Berlin, 10. Nov. Nach einer hiesigen Korrespondenz soll der Reichshaushaltsetat, der dem Reichstag gleich nach Zusammentritt vorgelegt wird, Rachtragsfvrderungen in der Höhe von 542 Millionen Mark bringen.

Brüssel» 10. Nov. Ein hiesiges Abendblatt meldet au» St. Truyden (Provinz Limburg), daß dort 2 Personen, ein 50 Jahre alter Mann und ein Kind, an Cholera gestorben sind.

Rewyork, 10. Nov. Wie demNewyork Herald" aus Io - ko Haina gemeldet wird, griffen Japaner bei den Manö­vern in Utfunomiya den koreanischen Militärbevoll­mächtigten an, wahrscheinlich, um den Tod des Fürsten Jto zu räciien.

Luftschiffahrl

Mannheim, 9. Nov. In Sachen der Gründung der deutschen Luftschiffahrtsaktiengesellschaft . fand am Montag abend unter dem Vorsitz des Oberbürgermeisters im Stadtratssaale in Anwesenheit des Direktors Colsman eine Besprechung von Vertretern der hiesigen Finanzkreife statt. Direktor Colsman macht« die Mitteilung, daß die Konstituier­ung der deutschen Luftschiffahrtsaktiengesellschaft am 16. Nov. in Frankfurt a. M. stattfinden werde.

Bracciano, 9. Nov. Der Kriegsminister nahm heute an einem Aufstieg des Militärlenkballons teil, der eine Stunde lang vorzüglich gelungene Uebungen machte und dabei gegen den Wind eine Schnelligkeit von 31 Kilo­meter in der Stunde erzielte. Der Minister beglückwünschte die Erbauer und die Mannschaft des Ballons zu dem Erfolg.

Aus Württemberg.

Der Besuch der Staatssekretäre des Reichsamts des Innern und des Reichsschatzamts Tr. Delbrück und Wermuth ist zu deren vollster Befriedigung ver­laufen. Tie StaatssAretäre hielten lange und einge­hende Besprechungen mit dem Ministerpräsidenten von Weizsäcker, dem Minister des Innern von Pischek und mit dem Finanzminister von Geßler ab, die sich auf alle wesentlichen Fragen der Reichsverwaltung erstreckten. Zu­fällig fiel ihre Anwesenheit in Stuttgart zusammen Mit der alljährlich wiederkehrenden Zuziehung des gesamten Staatsministeriums und des Geheimen Rats zur Tafel des Königs, an der die beiden Staatssekretäre gleichfalls teilnahmen.

Esperanto". Aus Dresden wird uns geschrieben: Welch' ungeheure Fortschritte die international« Hilfssprache Esperanto macht und welche Bedeutung ihr immerhin von leitendest Kreisen beigelegt wird, zeigt die Tatsache, daß im Königlich Sachsen Großindustrielle ein Sächsisches Esperanto-Institut ins Leben gerufen haben. Dieses Institut ist als Lehranstalt dem Ministerium unterstellt worden. An demselben wirken 2 aka­demische und 10 seminaristische Lehrer und eine Lehrerin. Die Leitung ist unserem schwäbischen Landsmann Regierungs-Asses­sor Dr. Phil. Schramm (ans Eßlingen) übertragen worden. Durch neuerlichen Beschluß ist eine besondere Prüfungs-Kommis­sion für Lehrer des Esperanto und eine solche für kaufmän­nische Prüfungen eingerichtet worden; der elfteren gehört als Direktorial-Mitglied Obersterdienrat Professor Dr. Phil. Bern­hard, der letzteren der König!, württemb. Konsul Kommerzien­rat Arnhold an. Erfreulicherweise hat das Institut auf viel­fache Bitte hin sich entschlossen, gegen Einsendung von 50 Pfg. an jedermann durch prächtig illustrierte Druckschriften Auf­klärung über die internationale Hilfssprache Esperanto zu ge­ben. Man wende sich an die Adresse: Sächsisches Esperanto- Institut, Dresden 30.

' Stuttgart, 10. Nov. In einer von etwa 150 Frauen besuchten Versammlnnn sprach gestern Abend im Bürgermuseums aal Frau Tonh Breitschei d -Berlin, die Gattin des bekannten Politikers, über die neuen Steuern und die Frauen. Sie versuchte in einer fließenden Rede den Nachweis für die Notwendigkeit eines Einflusses der Frauen auf die Gesetzgebung zur Verhütung solcher Steuern zu erbringen und fand mit ihren Ausführungen lebhaften Beifall. Frau Tr. Lindemann leitete die Ver­sammlung.

Stuttgart, 9. Nov. Der Volksverein Unter- türkheim hat das bisherige Ausschußmitglied Kataster­geometer Wörwag als Kandidaten für die Gemeinderats- Dahl ausgestellt. Ter Bürgerveretn des südl. Stadtteils beschloß, Herrn Julius Bihl und Herrn Fabrikanten Reif welch' Letzterer schon früher dem Gemeinderat schon viele

Schillers Geburtstag.

1759l909.

Von W. Widmann.

In dem zwischen Weinbergen und Aeckern, über dem rechtseitigen Felsengelaände des Neckars malerisch ge­legenen, uralten Städtchen Marbach, wo einst nach alter Sage ein gewaltiger Riese wild und grausam hauste, wurde vor hundertfünfzig Jahren, am 10. November 1759, der gewaltige Geistesriese Friedrich Schiller als zweites Kind des damaligen Leutnants, späteren Haupt­manns und Majors Johann Kaspar Schiller und sei­ner Ehefrau, Elisabeth Torothea geb. Kodweiß, geboren. In dem engen, ärmlichen Stübchen des noch erhaltenen Hauses beim Brunnen Mit dem Bildnis des Marbacher Riesen, eines schmalen Giebelhauses, das damals dem Säckler Schöllkopf gehörte, kam der zarte Knabe zur Welt. Der Vater war nicht zugegen. Der hatte kurz vorher vom Lager bei Ludwigsburg aus mit den württembergi- schen Truppen den Marsch nach Fulda antreten müssen. Schon am Tage nach der Geburt fand die Taufe statt. Als Taufzeugen wurden ins Kirchenbuch eingetragen Ge­neral Christoph von der Gabelenz, der Kommandant des Regiments, bei dem der Vater stand, Johann Friedrich Schiller, ein Verwandter der Familie, Bürgermeister Hartmann von Marbach, Bürgermeister Hüblinger von Vaihingen und einige Freundinnen der Mutter. Das Kind wurde nach dem Vornamen des Generals Sabe- lenz, der nicht persönlich dem Taufakt beiwohnte, und des Vetters Schiller's Christoph Friedrich getauft. Ob­wohl der Vater und der Hauptpathe fehlten, soll die Taufe von SchillersFritzle" dochfeyerlich wie eine .Hochzeit" gewesen sein. Mit welchen Gefühlen u. Wünschen der abwesende Vater die Geburt seines Sohnes begrüßte, geht aus seiner späteren Aufzeichnung hervor:Und du Wesen aller Wesen, dich Hab ich nach der Geburt meines einzigen Sohnes gebeten, daß du demselben an Geistes- stärke zulegen möchtest, was ich aus Mangel an Unter­richt nicht erreichen konnte, und du hast mich erhört. Dank dir gütigstes Wesen, daß du auf die Bitten der

Jahre angehörte, für den Wahlzettel der Vereinigt. Bür­gervereine in Vorschlag zu bringen.

Stuttgart, 9. Nov. Mit der Stuttgarter Trinkwasserfrage beschäftigte sich bekanntlich die Versammlung des Volksvereins Groß-Stuttgart am 2. ds. Mts. In dxr Polemik gegen Professor Jäger, der bekanntlich verschiedentlich gegen die Denkschrift der Stadt­verwaltung Stuttgart über die Wasserversorgungssragc Stellung genommen hat,, sagte u. a. Herr Bauinspektor Riegel, daß Prof. Jäger nicht ernst zu nehmen sei." Wie wir nun hören, beabsichtigt Pros. Tr. Jäger, der Gene­raloberarzt a. T. ist, gegen Bauinspektor Riegel Mage wegen Beleidigung zu erheben.

UlM, 9. Nov. . Tier Bürgerausschuß wählte zum Obmann Rechtsanwalt Moos I und zu Stellvertreter« Privatier Leibinger und Werkmeister Rapp.

Ulm, 10. Nov. Ter Turnerbund Ulm zählt nun- lnehr 1931 Vereinsangehörige gegen. 1703 vor einem Jahr. In nicht weniger als 26 Turnabteilungen wickelte sich der Turnbetrieb dieses großen und weitverzweigten Vereins ab. In 1373 Turnstunden nahmen zusammen 45 657 Personen beiderlei Geschlechts an den Turnübungen teil. Tie Sängerriege besteht allein aus 77 Sängern, sie ist dem Schwäbischen Sängerbund angeschlossen.

Ulm, 10. Nov. Tie Schüler der Massen 69 des Realgymnasiums und her Oberrealschule veranstalteten gestern abend aus Anlaß des 150. Geburtstags Schillers eb­nen Fackelzug durch die Stadt. Wie verlautet, ist den Schü­lern des Gymnasiums die Teilnahme am Fackelzug unter­sagt worden.

Nah und Fern.

Eine gräßliche Bluttat

wir- aus Eltingen bei Leonberg gemeldet. Dort hatte nachts der etlva 22 Jahre alte Bäckerssohn Otto ML n ch seine im Bette liegende etwa '20 Jahre alte Schwester, ein kräftiges Mädchen, mit einem Kartoffelkarst erschlagen. Das Mädchen wurde Dienstag früh blutüberströmt tot im Bette ausgefunden. Der Täter ist vor nicht langer Zeit vom Mi­litär entlassen worden, wo man an ihm Zeichen geistiger Stör­ung beobachtet hat. Dienstag nachmittag fand der gericht­liche Augenschein und die Oesfnung der Leiche statt.

Ei« Treiber bei der Hofjagb erschossen.

Aus Auspitz in Böhmen wird vom 8. November ge­meldet: Bei der heutigen Hofjagd ans der Herrschaft Seelowitz des Erzherzogs Friedrich, woran auch Herzog Alb recht von Württemberg teilnimmt, wurde ein Treiber von de» Büchsenspanner eines Jagdgastes durch einen beim Laden des Gewehrs auf unerklärliche Weise losgegangenen Schuß in die Brust getroffen und starb sofort. Der Büchsenspanner ist schuld­los. Der Erzherzog brach sofort die Jagd ab.

Kleine Nachrichte«.

Ein l7jähriger Bursche aus Schretzheim beging in Dil­lingen ein schweres Sittlichkeitsverbrechen an einem 16jährigen Fabrikmädchen und zog das Mädchen dann auf den Eisenbahn­damm, um es vom Zuge überfahren zu lassen. Die kräftige Gegenwehr des Mädchens vereitelte jedoch diesen Plan. Der Bursche, der schon vorbestraft ist, wurde verhaftet.

In Pforzheim wurde der 28 Jahre alte Joseph R. von Heiligkreuzsteinach verhaftet, der als Angestellter der hiesigen Stadtkasse mehrere hundert Mark unterschlagen hat. Die ver­untreuten Beträge dürften vermutlich durch die Kaution ge­deckt sein.

In Bremen sind bei der Ausführung der Malerarbeiten im inneren Hallendach des Bahnhofes durch das Brechen des Gerüsts fünf bei dem Unternehmer Malermeister Sander in Bremen beschäftigte Malergehilfen abgestürzt, von denen vier getötet und einer weniger schwer verletzt wurde.

Im Trockerwald bei Posen wurde eine verstümmelte Frauenleiche gesunden, die anscheinend das Opfer eines Lustmordes geworden ist.

Gerichtssaal.

Prsxeß Kt-i«heil.

Paris, 9. Nov. Die seit zwei Tagen überaus winterlich gewordene Temperatur schreckt dieSteinheiligen" des Pariser Publikums nicht im mindesten ab, denn gestern abend um k Uhr, nur eine Stunde nach Schluß der Verhandlungen, stell-

Sleiblichen achtest!" Gottesfürchtig, brav und tüchtig, wie der Vater, war auch die Mutter, die mit liebender Sorgfalt ihre Kinder pflegte und sie durch Gebet, Lehre und Beispiel eifrig zum Guten anhielt.

Wie es in Schillers Knabenzeit mit der Feier sei­nes Geburtstages im elterlichen Hause gehalten wurde, wissen wir nicht. Hoch hergegangen ist's wohl kaum. Mit freundlichem Glückwunsch und Kuß dürfte das Fritzle abgefertigt worden sein, vielleicht gabs auch ein Stück Kuchen oder ein Spielzeug für den kleinen Stammhalter. Mit 14 Jahren kam der Knabe bereits aus dem Kreise der Eltern und Geschwister. Ob er während seiner Aka­demiezeit regelmäßig mit den Seinigen am Geburtstag zusammenkam, darf bei der strengen Absperrung der Aka­demiezöglinge füglich bezweifelt werden. Erst 1783, also nach Schillers Abgang, wurde der Verkehr zwischen den Mademisten und ihren Eltern und Geschwistern erleich­tert. Es scheint, daß im Schiller scheu Elternhause auch kein besonderes Gewicht auf regelmäßige Geburtstags­gratulationen gelegt wurde. Sind doch Briefe von Schillers Vater und Schwestern an Friedrich vorhanden, die vom 10. und 11. November datiert sind, aber mit keinem Wort des Wiegenfestes des Sohnes und Bruders gedenken. Etliche andere Briefe der Angehörigen ent­halten ganz kurze Glückwünsche.

Gar traurig war Schillers erster Geburtstag in der Fremde: der 10. November 1782. Ter Aengste, Sor­gen und Nöten voll weilte der aus der Heimat geflüchtete Jüngling um diese Zeit in dem rhein-pfälzischen Flek- ken Oggersheim, wo er mit Freund Streicher im Gasthaus zum Viehhof Quartier genommen hatte. Ter Flüchtling nannte sich hierDr. Schmidt". Die lang­weilige, flache Gegend verstimmte ihn, desgleichen der unfreundliche, rauhe Wirt, der Frau und Tochter in un­garstigster Weise quälte. Tie Barschaft war erschöpft, und Streicher mußte um den Rest des Hamburger Reise­geldes an seine Mutter schreiben. Schiller war in größ­ter Unruhe wegen des Schicksals seines umgearbeiteten Fiesco". Anfangs November hatte er das fertige Ma­nuskript durch den Schauspieler Meyer an Dalberg ge­langen lassen, aber die entscheidende Antwort ließ auf

len sich schon wieder etwa lOO Neugierige an den Pforten des Justiz Palastes ein, fest entschlossen, die eisige Nacht im Freien wartend zu verbringen, um nur ja nicht den kostbaren Platz sür die heutige Sitzung einzubüßen. Frau Steinheil war nach der Sitzung ungewöhnlich niedergeschlagen. Jetzt, wo sie die Verhandlungen nicht mehr durch ihre Stimme beherrscht und nur hie und da Fragen stellen kann, scheint sich bei ihr Furcht vor der Verurteilung einzustellen. Der erste Zeuge ist heute der Juwelier, der'den Schmuck der Frau Steinheil in eine neue Fassung bringen sollte, nachdem wochenlang nach dem Morde die «Hchmucksachen nach Frau Steinheils ersten Angaben als geraubt galten. Dein Zeugen werden die Zeich­nungen der Schmucksachen vorgelegt, damit er erkläre, wie und was er umgeändert habe. Er gibt an, welche Aufträge ihm Frau Steinheil für die Bearbeitung respektive Umarbeit­ung der einzelnen Stücke gegeben habe. Der Präsident rich­tet hierauf mehrere Fragen an Frau Steinheil.. SO antwortet rasch und verwirrt: Ich hatte zwei Ringe noch rn meinem Hause versteckt, die Polizei hat nur nicht genügend gesucht, sonst hätte sie diese schon gesunden. Aus den schwülstigen Er­klärungen der Angeklagten ist zu entnehmen, daß sie auch heute wie schon früher behauptet, die Ringe nur deshalb im Hause versteckt zu haben, weil sie von Liebhabern stamm­ten. Präsident zu, Frau Steinheil gewendet: Wie verhält es sich nun mit dem Rubinring? Angeklagte: Das war ein Ring meines Mannes. Das alles ist doch so einfach wie möglich. Man will mich wohl nur nicht verstehen. Der Verteidiger stellt die Frage an den Zeugen: Wissen Sie von den anderen Schmuckgegenständen, die auf der Liste verzeich­net waren? Sie haben doch nur fünf Schmuckstücke in Hän­den gehabt. Der Zeuge bejaht dies. Frau Steinheil benutzt diesen Anlaß, um darauf hinzuweisen, daß diese Aussage der beste Beweis sür den Diebstahl der Schmuckgegenstände sei. Ueber den Verbleib von elf Schmuckstücken, die ihrer Mutter gehörten, wisse sie nichts.

Schillersche Gedanken über Staat und Gesetzgebung.

Tas deutsche Volk und nicht zuletzt die Schwaben feiern heute die 150. Wiederkehr der Geburt Friedrich Schillers. T-er Dichter Schiller wird hiebei Wohl überall in den Vordergrund gerückt werden. Will man aber den ganzen Schiller erfassen, so sollte man nicht übersehen, was Schiller auch in seinen geschichtsphilosophi­schen, sozusagen politischen, Schriften geschrieben hat. Ver­altet ist es keineswegs, wenn das Geschriebene auch schon über hundert Jahre alt. Das mögen einige Stellen aus Schillers Aufsatz:Tie Gesetzgebung des Lykurgus Und Solon" auch der Gegenwart zeigen:

Ter Staat selbst ist niemals Zweck; er ist nur wich­tig als eine Bedingung, unter welcher der Zweck der Menschheit erfüllt werden kann, und dieser Zweck der Menschheit ist kein anderer, als die Ausbildung aller Kräfte der Menschen, Fortschreitung. Hindert die Staatsver- sassung, daß alle Kräfte, die im Menschen liegen, sich entwickeln, hindert sie die Fortschreitung des Geistes, so »st sie verwerflich und schädlich, sie Mag übrigens noch so durchdacht und in ihrer Art noch so vollkommen sein."

*

Ueberhau.pt können wir bei Beurteilung politischer Anstalten als eine Regel festsetzen, daß sie nur gu! und lobenswürdig sind, indem sie alle Kräfte, die im Men­schen liegen, zur Ausbildung bringen, insofern sie Fort­schreitung der Kultur befördern oder we­nigstens nicht hemmen. Dies gilt von Religjons-, wie von politischen Gesetzen; beide sind verwerflich, wenn sie eine Kraft des menschlichen Geistes fesseln, wenn, sie ihm in irgend etwa seinen Still st and au f- kr legen. Ein Gesetz z. B., wodurch eine Nation ver­bunden würde, bei dem Glaubensschema beständig zu ver­harren, das ihr in einer gewissen Periode als das Vortreff­lichste erschienen, ein solches Gesetz wäre ein Attentat gegen die Menschheit, und keine noch so scheinbare Absicht würde es rechtfertigen können. Es wäre unmittelbar gegen das höchste Gut, gegen den höchsten Zweck der Gesellschaft ge­lichtet."

*

In dem -Abschnitt über Solon erwähnt Schiller zunächst der Herabsetzung der lebenslängli-

^ich warten, die ersehnte Geburtstagsüberraschung blieb aus. Wohl ..die einzige Festfreude war Streichers Kla­vierspiel. Wenn die Dämmerung eintrat, pflegte Strei­cher in jenen trübseligen Novembertagen seinen Freund durch Musikaußer sich selbst" zu versetzen. Streicher berichtet, daß Schiller während des Spielsim Zimmer, das oft blos durch das Mondlicht beleuchtet war, meh­rere Stunden auf und ab ging und nicht selten in un­vernehmliche, begeisterte Laute ausbrach"

Auch seinen nächsten Geburtstag verlebte Schiller in bedrückenden Verhältnissen. Er befand sich in Mann­heim, von Talberg um kargen Lohn als Theaterdichter angestellt. Die Hoffnung, Linen Teil seiner Einnahme auf Tilgung seiner Schulden verwenden zu können, ver­nichtete eine heftige Fieberkrankheil, die ihn wochenlang an der Arbeit hinderte und eine peinliche Mattigkeit und Schwäche des Kopfes zurückließ. Zeichen der Liebe und Anerkennung hielten in dieser traurigen Zeit seinevon Gram gebeugte Seele" aufrecht. Ein Freund überraschte ihn zum Geburtstag mit einer Sendung von sechs Bou- teillen Burgunder,'davon wird zuweilen ein Gläschen mit herrlichem Erfolg getrunken." Am 11. November traf ein freundlicher Brief seines' Vaters ein. Die El­tern sandten gute Wünsche für Schillers Gesundheit und für seine Mannheimer Stellung, dieauch eine Dauer haben möge".

Den folgenden Geburtstag, 10. November 1784, be­ging Schiller ebenfalls in Mannheim. Er war nun über seinen Tichterberuf im Klaren;: von der Medizi" war nicht mehr die Rede.Kabale und Liebe" und Fiesco" waren in .Mannheim und Frankfurt zur Auf­führung gekommen; mit derRheinischen Thalia" hoffte er, sich eine gute Einnahme zu sichern; von nah und fern wurden ihm Ermunterungen und Zeichen der Ver­ehrung zu teil; das alles hob seinen Mut und sein Selbst­vertrauen, so daß er diesmal seinen Geburtstag in bes­serer Stimmung verbringen durste. Ein Freund na­mens Sandrart sandte ihm zu seinem 25. Geburts­tag folgenden poetischen Glückwunsch:

Als.Bürger wirst du heute mündig,

Ms Bühnendichter warst du's längst