. Schon das W widerspreche sich. Dann aber beweisen die Aussagen der Agen Spohn, Dietz,- Kohlberger, Pfeifer und anderer, daß auch zeitlich ganz ausgeschlossen ist, daß Oster diese Aeußer- ! getan hat. Seme Unschuld ist voll und ganz erwiesen.

wegen Vergehens gegen 8 153 der Gewerbeordnung .och gründet auf Belastungen der Zeuginnen Mazurana und ebenfalls durchaus in sich zusammen. Einnial ^ sich besonders die Mazurana als wenig glaubwürdige Zeu- erwiesen. Scchann stehen diesen Aussagen durchaus geg-

!g

e-

>«

ht

«t

cd

a-

ss>

-Pi

»s

st

iw

st!»

»

n*

izs

»p

r«

nerrfW Behauptungen gegenüber. Und es sei dem Verteidiger feststehend, daß auch hier die Schuldfrage zu verneinen sei. Genau so liegen die Dinge bei dem Fall Mißig. Es fei von der Zeugin Heiß und dem Zeugen Knobloch festgestellt wor­den, daß Oster niemals Arbeitswillige belästigt habe. Auch hier asso sei gar nicht bewiesen worden, das stichhaltig wäre und so komme er zu dem Antrag auf vollkommene Freisprechung. Was die allgemeine Frag« des Lohnkampfes bei Gebr. Spohn anlange, so sei festzustellen, daß viele Arbeiter aus dem Aus­land geradezu gelockt worden seien mit schönen Versprechungen. Die Firma Spohn Hab« dann bald und wiederholt versucht, die Löhne zu drücken, offen durch Kürzung und auf Umwegen durch Veränderung der Arbeitsausteilung. Es habe aber die Gleichberechtigung beider Parteien in einem solchen Kainpfe darin seine Grenze, daß der Arbeitgeber unter ein gewisses Maß der Lebensmöglichkeit seine Arbeiter nicht drücken dürfe. Außerdem Hab« es die Firma Spohn an jedem Entgegenkommen fehlen lassen. Sie habe den Arbeiteransschüß nicht gehört, das Eiingungsamt des Gewerbegerichts ignoriert, die Beauftragten der Gewerkschaft nicht anerkannt und selbst das Vermitteln der Gewerbeinspektion abgelehnt. Das habe neben einer tatsäch­lichen Verschlechterung der Lohnverhältnisse sehr erbittert und wenn Herr Spohn den Angeklagten Oster als den Hauptschuld­ner darstckle, so habe die Klarlegung der ganzen Verhältnisse deutlich gezeigt, wo tatsächlich die Schuld in diesem ganzen Streit liege. (Von der Tribüne kommt starker Beifall, der scharf gerügt wurde).

Verteidiger RA. Dr. Paul geht schließlich noch auf die üb­rigen Anschuldigungen der Angeklagten Donbrowa, Huber, Ble­chatsch, Vierro und Habicht ein, um anch für sie an Hand -er Beweisaufnahme für Freispruch zu plaidieren. Die für diese Anklagen gestellten Zeugen haben sich wie Schillinge« und Höhmig, Heist und Mazurana wiederholt selbst widersprochen. Dann stehen überall beeidigte Aussagen gegen Aussagen, so daß ein Urteil auf schuldig nicht ergehen könne. Und endlich seien solch starke Täuschungen und Irrungen durch die Beweis­aufnahme festgestellt worden, daß schließlich auch das wenige,

ESWSMWL- i,"

! Hakki Beh, der neue tückische Großwesir.

was noch vorhanden sei, keine genügende Beweiskraft mehr habe. Er beantrage deshalb vollständige Freisprechung, Für die recht­liche Seite der Sache ist Dr. Paul der Meinung, daß der ß 153 der Gewerbeordnung überhaupt nicht in Frage kommen könne, weil es sich nicht um Erlangung besserer, sondern nur ccm Er­haltung bestehender Arbeitsbedingungen gehandelt habe. Es fehle die Voraussetzung dessen, was 8 152 der Gewerbeordnung umschreibe, folglich könne anch nicht der § 153 für eventuell damit verbundene Vergehen angewendet werden. Demgemäß könnten Strafen auch nur nach den allgemeinen Strafbestimm­ungen festgesetzt werden, falls was er aber für ausgeschlossen halte die Schuldfrage in irgend einem Fall bejaht würde. Für diesen Fall beantrage er jedoch, daß sämtliche Haftbefehle eventuell gegen Sicherheitsleistung sofort aufgehoben wer­den und daß die sehr lange Untersuchungshaft voll zur An­rechnung komme.

Der Staatsanwalt stimmt dem letzten Antrag zu, lehnt aber den ersten wegen Fluchtverdacht der Ausländer «ä>.

Das Urteil wird morgen Abend gegen 7 Uhr verkündet.

Heilbronn, 25. Jan. Die Verhandlungen des 1. Quartals haben gestern begonnen. Der erste Fall betrifft die Strafsache gegen den 18 Jahre alten Flaschnergesellen Karl Aug. Spohn und den 18 Jahre alten Taglöhner Franz August Bogt, beide von Neckarsulm, je wegen Meineids, Vorsitzender ist Land- gerichtsdirektor Fischbach, Verteidiger Rechtsanwalt Ro/en­gart. Die Angeklagten waren am Sonntag den 8. August mit zwei Kameraden, Vogler und Heinrich Spohn, ebenfalls von Neckarsulm, in Dahenfeld. Nachdem sie zwei Wirtschaf­ten besucht hatten, ging der Heinrich Spohn fort. Sein Vetter, der Karl Spohn, wollte ihn nun zurückholen und entlehnte zu diesem Zweck von dem ihm bekannten Sohn des Dahenfelder Polizeidieners Hohenreute« ein Fahrrad. Der Polizeidiener Hvhennreuter vermutete nun, daß Spohn mit dem Fahrrad durch­gehen wolle. Er hat ihm deshalb in Gemeinschaft mit einigen ander» Dahenfeldern nachgerufen, er solle zurückfahren. Spohn Art dies getan und wurde nun gezwungen, das Fahrrad an den Ort znrückzuführen, wo er es entgegengenommen hatte. Als die Angeklagten und Vogler miteinander Dahenfeld verliehen und ca. 6080 Meter von der Gruppe der Dahenfelder weg warm, sollen sie zurückgerufen haben: Ihr Dahenfelder Lum­pen, kommt heraus, wenn Ihr was wollt. Die Angeklagten Mk> Zeuge Vogler, der aber wegen der Gefahr der Begünstig­ung nicht vereidigt wird, bestreiten entschieden, diese Aeußer- ungen znrückgernfen zu haben, während die Zeugen überein- tzimmend bezeugen, daß diese Schimpfwort« gefallen sind,

Die Angeklagten behaupten, es habe lediglich Vogler ziem­lich laut gesagt: Der Heiner, der Saudackel, lauft jetzt voraus. Gemeint ist hiemit der Heinrich Spohn, der sie vorher ver- laMn hatte.) Drei der Dahenfelder, Ludwig Heinrich, Kilian Bauncgart und Wilhelm Kühner sind nun den Angeklagten und Vogler nachgesprungen und haben die drei verprügelt und hatten sich deshalb vor dem Schöffengericht in Neckarsulm zu ver­antworten. Die Angeklagten hatten nun in dieser Verhand­lung beschworen, daß sie diese Schimpfworts nicht gebraucht haben. Die Geschworenen verneinen bei beiden Angeklagten die Frage des wissentlichen Falscheids und bejahen diejenige des fahrlässigen Meineids. Der Staatsanwalt beantragt eine Gefängnisstrafe von 10 Monaten. Der Verteidiger bittet an­gesichts der Jugend der Angeklagten um eine milde Bestrafung. Das Gericht erkennt auf eine Gefängnisstrafe von je S Monaten Mb Bezahlung der Gerichts kosten.

Heilbronn, 26. Jan. Der zweite Fall betraf den 29 Jahre »lken ledigen Dienstknecht Hermann Albert Sieber von Hoch- bi»U OA. Waiblingen. Er ist beschuldigt, er habe am 13. Juli 1909 vor dem K. Schöffengericht Marbach in der Strafsache gegen den Dienstknecht Hermann Wahl von Siegelhaufen, OA- Marbach, wegen Körperverletzung unter seinem Eid angegeben, er habe gesehen, wie Wahl die Emma HLnßermann in der Küche ihrer Eltern geküßt hat, während er dies in Wirklichkeit nicht sah uird diese sich auch gar nicht geküßt hatten. Der Angeklagte ist mit dem Wahl verfeindet, und hatte über die HLnßermann mehrere univahre Gerüchte ausgcfprengt es kam auch zu einer Mißhandlung Siebers durch Wahl, welche vor

dem Schöffengericht Marbach ihr? Erledigung sank, wobei Siebäd den Meineid geschworen haben soll. Von den Zeugen wurde: der Emma Häußermanu durchweg ein gutes Zeugnis ausgestellt,- auch gab Sieber die Möglichkeit zu, er könne sich anch getäuscht, haben. Die Anklage vertrat Staatsanwalt Moser von Filseck, Verteidiger war Rechtsanwalt Dr. Sprvhule. Zur Verhandlung ivaren 19 Zeugen geladen. Den Vorsitz führte LandgerichtS- direktor Fischbach. Die Geschworenen unter ihrem Obmann Jo­hann Daigeber, Oberinspektor in Züttlingen, verneinten die Schuldfrage auf Meineid, bejahten dagegen dieselbe auf fahr­lässigen Falscheid. Es wurde folgendes Urteil verkündet: Der Angeklagte vckrd wegen eines Vergehens des FaUcheids zu dev Gefängnisstrafe von 4 Monaten, worauf zwei Monate Unter­suchungshaft angerechnet werden, verurteilt, auch verpflichtet, die Kosten des Verfahrens- zu tragen.

Hall, 25. Jan. (Schwurgericht.) Gestern haben hier die Schwurgerichtssitzungen des ersten Quartals ihren An­fang genommen. Me Tagesordnung umfaßt nur drei Fälle, der erste Fall betraf den 60 Jahre alten ver­heirateten Taglöhner Friedrich Geck von Adolzfurt OA. Oehringen, wegen versuchter Notzucht. Tem An­geklagten, der schon einigemale tvegen grober Mißhandlung seiner eigenen, bedeutend jüngeren Ehefrau erheblich vor­bestraft ist, ist zur Last gelegt, er habe Ende Oktober v. I. eine in Abwesenheit seiner Frau zufällig zu ihm ins Haus gekommene junge Frau zu vergewaltigen versucht. Me Verhandlung fand unter Ausschluß der Oefsentlichkeit statt und der Angeklagte wurde im Sinne der Anklage für schul­dig gesprochen, doch wurden ihm mildernde Umstände zuge­billigt, worauf er zu der Gefängnisstrafe von acht Mona­ten verurteilt wurde. Ein Monat der erlittenen Unter­suchungshaft kommt in Anrechnung.

Stuttgart, 25. Jan. In dem Prozeß des Freiherrn von Münch wurde heute vom Oberlandchgericht das Urteiö verkündet. Die Berufung des Freiherrn von Münch gegen das Urteil des Landgerichts Rottweil, das die Entmündigung bestätigte, wurde z ur ü ck g e w i e? e n unter Znscheidung de:' Kosten des Verfahrens.

Zusammenstoß zwischen Motorradfahrer und Hund.

Bei dem meist übertrieben schnellen Tempo der Motorrad­fahrer gehören Unfälle nicht zu den Seltenheiten, sei es daß der Fahrer selbst verunglückt oder Gesundheit und Eigentum der' Passanten verletzt. Es ist deshalb zu begrüßen, daß das Reichs­gericht in .einer neuen Entscheidung vom 16. Dezember 1909 die Motorradfahrer in die ihnen Angewiesenen Schranken per­weist. Es handelte sich dort um einen Fall, in welchem dev Fahrer selbst verunglückt war. Auf der Straße lag ein Hund und sonnte sich. Beim Anblick des herankommenden Motor­rades erhob er sich und wollte, um nach dem gegenüberliegen­den Anwesen seines Herrn zu gelangen, die Straße'überqueren. Hierbei kam er mit dem Motorradfahrer in Kollision. Der letztere stürzte und erlitt erhebliche Verletzungen. Bon denk Besitzer des Hundes verlangte er Schadensersatz sic Höhe von 3600 Mark. Seine Klage wurde jedoch in allen 3 Instanzen abgewiesen, weil Len Kläger ein eigenes Verschulden treffe. Sehr bemerkenswert ist die Begründung hierzu: Wenn der Kläger auch die polizeilich zugelafsene Höchstgeschwindigkeit nicht über­schritten hat, so war er doch nach allgemeinen Grundsätzen auch bei mäßig schneller Fahrt verpflichtet, die durch 'die Umstände gebotene Vorsicht zu beobachten und von den ihm zu Gebots stehenden Hilfsmitteln Gebrauch zu machen, um einen Unfall zu vermeiden oder doch seine schadenbringendeu Wirkungen ab» zuschwächen. Zu langsamem Fahren war der Kläger schon we­gen der Nähe bewohnter Häuser, der abfallenden, nicht ganz ebenen Straße und nicht vollkommen übersichtlichen Fahrbahn genötigt. Er mußte mit der Möglichkeit plötzlich und unver­mutet auftanchender gefahrdrohender Hindernisse rechnen. Da­von abgesehen mußte ihn aber auch das Aufspringe» und Ge­bühren des Hundes zur Vorsicht mahnen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dem Kläger erkennbar war, daß der Hund lediglich vor dem Rade flüchten und die andere Seite der Straße habe gewinnen wollen, jedenfalls mußte der Kläger mit der Möglich­keit eines Zusammenstoßes rechnen.

Nah und Fern.

, Sturm und Unwetter.

Airs dem bayerischen Walde kommen Nachrich­ten über u ngeheure Schneefälle. Auf der Strecke zwischen Zwiesel und Teggendork liegt der Schnee stellen­weise mehrere Meter hoch. '

Ein großer Teil Italiens wird vom Unwe t- ker heimgesucht. In den letzten zwei Tagen gingen über Rom wol kenbru cha rtig e Regengüsse nieder. Im Hafen von Neapel richtete das Unwetter unter den Fischerfahrzeugen großen Schaden an. Ter Quai Pia Caracciolo wurde beschädigt. Auch in der Umgegend von Genua hat das Unwetter Schaden angerichtet. In Pa­lermo wütet seit zwei Tagen ein heftiger Sturm, der allenthalben viel Schaden anrichtet und im Telephon- und Telegraphenverkehr große Störungen verursacht. Mehrere Barken, die durch den Sturm in Not geraten waren, wur­den von der Besatzung des deutschen Schulschiffes Hansa gerettet.

Auch in Paris hat die Ueberschwemmung weite­res Unheil angerichtet. Präsident Fallieres hat die überschwemmten Gebiete ausgesucht. Eine öffentliche Hilfs­tätigkeit ist organisiert worden. Ter Doube ist nach ei­ner Meldung aus Chalon-sur-Saone über die Ufer getreten und hat mehrere Ortschaften überschwemmt.

Reu«- bis zwölfjährige Raubmörder.

In Braunau (am Inn) ist von den 3 Söhnen des dortigen Stationsvorstehers, die im Alter von 912 Jahren stehen, eine furchtbare Bluttat verübt worden. Die Knaben haben aus Verabredung einen Laden erbrochen, die Kasse aus­geraubt, Waren gestohlen und die Frau des Geschäfts!«- Habers erschlagen. Sie sind sofort verhaftet und einem Verhör unterzogen worden, bei dem sie ihre Tat ohne Reue ein gestanden.

Kleine Nachrichte«.

Ein unheimlicher Fund wurde gelegentlich des letzten Hochwassers bei Mundelsheim auf einer zwi­schen dem Mühlkanal und dem Neckar befindlichen Insel rm Weidgebüsch gemacht: ein abgetrennter menschlicher Fuß, dessen Fleisch zum großen Teil schon abgefault n-ar, während noch ein Schuh und Ueberreste des Strumpfes' daran hingen. Tie .Herkunft des Fundes ist noch unauf­geklärt.

Stuttgart, 25. Jan. Bierbrauerbesitzer H. Wid maier in Möhringen verkaufte sein Anwesen, Kangelsbachstraße l i» (Brollsche Wirtschaft) an Restaurateur Richard Lutz zumLeon­hardshof" um 166000 Mark. Die llebernahmc erfolgt am 4. Oktober.