Hört, Hört" und Pfuirufe im Zentrum und bei-den Polen). Tatsächlich hat man die polnische Gefahr nur vorgeschützt, um durch andere Zusammensetzung der Gemeindekörperschaften ein Ge­meindewahlrecht zu erreichen, das auch für die Körperschafts­wahlen einen antipolnischen Einfluß schaffen konnte. Wir kla­gen die Regierung an, daß sie im Kampf, den der Mittelstand und der Arbeiterstand mit dem Großkapital führt, offen zu Gunsten des letzteren Stellung genommen hat. Wir klagen fie an, daß sie. mit solchen Maßregelungen gegen die Ver­fassung verstoßen hat.

Staatssekretär Delbrück: Bei den Wahlen haben vier­zehn Postbeamte und ein Beamter der Reichsbank für die Polen ihre Stimmen abgegeben. Außerdem hat ein noch nicht wahlberechtigter Postbeamter sich agitatorisch betä­tigt, trotzdem alle diese Beamten durch die Vorgesetzten über ihre Pflicht belehrt worden waren. (Lärm links und Zurufe). Diese Beamten wurden versetzt. Es handelt sich nicht um Strafversetzungen, sondern um Versetzungen im Inte­resse des Dienstes. (Gelächter links und Zurufe). Ich kann verlangen, daß Sie mich ruhig anhören. Diese Beamten wurden versetzt nach Orten, wo sie keine Gefahr laufen, mit ihrer Beamtendiszpilin in Konflikt zu kommen. Sämtliche Reichsbeamte sind nach dem Reichsbeamtengesetz auch Landes­beamte, die nach dem preußischen Gesetz dem König Treue und Gehorsam geschworen haben. Die Beaten stehen grundsätz­lich in Ausübung ihrer bürgerlichen Rechte allen Staatsbürgern gleich. Ihre politische Betätigung ist aber durch ihre Stellung zu ihrem Staate eingeschränkt. (Widerspruch links. Beifall rechts), lieber die Grenze entscheiden Takt- und Pflichtgefühl. Jedenfalls ist es mit der Stellung eines Beam­ten unvereinbar, Bestrebungen zu unterstützen, die mit ihren letzten Zielen gegen den Bestand des Staates gerichtet sind. (Sehr richtig, rechts. Lärm links und bei den Polen). Bei dem schweren Standpunkt, den Preußen zur Zeit in der Ost- mark hat, handelt es sich darum, diese Landesteile, die in harter Arbeit vieler Menschenalter zu kulturell ebenbürtigen Gliedern des preußischen Staates geworden sind, der polnisch- slawischen Kultur nicht anheimfallen zu lassen und damit auch schließlich ihrer äußeren Lösung vom preußischen Staate ent- gegenznwirken. (sehr richtig, rechts.) Wer diesen Boden ver­läßt, verläßt den Boden der Verfassung. (Wieder­holter Beifall rechts, Lärm und Pfeifen bei den Polen und im Zentrum).

Das Haus tritt sodann in die Besprechung der In­terpellation ein.

Abg. Gröber (Ztr.): 'Daiür. daß es sich um eine groß- polnische Agitation handelt, verlange ich noch von dem Staats­sekretär den Beweis. Es handelt sich um Ausübung eines staatsbürgerlichen Rechts, und da hat ein Vorgesetzter nicht die Befugnis,^ einzuschreiten. Im dienstlichen Interesse sind also diese Versetzungen nicht erfolgt. Man hat die Beamten maß­regeln zu müssen geglaubt, weil sie die Weisungen der Vorge­setzten nicht befolgt haben. DaS verfassungsmäßige Recht der Beamten darf durch Vorgesetzte nicht dahin beschränkt werden, in welchem Sinn es ausgeübt wird. Der Reichskanzler war sehr schlecht beraten, als er sich mit dieser Maßregel einverstanden erklärte. Er möge das geschehene Unrecht bald wieder gut machen.

Wg. Heinze (natl.): Die günstige Stimmung für das Polentum wurde von ihm selber durch das Bestreben der Wieder­aufrichtung des polnischen Reiches beseitigt. (Uhu! bei den Polen!. Die Polen fühlen sich in erster Linie als Polen.

(«Lehr richtig! bei den Polen!. Die Polnischen Kreise nähren womöglich dieses Gefühl und säen Haß. Die polnische Presse bezeichnet die Erlangung politischer Unabhängigkeit als das Ziel der polnischen Bewegung. Angesichts dieser Agitation ist es Pflicht jedes Deutschen, für die Erhaltung des Deutschtums in Schlesien zu sorge». Wer uichr national zuverlässig ist, mu ß entfernt werden, gleichgültig, auf welche ^ Weise diese Gesinnung zur Kenntnis der Regierung kvmmt. (Sehr richtig, rechts). Das Zentrum durfte auf seine Liste nicht staats­feindliche Polen setzen. (Oho! im Zentrum). Die polnische Frage berührt das ganze Deutsche Reich und die Regierung muß hier jederzeit energisch durchgreifen. Dabei werden wir sie stets unterstützen. (Beifall rechts und bei den National- liberalen. Zischen bei den Polen und dem Zentrum).

Abg. Henning (kons.): In Fragen der Staatserhaltnng und der vaterländischen Pflichten stehen wir immer an der Seite der Regierung, so auch hier. (Bravo! rechts). Wir wollen keine Feindschaft mit den Polen. Wir wollen aber Deutsch­land nicht polonisieren lassen. Die Behörden müssen das Recht behalten, ihre Beamten zu versetzen. Eine Strafversetzung ist darin nicht zu erblicken.

Staatssekretär Krälke: In einem Grenzort wie Katto- witz dürfen Beamte keine Bestrebungen unterstützen, die direkt gegen die Regierung gerichtet sind. Zweifellos sind den kom­munalen Körperschaften wichtige staatliche Interessen anver- trant, darum müssen ihre Mitglieder von deutsch-nationalem Sinn durchdrungen sein. Das trifft zweifellos auf die Ver­hältnisse in Kattowitz zu. Die Fülle in Freiburg, Düssel­dorf usw., wo Beamte für Sozialdemokraten gestimmt haben sollen, sind nicht zu meiner Kenntnis gekommen. Wir sind auch nicht mit Härte in Kattowitz vorgegangen. Die Orte, in welche die Beamten kamen, haben auch katholische Kirchen. Wir haben die religiöse Betätigung nicht verkürzen wollen. Eine solche Behauptung ohne Beweis, vorzubringen, entspricht nicht der Stellung eines Abgeordneten. Die Negierung wird

Volker-Evangelium

von Otto Umfrid.

(Fortsetzung.)

Ala» stößt nun aber vielfach auf die Meinung, die Kriege seien eigentlich nur Wirtschaftskriege und müssen als solche immer wieder entstehen, sobald eine starke Wirtschaftsgruppe in ihren Ausdehnnngsbestrebungen ans eine andere starke Gruppe stoße. Das ist eine höchst einseitige Betrachtungsweise. Es ist wahr, es hat sogenannte Wirtschaftskriege gegeben, wie den Opium­krieg und den Transvaalkrieg. Aber das sind Ausnahmen und die Ausnahmen bestätigen die Regel. Die meisten Kriege sind nicht aus wirtschaftlichen Konflikten, sondern aus Macht­kämpfen zu erklären. Es ist richtig: die Kapitalisten pflegen aus siegreichen Kriegen Vorteile zu ziehen; da sie aber Heu Sieg noch weniger zum Voraus in der Tasche haben als die

Generäle, da sie vielmehr wissen, daß jeder Krieg auch un­

geheure wirtschaftliche Gefahren mit sich bringt und daß unter allen Umständen beim Kriegsausbruch furchtbare finanzielle Ver­luste zu verzeichnen sind, gehen doch in der Regel schon bei bloßen Kriegsgerüchten Millionen an der Börse verloren

so gebietet es die Vorsicht, daß sie nicht mit dem Kriegs-

fcucr spielen. Tatsache aber ist es, daß 'in der Regel nicht die geldgierigen Bankiers, sondern die ruhmsüchtigen Staats­männer die Kriegsfurie entfesseln. Wenn nun trotzdem ein finanzieller Vorteil für eine Gruppe von Bankiers heraus­kommt, so ist man doch nicht genötigt, diese Leute als die eigent­lichen Urheber des Kriegs zu betrachten. Wer das tut, der verwechselt einen Nebennmstcmd mit der bewirkenden Ursache.

Die Völker aber sollen wissen, daß die Volkswohlfahrt durch

jeden Kriegsausbruch aufs schwerste geschädigt wird, ist es doch durch tausendfache Erfahrung bestätigt, daß, sobald die Kricgs- trompete schmettert, die meisten Fabriken stillstehen schon au« dem einfachen Grund, weil die Arbeiter zur Fahne gerufen werden, aber auch darum, weil in Kriegszeiten kein Absatz für die Waren zu finden ist, daß eben damit die Familien ihrer Ernährer beraubt werden, daß infolgedessen kein Geld vorhan­den ist, um die nötigen Nahrungsmittel zu kaufen und daß die Lebensmittel selbst wieder infolge der Ar'.egsunrnhen

- von Woche zu Woche im Preise steigen, so daß insbesondere die armen Leute der gräßlichsten Not entgegengehcn .... So wenig wahren Vorteil bringt der Krieg. Es ist daher ganz abgesehen von vielem anderen, schon ans wirtschaftlichen Grün­den die erste Pflicht der Völker und Regierungen, ihn zu vermeiden.

Für gewisse Leute aber erscheint der Krieg nicht bloß nn-

ihren Standpunkt beibehalten. (Bravo rechts und bei den Nationalliberalen. Zischen im Zentrum und bei den Polen).

Staatssekretär Delbrück: Kein Recht ist unbegrenzt; somit hat auch das staatsbürgerliche Recht der Beamten seine Grenzen. Der in den Staatsdienst freiwillig tretende Beamte kennt diese Beschränkung, die sich besonders aus dem Beamten­gesetz ergibt. Dafür erlangt der Beamte ideele und materielle Vorteile, äußere Ehren und eine gesicherte Stellung. Seine Haltung muß mit den Interessen des Staates übereinstimmen, sonst muß der Beamte die Konsequenzen daraus ziehen. Auf jeden Fall mußten die Herren im Interesse des Dienstes ver­setzt werden. (Beifall rechts, Zischen im Zentrum und bei den Polen). An den guten Beamtencigenschaften der versetzten Herren ist nicht zu zweifeln. Die großpolnische Bewegung hat erst in den 80er Jahren eingesetzt. Westpreußen und Posen verdanken ihren Wohlstand und ihre Bildung dem preußischen Staat. Preußen kann sich die Früchte seiner Arbeit nicht rau­ben lassen. ES .ist sein gutes Recht, sich zu verteidigen gegen jeden Gegner, und darin wird es sich nicht irremnchen lassen. (Lebhaftes Bravo!)

Vizepräsident Spahn schlägt nunmehr Vertagung vor. Es entspinnt sich eine längere Geschäftsordnungsdebatte, in deren Verlauf der Mg. Müller-Meiningen Einspruch gegen die auffällige und ungehörige Rednerordnung erhebt, die seine Partei in die zweite Garnitur verweise. Vizepräsident Spahn weist darauf hin, daß die Rednerliste im Einverständnis mit den Abgeordneten festgesetzt worden sei, die sich zum Worte ge­meldet hätten. Das Präsidium werde den Wünschen des Hau­ses entsprechen.

Morgen nachmittag 1 Uhr Fortsetzung. Schluß 7 Uhr.

»!- * »

Aus den Kommissionen.

Berlin, 12. Jan. Die Budgetkommission des Reichstags trat heute in die Beratung der Vorlage betreffend den Aus­bau der kolonialen Eisenbahnen ein und beschäftigte sich zunächst mit deni Ausbau der U sa m b a r a - B a h n und dem Ausbau des Hafens von Tanga, wofür zwei Millionen gefordert werden. Staatssekretär Der»bürg verbreitete sich über die Finanzierung der Bahn nach dem Kilimandscharo. Was die Besiedlung durch Weiße anbelange, so stehe er auf dem von ihm stets eingenommenen Standpunkt, daß die zur ßln- siedlung erforderlichen staatlichen Veranstaltungen getroffen wer­den und insbesondere den Bahnen tunlichste Förderung zuteil werde. Gegenwärtig werde auch am Kilimandscharo eine Psan- zen- und Versuchsanstalt eingerichtet, um festzustellen, welche Nutzpflanzen dort gedeihen. Bon seiten der Massai drohe keine Gefahr. Sie hätten sich in den letzten Jahren ruhig verhalten. Redner macht dann nähere Angaben über den be­absichtigten Ausbau des Hafens von Tanga. Ilnterstaats- sekretär v. ,L in de gut st machte längere Ausführungen über die Ergebnisse seiner ostafrikanischen Reise. Ans seinen Er­fahrungen bezüglich Ostafrikas möchte er hervorheben, daß neuer­dings besonders die Zucht von Wollschafen sich günstig entwickelt habe. In D e u t s ch-O st a f r i ka habe er zunächst auf dem Hochland heim Viktoriasee große, klimatisch günstige Steppengebiete gesunden, die für die Viehzucht wohl geeignet seien. Er habe dann die Gebiete am Meruberg und am Kili­mandscharo besucht. Die Proben des Bodens bei Arnscha hätten ein sehr günstiges Ergebnis gehabt. Einige Deutsche, die sich dort niedergelassen . haben, scheinen gut fortznkommen. (Fort­setzung der Beratung am Donnerstag).

Rundschau.

Die Diamantensunde in Südwestafrika.

In der dem Reichstag zugegangenen Denkschrift betreffend die Verhältnisse im deutsch-südwestafri- konischen D i a m a nt e n g e b i e t heißt es u. a.:

Die Diamanten finden sich in der Dünenformation der Na­mib in bisher noch nicht bekannter Ausdehnung in der Gegend des Oranje bis in die Nähe des Quisib. Die Diamanten lagern nur stellenweise. Sis-.sind von guter und regelmäßiger Be­schaffenheit. Anfangs zeigten sie meist nur geringes G.ewichi, doch haben sich in der Folgezeit die Funde von schwereren Stei­nen gemehrt. Eine größere Anzahl von Steinen bis zu 10 Karat und auch solche von 17 Karat sind gesunden worden. Das ganze Fundgebiet ist eine vegetations- und wasserlose Wüste, häufigen Schwankungen ausgesetzt und ohne Verkehrswege. Eine rationelle Förderung muß den größten Schwierigkeiten begeg­nen, soweit sich nicht die Täler in Bahnnäh» befinden. Es steht heute bereits fest, daß die Diamantförderung, in rationeller Weise nur im Großbetrieb erfolgen kann. Gegenwärtig beträgt die Monatsförderung etwa 70 000 Karat mit einem Gesamtwert von etwa z w e i M i l l i o n e n Mark, welche der Diamantmarkt bisher zu befriedigenden Preisen hat ausnehmen können.

H -i-

Ja, Bauer, Vas ist ganz was anders!

Bei der Behandlung der Interpellation wegen der Vorgänge in Kattowitz im Reichstag, hat sich- das Zen­trum wieder einmal als ein enragierter Verfechter des geheimen Stimmrechts bewährt! Dagegen wäre an sich

M ^ .ui .

vermeidlich; sie halten ihn geradezu für unentbehrlich, so daß fie der Meinung Ausdruck geben: Wenn er nicht schon bestünde, so müsste Lr erfunden werden. Er soll <ider unentbehrlich lern, weil er allein im Stande sein soll, uns vor Uebervölkerung zu bewahren, uns die schönste Blüte der Manneskrait, das Helden­tum zu erhalten, weil er allein uns vor der moralischen Ver­sumpfung behüten und allein die richtige Auslese bewirken könne, indem er die tüchtigen Völker am Leben erhalte, während die untüchtigen in seinem Schrecken untergehen. Einige kurze Worte mögen zur Widerlegung dienen. Der Krieg bewahrt uns nicht vor Uebervölkerung; denn auch die entsetzlichen Verluste, welche die modernen Riesenschlachten mit sich bringen, sind nicht un Stande, eine dauernde Lücke in den Vokksmajsen hervorzuru- fen, die sich nach dem Krieg in der Regel nur um so schnelle« wieder vermehren. Es ist, wie wenn ein Dampfschiff die Wellen eines Stromes spaltet, es verdrängt Wohl einen Augenblick die Wassermassen, aber hinter dem Kiel schlagen sie wieder zu­sammen. Der Krieg ist nicht nötig, um uns das Heldentum zu erhalte». Dazu gibt es auch sonst Gelegenheit genug. Feoer Feuerwehrmann, der ein Kind aus den Flammen eines Hauses trägt, jeder Arzt, der in das Haus eines Pestkranken tritt, jeder Kranke, der kühn der Operation entgegengeht, ist ein Held und zwar oft in höherem Maß als der Soldat, der sich beim Klang kriegerischer Musik auf Befehl seiner Vorgesetzten in den Kamps stürzt, aus dem er ebensogut Lorbeeren und Anerkenn­ungen aller Art wie blutige Wunden davontragen kann. Der Krieg behütet uns nicht vor moralischer Versumpfung. Das römische Volk ist trotz fortwährender Kriege moralisch, zu Grund gegangen, und ein Volk wie das norwegische ist, obwohl es seit mehr als 100 Jahren keinen Krieg geführt hat, moralisch ge-, iund geblieben. Der Krieg bewirkt nicht immer die richtige Auslese; denn obwohl zuzugeben ist, daß in gewissen Fällen gesündere Völker untüchtige Nationen auf kriegerischem Wege vom Schauplatz der Geschichte verdrängten, jo ist das doch keineswegs immer der Fall gewesen; sonst hätten sich nicht die Türken an Stelle der Griechen setzen dürfen, sonst wären nicht die alten Aeghpter in den Völkerstürmen zerrieben wor­den, sonst hätten es auch die Engländer nicht über die Buren gewinnen dürfen. 'Im Einzelnen aber bringt der Krieg geradezu eine verkehrte Auslese mit sich; dennje gesünder, je normaler, je tüchtiger ein junger Mensch ist, um so mehr Aussicht hat er, im Älter von 20 Jahren von den Schnellfeuergeschützen oder Repetiergewehren weggerafft zu werden". Das skrophulöse Ge­sindel aber, das nach einer verkehrten Ansicht durch den Krieg beseitigt werden soll, bleib daheim undl verschlechtert die Rasse statt sie zu verbessern.

Der Krieg wird aber tatsächlich vermieden werden, wenn die im Privatleben geltenden moralischen Grundsätze auch auf

nichts einzumenden, wenn das allezeit so gewesen wäre Das Zentrum hat aber, wenn es sich um die Einführung der geheimen Wahl in Preußen hari- delt, seine eigene Taktik". Bei der vor jährigen Abstimmung im Landtage soll die preußische Zen rrums-Frakkion geradezu ein halbes Dutzend Mitglieder abkommandiert haben, mir damit der Antrag cur Abschassung der öffentlichen Wahl mit drei Stimmen ab, gelehnt werden konnte. Nun, da in Kattowitz dn Zentrum wieder einmal am eigenen Leibe erfahren, hat, zu welchen, wie wir ohne weiteres zugeben, direkt un moralischen Konsequenzen das Institut der öffentli­chen Wahl führen kann und muß,, uuu ist natürlich der Jammer groß und die Regierung muß es erleben, daß dieselbe klerikal-polnische Hilfstruppe die ihr noch eben, bei der Reichsfinauzreform, so willkommene und so un schützbare Dienste geleistet, sich von ihr wendet und mit drohenden Gebärden die Rache des (katholischen) Himmel ans Berhmann-Hollweg und die Seinen herabruft.

Tages-Chronik.

Hamburg, 13. Jan. In ihrem Verkaussiokal wurde die Pfandleiherin Märkte ermordet. Der Mörder, der die Geldkasse ausraubte, hatte sein Opfer mit Hammerschlügen be tänbt und dann den Hals durchstochen.

Prag, 13. Jan. Auf dem Friedhof Leitmeriy ist heute der Leichnam der 1904 verstorbenen Braut des Oberleutnants Hofrichter exhumiert und photographiert worden. Proben des Erdreichs und der Fleischleib wurden nach Wien gesandt.

Washington, 13. Jan. Das Repräsentantenhaus hat die Gesetzesoorlage zur Unterdrückung des Mäd chenhandels angenommen.

Aus Württemberg.

Dienstnachrichten.

Der tit. Banrat Heeß bei der Domänendirektion wurde zum Baurat befördert und dem Oberfinaiizamtinann Seeger bei der Kanzlei des Finanzministeriums der Titel und Rang eines Finanzrats verliehen, der Oberförster Schiebt in Rei- chenberg wurde seinem Ansuchen gemäß von der Uebernahme des ihm übertragenen Forstamts Bietigheim entbunden und auf seinem bisherigen Amte belassen, auf das Forstamt Bietigheim ist der Oberförster Heller in Welzheim und auf das Forst amt Nagold der Oberförster Küblei^, in Lienzingen je aus Ansuchen versetzt worden; die Eisenbahnassistenten Röhrte in Oberndorf und Bieber in Rotenbach sind auf Ansuchen gegen- seitig versetzt worden.

Der Würlt. Jnvustrie-Berbanv veranstaltet im Anschluß an seine 2. ordentliche Generalversammlung am nächsten Sonntag, vormittags ll Uhr, im Bortragssaale des Landesgewerbemuseums eine öffentliche Indu­striell e n - V e rs a m m l u ng. Es werden sprechen: Ter Verbandssyndikus Dr. H- Mayer über: Unsere württembergische Industrie und deutsche Wirtschaftspolitik und Dr. R. Schneider, Syndikus des Bundes der Industriellen, Berlin über: Die Handels- und Sozial­politik des Deutschen Reiches. Mit Rücksicht ans die Wichtigkeit der zur Besprechung gelangenden Fragen wird man den Verhandlungen mit Interesse entgegensetzen dürfen und steht Wohl eine zahlreiche Beteiligung der Industriellen des Landes zu erwarten.

Die Junge Bolkspartei Stuttgart hielt ihre Generalversammlung. Herr Siadtgeo-meter Ker- cher gab den Geschäftsbericht. Dem Bericht ist zu ent­nehmen, daß der Verein im vergangenen Jahr eine Reihe von Tiskussionsabenden veranstaltet hat. Die Mitglie­derzahl beträgt jetzt 130 und ist auch 1009 weiter ange- wachsen. Der von Herr Fabrikant Lepmann erstattete Kassenbericht wies ein günstiges Bild für die Finanzen des Vereins auf. Das Bereinsvermögen hat gegenüber dem Vorjahr zugenommen. Nachdem die Entlastung des Kas­siers erfolgt, sprach Herr Dr. Rosenfeld über die M u t- terschaftsversicherung. Die Ausführungen des Redners gipfelten darin, daß eine reichsgesetzliche Mut- ( terschastsversicherung sehr wünschenswert sei, aber Wohl, lnit Rücksicht auf die finanzielle Wirkung noch lange auf ' sich warten fassen werde. Eine Privatversicherung müsse in erster Linie von den Betroffenen selbst getragen werden,

^ §

das Staatsleben angewendet werden, wenn ein Rechtszustand über den Staaten aufgerichtet wird und wenn die gesitteten Europastaaten sich zu einem Völkerbund zusammenschließen. Aus der heutigenpolitischen Moral", bei der es ohne Schleichwege, Ränke, Fallenstellen, Ueberlistungen, Drohungen und Gewalt­anwendungen nicht abgeht, muß eine moralische Politik werden. Zwar hat ein sehr gelehrter Mann einmal gemeint, der Staat könne sich den zehn Geboten nicht unterwerfen; denn darin finde sich bas Mort:Du sollst dieinen Vater und deine Mutter ehren", der Staat aber habe keine Eltern, die er ehren könnte; und bas andere:Du sollst nicht ehebrechen", der Staat aber lebe nicht in der Ehe, daß er sie brechen oder heilighalten könnte. Aber wenn er auch keine Eltern hat, so kann er doch daraus dringen, daß Gottheit und Menschheit geehrt werde; und wenn er auch nicht in der Ehe lebt, so ist er doch durch irgend welche Verträge gebunden, und die soll er heilig halte». Und die anderen Gebote kann er wörtlich erfüllen, nämlich das Gebot:Du sollst nicht töten, nicht stehlen (auch keine fremde« Länder rauben) und nicht lügen". Fürst Bülow sagte einmal im .deutschen Reichstag, nach der reinen Moral könne er keim Politik treiben. Es ist wohl möglich, daß er dabei an das Wort gedachte:Wenn dich einer schlägt ans den rechten Backen, dem biete den andern auch dar". Es ist klar, daß dieses Wort, das aber auch fürs Privatleben nichts anderes heißt, als man soll lieber zweimal Unrecht leiden, als einmal un­recht tun, sich nicht wörtlich ans das Verhältnis der Staate» zu einander anwenden läßt. Wohl aber könnten unsere Staats­männer auch schon heute in aller Ruhe nach dem Worte handeln Alles, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen" und könntens wenigstens in der verneinende» Form auf das Verhältnis zu den Nachbarstaaten anwenden: Was du nicht willst, das man dir tu, das süg auch keine«

lU er m le di al

8«

LI

ol z se

i vc se

andern zu!" Wenn du nicht willst, daß man deine Flure»

verwüste, so hüte dich, ins Land der Fremden einzusallen; wen« du nicht willst, daß man deine Kinder töte, so hüte.dich, deine Hand an die Kinder des Nachbarvolkes zu legen; wenn du nicht willst, daß man die Provinzen raube, so hüte dich davor, di» Ländereien eines fremden Volkes zu annektieren!*)

Wie aber? wenn wir selbst moralisch handeln wollten uns die anderen handelten unmoralisch und legten es darauf an, uns übers Ohr zu hauen, kämen wir dadurch nicht ins Hinter­treffen? Gilt nicht noch'heute das Wort Friedrichs des Großem Aus einen Spitzbuben setzen wir anderthalb". Es gilt nichts mehr und wir haben nichts zu fürchten, sobald der RechtszustaM

*) Wie unsittlich die Staaten heute noch gegen einander handeln, das geht aus der einen Tatsache, daß sie Spione» gegen einander'besolden und Verräter bezahlen, zur Genüge hevoi-

vk

B

iv

bc

m

vl

fr

z»

di

in

zu

P

ih

ts!

G

zu

Ick

es

D

B,

NI!

zu

dil

gc

ge-

lu

de)

da

ric

vo

Ke

wi

ial

da-

blc

INI

Vk>!

tm

Ur

UN