Abgeordneten, daß sie die Lehren der Schulgeschichite er­faßt. Es blieb der Prälatenbank Vorbehalten, entgegen dem Kommissionsantrag auf 200 Gulden Mindestgehalt zu beantragen, daß ein Teil der Stellen ans 150 Gulden belassen werden solle, den Antrag auf Gewährung eines heizbaren Zimmers für Unständige zu Fall zu bringen, nud die sofortige Aufbesserung der Lehrergehälter abzu­lehnen.

Von größter Bedeuwng für das Aufwärtsstreben des Lehrerstandes wurde die Gründung des württ. Volks- sfch ul lehre «Vereins i. I- 1840. Auf sein Drängen wurden bereits im Jahre 1846 die Minimalgehalte von 200 Gulden auf 250 erhöht; dazu kamen 1852 staatliche Alters­zulagen von 25 und 50 Gulden. Selbst die reaktionäre Regierung des Jahres 1885 konnte sich auf seine Bitten hin der Notwendigkeit einer abermaligen Aufbesserung nicht verschließen. Auch gelang es der damaligen demo­kratischen Minderheit des Landtags mit ihren Anträgen «nne Erhöhung des Minimalgehalts auf 300 Gulden durch­zusetzen. Das Jahr 1865 brachte eine Erhöhung der Min­destgehalte auf 400 Gulden, der Belohnung des Wteil- Nngsnnterrichts auf 1224 Gulden. Im Jahre 1872 nötigte der große Lehrermangel die Negierung schon wieder zu einer Aufbesserung auf 480 Gulden, Gewährung von Alterszulagen von 50100 Gulden und bessere Be­zahlung des Abteiluugsunterrichts mit 1836 Gulden. Aber auch mit diesen Sätzen konnte dem Lehrermangel nicht gewehrt werden.

(A gebe ein besonderes Kapitel, einmal aktenmäs- sig darzustellen, mit welcher Maßlosigkeit und Gehässig­keit im Anfang der 60iger Jahre alles bekämpft wurde, was ein Aufwärtssteigen des Lehrerstandes begünstigen konnte. Der ungeheuere Druck hat aber auch auf der Gegenseite Kräfte ausgelöst. DasLehrerheim", das so­eben sein 25jähriges Jubiläum feiert, wurde gegründet. Und dieses Matt hat neben derVolksschule" und der Leitung des Bolksschnllehrervereins den Hauptteil an all' den Verbesserungen, die im Laufe der letzten 25 Jahre in langen und schweren Kämpfen errungen worden sind. Bei den Fortschritten ist in gehaltlicher Beziehung be­sonders zu erwähnen, die Einführung des Dienstalters­vorrückungssystems, die Erhöhung der Mindestgehalte auf 12002000 Mk. im Jahre 1899, die Erhöhung auf 1200 bis 2400 im Jahre 1905. Vor allem aber hat sich selbst in der Regierung die bisherige Auffassung über die Leh­rergehaltsfrage gründlich geändert; denn sie erkennt heute an, daß man in früheren Zeiten den Fehler gemacht hat, Nicht rechtzeitig an die Ausbesserung heranzutreten und daß zwischen den Gehalten der Lehrer und der Beamten, besonders in Anbetracht hes beschämend niedrigen An- ßangsgehaltes ein Mißverhältnis besteht.

Bischof Keppler und derBeobachter". Am

24. Dezember erschien imBeobachter" ein Artikel eines katholischen Geistlichen, der sich gegen das Zölibat wandte. In den: Artikel waren schonungslos all die sitt­lichen Verfehlungen aufgezählt, die die Folge des Zölibats sein können. Bei dem üblichen Gratulationsbesuch der katholischen Geistlichen des Kapitels Rottenburg ist nun Bischof Dr. von Keppler auf den Artikel zu sprechen gekommen. Nachdem Dekan Staudenmaier-Tübingen da­rauf hingewiesen hatte, daß dem Clerus noch das Herz vor Empörung zittere über jenen Artikel, den derBeo­bachter" auf das Weihnachtsfest seinen Lesern auf den Tisch gelegt. Bischof von Keppler sagte u. a.:Ich be­greife die Entrüstung, und die Aufregung, die sich des

Klerus bemächtigt hat_ Ich kann und muß als Bischof

vor Gott und der Walt auf 'Grund genauester Kenntnis meinem Klerus das Zeugnis ausstellen, daß er von je­her und heute noch, von wenigen traurigen Ausnahmen, abgesehen, sich der Si'ttenreinheit, Unbescholtenheit und eines durchaus priestertoürdigen Wandels befleißigt und die Achtung und das Vertrauen des Volkes verdient und genießt ... Wir können nicht glauben, daß wirklich einer unserer Priester in einer solchen Weise seinen eigenen Stand vor aller OeffentlichAeit der schwersten sittlichen Verirrungen verdächtigt und bezichtigt. Wir halten un­sere Standesehre hoch und werden sie zu wahren wissen.."

Feuerbestattung und Kommunalpolitik. Der Phönix", Organ für fakriltative Feuerbestattung schreibt aus Sruttgart:Die hiesigen Kommunalwahlen geben den Konservativen und Klerikalen allemal Veranlassung, auch gegen die Feuerbestattung (hier kostenlos) zu poltern. Dies­mal wars der schweigsamste Mann in den Bürgerlichen Kollegien, ein klerikaler Rechtsanwalt, der sich über die kostenfreie Gewährung der Leichenverbrennung aushielt, ohne zu bedenken, daß seine Gesinnungsgenossen im Mit­telalter und auch noch später sogar lebendeKetzer" gratis verbrannt haben. Uebrigens wird die einfache Grabstätte von der Stadt auch kostenlos abgegeben. Es ist deshalb nur einGebot der ausgleichenden Gerechtigkeit", daß die Einäscherung, die übrigens der Stadlkasse billiger Kn stehen kommt, als eine Grabstätte auch kostenfrei geschieht. Das Wettern gegen dieBevorzugung" der Fenerbestatte- len ist nachgerade als kindisch zu bezeichnen.

Auch eine Wirkung der Steuerreform. In B e- sigheima. N. feierten nach altem Brauch die im Jahre 1859 Geborenen gemeinsam ihren 50. Geburtstag. Es waren patriotische Leute, die da beisammen waren. Man gedacht« der Kriege von 66 und 70, der Entstehung des Reichs, freute sich über den kräftigen Schlag Leute, der aus dem Städtchen hervorgehe, das im letzten Jahr unter 23 Rekruten 21 Soldaten lieferte, und man sclstoß mit einem Hoch aus den fernen Altersgenossen Kaiser Wilhelm II. Von einem Telegramm an den deutschen Kaiser wurde abgesehen; eine Allersgenossin meinte, der Kaiser würde daraus nur den Schluß ziehen, daß wir trotz der neuen Steuern noch übriges Geldhätten. Dagegen empfahl sie einTelegramm an den König aller Könige" zu senden, indem sie anstimmte das Lied:Nun danket alle Gott!"

Privatnoteu als Zahlungsmittel. In der Oef- ßenklichkeit und im Reichstag war gelegentlich der Beratung der Bankgesetznovelle darauf hingewiesen worden, daß es sm Reiseverkehr vielfach lästig empfunden werde, daß die Noten der in Deutschland bestehenden Privatnoten-

b'anken nicht von allen Eisenbahnstellen in Zahlung ge­nommen werden. Es ist nunmehr Vorkehrung dahin ge­troffen worden, daß die Noten der bayerischen, der sächsi­schen, der r t te m b er g is ch en und der badischen No­tenbank bei Eisenbahnkassen, soweit die Barmittel und Zahlungsbedürfnisse das Herausgeben des lleberschusses über die Schuldigkeit gestatte«, in Zahlung genommeu wer­den, Und zwar im Gebiet der preußisch-hessischen Eifenbahn- gemeinschaft be> den Fahrkartenabgabestellen von rund 200 der wichtigsten Stationen, im Gebiet der übrigen Ei- senbahuverwaltungen, also auch bei der württembergischen, bei den Kassen aller Stationen.

Stuttgart, 4. Jan. Der B u nd d e r L a n d w irt e sucht gegenwärtig'seine Reihen zu verstärken. Im Oberamt Künzelsau hielten die Mgg. Dr. Wolfs und Vögt- Büttelbronn dieser Tage 4 Versammlungen. In M ü u ch- ingeu, OA. Leonberg, sprachen die Abgg. Roth, Kör­ner und Frhr. Pergler v. Perglas. Der Abg. Roth, Kör- ktärte u. a. (nach dem Bericht derD. Reichsp."), seine Zustimmung zur Erbanfallsteuer sei trotz großer Beden­ken, die sich seither noch gesteigert hätten, nur aus takti­schen Erwägungen erfolgt; er habe gehofft, die liberalen Parteien würden sich dann zur Erledigung der Reichsfi­nanzreform freundlicher stellen. Erwähnt möge noch wer­den, daß in der Erörterung denjenigen, denen der Kaffee- Kvll nicht behage, die Verwendung von Malzkaffee em­pfohlen wurde.

Schorndorf, 4. Jan. Ein eigentümlicher Vorgang spielte sich in der letzten Sitzung der bürgerlichen Kolle­gien ab. Ans der Tagesordnung stand u. a. ein Punkt, der verschiedene Einsprachen gegen eine geplante 'Aender- ung des Ortsbaustatuts betraf. In diesen Einsprachen waren auch drei Mitglieder des Bürgerausschusses und ein Mitglied des Gemeinderats beteiligt. Vor dem Ein­tritt in die Beratung dieses Punktes ersuchte der Vor­sitzende, Stadtschultheiß Raible, die bei den Einsprachen beteiligten Mitglieder der Kollegien, während der Berat­ung dieses Punktes abzutreten. Zwei der Beteiligten ver­ließen den Saal, ein beteiligtes Bürgeransfchuhmitglied verließ zwar seinen Sitz inmtten der Kollegien, nahm aber sofort auf einem der für die Zuhörer bereitgestellten Stühle Platz und erklärte auf 'Vorhalten des Vorsitzen­den, daß er den Verhandlungen als Privatmann an­zuwohnen beabsichtigte. Erst nach wiederholter Auffor- ung verließ dieses Bürgerausfchußmitglied den Saal. Ein weiteres Mitglied des Bürgerausfchusses, das ebenfalls die Einsprachen mitunterzeichnet hatte, konnte sich anfäng­lich nicht erinnern, seinen Namen unter die Einsprachen gesetzt zu haben. Nachdem sich der Mann hiervon über­zeugt hatte, erklärte er daß er sich trotz der Unterzeich­nung nicht als persönlich beteiligt betrachte, da er keinen Grundbesitz habe. Inzwischen hatte aber auch schon einer der Beteiligten, ein Mitglied des Gemeinderats, den Saal wieder betreten, um der Beratung als Zuhörer beizu­wohnen, zu ihm gesellte sich das letztgenannte Mitglied des Bürgerausschusses, das aber endlich den Saal verließ, während der beteiligte Gemeinderat durch nichts zu bewegen war, den Saal zu verlassen. Auch eine Aufforderung des Bürgerausschnßvbmanns an den letzteren blieb erfolglos. Ter Vorsitzende erklärte schlieMich, daß er sein Referat nicht halten werde, solange die Kollegialmitglieder anwesend seien, die die Einsprachen mit unterschrieben hätten. Im Einverständnis mit den Kollegien setzte er darauf den be­treffenden Punkt von der Tagesordnung ab. (Gm. Ztg.)

Vom Welzheimer Wald, 3. Jan. Der Aufruf, den der Deutsche Bauernbund ins Land hinausge­schickt hat, trägt eine größere Mnzalst von Unterschriften von Landwirten, die auf dem Welzheimer Wald ansässig sind. Es ist dies ein Beweis dafür, daß man hier oben der neuen Bewegung großes Interesse entgegenbringt. Daß dies wirklich der Fall ist, das hat eine gestern auf dem Haghof 'bei Welzheim gehaltene Versammlung aufs neue dargetan, die von seiten unserer Bauern stark besucht war. Aus Vorschlag schritt man sofort zur Gründung eines Bezirksverbands des neuen Bundes, zu dessen vor­läufigem Vorsitzenden der Vorsitzende der Versammlung Landwirt Weber-Breitenfürst gewählt wurde.

Freudenstadt, 5. Jan. Wie der Grenzer nachträg­lich erfährt, ist bei der kürzlichen Beerdigung des Land­tagsabgeordneten Schmid nur durch Zufall ein schwe­res Unglück verhütet worden. Dem Verstorbenen als Veteranen zu Ehren wurden bei der Versenkung des Sarges drei Böllerschüsse abgefenerr. Gleich der erste Schuß war viel zu stark geladen. Bei dem zweiten Schuß soll die Hülfe stecken geblieben sein und der dritte Schuß war derjenige, der leicht schlimme Folgen hätte haben können. Das Berschlußstück an der Kanone wurde !weg- gerissen und durchschlug im ersten Stock des gegenüber­liegenden Hanfes das Schindelgetäfer und zerbröckelte das Mauerwerk. Das Zimmer war bewohnt und um die Ka­none herum war die schaulustige Jugend in großer Zahl.

Oberndorf, 4. Jan. Anläßlich des 75jährigen Be­stehens desSchwarzwälder-Boten" ist den Beamten und Arbeitern der Firma eine freudige Ueberrafchung zu Teil geworden. Den Beamten wurde je ein Monatsgehalt, den Arbeitern je eine Gratifikation in Höhe von zwei Wo­chenlöhnen ausbezahlt. Außerdem wurde den im Geschäft bestehenden Wohlfahbtseinrichttmgen ansehnliche Summen überwiesen.

Friedrichshafen, 4. Jan. Die bürgerlichen Kol­legien haben heute die Frage der unentgeltlichen Abtretung des Terrains für eine in Aussicht genommene Mademie für Luftschiffahrt beraten nnd sind zu edm Beschluß ge­kommen, gegebenenfalls das Terrain zur Verfügung zu stellen. Damit dürfte das Projekt einen großen Schritt vorwärts gekommen sein.

Nah und Fern.

Der lebendige Hut.

Am Neujahrsfest war in einer Ortschaft des OLeramts Horb eine junge Frau kaum in der Kirche angekommen, als sie unter ihrem neuen, großen Hut etwas Lebendiges hörte. Es krabbelte und zappelte, fodaß der Hut tu Hin- und Herbewegung kam, wodurch auch noch die nebenknieenden Frauen aufmerksam wur­den. Und als der gefangene Neujahrgast vollends noch seine pfeifende Stimme ertönen ließ, war man aller Zweifel hnt-

hoben. Die Frau verließ die Kirche und förderte den neuen Hutbeivohner aus Tageslicht in Form einer - - Maus.

Die Sonne bringt es an den Tag.

In Paris haben zwei dort verhaftete Soldaten namens Graby nnd Michel eingestanden, Frau Gouin ermordet und beraubt zu haben, deren verstümmelte Leiche am Abend des 15. Dezember in der Nähe von Bruuoh auf dem Eisen­bahngleis gefunden wurde.

Zum Mord in Spa

wird noch berichtet: Der grauenhafte v i e r f a ch e Mord an der Familie Evrat im Restaurant an der Sauveniere ist trotz der fieberhaften Tätigkeit der Polizei von Spa und Verviers noch immer nicht aufgeklärt. Manches weist darauf hin, daß nur eine mit den Verhältnissen der Familie vertraute Person, wenn nicht gar ein Hausfreund, der sich in Begleitung einer Frau befand, die Tat verübt hat. Die Leichenschau ergab, daß die ermordeten vier Personen, sämtlich nicht nur durch Axthicbe, sondern auch durch Stiche mit einem Taschenmesser getötet worden sind. Die Bewohnerschaft von Spa und Um­gegend befindet sich seit der Mordtat in der größten Aufreg­ung und begreift nicht, wie die bisherigen Nachforschungen so gar kein positives Resultat zeitigen koünten.

Kleine Nachrichten.

In dem eine Stunde von Kißlegg entfernten Einzelge­höft Straß brach mittags 12 Uhr, als die Bewohner beim Mittagessen waren, plötzlich Feiler aus, welches das Anwesen in Zeit von lü/z Stunden vollständig zerstörte. Von dem grö­ßeren Viehbestand verbrannten 2 Farren, die wieder in den brennenden Stall znrückranntcn und 2 Schweine. Der Be­sitzer, Gemeindepfleger Meier, befand sich in Kißlegg, als er die erste Nachricht voin Brande seines eigenen Hauses erfuhr.

Auf der bei Neu fra gelegenen fürstl. hohenzoll. Domäne Birkhof wollte ein Bediensteter des Domänepächters noch abends für den Benzinmotor aus einem Blechgefäß Benzin entnehmen. Dabei entzündete der Knecht ein Streichholz, das spritzte. Ein Funke flog in das Gefäß. Sofort explodierte das Benzin nnd überspritzce den Mann, der plötzlich in Flammen stand. Nur mit größter Mühe gelang es, den Unglücklichen, der im Gesicht und an den Armen gräßliche Brandwunden erlitt, zu löschen.

Volker-Evangelium*)

von Otto llmfrid.

Eine Evangelium, eine frohe Botschaft ist es, die der Pa­zifismus zu verkünden hat. Sein Ziel ist nichts anderes als die Verwirklichung der Idee, die in dem Engelgesang von Bethle­hem gleichsam in morgenrötlichem Glanz zum ersten mal über die vom Brrcderkrieg zerwühlte Erde schallteFriede auf Erden". Die Friedensfreunde sind überzeugt, einen Weg zu kennen, auf dem der Traum zur Wahrheit werden soll.

Will man eine Bewegung kennen lernen, so tut man gut, sie bis in ihre Ursprünge hinauf zu verfolgen. Dabei verzichten wir billig darauf, die Verdienste der Vorläufer zu würdigen. Der Plan des Böhmenkönigs Podiebrad, die Christenheit gegen die Türken zu einigen, der Versuch Heinrichs IV. von Frank­reich, Europa zu einem Staateubnnd mit den einzelnen Haupt­städten als wechselnden Vororten zu gestalten, der Entwurf des Abbös von Saint Pierre, einen dauernden Frieden in Europa herzustellen, sie waren alle gut gemeint, litten aber alle an dem Fehler, daß der Baugrund, auf dem das Haus errichtet werden sollte, einem angeschwemmten Boden glich, der noch unter be­ständigen Schiebungen erzitterte, und der das Gebäude ver­schlungen hätte, wenn es kaum über die Grundmauern hinaus­gewachsen wäre. Wertvoller als alle diese mehr oder weniger bodenlosen Entwürfe war die Schrift des großen deutschen Phi­losophen Immanuel KautZum ewigen Frieden" (1795), in der er in prophetischer Kraft die Richtlinien absteckte, in denen die Idee dem Ziel entgegenschreiten sollte. Die moderne Frie­densbewegung selbst aber hat im Jahre 1875 -ihren Anfang genommeu. Die Veranlassung bildeten die Greuel .der Napo­leon ischen Kriege. Die Massenopfer, die von dem korsischen Eroberer seinem Ruhmesgötzen geschlachtet wurden, sollten nicht umsonst geblutet haben. Das Gewissen der Menschheit erwachte, merkwürdigerweise zunächst nicht in dem zertretenen Europa, aber .in dem für ideale Neubauten wie geschaffenen Amerika. Dort war es die christliche Sekte der Quaker, dieser sogenann­tenGottesfreunde", die sich von deminneren Licht-", das so viel Sehnlichkeit mit dem Gottessnnken des Gewissens hat, zur Verwerfung des Kriegs anlreiben ließen. Quäker waren auch, welche die Bewegung im Jahre 1816 nach Europa, und zwar zuerst nach England hinüb ertrugen, wo von ihnen die bis zum heutigen Tag bestehende Lsaes Locüst/ gegründet wurde. Erwähnt mag werden, daß die erste Friedensgesellschaft auf dem europäischen Festland im Jahre 1830 von einem Grafen Sellou zu Genf gestiftet wurde und daß noch heute ein Denkstein am duftigen Ufer des 'Genfer Sees den Wanderer daran erinnert. Ein Zeichen für die Kräftigung der Bewegung ist die Entstehung der Friedenskongress«. Der erste derselben, der in der Haupt­sache nur ans dem englischen Sprachgebiet beschickt wurde, hat im Fahre 1803 in London stattgefunden. Es folgt die Zeit der unregelmäßigen internationalen Friedenskongresse, eingeleitet durch 'die. selbstlose Tätigkeit des amerikanischen Quäkers und Grobschmieds Elihn Bnrrit, der seine kleinen Flugschriften wider den Krieg alsFunken vom Altar" nnd alsOlivenblätter" ini Jahre 1847 durch die europäischen Länder streute. Der erste der internationalen Kongresse wurde anno 1848 in Brüssel ge­halten, der zweite anno 49 in Paris, der dritte anno l850 in Frankfurt a. M., der vierte anno 1851 in London, der fünfte anno 1853 in Edinbnrg, der sechste anno 1878 in Paris. Da­mals fing die Friedensidee, die ursprünglich aus rein religiösen Beweggründen hervorgegangen war, an, politisch zu werden; zugleich entfaltete sie ihre weltumfassende menschheirsumsyannende Bedeutung. Auf dem zweiten dieser Kongresse hat die Frie­denssonne im hellsten Morgenglanz gestrahlt. Die Worte, mit denen Viktor Hugo den Kongreß eröfsnete, waren vo.it geradezu prophetischer Begeisterung durchweht.Sie kommen", rief er der Versammlung zu,um das letzte und erhabenste Blatt des Evangeliums umzuwenden, dasjenige, auf welchem uns, die wir Kinder desselben Gottes sind, das Halten des Friedens zur Pflicht gemacht wird. In dieser Stadt (Paris)!, welche einst das Gesetz der Brüderlichkeit nur für die Bürger desselben Staates verkündete, wollen Sie die Brüderlichkeit der Men­schen beschließen. Das nenne ich nicht nur ein zu verwirk­lichendes, ich nenne es vielmehr ein unvermeidliches Ziel. Das Gesetz der Welt kann nicht verschieden sein von dem Gesetz Gottes; aber das Gesetz Gottes ist nicht der Krieg, sondern der Friede. Woher kommen die Menschen? Aus dem Krieg, das ist klar. Wohin wollen sie? Zum Frieden, das ist nicht minder klar. < Es ist selbstverständlich, daß man uns Utopisten schelten wird. Ich wundere mich nicht darüber und lasse mich nicht dadurch entmutigen. Wenn einer vor vier Jahrhunderten zu den Bewohnern von Lothringen, von der Picardie, von der Normandie, von der Bretagne gesagt hätte: Eines Tages werdet ihr keinen Krieg mehr führen, ihr werdet wohl noch mit einan­der streiten, aber an Stelle der Gewehre, Kanonen und Sense» werdet ihr eine tannene Schachtel setzen, die zhr Hahlurnh nennen werdet, . . . wenn das einer gesagt hätte zu' dieser Zeit, so hätten alle ernsthaften und verständigen Leute, alle großen Politiker ansgerufen: O der Träumer! Wie wenig kennt dieser Mensch die Menschen! Was für eine Narrheit, was für eine absurde Einbildung! Aber die Zeit ist fortge­schritten, und so ist dieser Traum, diese Narrheit, diese Ein­bildung zur Wirklichkeit geworden. Und heute sagen wir zu

') Wir bieten den verehelichen Lesern dieser Zeitung hier eine interessant« Arbeit des Stadtpfarrers Otto Umsrtd- Stuttgart, eines der energischsten Vorkämpfers des Weltfrie- densgedankens. Die gesamte Knltnrbewegnng, die sich um den Friedensgedanken spinnt, kommt in dieser fleißigen, geistvollen, warmherzigen Arbeit zu umfassendem Ausdruck. Red.

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