bei sämtliche Insassen hierausgeschlendert wurden und Deutsch ziemlich schwer verletzt wurde. Kr liegt krank in Graben.

Auf derHohenzollerngrube" bei Beuthen i. Obcrschl. entstand Montag Nachmittag eine Explosion, als beim Schlammversetzverfahren Wasser mit einem Brandfelde in Be­rührung kam. Ein Maschineningenieur wurde getötet, ein Heizer tödlich, ein Bergverwalter schwer, zwei andere Be­amte leicht verwundet.

Neue enorme Sch nee Massen bis 60 Zentimeter sind in vergängener Nacht im Harz, in Aüdhannover, Hes­sen und Thüringen niedergegaangen. Der Bahn- und Fährverkehr ist vielfach lahmgelegt.

Gerichlssaal.

Schwurgericht Heilbronn.

Eine JagSgeschichte.

Am ersten Verhandlungstag hatte sich das Schwurgericht mit einem Jagdfrevel in Verbindung mit Widerstand und Kör­perverletzung zu beschäftigen. Angeklagt waren der 45 Jahre alte Hermann Fr icke von Kleindöhrn, Kreis Goslar, wohn­haft in Philadelphia und der 27 Jahre alte ledige Bauer Jakob Hansel mann von Traupenbach, Gemeinde Grab OA. Back­nang. Der Vorgang war folgender: Am 29. Juli l. I. kam Fricke der von Amerika aus zu Besuch bei seiner Mutter war nach Traupenbach, um seinem Schwager Hanselmann (Vater des Angeklagten) zu besuchen. Am 30. Juli Abends ging Fricke mit dem Angeklagten Hanselmann in den nahen Wald, sie nahmen eine Flinte mit und eine Patrone. Fricke hatte die Absicht, auf Wild zu schießen, da aber keines kam, schoß er die Patrone so hinaus, indem er auf einen Baum zielte. Dieser Schuß lockte den Jagdaufseher Dürr an, der in der Nähe war und der, weil er wußte, daß kein Jagdberechtigter in der Nähe war, sofort dem Schuß nachging und auch den beiden Angeklagten auf die Spur kam. Er schlich ihnen nach und kam ihnen unbemerkt bis auf wenige Schritte nahe. Dann rief er ihnen ein Halt zu. Fricke drehte sich rasch um, dabei fiel ihm das Gewehr von der Schulter. Dürr hatte nun die Meinung, daß Fricke zum Gewehr gegriffen hätte, um auf ihn zu schießen, behauptete auch, er hätte einen Hahnen klappen hören. Und nun kam es zwischen Dürr und Fricke zu einer ordentlichen Rauferei, in welcher Dürr übel mit- gespielt wurde. Dürr behauptet nun, Fricke habe das in wi- dersätzlicher Weise getan, während Fricke erklärt, er habe keine Ahnung davon gehabt, daß Dürr in Ausübung einer Amts­pflicht ihn anzuhalten suchte. Zudem habe Dürr von An­fang an ihn (Fricke) gestoßen und mißhandelt, so daß er sich in Notwehr befand, zu welcher er sich um so mehr berech­tigt glaubte, als er ja die amtliche Befugnis des Dürr gar nicht kannte. An etwas derartiges habe er, als von den amerikanischen Rechtsverhältnissen beeinflußt, auch gar nicht ge­dacht. Erst später habe er zu Hause (in Traupenbach) von Hanselmann, der bei der Schlägerei nicht zugegen war, son­dern gleich davon sprang, gehört, in welcher Eigenschaft Dürr diese Handlung begangen habe. Gegen Hanselmann sagte Dürr aus, daß dieser zuerst den Lauf seines Gewehres auf die Seite lenkte und später ihn (Dürr), als er auf Fricke lag, ihn zu züchtigen, herunterzog. Beides wurde aber sowohl von

Hanselmann, wie von Fricke bestritten und von dem .Vertei­diger Hanselmanns (Rechtsanwalt Spröhnlein) als Täuschung Dürrs bezeichnet. Die Verhandlungen nahmen einen sehr langen Zeitraum in Anspruch, obgleich eigentlich nach den Aussagen der Zeugen, aber auch der Angeklagten ziemlich klar zu Tage lag, welche Motive und welcher Tatbestand zu Grunde zu legen waren. Dazu kam, daß der Zeuge Dürr in seinen Aussagen auch etwas abwich von früher und daß beide Ange­klagten noch Nicht vorbestraft sind. Schließlich stellten sich auch die Geschworenen auf den Standpunkt, daß Hanselmann über­haupt von jeder Schuld, auch von der Mithilfe beim Jagd­frevel frei zu sprechen sei und daß auch bei Fricke lediglich Jagdfrevel als erwiesen anzusehen, dagegen die Schuldfrage auf Widerstand uzid Körperverletzung zu verneinen sei, eine Sache, die von dem Verteidiger des Fricke, Rechtsanwalt Schlehuer-Back- nang, sehr wirksam und überzeugend dargestellt wurde. Auf Grund dieses Spruches der Geschworenen lautete das Urteil für Hanselmann auf Freispruch, für Fricke auf 1 Woche Gefäng­nis, welche durch die Untersuchungshaft als verbüßt anzusehen sei, und den Teil der Kosten der auf die diesbezügliche Straf­verfolgung entfällt. Außerdem wurde der Haftbefehl zurück­gezogen und Fricke auf freien Fuß gesetzt. ?.

Loirrdes-Wunderheilnngen vor Gericht.

Eor dem Schöffengericht München 1 spielt ein Prozeß gro­ßen Stils, der die Wunderheilungen von Lourdes zum Hin­tergrund hat. Die Fehde ging aus von einem Artikel des praktischen Arztes Dr. Eduard Aigner, der als Vorsitzen­der des Münchener Kartells der freiheitlichen Vereine und als Forscher über das rätselhafte Problem der Wünschel­rute in weiten Kreise bekannt ist. Der Artikel war unter der UcberschriftDie Wunderheiluugen von Lourdes und ihre Er­klärung" in Nr. 33 der ZeitschriftDas 20. Jahrhundert" vom 16. August 1908 erschienen nud enthielt eine kritische Beleuchtung dieser Heilungen, die nicht auf eine überna­türliche Einwirkung der unbefleckten Jungfrau Maria zurück­zuführen, sondern medizinisch ganz natürlich zu erklären seien. DieMetzer Zeitung" brachte anläßlich der bekannten Metzer Lourdesheilung vom Vorjahr diesen Artikel zum Abdruck, wo­raus dieLothringer Volks stimme" neben einer Po­lemik gegen die Metzer Zeitung auch persönliche Angriffe gegen Dr. Aigner richtete, dernach bekanntem Muster sich darin gefalle, in einer Weise, die zu bezeichnen jeder anständige Ausdruck fehlt, Behauptungen aufzustellcu, die objektiv un­wahr sind, und zur Begründung in wenig riNsrcicyer Weise Dokumente verstümmelt bezw. unvollständig zitiert um, mcg es kosten, was es will, die Wunder in Lourdes aus de- Welt zu schaffen". Außerdem war ci: ossener Brief von Prvs.ssor Dr. Henri Bolsius und Dr. L. van Hoestenv wge abgedruckt mit dem Schluß:

Und uun, Herr Doktor, soll es Jhuen unbenommen sein, Weiler den Mond auzubellen, und wenn es Ihnen gelingen lönnle, ihn zu ergreifen. Wir rufen Ihnen ein kräftiges Prosit! zu. Ihren giftig heuchlerischen Apell an die Epi­skopate von hüben und drüben wollen Sie sich in Zukunft nur ersparen, weil aussichtslos. Ihr unqualifizierbares Vor­gehen wird man, wie bisher, mit der verdienten Verachtung bestrafen."

Dr. Aigner stellte wegen dieser Aenßernngen Beleidigungs- klage gegen den verantwortlichen Redakteur der Lothringer Volksstimme, Jodokus Fiege. Zn der Verhandlung, die Oberlandesgerichtsrat Mayer leitet, sind eine Reihe von me­dizinischen Autoritäten und Lourdeskenner als Sachverständige geladen. Nach Verlesung der einschlägigen Artikel erklärte der Vertreter des .Angeklagten, Rechtsanwalt Rumpf, daß sein Mandant, der den Artikel in der Lothringer Bolksstimme nicht selbst geschrieben, sondern von vertrauenswürdiger Seite über­nommen habe, die preßgesetzliche Verantwortung dafür über­nehme. Gr bemerkte, daß die theologische Frage des Wunders vor einem Schöffengericht nicht zum Austrag gebracht wer­den könne, sondern daß es sich nur um die Frage handle, ob der Artikel des Beklagten beleidigend sei oder nicht. Er zählte dann eine Reihe von objektiven Unwahrheiten ans, die der Artikel des Privatklägers enthalte, und beantragte, noch ein umfangreicheres Beweismittel hiefür zuzulassen. Die­sem Antrag trat der Vorsitzende entgegen, da der Pro­zeß sonst zu weit ausgesponnen werde. Er vertrat die Aus­fassung, daß objektive Unrichtigkeiten, die in einem Artikel enthalten sind, an sich noch keine Beleidigung darstellen. Es sei darum nur festznstellen, ob das Maß der Unrichtig­keiten so groß war, daß die inkriminierten Aenßernngen in dem Gegenariikel gerechtfertigt waren. Darauf wurde in die Vernehmung der Sachverständigen eingetreten. Dr. v. West­

falen, der die Verhältnisse des Lourdes aus eigener An­schauung kennt, erklärt, daß das Komitee zur Feststellung der Wunderheilnngen in Lourdes nicht kritiklos vorgehe. Er erzählt aus eigener Erfahrung, daß tatsächlich merkwürdige Heilungen in Lourdes vorgekoinmen seien. Die Presse habe aber manchmal solche Sachen zu früh aufgegriffen und einen Krankheitsrückfall einfach nicht berücksichtigt. Der Zeuge be­richtet, daß in Lourdes nicht bloß auf nervöser Grundlage be­ruhende Krankheitserscheinungen geheilt worden seien, son­dern jp^ch organische. So sei U. a. das 21 Monate alte Kind eines Arztes aus Nancy, das von verschiedenen medizinischen Autoritäten wegen eines Klumpfußes vergeblich behandelt wor­den war, in Lourdes nach mehreren Douchen derart herge­stellt worden, daß er wieder gehen konnte. In der Nachmit­tagssitzung wurden hauptsächlich Sachverständige der Klags- Partei vernommen. Mehrere der Herren finden die vor­gekommenen Heilungen erklärbar auf dem Wege der Sug­gestion oder Autosuggestion. Außervem beeinflusse der 'felsen­feste Glaube an die Wunderwirknngen des Gnadenortes das Allgemeinbefinden der Kranken im höchsten Maße günstig. Die Vernehmung des Sachverständigen Dr. Marcuse gestaltete sich zu einem außerordentlich wirkungsvollen Referat über den Wunderglauben in alter und neuer Zeit. Wäyrend bis zum Jahr 1892 in Lourdes nur die Heilung von Krankheiten ner­vösen Ursprungs aufzuweisen war, seien seit der Errichtung des Konstatiernngsbureaus für Heilungen in Lourdes unter ärztlicher Leitung in der umfangreichen Lourdesliteratur auch Heilungen organischer Krankheiten verzeichnet. Von dem Mo­ment an, wo die Wissenschaft Erklärungsmethoden für die Heilung nervöser Erkrankungen auf dem Wege der Suggestion fand, habe das ärztliche Feststellungskomitee dieses Gebiet ver­lassen und in seine Praxis auch die Heilung der .physischen Gebrechen ausgenommen. Der Sachverständige verwirft die ganze Lourdesliteratur und bezeichnet sie gls wissenschaftlich wertlos. Sie weise keinen exakten Fall einer wirklichen Heil­ung auf, der einer streng wissenschaftlichen Prüfung stand­halte. Zum Schluß kam der Sachverständige, der mit außer­ordentlichem rhetorischem Geschick sprach, zu der Anschauung, daß Dr. Aigner sich geradezu ein Verdienst erworben habe, indem er die Wunderheilnngen von Lourdes wieder kritisch beleuchtete. Er sei es der exakten ärztlichen Wissenschaft geradezu schuldig gewesen, daß er dem viel verbreiteten Abel' glauben an die Wunderheiligen entgegengetreten sei, wie es überhaupt Pflicht der exakten Wissenschaft sei, der Gruppe von Verteidigern der Lourdeswunder und ihren Hintermännern ent­gegenzutreten. Dr. Rehm, der Leiter der Irrenanstalt Egl- fing, stellt sich ebenfalls auf den Standpunkt, daß die Heil­ungen in Lourdes auf natürlichem Wege durch Suggestion erklärbar seien. Sämtliche Sachverständige der Klagspartei finden die Handlungsweise Dr. Aigners vollständig gerecht­fertigt und objektiv. Dr. Aigner habe nur auf der bisherigen Lourdesliteratur fußen können, besonders auf einem Werk des Chefarztes des Konstatiernngsbureaus, Dr. Boissaries, das von der klerikalen Presse selbst als das einzige auf wissenschaft­licher Basis beruhende Werk der Lourdesliteratur bezeichnet wor­den sei. Zwischen dem Vertreter des Beklagten, Rechtsanwalt Rumpf ^und dem Verhandlungsleiter entspann sich ein leb­hafter Streit über die Führung des Prozesses, RA. Rumpf fühlte sich durch die bisherige Prozeßleitung beschwert, da der Vorsitzende ihm nicht gestattete, auf die Details genügend einzugehen. Oberlandesgerichtsrat Mayer weist aber darauf hin. Laß sich das Gericht schon eine klare Meinung durch die sehr deutlichen und umfassenden Darlegungen der Sach­verständigen gebildet habe. Nach Vernehmung eines Pfar­rers, der Lourdes schon 17mal besucht hat und außerordent­lich merkwürdige Fälle von Heilungen zu berichten weiß, die aber von den Sachverständiegen der Klagspartei als nicht stichhaltig bezeichnet werden, weil sie nicht durch wissenschaft­liche Belege unterstützt seien, schließt der Prozeßleiter die Beweisaufnahme.

Spiel und Sport.

Eine Turner-Huldigung.

Eine originelle Ehrung ward in Reuß j. L. dem Erbprinzen Heinrich XXVII. und seiner Gemahlin aus Anlaß ihres silbernen Ehejubiläums am Sonntag den 14. November, zuteil von seiten der Turnerschaft des ostthüringischen Gaues und zwar in Form eines Sta- fetten-Eillaufs quer durch den ganzen Gau von der Höhe des Frankenwaldes bis nach Gera, der Resi­denz des Erbprinz-Regenten. Zweck dieses Eillaufs war, wie man derTgl. Rdsch." mitteilt, die Ueberbringung der Glückwünsche des Gaues und zugleich! eines Grußes in Gestalt eines' Edeltannenreises aus dem Lieblings­jagdrevier des Erbprinz-Regenten von der äuherstenGrenze des reußischen Oberlandes. Der Eillauf dieser über 80 Kilometer langen Strecke wurde von über 700 Turnern ausgeführt und ging von Grumbach über Wurpbach^ Lo­benstein, Ebersdorf, Saalburg, Schleiz, Auma und Hohe Reuth nach Schloß Oberstein bei Gera. In drei Stun­den und 40 Minuten wanderte das, in einer Lederrolle wohlverpackte, mit den Landesfarben geschmückte Edel­reis von den Höhen des Frankenwaldes, wo es in fuß­hohem Schnee gebrochen wurde, hinunter an seinen Be­stimmungsort, angesichts der vorgerückten Jahreszeit und der durch Schnee und im Unterlande durch Regen anfgeweichten schlüpfrigen Straßen gewiß eine Leistung. Ein ähnlicher Eilbotenlauf, dessen Idee ja uralt ist, ist vor zwei Jahren anläßlich des Turnfestes des Turn­gaues Rheinhessen in Worms veranstaltet worden, in­dem Turner von den Höhen des Niederwaldes einen Eichenzweig der in Worms tagenden Hauptversammlung als Gruß überbrachten. Auch damals handelte es sich um eine etwa 80 Kilometer lange Strecke, die, allerdings unter bedeutend günstigeren Verhältnissen, im Sommer und auf ebenen Wegen in etwa 200 Minuten zurückge- legt wurde.

Vermischtes.

Der neueste Streich ver Suffragettes.

Die wirklich bewundernswerte Phantasie der eng­lischen Frauenrechtlerinnen zeigt sich nicht nur in der Verschiedenheit der Art und Weise, wie' sie den leitenden Staatsmännern zu Leibe gehen, sondern verfällt auch aus 'allerlei neue Tricks, um den Gefängnisbeam­ten so viel Scheerereien als nur möglich zu machen. Der Hungerstreik ist zur Selbstverständlichkeit geworden; eine jedeZsII-raspsotin^" (Suffragette hat bei einem Attentat ihre besondere Leib- und Magenpumpe in der Tasche, wie neulich im Savoy-Theater, wo sie den Pre­mierminister anschrien und herausfordernd Milchbuddel und Magenschlauch schwangen. 'Das neueste auf dem Ge­biet der Gefängnistricks ist aber das Folgende: Zwei Suff­ragettes in Bristol versuchen das Gefängnis zu einem Paradiese zu machen, denn im Eva-gleichen Ko­stüme sitzen sie in ihrer Zelle ohne Hut, ohne Kleider, ohne irgend etwas außer einer Decke, die sie bei besonderen Gelegenheiten benutzen. Die Gefängnisbeamten sind frei­

lich der Meinung, daß dieser Zustand nichts weniger als paradiesisch sei. Tie Regeln verlangen es, daß die Gefangenen Anstaltskleidnng tragen. Tie Suffragettes weigerten sich, sich ausznziehen, und als sie dazu ge­zwungen wurden, weigerten sie sich, die Gefängnisklei­der anzulegen. Dazu zwang man sie nun nicht, und so sitzen sie denn jetzt da, wie sie der Herrgott geschaf­fen hat und frieren. Eine der Damen machte in diesem natürlichen Zustande einen Angriff auf den Ge­fängnisarzt und schlug ihm deu Hut vom Kopse und den Zwicker von der Nase. Für letzteres, so er­klärte der Doktor, sei er besonders dankbar, da er sonst den entsetzlichen Anblick nicht hätte ertragen können.

Handel und Volkswirtschaft.

Generalversammlung der Deutschen Verlagsanstalt, Stuttgart.

Stuttgart, 22. Nov. In der Generalversammlung der Deutschen Verlagsanstalt waren 2250 Aktien vertreten. Der Vorsitzende des Aufsichtsrats, Kommerzienrat Dr. v. Dör- tenbach, schlug vor, zuerst die Transaktion zwischen derNeues Tagblatt"-Akt.-Ges. und derW ü r t t e m b e r g e r Zeitung" zu verhandeln. Die dafür neuzugründende Gesellschaft m. b. H. wird mit einem Stammkapital von 2 Will. Mark und einer Obligationsschnld, die in 20 Jahren zu tilgen istz von 1200 000 Mark ausgestattet. Die neue Gesellschaft er­wirbt die Aktien desNeuen Tagbtatts", das in eine G. m. b. H. umgewandelt werden soll, im Nominalbeträge von 1 Million Mark. Außerdem erhält die Deutsche Verlagsanstalt 1200 000 Mark Lar und die Streichung von 300 OM Mark, die sie dem Neuen Tagblatt" schuldet. Aie Württemberger Zeitung er­hält für ihre Anteile ebenfalls 1 Million Mark Anteile der neneen Gesellschaft. Ferner liefern die Papierfabriken der Deutschen Verlagsanstalt künftig an die beiden Gesellschaf­tenNeues Tagblatt" undWürttemberger Ztg.", deren Selbst­ständigkeit voll erhalten bleibt. Die neue Gesellschaft wird einen Aufsichtsrat bekommen, der aus 8 Personen bestehen wirH je 4 aus den Kreisen der Deutschen Berlagsanstalt und der Gesellschafter derWürttemberger Zeitung". Dieser Aufsichts­rat der neuen Gesellschaft soll in der gleichen Zusammensetz­ung der Aufsichtsräte der beiden Gesellschaften G. m. b. H. Neues Tagblatt" undWürttemberger Zeitung" bestehen. Der Vorsitzende dieses Aufsichtsrats solle in der konstituierenden Sitzung gewählt werden.

Zur Begründung dieser Transaktion wies Kommerzien­rat v. jDörtenbach darauf hin, daß im günstigen Fall das Neue Tagblatt" erst im Jahre 1913 der Verlags anstatt wieder eine Verzinsung hätte zuführen können. Man wäre in hex Zwischenzeit genötigt gewesen, weitere Abschreibungen an den Neuen Tagblatt-Aktien bis auf pari vorzunehmen, die gleich­falls das Gewinnergebnis ungünstig beeinflußt hätten. Die getroffenen Abmachungen seien für die Berlagsanstalt durch­aus günstig, allerdings werden sie bis zum 30. Juni 1910 noch nicht so sehr in die Erscheinung treten, denn die Re­organisationen der beiden Zeitungen werden nicht so rasch durch- gesührt werden können. Die Erhöhung der Inserate, die Her­aufsetzung der Abonnementsgebühren, die Ersparnisse an ver­schiedenen Unkosten werden wohl erst im Laufe des nächsten Jahres möglich sein, aber jedenfalls komme die Verzinsung der 1200 MO Mark und die Nichtverzinsung der 300 000 Mark Schulden der Verlagsanstalt schon im nächsten Jahre zugute und das ist immerhin 1 Proz. des Aktienkapitals der Ver­lagsanstalt.

Auf eine Anfrage, auf welche Gebäude die 1200 OM Mark Obligationsscbuld gesichert würde, bemerkte der Vor­sitzende, daß diese Obligationen von der neu zu errichtenden Gesellschaft ausgegeben würden und diese ja als Wert keine Gebäude, sondern nur die Geschäftsanteile der beiden Zeit­ungen habe. Die Obligationen würden von den Gesellschaf­tern derWürttemberger Zeitung" übernommen. Die Ver­einbarung sei auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Berlags­anstalt beabsichtigt ihren Anteil nur mit 500 MO Mark in dis Bilanz einzustellen, sodaß sie keinen Buchgewinn machen würde. Das Bargeld könnte zur Rückzahlung von Schulden oder für ein neues Verlagsunternehmen verwendet werden.

Fabrikant Wolf führte aus, die Abmachung sähe aller­dings augenblicklich nicht schlecht aus, man müsse aber doch darauf Rücksicht nehmen, daß die beiden Zeitungen auch für die Zukunft nebeneinander bestehen sollen und es sei nach den bisherigen Erfahrungen bei Morgenblättern mit ziem­licher Sicherheit anzunehmen, daß dieWürttemberger Zeitung" als Morgenblatt keinen Aufschwung, sondern einen Rückgang nehmen werde, wenn auch ihr Verlust geringer sein werde, als bisher. Für beide Zeitungen in dem bis­herigen Maße sei nicht genug Raum vorhanden. DasT a g- blatt" hätte noch ein oder zwei Jahre zusehen können und es hätte mit ziemlicher Sicherheit angenommen werden dür­fen, daß dieWürttemberger Zeitung" eingelenkt hätte, da ihre Verluste erheblich größer seien, als die desNeuen Tagblattes". Der Vorsitzende bemerkte, irgendwelche Ab­machungen über die Erscheinungsweise der beiden Blätter seien noch nicht getroffen. Diese sollen zunächst wie bisher er­scheinen. Was im Laufe der Zeit sich als vorteilhaft her­ausstelle, solle gemacht werden. Was das Aushalten änlange, so seien die Peserven des Tagblatts und die außer­ordentlichen Reserven der Verlagsanstalt anfgezehrt. Weitere Abschreibungen hätten den Gewinn der Verlagsanstalt beein­trächtigt. Die Kapitalkrast derW ü r t t e m b e r g e r Z e i t- un g" sei sehr bedeutend. Denn ihre Inhaber gehörten den besten und angesehensten Kreisen Heilbronns an und daneben seien noch einige Zeitungsfachleute von auswärts vor­handen, die gerade dem Unternehmen sehr nützlich sein würden.

Hierauf stellte der Vorsitzende fest, da weiterer Wider­spruch nicht erfolgt, daß der Antrag des Vorstandes und Aufsichtsrates, sie zu ermächtigen, das Aktienkapital des Neuen Tagblattes" im Nennwerte von 1 Million in eine zusammen mit derWürttemberger Zeitung" neu zu gründend« Gesellschaft m. b. H. etnzulegen, einstimmig genehmigt sei.

Landesproduktenbörse Stnttgart.

Börsenbericht vom 24. November.

In abgelaufener Berichtswoche hatten wir reichliche Nie­derschläge, welche dem Boden die nötige Winterfeuchiigkeit brachten und außerdem unsere Mühlen in die Lage versetzte, ihre Betriebe, welche sehr gehemmt waren, wieder vollständig aufzunehmen. Auf dem Weltmärkte sind keine nennenswerten Veränderungen zu verzeichnen. Die Offerten von Amerika waren etwas höher und bleiben nach wie vor unrentabel. Ruß­land hatte wesentlich größere Abladungen, die Preise sind aber nicht billiger. Die Zufuhren in inländischer Ware waren sehr starke und Preise nachgiebiger. Die heutige Börse war schwä­cher besucht wie in der «.Vorwoche und beschränkte sich der Ver­kehr nur auf inländische Ware. Wir notieren per IM Kilo­gramm Frachtparität Stuttgart netto Kassa je nach Qualität und Lieferzeit: Weizen württ. 22.50 bis 23 Mark, fränkischer 22.75 bis 23.25 Mark, bayerischer 23 bis 23.50 Mark, nieder- bayer. 23.75 bis 24 Mark, Ulka 24.75 bis 25.25 Mark, Sa- xonska 24.50 bis 25 Mark, Rost. Azim. 24.50 bis 25 Mark Gerste Tauber 18 bis 18.75 Mark, Ungar. 21 bis 23.50 Mark, Futter­gerste rnss. 14.50 bis 15 Mark, Haber württ. 15 bis 16.25 Mk., Mais Laplata 16.25 bis 16.75 Mark, Kernen 22.50 bis 23

Mark, Dinkel 15 bis 16 Mark, Roggen württ. 17 bis 17.50

bayer. 17.25 bis L7.75 Mark, Gerste württ. 16 bis 17 Mark, Pfälzer 18.50 bis 19.50 Mark, bayer. 17.75 bis 19 Mark, Mats Donau 16.25 bis 16.75 Mark. Mehlpreise per IM Kilo inkl. Sack: Mehl Nr. 0: 34.50 bis 35.50 Mark, Nr. 1: 33.50 bis

34.50 Mark, Nr. 2: 32.50 bis 33.50 Mark, Nr. 3: 31.50 bis

32.50 Mark, Nr. 4 : 29.50 bis 30.50 Mark, Kleie 10.50 bis 11 Mark (ohne Sack).