Warnung unberücksichtigt lassen sollte, es zu einem be- lvafsneren Einschreiten in Athen kommen lassen? Wie mißlich ein derartiges Vorgehen ist, hat die bekannte Kam­pagne gezeigt, die im Jahre 1792 von Oesterreich Md Preußen zum Schutze des durch die französische Revo­lution gefährdeten französischen Königshauses unternom­men worden, und deren Mißlingen direkt die Hinrichtung des Königs Ludwig XVI. und der Königin Marie Antoi­nette. herbeigefnhrt hat.

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Die Steuerhinterzicher.

Tie Angriffe der Agrarierprcsse halten Profes­sor Delbrück nicht ab, im Novemberheft derPreu­ßischen Jahrbücher" seinen Kampf gegen die Steuerhinterziehung energisch fortznsetzen. Er polemisiert zunächst gegen die Unterstellungen derDeut­schen Tageszeitung", als beschuldige er allein die Agrarier der unzureichenden Steuerdeklaration. Er weist darauf hin, daß es gerade ein Artikel dieses Blattes vom 5. Juni war, der ihn darauf hinwies, daß es Buchführungsstellen gäbe, die durch Berechnung ganz niedriger Einkommen ihrer Kunden ihr Hauptgeschäft machen. Nun hat be­kanntlich der Bund der Landwirte selbst eine Puchfü h run gs stelle eingerichtet, die er verschie­dentlich Interessenten zur Prüfung empfohlen hat. Professor Delbrück weist aber nach, unter anderem aus den Erfahrungen eines Herrn Eduard v. Ubisch aus Steg­litz, daß diese Buchführungsabteilung einen Einblick in ihre Praktiken absolut nicht gestattet. .Herr v. llbisch war erst ausdrücklich ersucht worden, sich über das System der Buchführung zu orientieren. Als er sich dann wirklich auf dem Bureau in der Dessauerstraße meldete, sagte man auf einmal, man sei zur Diskretion verpflichtet und könne keine wirklich geführten Bücher vorlegen. Tann hieß es wieder, daß die Bücher zur Aufnahme der In­ventur bei den Auftraggebern seien, nach, ihrer Rück­gabe aber eingesehen werden könnten. Als sich dann später Herr v. llbisch zu dem neuerlich verabredeten Ter­min wieder meldete, wurde er trotzdem wieder abgewiesen mit dem nichtigen Hinweis auf Verpflichtung zur Dis­kretion. Dies Verhalten der Buchführungsabteilung des Bundes der Landwirte ist sehr bezeichnend. Professor Delbrück führt dann ein krasses Beispiel von Steuerhin­terziehung aus einer sehr verbreiteten Filiale des Hv- wardschen Rechnungsinstitutes an. Es han­delt sich um die Inventur eines Rittergutes aus dem Jahre 1908. Das Bureau stellt den Wert des Gutes in genauer bis auf einzelne Pfennige deutlich gemachter Rechnung mit 575,498,59 Mark fest, die sich dann noch durch Anteile an einer Zuckerfabrik und einer Molkerei, sowie durch Neubauten und Inventar auf etwa 900 000 Mark erhöhen. Da das Gut 2000 Morgen groß ist, ist her Morgen durchschnittlich mit 450 Mark bewertet. Del­brücks Gewährsmann behauptet nun, daß für einen Mor­gen in dieser Gegend der Provinz Sachsen 800 bis 1200 Mark gezahlt werden. Tie Zahlen der Inventur stam­men also aus dem Jahre 1855 (!) und schon der Grundsteuerreinertrag ergibt für den Morgen 800 Mark! Selbstverständlich liegt nun der Verdacht nahe, daß die sonstigen Veranschlagungen dieses über einen großen Kun­denkreis verfügende Bureaus an ähnlichenSchönheits­fehlern" kranken. Unter diesen Umständen begrüßt Del­brück den Erlaß des Finanzministers mit Freuden, der die Steuerverwaltung verpflichtet, den Rechnungsbu­reaus gehörig aufdieFin ger zu sehen. Schließ-, lich kommt Delbrück auf einen schon früher geäußerten Ge­danken zurück, den Landräten durch Gesetz den Vor­sitz in den Steuerkommissionen zu entziehen. Er hält es für möglich, ein solches Gesetz trotz des begreiflichen Wi­derstandes der Konservativen durchzubringen. Daß aber eine Minderung des übermächtigen politischen Einflusses der preußischen Landräte außerordentlich heilsam sei, braucht nicht näher dargelegt zu werden.

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Zum 5V. Geburtstag Heimburgers.

Am V Mvembär feiert Tr. Karl Friedrich Heim­burger, der Führer der Deutschen Volktzpartei in Ba­den und derzeitige Vorsitzende des Engeren Ausschusses der Gesamtpartei seinen 50. Geburtstag. Heimbur­ger wurde am 1. November 1859 in Ottenheim Amt Lahr gebohren, studierte in Freiburg, Leipzig und Hei­delberg Philologie und kam 1887 als Lehramtsprakti­kant an das Bruchsaler Gymnasium, 1891 an die Real­schule Karlsruhe. Im gleichen Jahre wurde Heimburger, 31 Jahre alt, zum ersten Mal für den Wahlkreis Lahr- Land in den Landtag gewählt. 1892 wurde er Professor an der Oberrealschule Karlsruhe. Seit 1893 gehört er auch dem Karlsruher Stadtverordnetenkollegium an. Den Wahlkreis Lahr-Land vertrat Heimburger zunächst von l891 bis 1895, dann wurde er von einem sogenannten parteilosen, in Wirklichkeit aber konservativen Gegenkan­didaten, Flüge, verdrängt. Bei der nächsten Wahl wurde Heimburger jedoch wiedergewählt, und vertritt dxn Wahl­kreis seitdem ununterbrochen. Er ist Mitglied der Bud­getkommission und war eine Zeit lang auch Vizepräsident der zweiten Kammer. Lange Jahre stand er als erster Vorsitzender an der Spitze des KarlsruherDemokrati­schen Vereins" und war im Jahre 1903 Kandidat der Deutschen Volkspartei für den Reichstagswahlkreis Karls­ruhe-Bruchsal. .Heimburger hat durch seine sachliche und und dabei doch entschiedene Vertretung der demokratischen Ideen viel für ihre Ausbreitung in Baden getan. Mit der Zähigkeit des badischen Oberländcrs verband er einen starken Idealismus, der ihm über manche Misslichkeiten des politischen Lebens hinweghalf. Dabei verlor er aber der selbst aus einer bäuerlichen gewerbetreibenden Fami­lie stammte sein Vater war Landwirt und Mühlenbe­sitzer - nie die Fühlung mit dem praktischen Leben. Auch persönlich liebenswürdig und stets hilfsbereit im privaten und im öffentlichen Leben hat er sich den Ruf eines untadeligen Mannes erworben, auf den die Deutsche Volkspartei mit Recht stolz fein darf. Möge er ihr, nach­dem er sich von einer längeren Krankheit wieder erholt hat, noch recht lange seine wertvollen Kräfte widmen. * * *

' Tie Stichwahlen in Sachsen. ^

Die freisinnige Bereinigung für das- nigreich Sachsen hat sich die S ti ch w ah l p a r o l e des Vorsitzenden des Landcsvereins der freisinnigen Partei, des Reichstagsabg. Günther, nicht zu eigeu gemacht, die dahiugeht, stets für einennationalen" Kandida­ten zu stimmen. Die freisinnige Vereinigung wünscht zwar, das Eintreten für jeden liberalen Kandidaten, will jedoch dort, wo Konservative und Sozialdemokraten sich gegeuüberstehen, die Entscheidung den Lokalorganisationen überlassen. Das persönliche (Eingreifen des Abg. Gün­ther hat in sächsischen freisinnigen Kreisen einigermaßen überrascht.Nationaler Kandidat" bedeutet in Sachsen auch antifemitisch-mittelständlerischer Zlgrarkonservativer. Es ist schließlich doch eine starke Zumutung.an einen wirk­lich freisinnigen Mann, derartigen Leuten zu einem Land­tagssitz verhelfen zu sollen.

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Tic Revolution des Herrn Typaldos.

In der griechischen Marine gährt es, wie man weiß- Einer der Unzufriedenen unter den Offizieren ist Kapitän Typaldos, der am Freitag nachmittag vor Athen eine kleine Revolution in Szene gesetzt hat. Die griechische Militär­liga hat eine Erklärung erlassen, in der die Beweggründe des Herrn Typaldos ersichtlich werden. Typaldos hatte nämlich von der Liga verlang!, bei der Regierung durch­zusetzen, daß sie der Kammer einen Gesetzentwurf betr. die Reinigung der Marineverwaltung vorlege, ahne die Ini­tiative des Marineministers abzuwarten. Kapitän Typal­dos hat kategorisch erklärt, daß er selbst zum Marinemi­nister gemacht werden wolle, um die Verbesserungen in der Marine energischer und wirksamer zu betreiben, und gedroht, daß, wenn seiner Forderung nicht binnen 24 Stunden entsprochen würde, er mit den ihm zur Verfügung stehenden Torpedobooten sich mit Gewalt zum Herrn der Lage machen und seinen Willen durchsetzen werde. Tie Militärliga bezeichnet diese Forderungen Typaldos als Narrheit und ist der Ansicht, daß er außerdem von Per­sonen beeinflußt sein muß, die mit den Armeeverhältnissen nicht vertraut sind, sich seiner als Werkzeug bedienten und ihn dazu anstachelten, feine Drohungen auszuführeu. Ty­paldos hat durch Drohungen und Versprechungen versucht, die Marineoffiziere mit sich fortzureißen. Und das scheint ihm nach Meldungen, die am Freitag abend aus Athen ein- trasen, auch teilweise gelungen zu sein. Typaldos hat mit einem Torpedoboot und ungefähr 300 Mann das Arsenal von Salamis besetzt und die Bevölkerung in große Erregung versetzt. Tie Regier­ung ließ aus den auf der Höhe von Scaramanga aufge­stellten Feldb atterien das von Typaldos befehligte TorpedobootSfendeni" beschießen und auch die Panzer­schiffe gaben auf die Torpedoboote Feuer. VomSfen- deni" aus wurde das Feuer erwidert. Das Arsenal ist in den Händen der Regierung, die damit rechnet, daß sich die Torpedoboote ergeben werden. Kapitän Typaldos wird bald einsehen müssen, 'daß seine Demonstration nur ihm selbst zum Schaden gereicht.

Das Testament Ferrer's.

Der PariserHumanite" ist, wie bereits kurz tele­graphisch gemeldet, das Testament Ferrers, so wie es der zum Tode Verurteilte in der Nacht vor der Erschieß­ung in den Laufgräben von Monfuich dem Notar diktierte, zugegangen. Die hohe Moral, die dieses Schriftstück durch­weht, läßt die Verleumdung und Beschimpfungen, die nachträglich gegen das Opfer des spanischen Merikalismus losgelassen werden, doppelt schmählich erscheinen. Die Einleitung ist nämlich folgende:

Ich protestiere vor allem mit nachdrücklichster Energie gegen die unerwartete Strafe, die man mir auferlegt hat und erkläre mich für überzeugt, daß meine Unschuld in sehr kur­zer Zeit öffentlich anerkannt werden wird. Ich wünsche, daß man bei keiner Gelegenheit, naher wie entfernter, noch ans irgend einein Anla!se vor meinen sterblichen Resten Kundgeb­ungen mit politischem oder religiösem Charakter veranstalte, da ich der Ansicht bin, daß die Zeit, die man auf die Toten

verwendet, besser dazu benützt werden könnte, die Lage der

Lebenden zu verbessern, was für sehr viele ein dringendes Be­dürfnis ist. Ich beklage es tief, daß in Barcelona kein Kre­matorium besteht wie anderweitig, denn ich hätte gewünscht, daß meine sterblichen Reste verbrannt werden, und ich sehne die

Zeit herbei, da die Friedhöfe zugunsten der Hygiene ver­

schwinden und durch ein System ersetzt werden, das die schnelle Zerstörung der Leichname gestattet. Ich wünsche auch, daß meine Freunde wenig oder gar nicht von mir sprechen, weil man nur Götzenbilder schafft, wenn man Menschen zu sehr verherrlicht, und das ist ein großes Nebel für die mensch­liche Zukunft. Die Taten allein, wer immer auch ihr Ur­heber sein mögen, müssen geprüft, gerühmt oder verdammt werden: man lobe sie, damit sie Nachahmung finden, wenn sie zu dem gemeinsamen Wohle beizutragen scheinen; man ver­urteile sie, um keine Wiederholung von ihnen zu sehen, wenn man sie für das Wohlergehen der Gesamtheit als schädlich erachtet.

Die übrigen Bestimmungen des Testaments beziehen sich aus die Fortführung seiner Schulen, für die er auch die nötigen Mittel einem Freunde hinterlafsen hat. Als Bücher empfiehlt er ihm die Werke Krapotkins, die drei ersten Bände derEncyclopedie Populaire", Dr. Tou­louses:Wie sich eine Intelligenz bildet" und fünf von ihm aus England gebrachte und mit Randbemerk­ungen versehene Bücher. Er trägt ihm auch auf, nach Deutschland und Italien zu gehen, um sich dort nach guten Büchern umzusehen, was er selbst zu tun beabsichtigt habe.

Die Ferrer-Bewegung ist übrigens noch lange nicht zu Ende. Sie geht in Paris jetzt auch auf die welt­bedeutenden Bretter über, da das Vorstadt-Theater in Grenelle ein Stückkis Norl äs b'srrsr" von dem stets revolutionären Chansonnier und Tächter Montehus ankündigt. Die Ankündigungszettel dieses Dramas zeigen einen geduckten spanischen Soldaten mit den Zügen Alfons' XIII.; er schießt auf den am Boden liegenden gefesselten und bereits leblosen Ferrer, während ein Priester hinten die Hand ausbreitet, um das Schauspiel zu verdecken.

Tages-Chromk.

Mannheim, 29. Okt. Im S ch r c i n e r ft r e i k ist cs den beiderseitigen Lohnkommissionen gelungen, eine Einignngzu erzielen, auf der Grundlage, daß der Stundenlohn um zwei Pfennig und vom l. April 1910 ab um einen weiteren Pfennig

erhöht wird. Der Tarif läuft den Wünschen der Gehilfen ent­sprechend bis 1912.

Mannheim, 29. Okt. Wegen umfangreicher Wech sel­be trüg ereien wurden die Inhaber ,der Kommissionsfirma Duttenhöser u. Glaser, Hermann Glase r und Wilhelm Dut- teuhöfer, verhaftet. Die seit etwa 40 Jahren bestehende Firma hatte vor kurzem ihre Zahlungen eingestellt und seit dieser Zeit beschäftigte sich die Staatsanwaltschaft mit ihren Angelegenheiten. Die Unterbilauz wird auf 1 Million Mark angegeben, es sollen nur etwa 6000 Mark Aktiva vor­handen sein.

Rom, 29. Okt. Wie yerlautet, will der Erzbischof von Philadelphia beim Papste die Seligsprechung, von Christoph Kolumbus beantragen. Schon 1870, wäh­rend des ökumenischen Konzils, hatten 200 Kirchenfürsten eine diesbezüglich« Petition cingereicht.

Atlanta, 29. Okt. Eine Konferenz von Baumwoll- fabrikanten beschloß, in 150 Spinnereien Georgias eine 25prozentige Betriebseinschränknng siinhuführen. In Lowell (Massachusetts) wurde gleichfalls eines Betriebskürzung angekündigt.

Stockholm, 29. Okt. Der König berief heute den Di­rektor des schwedischen Arbeitgebervereins, Sydow, und den Präsidenten des Landessckretariats, Reichstagsabg. Lindquist, zu sich und richtete an sie die dringende Aufforderung, zu ver­suchen, in dem noch bestehenden Arbeitskonflikt sobald wie möglich ein Uebereinkommen zustande zu bringen.

Lustschiffahrt.

F r re d r i ch s h a f e n, 29. Okt. Der vom Württembergi- schen Verein für Luftschiffahrt zur Verfügung gestellte Bal­lonWürttemberg" ist heute mittag halb 1 Uhr, nachdem er eine Füllung mit dem überschüssigen Wasserstoffgas des Z. A erhalten hatte, unter der Führung des Oberingenieurs Dürr zu einer Fahrt aufgcstiegen, au der Graf Zeppelin jr. mit Gemahlin und Direktor Colsmmm als Passagiere teilnahmen. Der Ballon stieg bei der in den unteren Luftschichten herr­schenden Windstille fast senkrecht in die Höhe und schwebte längere Zeit über Friedrichshafen, bis er in etwa 2000 Meter Höhe von einer südlichen Luftströmung in der Richtung nach Oberschwaben davongetriebcn wurde. Der Ballon machte eine äußerst interessante Fahrt, er flog zunächst nordwestlich bis nach Vaihingen Enz, kam dort in eine andere Luftströmung und wurde bis nach Markdorf am Bodensee, wenige Kilo­meter vom Aufstiegsort entfernt, zurückgetrieben, wo heute nacht zwei Uhr die Landung erfolgte. Die Ballonhülle wurde mit­tels Fuhrwerk nach Friedrichshafen verbracht. 1

Aus Württemberg.

Dienstnachrichten.

Der Amtmann Gutekunst bei dem Oberamt,Laupheim wurde seinem Ansuchen entsprechend auf die Amtmannsstelle bei dem Oberamt Balingen versetzt. Die erledigte Kanzlei- beamtenstelle bei dem Oberamt Urach wurde dem Assistenten Feucht bei dem Oberamt Künzelsau unter Verleihung des Titels eines Oberamtssekretärs übertragen und de^n Ober­amtssekretär Molfenter bei dem Oberamt Reutlingen die nachgesuchte Entlassung ans dem Staatsdienst erteilt. Die Stelle des Verwalters der Rebenveredlungsanstalt in Offenau wurde Ludwig Mittmarln daselbst, eine Kanzlistenstelle bei der Generaldirektion der Staatseisenbahnen dem Bauschreiber Mailände rin Calw und die Bauschretberstelle in Calw dem Kanzlisten Ha über bei der Generaldirektion der Staatseisen­bahnen übertragen. Die Eisenbahnassistenten Locher in Ra­vensburg und Heine in Sulz wurden auf Ansuchen gegen­seitig versetzt.

Die Antwort des Bischofs.

Die kürzlich gemeldete Ernennung des Direktors des- Tübinger Wilhelmsstifts ßNsgr. Dr. Franz Xaver Reck zum Domkapitular wird in vielen Kreisen als eine De­monstration des Bischofs Keppler gegen die württem- bergische Regierung aufgefaßt. Dr. Reck war es bekannt­lich, der unter Berufung auf den Bischof an den Univer­sitätsprofessor ,Dr. .Günther s. Zt. das Ansuchen, stellte^ die für das Wintersemester 1907/08 vorgesehenen Vor­lesungen über Heiligenleben fallen zu lassen. Hieraus unterließ Prof. Dr. Günter die angekündigte Vorlesung, ohne hievon der philosophischen Fakultät oder einer an­dern amtlichen Stelle eine Anzeige zu erstatten. Die Folgen hievon waren: 1. ein entschiedener Protest des akademischen Senats Tübingen gegen einenfor­mell und sachlich unzulässigen Eingriff in die Verwaltung; der Landesuniversität und in die an ihr herrschende Lehr­freiheit"; 2. ein Einschreiten des Kultministeriums, das sowohl dem Prof. Dr. Günter, als auch dem Bischof die Unrechtmäßigkeit ihres Verhaltens offen aussprach, dem Konviktsdirektor Dr. Reck aber eröffnen ließ, daß er seine Amtsbefugnisse durch die Androhung einer Maßnahine, deren Anordnung im vorliegenden Fall der Konviktskom- mission zugestanden wäre, überschritten habe, und- daß in Ankunft von ihm erwartet werde, daß er bei der Leitung des Konvikts sich genauan die ge­gebenen Vorschriften halte. Sichtlich hat Dr. Reck im Jahre 1907 den Bischof weitgehend gedeckt. Nun erfolgt der Lohn hiefür. Der Bischof zieht den Mann, mit dem er gemeinsam einen Vorstoß gegen die Lehrfreiheit der Universität zu unternehmen für ange­zeigt erachtete, in seine nächste Umgebung, indem er ihn zum Domkapitular ernennt. Diese Berufung muß so­mit als eine Demonstration sowohl gegen die Regierung, die im Jahre 1907 gegen unbefügte Uebergriffe einschrei- ten mußte, als auch gegen die ganze Oefsentlichkeit aufge­faßt werden. Und diese Demonstration Kepplers besagt: mein Kurs wird weitergesteuert"! Man darf sich also nirgends in Sicherheit wiegen lassen: Keppler hat in Reck einen treu und unbedingt ergebenen Domkapitular mehr! so bemerkt ein Katholik zu dieser Affäre imBe­obachter."

Der Dank -es Generalkommandos. Der kom­mandierende General des 13. (K. Württ.) Armeekorps hat mitgeteilt, daß die Aufnahme der Truppen des Ar­meekorps durch die Gemeinden während der diesjährigen Herbstübungen, besonders während des Kaiser Manövers, hohe Anerkennung verdiene. Die Ansammlung großer Trnppennrassen auf engem Raume habe es mit sich ge- bracht, daß die für die Unterbringung mit und ohne Ver­pflegung aufgestellten Belegungszahlen vielfach überschrit­ten werden mußten. Die Bereitwilligkeit, mit der die Bevölkerung alle Lasten auf sich genommen habe, sei von der Truppe mit großem Danke empfunden worden. Gleich­zeitig hat der kommandierende General das Ersuchen ge­stellt, es möge der Dank des Generalkommandos an die beteiligten Behörden und Lluartiergeher übermittelt